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Mittwoch, 17.09.2008 9 Uhr. Irgendwie haben wir uns mit dem Aufbruch von Cascais sehr schwer getan, aber seit gestern sind wir wieder auf See, unterwegs Richtung Südküste, zur Algarve. An Backbord liegt schon das “Cabo de Sao Vicente”, der südwestlichste Zipfel Europas (wie auch an allen anderen europäischen “Zipfeln” werden hier Touristen Reisebusweise zum Staunen abgeladen). Der Leuchtturm, sein Licht ist 50 Meilen weit zu sehen, steht auf einem 60 m hohen Felsplateau und ist von einer Festungsmauer und den Überresten eines Franziskanerklosters umgeben. Hier soll Heinrich der Seefahrer gestorben sein. Da mein Kpt. noch schläft nutze ich die Zeit für einen Rückblick auf die vergangenen Tage:
Freitag, 12.09.200
Viel Wind und Welle, wir bleiben noch. Irene und Norbert haben Mühe, mit ihrem “Pulpo” zum Kaffee herüber zu kommen. Tagsüber die üblichen “Bastelarbeiten”, abends trifft sich die deutsche Gemeinde bei Detlef und Thomas auf der “Via Vitae”.
Sonnabend, 13.09.200 “Tonga”, Monika und Gerd brechen auf Richtung Madeira. Wieder eine Verabschiedung. Die verbleibenden “Gemeindemitglieder” unternehmen einen Ausflug zum Oceanario Lisboa. Das befindet sich auf dem Gelände der EXPO 98 (für die Weltausstellung wurde damals im Osten von Lissabon eigens ein Wohn- und Industriegebiet abgetragen). Im Oceanario kann man 25000 Meeresbewohner bestaunen, und damit soll es das grösste Aquarium Europas sein. Als Stralsunder und Kenner des dortigen Meeresmuseeums erwartet man da ja einiges und wir wurden nicht enttäuscht. Das Erste, das ich in diesem wirklich gigantisch grossen Becken entdeckt habe, war ein Mondfisch. Das hat mir glatt einen Jubelschrei entlockt! Ein echter Mondfisch - voll krass! Abends Treffen auf der “Chrisadee” bei Hans und Gudrun. Sonntag, 14.09.2008 Verabschiedung von Norbert und Irene. Die “Ische” fährt noch eine Runde “Tigger” und “Mira” sind mit Fähnchen geschmückt und aus unserer Tröte schallt “Reise, Reise” von Rammstein. Wir müssen bis zum Anschlag aufdrehen, denn in Cascais ist mal wieder eine Blaskapelle mächtig am Lärmen. Heftiges Winken und Tröten ... Am späten Nachmittag gegenseitiges Haareschneiden auf dem Marinasteg bei “Chrisadee” mit anschliessendem “Duschtourismus” (Tigger-Mira- Crews nutzen mit “Chrisadee”-Karte die Marinaduschen). Herrlich, heiss Wasser aus Wand! Frisch gestylt treffen wir abends Jens und Thomas in der Hotellobby, die beiden sitzen schon ne Weile über ihren Laptops und stöbern bei ebay nach Teilen für Rechner und Co. Montag, 15.09.2008 Es ist voll geworden in der Bucht. Auch die “Via Vitae” und die “Chrisadee” liegen jetzt hier draussen vor Anker. Wir haben beschlos- sen, heute brechen wir auf! Der Wind ist hervorragend und ausserdem sind wir inzwischen das Boot, das die längste Zeit hier liegt. Also los! Schnell noch ein letztes Mal an Land, ein bisschen Wasser nachbun- kern und Pfannkuchen für die Fahrt kaufen. Zurück an Bord ist Aufklaren angesagt, René nimmt das Schlauchboot an Deck, ich bin innen am Verstauen. Plötzlich lautes Fluchen und mein Kpt. tut seinen Wunsch nach einem Pflaster, oder besser gleich der ganzen Küchenpapierrolle lautstark kund. Es ist der Fuss. Er war wieder einmal barfuss an Deck unterwegs und ist weggerutscht. Nach erstem Säubern entdecken wir einen tiefen Riss zwischen zwei Zehen, es blutet. Kurzes Überlegen - wir müssen an Land. In Cascais gibt es sogar mehrere Kliniken. Also J Dienstag, 16.09.2008 Verbandwechsel. Nach ausgiebiger Betrachtung und liebevoller (!) Versorgung der Beschluss: heute fahren wir! 13.10 Uhr gehen wir Ankerauf und leider gibt es kein Tröten und Winken von den anderen deutschen Booten - alle sind beim Landgang. Schade ... Naja, wir haben uns ja auch inzwischen ausreichend verabschiedet. Mit passendem Wind rauschen wir unter Genua und Grosssegel los. Um 14.10 Uhr müssen wir kurzfristig beidrehen, um nicht die “AIDAbella” zu “treffen”, die Lissabon verlassend, unseren Weg kreuzt. Bis 20 Uhr feinstes Segeln, dann bleiben die versprochenen 15 kn Wind von N aus und der Motor muss wieder mit ran. Die ganze Nacht über strahlt ein dicker, fetter Vollmond - ergo kein Meeresleuchten, zu hell. Freitag, 19.09.2008 Seit zwei Tagen liegen wir in der Bucht vor Lagos. Die 130 sm - Überfahrt hatte Marion ja schon beschrieben und es sind nur zwei Dinge zu ergänzen: die absolut beeindruckende Kulisse, die sich einem bietet wenn man ab “Cabo de Sao Vicente” die Küste der Algarve entlang segelt (jawohl, der Wind war uns wohlgesonnen!). Von Wind und Wellen ausgehöhlte Felsformationen, die vor Lagos wirklich sehr bizarr sind, wechseln sich ab mit “Postkartenbadebuchten”. Weniger beeindruckend waren die Ergebnisse meiner neu entdeckten Angelleidenschaft. Beim Besuch des “Oceanario Lisboa” erinnerte ich mich beim Anblick der umherschwimmenden Thunfische sofort an das Angelgeschirr, das bis dato noch in der Backskiste schlummerte. Kaum zurück auf dem Boot wurde eine Rolle an die Reling montiert. Jens von der “Tigger” spendierte die passende Sehne im XXL-Format (er hat Angelverbot seit er einen Hai am Haken hatte) und endlich konnte ich sie einsetzen. Aufgrund mangelndes Erfolges blieb der Grill kalt. Und wie zum Hohn umkreisen uns hier am Ankerplatz riesige Sch Sonnabend, 20.09.2008 Es soll weitergehen nach Faro und so herrscht heute früh eine geschäftige Aufbruchstimmung. Und während ich bei strahlendem Sonnenschein und 28 °C das Schlauchboot auf dem Deck befestige, macht Marion eine interessante Entdeckung: SCHNEE in der Backskiste! “ ... Kpt., wir haben ein Problem!” Irgendwie hat sich der dort gelagerte 6 kg Pulverlöscher selbstständig gemacht und die Backskiste in eine wunderschöne Winterlandschaft verwandelt. Also Deckel wieder zu, Abfahrt verschieben und erstmal in Ruhe frühstücken. Über sieben Stunden sind wir dann damit beschäftigt, jedes Teil einzeln gaaaaaaaanz vorsichtig aus der Backskiste zu heben, zur Badeplattform zu tragen und dort Montag, 22.09.2008 Gestern klappte es dann mit der Abfahrt und wir gingen Anker auf, Kurs Faro. Ein mässiger Wind aus Süd und Sonne, also Bilderbuchsegeln. Die felsige Küste mit ihren vielen Höhlen, Buchten und Stränden sind schon ein krasser Anblick, leider muss man sich an vielen Stellen die hässlichen Bauten darüber wegdenken. Die Fahrt verlief ansonsten ohne Ereignisse, d.h. kein Biss an der Schleppangel! Ich muss wohl mal einen anderen Köder probieren. Am späten Nachmittag schlief der Wind ein, so dass wir die letzten zwei Stunden motoren mussten. Pünktlich 19.30 Uhr (Hochwasser) passierten wir dann die Einfahrt zur Lagune von Faro und es herrschten immer noch beachtliche 3,5 kn Strom. Vor oder nach HW sollen es über 5 kn sein! Jetzt nur Dienstag, 23.09.2008 Immer noch recht düstere Wolken, sie hängen aber über dem Festland, über Faro und Olhao, fest. An unserem Ankerplatz und der vorgelagerten Insel “Ilha da Culatara” lacht die Sonne. Na, geht doch! Schnell frühstücken und danach steige ich ins Schlauchboot, um das gesammelte Regenwasser in unsere grosse Schüssel zu pützen. Anschliessend alles in unsere Solardusche “zirkeln”, fertig! Landgang ist angesagt. Wir haben heute keinen Bock auf Stadt und so geht es in Richtung Insel. Hier gibt es einen kleinen, einen ganz kleinen und einen klitzekleinen Ort, Mittwoch, 24.09.2008 Obwohl wir uns mit dem Ankerplatz “versöhnt” haben und die Flugzeuge eigentlich gar nicht zu hören, und die Fischerboote kaum zu bemerken sind, gehen wir Anker auf. Wir haben festgestellt, dass es bis zu unserem geplanten Winterliegeplatz in der Türkei noch 2000 sm sind, Donnerstag, 25.09.2008 Sonnenschein und 26°C in Ayamonte. Wir frühstücken und machen erst einmal einen kleinen Stadtbummel. Erneute Suche nach dem mutmasslichen Waschsalon. Wir finden eine chemische Reinigung und die Dame hinter dem Bügelbrett bedeutet uns, dass es auf der Portugiesischen Seite des Flusses einen Selfservice-Salon gibt. Das ist uns denn doch zu weit. Marion beschliesst trotzdem Bettenwechsel und die Lieblingssachen werden schnell per Hand gewaschen. Ich versuche, den Landstrom an- zuschliessen. Geht nicht, Kraftstromanschluss. Marion eilt ins Marinaoffice wegen eines Adapters und reicht mir kurz darauf strahlend einen fünf- poligen Drehstromstecker. “Das Bastelset für den ambitionierten Hobbyelektriker”! Ich schraube dann mal den Stecker um, einfach die zwei überflüssigen Phasen weglassen und rein damit in die Landsteckdose ... Marion, beim Wäscheaufhängen auf dem Vordeck, verfällt nicht in wilde Zuckun Ist er nicht toll, mein Kpt.? Bevor er wieder an Bord steigt fasst er ganz vorsichtig die Reling an, während ich barfuss hier herumlaufe! Ich bin noch bei der Wäsche, währenddessen ist er schon mit anderen Bastelarbeiten beschäftigt und versenkt ganz nebenbei mal wieder ein Bauteil. Dieses Mal ist es vom Windgenerator. Anschliessend hat er damit zu tun, Ersatz dafür zu finden und alles wieder zusammen zu schrauben. Von weiteren Aktionen dieser Art kann ich ihn erst einmal abhalten und wir gehen zwecks “Aufbrezeln” in die “pompöse” Marinadusche. Danach ist Ayamonte angesagt. Wir schlendern kreuz und quer durch die schönen Gassen, finden etliche Kirchen, den hiesigen “Plaza de Toros” (Stierkampfarena), riesige uralte Treppen hinauf in die hügelige Altstadt, mit Palmen und Bananenstauden umstandene Plätze mit gemauerten, buntgefliesten Bänken, ... Einer der Plätze ist eigens für Kinder. Der Boden ist mit kleinen Spielzeugmotivfliesen gepflastert, es gibt kleine Nischen mit winzigen buntbemalten Fliesenbänkchen und in der Mitte ist jede Menge Platz zum Spielen und Austoben. Hier sitzen wir eine ganze Weile und sehen dem spassigen Treiben zu. Irgendwann beutelt uns der Hunger und wir finden ein gemütliches Restaurant in zweiter Reihe. Essen und Wein sind absolut lecker und zufrieden “rollen” wir in die Marina zurück. Und weil es noch relativ früh am Tag ist und wir ja zur Zeit oberreichlich Strom zur Verfügung haben suchen wir uns noch eine/zwei DVDs aus unserer Box. “Sail away”, Teil I und II “Von Heiligenhafen bis zu den Canarischen Inseln” von Claudia und Friedrich aus Eden, die sie uns noch ganz schnell vor unserer Abfahrt im Juli zugeschickt haben (habt nochmals vielen Dank!). Wir haben viel Spass beim Ansehen, denn inzwischen waren wir ja auch in einigen von den Orten, die sie auf ihrer Segeltour angelaufen sind. Das macht Lust auf Mee(h)r! Freitag, 26.09.2008 Wasser bunkern, Adapter abschrauben, schnell duschen und schon können wir unsere 85 Euro Liegegebühr bezahlen. Dafür wasche ich glatt noch das Deck und spüle den Ankerkasten. Es ist bereits drei Stunden nach Niedrigwasser und wir verlassen ohne “Aufsetzer” die Marina. Kurs SO haben wir uns eine 40 sm entfernte Flusseinfahrt als Ziel auserkoren. Dazu knackiger Sonnenschein und ein leider schwacher Wind. Unser Liegeplatznachbar, eine dänische Yacht, kommt auf und nun zupfen zwei Männer immer wieder unauffällig an ihren Segeln, ändern den Kurs, winken sich unschuldig dreinschauend zu, kurz: Regatta! Ein paar Stunden später - der Däne liegt nur ganz leicht in Führung - weist Marion darauf hin, dass wir den geplanten Rio wohl erst im Dunkeln erreichen werden und sie hat in 6 sm Entfernung eine andere Flussmündung ausgemacht. Dort soll man gut geschützt hinter den Dünen ankern können. Der Reeds gibt dazu nicht viel her. Stark veränderliche Sandbänke, aber betonnte Einfahrt. Wir erreichen diese gute zwei Stunden vor Niedrigwasser, tasten uns vorsichtig an der ersten Tonne vorbei und sitzen auch schon auf. Gute 50 m schieben wir uns noch in Richtung zweiter Steuerbordtonne, bzw. werden von Strom und Welle geschoben, dann sitzen wir ganz fest. Ab und zu wird das Boot noch von einer Welle angehoben und gleich darauf unsanft wieder abgesetzt (das scheppert Sonnabend, 27.09.2008 4 Uhr. Ich werde wach. Also aufstehen und einen Blick in die Runde werfen - alles o.k. (vor Anker schläft man eben meist doch nur mit einem Auge und einem Ohr). Wieder in die Koje, umdrehen, weiterschlafen. 5 Uhr. Wieder wach. War das eben ein Blitz? Da, wieder einer! Zählen bis zum Donner - ahja, ist ein Ende weg. Wieder eindruseln. René tapst im Dunkeln durchs Boot und bringt das HandGPS in Sicherheit (im Tresor). 6 Uhr. Der Schlaf geht, das Gewitter ist immer noch da. Noch dazu regnet es jetzt in Strömen. Toll! Unruhiges Hin- und Herdrehen, an Einschlafen ist nicht mehr zu denken. 7.30 Uhr stehe ich auf. Draussen ist ein wahrer Hexenkessel. Rings um uns blitzt es und ich bin perm Dienstag, 30.09.2008 Zwei Tage Ankern im Rio Guadalquivir waren dann doch genug. Die Abwechslungen bestanden aus Sturmböen oder Gewitterschauern, und dass man die jeweils entgegengesetzte Uferseite betrachten konnte, ohne den Kopf zu drehen, je nach Flut- oder Ebbstrom. Die Wetterprognose des DWD änderte sich alle zwölf Stunden, d.h. mit jeder Aktualisierung. Für Montag Abend sollte der Wind aber auf 5 Bft abschwächen und im Laufe des Dienstags auf Nord drehen. Das Zeichen zum Aufbruch! Das Aufholen der beiden Anker ging erstaunlich unkompliziert und 17.30 Uhr verliessen wir unter Segeln den Rio, zum zweiten Versuch Richtung Tanger. Der Wind nimmt zur Nacht zu und dreht nicht ganz wie angekündigt, aber wir können auch erstmal mit einem Südkurs leben. Nach ein paar Stunden sehen wir auch keine Fischerboote mehr und wenn die See nicht so ruppig wäre, hätten wir eine Traum-Nachtfahrt. So wurde Marion in ihrer Freiwache in der Koje hin und her geschleudert und ich im Cockpit mit Segelreffen und -trimm wach gehalten. Marion ist der Meinung, dass sie während der bisherigen Reise abgenommen hat (ca 500 gr) (“Haha! Stimmt wohl!”-Bordfrau) und der Aufprall für sie besonders hart war. Dementsprechend unausgeschlafen und mürrisch knurrte sie dann auch am Morgen. Trotzdem hat sie es irgendwie geschafft, ein Frühstück und einen heissen Kaffee ins Cockpit zu zaubern (eine akrobatische Spitzenleistung, wir hatten durchgehend 6 bis 7 Bft - in Böen bis 35 kn - und eine wirklich beeindruckende See). Gegen Mittag tauchte die afrikanische Küste aus dem Dunst und kurz vor 17 Uhr erreichten wir die Bucht von Tanger. Der kräftige Wind schiebt uns förmlich in den Hafen. Etwas verzweifelt kreisen wir vor der Einfahrt des hoffnungslos überfüllten Fischerei-, Innenhafens. Die bereits im Päckchen liegenden Yachten gleich vorn am “Visitorpontoon” reichen schon bis in die Zufahrt. Auf Marions Anruf über Funk bekommen wir die, mit typisch arabischer Gelassenheit vorgebrachte Aufforderung, in das Gewühl erstmal reinzufahren. Also Augen zu und Vollgas (immer noch Starkwind) und irgendwie klappte es tatsächlich, dass wir da noch mit Buganker und verlängerten Landleinen als Letzter im Päckchen liegen. Wir liegen jetzt genau vor der Einfahrt, aber das soll wohl so. Wir haben noch die Leinen in der Hand, da klettert schon der Beamte der “Immigration Police” über unsere Reling und mein “Please, come on board!” erreicht ihn bereits im Cockpit sitzend. Das Einklarieren geht freundlich, unkompliziert, schnell und ohne Frage nach einem “Bakhshish” vonstatten und als wir uns endlich aus den nassen Segelanzügen pellen schallt der Ruf des Muezins laut über den Hafen. Angekommen! Donnerstag, 02.10.2008 Ganz Tanger hat sich herausgeputzt, alle haben ihre schönsten Sachen an und sie feiern - bei Pfefferminztee und Café - Ramadan, der Fastenmonat ist vorbei! Die Medina ist voller fröhlicher Menschen, der Muezin ruft und mittendrin sind wir. Viele der Geschäfte haben noch geschlossen. Dann und wann werden wir angesprochen, ob wir einen “Guide” benötigen, aber wir lehnen höflich ab. Oft werden wir einfach mit einem Lächeln oder einem freundlichem “Bonjour” gegrüsst. Wir schlendern durch die Gassen und geniessen die Atmosphäre. Es dauert nicht allzu lange - eine Familie mit zwei Kindern kommt uns entgegen, der Mann spricht uns auf englisch an und ist sehr nett stellt uns seine Frau und Kinder vor und wir gehen gemeinsam weiter. Hier und da gibt er Erklärungen zur Stadt etc und wir landen im Souk, und ein wenig später beim Teppichhändler. Haha, wir Touris! Der Teppichhändler ist hoch erfreut und obwohl wir ihm gleich zu verstehen geben, dass Sonnabend, 04.10.2008 Weil der Wind noch nicht wirklich passend für uns ist bleiben wir noch und haben uns per Bus auf den Weg in die Königsstadt Fès gemacht, das ca 250 km entfernt von Tanger im Landesinneren liegt. Die Fahrt dauerte beinahe sechs Stunden und ist mit 9 Euro pro Person sehr billig. Freitag Nacht sind wir dort angekommen und haben relativ schnell ein annehmbares Hotelzimmer bekommen. Das Zimmer liegt zur Strasse raus und sah vor vielen Jahren sicherlich schonmal besser aus. Aber immerhin ist es sauber und es gibt keine Krabbeltiere, auch nicht in den Betten (soweit feststellbar). Ein Loch im Boden, eine Toilette und eine Dusche für alle gibts auf `m Flur. Naja. Nach einer relativ schlaflosen Nacht (Strassenlärm, fremdes Kopfkissen) versuchen wir in der Früh, Menschen aus uns zu machen und dann geht es auf Richtung Medina. Der Plan, zu Fuss dorthin zu gelangen, scheitert a Montag, 06.10.2008 Nachdem die Polizei mittels Stempel ihren Segen zu unserer Abreise gegeben hat wollen wir den im Päckchen liegenden Franzosen und die Leinen loswerfen. Und wie es immer so passt, just in dem Moment kommen zwei französische Yachten in den Hafen gefahren und legen sich zu dem anderen Franzosen ins Päckchen - nämlich auch an unser Boot. Das kann ja spassig werden! Es braucht eine geschlagene halbe Stunde eh wir aus dem Leinenwirrwarr heraus sind. Natürlich kriegen wir den Wind voll auf die Nase (4 Bft NO), aber die Sonne lacht und der Strom steht nicht mehr allzusehr gegen uns. Wir fahren durch die Strasse von Gibraltar, hinein ins Mittelmeer! An Backbord haben wir die Schifffahrtsstrasse, in der die Frachter wie auf einer Perlen- schnur gefädelt, hintereinander herfahren. Unser AIS zeigt nur noch einen schwarzen Klumpen an, so viele sind es. Gut, dass wir da nicht durch müssen. Hier vor der marokkanischen Küste sind lediglich ein paar kleine Fischerboote. Ein kleines Patroullienboot hält kurzzeitig auf uns zu, grüsst und fährt weiter. Gegen 17 Uhr können wir Gibraltar im Dunst ausmachen, das sehen wir uns aber ein andermal an. Heute laufen wir Ceuta an, eine der spanischen Enklaven in Marokko. Um 20 Uhr OZ, kurz vorm Dunkelwerden, legen wir unseren ersten römisch-katholischen Anleger hin (mit dem Heck zum Land). Klappt super! |
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Donnerstag, 09.10.2008 Eigentlich müssten wir die Flagge “Seuche an Bord” hochziehen und in die Quarantäneecke des Hafens verbannt werden: seit drei Tagen ringe ich mit der schlimmsten und gefährlichsten Männerkrankheit überhaupt - SCHNUPFEN! Und während ich unsere Tempovorräte aufbrauche unterzieht Marion die Bordtoilette einem harten Dauertest. Eigentlich “pflegt” sie ihr Leiden schon seit Fès, das hat sie in ihrem Bericht aber verschwiegen. Besonders auch meine Lieblingsszene, als sie in einer Apotheke in der Medina ihre Beschwerden vorspielt: kurze Andeutung einer Hocke, “Pfffft!”. “Ah, diarrhées!” “Si!” Und schon reicht die Dame ihr Sonnabend, 11.10.2008 Gestern war unser 21. Hochzeitstag und wir sind uns einig, ihn selten so stürmisch begangen zu haben. Nicht, dass es uns an Leidenschaft mangelte, aber dieses Mal war ein Levante der Grund. Seit zwei Tagen bläst es nun ununterbrochen mit 7 - 8 Bft, in Böen 10 Bft, und die Handvoll Segler hier ist zum grossen Teil damit beschäftigt, ihre Fender und Festmacherleinen zu erneuern, umzuhängen oder zu verstärken. Der Hafen ist gesperrt und über die Innenmole, hinter der die Marina liegt, krachen immer wieder neue Brecher. Zwanzig Meter neben uns reissen sie dabei Steine mit, die aber glücklicherweise nicht die Nachbaryachten treffen. Dafür muss eine davor befindliche Bar daran glauben. Vor unseren Liegeplätzen sollen sich auch mehrere kleine Gebäude befunden haben, die aber schon bei einem der letzten Stürme einfach weggespült wurden. Für die Marina ist gesperrter Hafen anscheinend gleichbedeutend mit Feierabend, denn die Marineros glänzen durch Abwesenheit. Sonntag, 12.10.2008 Heute hat der Sturm nach gelassen. Leider müssen wir zwei grosse Fender und drei Festmacherleinen entsorgen, die diesen “Tanz” nicht überlebt haben. Eine Bootswäsche ist auch oberfällig, wir sind komplett rot vom Saharasand. Daran werden wir mit Sicherheit noch lange Freude haben. In der Stadt entdecken wir ein Café mit WiFi-Zone - also Laptop geschnappt und nix wie hin. Nach ungefähr zwei Stunden geben wir auf, der Rechner kann sich nicht einwählen. Montag, 13.10.2008 Die längst fällige ausgiebige Ceuta-Besichtigung haben wir gestern auch erledigt - wir sind beide wieder fit und können ohne Porzellantopf und Dutzenden von Taschentüchern unterwegs sein. Spät abends starten wir noch einen Versuch, einen freien Hot-Spot zu finden und hatten Erfolg. Bis um 2.30 Uhr sassen wir mit Laptop auf den Knien auf einer Bank in der Hauptgeschäftsstrasse. Die Aktualisierung der Internetsite hat geklappt - wurde ja auch mal wieder Zeit. Oder? Der Wecker klingelt um 8 Uhr. Oooooaaah, schon aufstehen?! Duschen, Frühstücken, Zigaretten kaufen (nur zu “Bestechungszwecken”, wir sind immer noch clean), Leinen los und gleich wieder festmachen - an der Tankstelle. Wunderbarerweise kostet der Liter Diesel hier 88,9 Cent und unser Tank ist so gut wie leer (hat von Stralsund bis hier gereicht!) Dienstag, 14.10.2008 Wieder Weckerklingeln (zum Eintakten auf die neue Zeit) Ausklarieren, das Altöl abgeben, Leinen los. Weiter geht es nach El Jebha. “... is beau- tifully situated in an isolated, mountainous part of the coast where the cul- tivation of kif is the major activity ...”, “ ... the changing world of the past 100 years seems to have passed El Jebha by ...” Wir lassen uns überraschen. Vorbei geht es am Cabo Negro (der hier stehende Strom versetzt uns plötzlich um fast 20 Grad nach Backbord) und am Cabo Jagarschmidt. Leider ist es sehr diesig, die Sonne sehen wir heute kaum. Über den riesigen Bergen des Rif-Gebirges hängen dicke Wolken. Wind gibt es auch mal wieder keinen und unter Motor schieben wir uns durch die glatte See. Die Sonne ist bereits untergegangen als wir El Jebha erreichen. Gleich vorn an der Mole die obligatorischen Polizeiboote mit Besatzung. Auf Marions Frage, wo wir festmachen dürfen winkt einer und deutet auf die Mole hinter ein paar Fischkuttern. Die Leinen sind kaum fest, da stehen schon zwei junge uniformierte Männer am Boot, um uns einzuklarieren. Und weil es augenscheinlich selten vorkommt, dass hier ausländische Boote festmachen, lesen sie von der mitgebrachten Arbeitsanweisung ab und wir gehen diese gemeinsam Punkt für Punkt durch. Die beiden sind sehr freundlich und da es ihnen an Englischkenntnissen und uns an Französisch mangelt kommen auch “Hände und Füsse” zum Einsatz. Und natürlich verlassen sie das Boot nicht, ohne uns “Willkommen in Marokko” zu heissen. “Shukran”, Danke! Obwohl es inzwischen schon stockdunkel ist stolpern wir noch eine Runde durch das Dorf. Drei kurze unbefestigte staubige Strassen, vor vielen Häusern Strassencafés mit Plastikgestühl, voller meist fast zahnloser Männer, bei einem Glas Mokka oder einer langen dünnen Haschischpfeife sitzend. Daneben ungezählte Verkaufsstände oder Läden von 3 x 3 Metern Grösse und natürlich überall Kinder. Im “Reiseführer” haben wir gelesen, dass 62% der Bevölkerung Marokkos unter 15 Jahre alt sind. - Wir kaufen noch etwas Obst und gehen zurück zum Boot. Dort werden wir schon von einer aufgeregten Menge erwartet. Mehrere Fischkutter sind heimgekommen und einer findet nicht genug Platz zum Anlegen. Mit tatkräftiger Unterstützung ist die Mira schnell ein Stück nach hinten gezogen und so kann der Kutter endlich seinen Fang ausladen. Das halbe (natürlich männliche) Dorf scheint mittlerweile hier zu sein und kommentiert und begutachtet ausgiebig die Kisten voller Fisch, die aus dem Frachtraum des Kutters geholt und auf der Mole nach Sorten nebeneinander gestapelt werden. Immer wieder leuchtet jemand in die Kisten, befühlt die Fische und dann beginnt eine Auktion. Eine Stunde später haben Geldbündel ihre Besitzer gewechselt, sind Kisten in Transporter und auf Karren geladen und die Mole ist leer bis auf einige Jungs und Katzen. Mittwoch, 15.10.2008 Da wir ohnehin über Nacht segeln wollen haben wir es mit der Abfahrt nicht so eilig und wollen uns El Jebha nochmal bei Tageslicht ansehen. Wieder werden wir von allen Seiten freundlich gegrüsst. In verschiedenen Läden erstehen wir zwei Brote, Eier und Tomaten und lassen uns in einem Strassencafé nieder, um gemütlich einen leckeren Pfefferminztee zu trinken. Immer wieder werden wir angesprochen, woher, wohin, Kinder? und der örtliche Englischlehrer würde sich freuen, uns mit dem Auto die nahegelegene Stadt Tetouan zeigen zu dürfen Donnerstag, 16.10.2008 100 sm bei fast Windstille. Der ständige Motorenlärm nervt zwar aber die spiegelglatte See beschert der Freiwache dafür schöne Träume. Entsprechend ausgeruht passieren wir mit den ersten Sonnenstrahlen den langen Wellenbrechen vor Melilla. Dahinter, 500 m nach links der marokkanische Hafen Nador, oder 500 m nach rechts der Hafen von Melilla (spanisch). Eine Meile macht hier einen Zeitunterschied von zwei Stunden aus. Wir entscheiden uns für das spanische Melilla, da ist es abends länger hell! Oder war´s da morgens länger dunkel? Egal! Wir ignorieren die Einfahrt zur Marina und machen inmitten einer grossen Baustelle im Stadthafen, unterhalb der alten Festungsanlage aus dem 16. Jahrhundert fest. Veit, unser neuer Nachbar klärt uns darüber auf, dass Sportboote hier nicht mehr liegen dürfen und verweist nicht ohne Stolz darauf, dass er schon über drei Monate die behördlich geforderte Verlegung seiner knallbunten Stahlketsch in die Marina hinauszögern konnte. Er stattet uns noch mit einigen praktischen Tipps aus, lädt zum Abend auf eine kleine Bierrunde in eine Taverna ein und wün Freitag, 17.10.2008 Die “Guardia Civil” hat uns liebevoll geweckt. Zwei Beamte unterhalten sich angeregt mit Marion (die beiden auf spanisch, Marion auf englisch) und im Ergebnis verschwinden sie mit unseren Pässen zum Registrieren. Nach einer halben Stunde erhalten wir sie zurück, aber kurz darauf klopft die nächste Behörde und ein wenig später auch noch eine dritte. Viel Palaver, keiner versteht keinen und letzten Endes lande ich in Begleitung der “Policia Puerto” im Hafenamt. Dort wird uns einen Liegegebühr nach Tonnage berechnet, was eher einen symbolischen Charakter hat (leicht wie wir sind), aber alle sind glücklich und zufrieden und wir können endlich frühstücken. Danach ziehen wir wieder los, Stadtbummel exzessiv! Melilla, als zweite spanische Enklave in Marokko, gefällt uns deutlich besser als Ceuta. Und nicht etwa wegen des persönlichen Wohlbefindens. Irgendwie ist hier alles intensiver, natürlicher, lebhafter, weniger Fassade und ausserdem weit weg vom Mutterland. Ein Franco-Denkmal und ähnliche Zeugnisse der jüngeren Vergangenheit wird man in Spanien sonst kaum noch finden. Und bei all dem Bummeln, Gucken, Rumsitzen, Teetrinken und Geniessen erhandeln wir im Souk sogar noch so praktische Dinge wie Milchpulver und eine neue kurze Hose für den Kpt. Sonnabend, 18.10.2008 Um die Behörden nicht weiter nervös zu machen (sie haben mit unserem Bootsnachbarn sicher schon Sorgen genug), stellen wir uns den Wecker und verlassen beim Sonnenaufgang - naja, jedenfalls kurz danach - den Hafen. Wieder Windstille, was aber praktisch für das “Unterwegsfrühstück” ist. Kurz darauf haben wir eine Begegnung der besonderen Art: ein Dutzend schwarzer Speedboote, von der marokkanischen Küste kommend, braust an uns vorbei in Richtung Spanien. Jeweils mit ein bis zwei Arabern besetzt und noch viel Platz für ... ? Schmuggler ist hier ein Beruf und die entsprechende Tätigkeit ein Wirtschaftszweig, wo - wie das Hafenhandbuch es ausdrückt - die Schmuggler die richtigen Kontakte in Marokko haben und der spanische Zoll keine Fragen stellt. Nach drei Stunden kommt ein leichter Wind auf und wir segeln mit gemütlichen 3 kn auf fast spiegelglattem Wasser d Sonntag, 19.10.2008 Es regnet! Unser geplanter Besuch des Ortes Saidia (6 km entfernt) fällt also ins Wasser, dafür rollen wir die Segel aus und lassen nebenbei den Saharasand herausspülen. Die ca zwanzig Personen, die hier aus welchem Grund auch immer herumstehen, -sitzen, -laufen haben heute mit ihren einzigen zwei Gästen (uns) nicht viel zu tun. Wir gehen den ganzen Tag nicht von Bord, haben Internetanschluss und somit jede Menge zu tun. Bankdaten abrufen, Updates herunterladen, dies und das nachschauen, Tagebucheinträge aktualisieren und mit Fotos auf der Website einstellen, Nachmittags ein Anruf von meinen Eltern (kurz, knapp, kostenbewusst über Handy) ... und letzten Endes telefonieren wir nach langer Zeit per Internet ausgiebigst mit den Kindern und Renés Mutter. Skype ist doch was Feines! Und wenn wir nicht irgendwann Hunger bekommen hätten würden wir wohl immer noch skypen ... Montag, 20.10.2008 Schon seit längerem haben wir geplant, noch ein Solarpaneel nachzurüsten und in Melilla den Tipp bekommen “... in Berkane ist in der Nähe des Marktes eine Strasse, dort hat irgendein Laden sowas ...” Also im Marinaoffice nach einem Taxi gefragt und eine halbe Stunde später steht dann auch ein verbeulter Renault am Steg. Zwar kein Taxi, sondern vermutlich der Freund eines Bekannten des Cousins von einem der Marinaangestellten. Egal, vorher den Preis ausmachen und ab geht es. Da er “nur” arabisch, französisch und spanisch spricht beschränkt sich die Unterhaltung auf sporadische Ausrufe seinerseits und ein blödes Grinsen und je nach Laune Nicken oder Kopfschütteln meinerseits. Wir verabreden, dass er uns in fünf Stunden, oder vielleicht auch um fünf Uhr (?), wieder abholt und ziehen los. Welcher Markt ist denn jetzt gemeint? Scheinbar ganz Berkane besteht aus Läden, Märkten und Verkaufsständen, wobei man sich das grösstenteils als zugemölte Nischen, Einfahrten oder Garagen vorstellen muss - nur wird der Schrott und Sperrmüll nicht abgeholt sondern verkauft. Daneben gibt es wiederum Stände mit den neuesten Designerklamotten (Made in China). Klugerweise haben wir das Bild eines Solarpaneels, das wir fleissig herumzeigen. Wir lernen viele nette Leute kennen, alle wollen helfen und jeder schickt uns in eine andere Richtung. Als wir später gar nicht mehr danach suchen entdecken wir per Zufall doch noch das “Geschäft”, in dem ein älterer Herr aus verschiedenen staubigen Ecken, Dachböden und Nachbargaragen diverse Paneele hervorzaubert. Leider sind sie alle für uns zu gross, zu schwach oder zu teuer. Macht nichts, war trotzdem ein schöner Tag in Berkane. Unser Taxifahrer findet uns auch wie- der, macht aus der Rückfahrt eine kleine Sightseeingtour einschliesslich algerischer Grenze und Strand und weigert sich am Schluss sogar noch, den vereinbarten Fahrpreis anzunehmen. Naja, aber nicht sehr lange. Und während ich jetzt Tagebuch schreibe macht Marion uns ein lecker Abendbrot. Ich glaube es gibt heute überbackenen Knoblauch mit kleinen Tomatenstückchen. Dienstag, 21.10.2008 Das wir heute zwei mal Duschen waren könnte man natürlich auch mit immensen körperlichen Aktivitäten erklären, es lag aber nur an den Temperaturen. Der Weg dorthin war so ziemlich die einzige sportliche Betätigung, ansonsten sind wir kaum vom Boot gekommen und waren FAULIS. Internet an Bord verführt doch zu einer gewissen Bewegungsarmut. Weg können wir sowieso noch nicht, da unser Wäschesack noch nicht zurück ist. Der sollte zwar heute kommen, allerdings mit dem Zusatz “In sha`a allah!”- wenn Gott es so will. Und er wollte wohl nicht. Dafür haben wir heute endliche die Preisliste der Marina bekommen und wissen somit nach nur drei Tagen wieviel unser Lieg Mittwoch, 22.10.2008 Der Wäschesack ist wieder da! Er ist zwar noch nicht so richtig an Bord, aber er soll schon irgendwo sein. Ist uns jetzt aber auch nicht mehr ganz so wichtig. Erstens dreht der Wind morgen wieder auf NO und bläst die nächsten Tage mit 4-5 Bft genau aus der Richtung in die wir wollen. Brauchen wir das? Und zweitens haben wir ab heute unsere eigene Waschmaschine. Das heisst, die hatten wir eigentlich schon immer, sie Freitag, 24.10.2008 Gestern ist unser Wäschesack endlich wieder “Zuhause” angekommen. Ich glaube, er war solange weg, dass die Sachen darin schon wieder modern sind. Unterdessen läuft sich unsere Waschmaschine hier den Wolf. Da sie im Motorraum steht ist ihre Bedienung irgendwie automatisch in meinen Aufgabenbereich gefallen. Mittlerweile drehe ich schon recht souverän an den drei Knöpfen. Schleudern ja/nein, Temperatur 0°C-40°C-60°C und der dritte bleibt immer auf Buntwäsche. Marion türmt neue Wäscheberge vor der Motorraumtür auf, die sie vermutlich sauber aus den Schränken holt, um mich zu trainieren. Zwischendurch hatten wir aber auch ausgedehnte Strandspaziergänge, bei denen sie dann neue Verhaltens- und Bewegungsabläufe üben konnte: “... nein, das nehme ich jetzt nicht mit ...”, “... diese besonders schöne Muschel muss ich wieder zurück legen ...”. Sie wird immer besser darin und ich denke, bald können wir die Taschenkontrollen weglassen. Montag, 27.10.2008 Morgen wollten wir eigentlich weiter, da der Wind endlich auf West drehen soll. Das tut er auch, aber gleich mit 7 Bft. Also werden wir noch bleiben. Langweilig ist es nicht. Trotz wechselhaftem Wetter (mal 28°C und Sonne, mal 18°C mit Sturm und Regen) waren wir unterwegs. Z.B. sind wir nach Saidia gewandert - blöde Idee, weil richtig weit. Dort angekommen sind wir beide so platt, dass wir uns am ersten Strassengrill fallen lassen, was essen und ein Taxi für die Heimfahrt heran winken. Nach Saidia mit Taxi gefahren - gu |
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Dienstag, 28.10.2008 Heute ist Fahrradfahren angesagt. Der Kpt. baut in Nullkommanichts die beiden Räder zusammen und grübelt dann, wie man Luft in die Reifen bekommen könnte. Natürlich haben wir keine Luftpumpe an Bord! Aber wir “wohnen” ja derzeit in einer Marina und ergo sind bald mehrere Marineros beschäftigt. Irgendwo wird nach ca. einer Stunde eine 12 V-Kompressorpumpe aufgetrieben und schon sind die Räder flott. Auf gehts in Richtung Ras el Mar, ungefähr 15 km von hier. Irgendwie haben wir ein kleines Fischerdorf mit Hafen im Sinn und sind erstaunt, als wir eine kleine Stadt vor uns sehen. Egal. Der Hafen und das eigentliche alte Dorf sind schnell gefunden. Durch den Regen der letzten Tage stehen die Strassen hier teilweise komplett unter Wasser und beim Durchfahren der Megapfützen kann man nur auf Allah vertrauen und hoffen, dass sich mittendrin keines der mitunter recht tiefen Schlaglöcher befindet. Die Bewohner sind echt nett, grüssen freundlich und beobachten lächelnd unseren Einkauf am Obst- und Gemüsestand. Wir finden auch einen Stand (Familienbetrieb - Vater, Mutter, Tochter), an dem die 1-Meter-Durchmesser-Fladen verkauft werden. Für uns wird extra einer frisch gebacken, den wir heiss gleich an Ort und Stelle verschlingen. Anschliessend zufriedenes Grinsen bei uns und grosse Freude bei den Standbetreibern. Mit den dicken Bäuchen “schwingen” wir uns auf die Räder und Dank Masse x Beschleunigung (es geht bergab) sind wir schnell unterwegs. Beinahe jedes Auto “behupt” uns und es wird wild gewunken, manchmal fall ich vor Schreck fast vom Rad. So´n bisschen Exot ist man hier doch. Pünktlich zum Sonnenuntergang sind wir wieder zurück an Bord. Mittwoch, 29.10.2008 8.30 Uhr. Das Aussenthermometer zeigt 15,8°C an. Brrrr! Der Wind heult und pfeift schon die ganze Nacht in den Fallen und Wanten. Seit einer Stunde tappe ich durchs Boot, räume hier, verstaue da, werfe den Brotbackautomaten an und mein Kpt. kommt auch langsam aus der Koje. Heute wollen wir weiter segeln Richtung Osten, Algerien. Der Wind sollte eigentlich schwächer werden ... Gegen 10 Uhr steht der Marinachef am Boot und fragt nach, ob wir wirklich bei dem Wetter fahren wollen (hatten unsere Abfahrt wegen dem Ausklarieren gestern angekündigt). Ja, schon. Er murmelt etwas von “stormy” und “difficult” und verschwindet. Wir sehen uns im Internet noch mal die aktuellen Gribfiles (Winddaten) an - so wirklich gut sieht es nicht aus. Etwas später ist der Marinachef wieder am Boot, dieses Mal mit Verstärkung. Es geht ums Wetter und jetzt nehmen sie den Kpt. mit zum Office. Als der zurück kommt verkündet er: “Ich hab um zwei Tage verlängert.” Sie waren gemeinsam auf dem “Aussichtsturm” des Hafengebäudes und er konnte von dort einen Blick auf das Meer werfen. Nun denn, also beobachten wir weiter das Wetter. Zur Zeit jagt hier ein Tief das nächste und es geht ganz schön heiss her dabei. ... Sollen wir die verstauten Fahrräder wieder auspacken? ... Donnerstag, 30.10.2008 Wir warten wieder. Dieses Mal nicht auf Wetter sondern auf Wasser. Gegen Mittag wollen wir die Leinen loswerfen und vorher noch Wasser bunkern. Natürlich hat gerade heute jemand in der Marina beschlossen, etwas an den Leitungen reparieren zu lassen, was höchstwahrscheinlich schon seit einem halben Jahr in diesem Zustand ist, und hat den Haupthahn zugedreht. “Approximate two hours”(so Gott will). In den vergangenen Tagen hatten wir viel Zeit und Gelegenheit, um die Site zu aktualisieren und zu verändern, so dass wir jetzt recht zufrieden damit sind. Ausserdem hat uns der sich fleissig drehende Besucherzähler verraten, dass es augenscheinlich einige gibt, die unseren Törn mit Interesse verfolgen. Das freut uns natürlich auch! 11.50 Uhr. So, die Wassertanks sind jetzt randvoll und wir segeln dann mal weiter. Eine Weile werdet ihr erst einmal nichts mehr von uns hören. Haltet aus! Bis dann. |
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Dienstag, 04.11.200 4.30 Uhr. Der Wind aus Ost ist so gut wie eingeschlafen und es ist noch 22°C warm. Wir stehen beide im Cockpit und freuen uns auf den bevorstehenden Landfall. Die warme Morgenluft riecht nach Erde und Nadelwald. Tabarka, der erste tunesische Hafen von Algerien kommend, liegt vor uns. Solange es noch dunkel ist wollen wir dort nicht einlaufen, sondern vor der Süd-Mole ankern. Plötzlich hören wir beide ein leises Schaben am Boot und René kuppelt sofort aus. Fischernetze! Aber wir sind schon mittendrin! Nichts wie raus hier! Es ist natürlich klar, dass wir in umgekehrter Richtung im Netz hängen bleiben - wär ja auch zu schön gewesen! Wieder auskuppeln damit sich das Netz nicht um Propeller und Welle wickelt und dann versuchen wir verschiedene “Entfesslungsaktionen”. Es nutzt alles nichts, der Kpt. muss ins Wasser. Aus dem untersten aller Stauräume kramen wir seinen Neoprenanzug (macht ne tolle Figur! Hmmm!) und schon taucht er ab. Das Netz hängt “nur” hinter den Kielen, trotzdem hat er fast eine Stunde zu kämpfen, zumal ein leichter Wind das Boot in das Netz drückt. Aber dann sind wir frei und kurz darauf fällt der Anker vor der Ost-Mole. Darauf einen heissen Kaffee! Anschliessend alles aufklaren und mit der aufgehenden Sonne laufen wir eine Stunde später in den Hafen ein. Winkende Fischer “Hallo Dütschland”, und weil weiter kein Platz ist machen wir an einer anderen Yacht fest. Das Einklarieren zieht sich (immer wieder durch vermutlich wichtige Unterhaltungen und Umarmungen der Beamten unterbrochen) über zwei Stunden hin. Unser Boot muss auch noch einmal “umgeparkt” werden, so dass es fast Mittag ist als wir uns endlich mit einem Glas “Auf-den-Landfall”-Wein im Cockpit niederlassen. Vier Tage und fünf Nächte sind wir unterwegs gewesen und es war mit fast sechshundert Seemeilen unsere bisher längste Etappe. Und gleichzeitig auch die stürmischste. Zweimal mussten wir durch einen Sturm, davon einer der Stärke 8 (das sind nicht die Böen, es be- zeichnet die durchschnittliche Windgeschwindigkeit). Als der Wind nach etwa drei Stunden auf 30 - 32 kn zurückging (7 Bft) war das wie Erholung. Zum Glück stürmte es immer nachts, da sieht man nichts von dem “Elend” drumherum. Dafür kamen wir aber auch schnell voran, so dass wir beschlossen, bis Tunesien durchzufahren. Gut behütet fühlten wir uns ausserdem, denn jeden Morgen wurden wir über Funk von der Algerian Coastguard angerufen, was immer in die Bordfrau-Wache fiel (man kann sich an einen morgendlichen “Plausch” gewöhnen, zumal die Herren sehr nett und freundlich waren). Donnerstag, 06.11.2008 Kpt´s Geburtstag! Ich werde wach als mein Geschenk mit einer Schleife versehen wieder ins Bett klettert. Grosse Freude! ... Da Marion beschlossen hat, einen Geburtstagskuchen zu backen, ziehen wir nach dem Frühstück erstmal los, shoppen. Margarine, Eier, und sie findet sogar Schlagsahne. Zurück am Boot parkt gerade dreissig Meter neben uns ein Unimog mit Wohnaufbau und deutschem Kennzeichen ein. Man grüsst und schon nach kurzer Zeit stehen Angelika und Peter am Boot, die Männer sind schon heftig am “Labern”. Da hat Marion eine gute Idee und lädt die beiden für später zu Kaffee und Kuchen ein. Anschliessend wirft sie sich in die Pantry und verdonnert mich zum Nichtstun - hab ja schliesslich Geburtstag! Meine nichtsahnenden Geburtstags- gäste stehen pünktlich “vor der Tür”, Marion holt den Kuchen aus dem Ofen und es duftet lecker im ganzen Boot. Warmer Kuchen mit Schlagsahne - sowas von lecker! Mit Angelika und Peter sind wir sofort auf einer “Wellenlänge” und sitzen, erzählen, machen einen Wein auf, erzählen, machen noch einen Wein auf , ... später ziehen wir los in die Stadt, um in einem Strassenimbiss etwas gegen den langsam Sonnabend, 08.11.2008 Tabarka ist recht überschaulich. Kaum fünfzehn Minuten, dann hat man es in jeder Richtung durchquert. Aber man kann ja auch ganz langsam gehen und ein siebentes Mal in die Strasse mit dem Angelladen schauen, in dem es die tunesische Gastlandsflagge gibt, die wir so dringend benötigen. Vielleicht hat er ja diesmal geöffnet? Wir besichtigen die berühmten Fels- nadeln des Ortes, die auf beinahe jeder Postkarte sind und vor denen Souvenierverkäufer derart abgrundhässlichen Kitsch anbieten, dass man schon wieder überlegt, wen man so gar nicht leiden kann, um ihm so etwas zu schenken.- Ein gut halbstündiger Fussmarsch führt hinauf zu einem alten genuesischen Kastell. Eigentlich wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen, wird aber doch von dem, der es vermutlich bewachen soll, für einen Rundgang mit tollem Panoramablick geöffnet. Voller Bescheidenheit lässt er sich dann hinterher zwei Dinar in die Hand drücken. Wir geniessen es aber auch, einfach mit einer Tasse Kaffee im Cockpit zu sitzen - Hafenkino! Da sind die winkenden Kellner vom Restaurant, vor dessen Terrasse wir liegen, und die den Versuch uns dort hineinzulocken aufgegeben haben. Der umtriebige Hafenmeister, der jeden kennt, für alle ein paar Worte hat - für die Frauen ganz besonders. Oder die beiden älteren französischen Pärchen in ihren Wohnmobilen, deren grösste Sorge die Funktionstüchtigkeit ihrer Fernseher ist. In den letzten Tagen hatten sie zwei Katastrophen zu verkraften! Einmal der abendliche Stromausfall zur wahrscheinlich besten Sendezeit und heute musste ein Monteur für die Satellitenschüssel ran. Ihr allerdings bester Beitrag zum Hafenkino ist der vormittägliche Gang der beiden rundlichen Madames im geblümten Morgenmantel , halb über die Restaurantterrasse, zum Duschhaus. Nicht nur ich, auch die Kellner und Gäste sind Fans dieser selbstbewussten Darbietung. Die Abende verbringen wir mit Angelika und Peter. 2007 waren die beiden schon für drei Monate mit ihrem LKW in Tunesien unterwegs. Da gibt es jede Menge zu erzählen und zu zeigen - Peters fotografischen Reiseberichte sind unterhaltsam und echt interessant. Wir sitzen jedesmal bis spät in der Nacht. Nur unterbrochen durch einen Besuch unseres Lieblingsimbiss, wo es so gaaaanz lecker gefüllte Fladen gibt. Danach ist man total genudelt und um knapp einen Euro pro Person “ärmer”. Sonntag, 09.11.2008 Gestern hatten wir kurz Besuch von einer französischen Nachbaryacht. Jerzey, sprach perfekt Englisch und interessierte sich für unsere Vorsegelrollanlage. Etwas später erfahren wir, dass er heute eine, im französischen Reiseführer empfohlene Wanderroute, und ein Thermalbad im Landesinneren besuchen will. Ob wir mit möchten? Wir möchten! Angelika und Peter kommen auch gerade darauf zu und so sind wir zu fünft. Der Bus nach Ain Draham fährt bereits um 9 Uhr, doch diese Herausforderung meistern wir alle und stehen pünktlich vor unserem “Reiseleiter”. Von Ain Draham, einem an der algerischen Grenze gelegenen Ort, wandern wir los. Der Grund, warum der Weg im französischen Reiseführer vermerkt ist besteht wohl einzig und allein darin, dass er Teil eines Versorgungsweges zu einem wichtigen französischen Militärstützpunkt in Algerien war, das von dort während des Krieges belagert wurde. Gemeint ist der Befreiungskrieg der Algerier. Wir wandern durch Korkeichenwälder, erklettern Felsen, sehen massenhaft von Wildschweinen durchwühlten Waldboden, treffen “gut frisierte” Ziegenherden, haben eine tolle Sicht auf die 500 Meter entfernte Grenze und diverse Wachtürme, erfahren, dass hier die Sommer- (oder war´s die Winter-?)Residenz des Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali liegt, von der wir nichts weiter sehen ausser den bewachten Zaun drumherum, und wir wissen jetzt, dass Jerzey eine Vorliebe für´s Pilzesammeln hat. Es gab keinen Ziegenhirten oder Wanderer, den er nicht nach den besten Fundorten aushorchte. Wieder in Ain Draham angekommen nehmen wir zwei Taxen und fahren nach Hammam Bourguiba. Das liegt so dicht an der algerischen Grenze, dass am Ortseingang (Schlagbaum mit Posten) die Pässe kontrolliert werden. Hammam ist im Arabischen ein Bad und hier wird es aus einer heissen Thermalquell Montag, 10.11.2008 Wieder mal Abschied nehmen. Angelika und Peter wollen weiter, wir auch. Nur in verschiedene Richtungen. Glücklicherweise müssen wir nicht ausklarieren, es reicht eine kurze Abmeldung bei der Garde National, der Militärpolizei. Kurz aufräumen, die Liegegebühr bezahlen, ein paar andere Boote werden “umgeparkt” und schon können wir ablegen. Schnell nochmal winken und dann die Segel raus. Ein leichter Wind schiebt uns gemütlich ostwärts. - Irgendwann nachmittags surrte die Angelsehne von der Rolle. ... An dieser Stelle sollte jetzt die wortgewaltige Schilderung meines heroischen Kampfes mit dem riesigen Fisch stehen, aber es folgt die Kurzversion: Fisch weg, Köder weg, Sehne weg!! Bei jedem Wettkampf gibt es eben auch einen zweiten Platz! Wir wollen heute nicht die Nacht durch segeln und haben uns einen Ankerplatz hinter einem Kap ausgesucht. Über Funk melden wir das der Coastguard und es ist bereits dunkel, als wir die kleine Bucht hinter Cap Serrat ansteuern. Beim Ankermanöver erschrecken wir, als es neben uns laut prustet. Drei Delphine tauchen immer wieder auf, sie scheinen zu jagen. Ein leckeres Abendbrot, ein Glas Rotwein im Cockpit, dicker fetter Sternenhimmel - wir haben es mal wieder sowas von gut! Sonnabend, 15.11.2008 Wir liegen jetzt den fünften Tag an der Betonpier im Hafen von Bizerte (im eigentlichen Yachthafen ist für uns nichts frei). Dieser Platz ist eingezäunt und hat ein bisschen was von Quarantäne. Ausserdem gibt es hier Null Strom und Wasser. Na, was soll´s. In den letzten Tagen haben wir die Stadt erkundet (Internetroom, Einkaufsmöglichkeiten und eine “Electrique-Auto”-Werkstatt wg. unseres defekten Anlassers vom Generator). Der Ort ist auch ziemlich geschichtsträchtig. Bizerte, die nördlichste Hafenstadt Afrikas, wurde von den Phöniziern gegründet und war im 16. Jahrhundert neben anderen nordtunesischen Städten eine Hochburg der Freibeuter / Piraten. Von hier aus wurden christliche Handelsschiffe gekapert und geplündert. Die Seemänner oder Passagiere, die bei solchen Beutezügen in Gefangenschaft gerieten, wurden zu Galeerendienst verurteilt oder auf Sklavenmärkten verkauft. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelang es, dem Treiben der Piraten ein Ende zu setzen. Ja, das war schon ´ne heisse Ecke hier! Auch 1963 gab es in der Stadt blutige Strassen- schlachten, weil die Franzosen ihren militärisch wichtigen Stützpunkt vor Ort nicht aufgeben wollten (Tunesien war bereits seit 1959 unabhängig). Heute ist Bizerte eine relativ moderne grosse Stadt, mit drei Festungen, drei Häfen, einer schönen Medina / Altstadt, diversen Moscheen (alle mit moderner Technik ausgerüstet, d.h. Lautsprecher und Kassettengeräten, die fünfmal am Ta |
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Sonntag, 16.11.200 Heute habe ich Bastelverbot. Die Lieblingsbastelhose bleibt in der Ecke liegen und wir machen uns landfein. Durch Bizerte verläuft ein Kanal und Marion möchte heute mal auf Dienstag, 18.11.2 Gestern habe ich die Generatorbastelei vorerst abgeschlossen und zwecks Vermeidung einer erneuten “Motorflutung” auch gleich die Kühlung umgebaut. Und während ich mir die Zeit mit kleinen Basteleien und Inspektionen vertreibe, plagt Marion sich mit einem schon bekannten “Leiden” herum. In kurzen Intervallen verschwindet sie im Bad. Zum Glück ist es diesmal nicht ganz so schlimm wie in Marokko, so dass wir trotzdem noch durch die Stadt bummeln können. Eigentlich ein richtig netter Tag, wenn nicht ... ja, wenn nicht zum Abend so ein absolut ekliger Schwell im Hafen stehen würde. Das Nachbarboot, eine GFK-Charteryacht, und wir krachen nur so an die Betonkante! Mit fünf, eilig zusammengesuchten und als Fender angebundenen alten Autoreifen können wir den “Aufprall” zwar etwas abmildern, aber Ruhe finden wir die ganze Nacht über nicht. Noch schlimmer ist allerdings das plötzlich fehlende Geräusch, genauer gesagt das Plätschern, und der starke Widerstand an der Toiletten- pumpe. Da geht Mann mit der Gewissheit ins Bett, dass der nächste Tag (im wahrsten Sinne des Wortes) so ein richtiger Sch ... tag werden wird. Marions grummelnde Gedärme veranlassen sie, gleich nach dem Aufstehen wieder ins Bett zu gehen. Und das ist gut so. Meine Sprüche und Flüche während der nächsten Stunden sind absolut gar nichts für empfindsame Ohren - und stubenrein sind sie schon gar nicht! So ein prall gefüllter 60 Liter-Fäkalientank stellt doch eine gewisse Herausforderung dar. Letztendlich gelöst habe ich das Problem dann mit Flossen, Schnorchel und Taucherbrille. Für die, mit Weingläsern im Cockpit sitzende, Crew der Nachbaryacht hatte es sicher einen hohen Unterhaltungswert, wie ich immer wieder Luft hole, um dann abzutauchen. Zum Glück können sie aber nicht sehen, wie ich mit einem Drahthaken in dem Borddurchlass des besagten Tankes herum bohre. Dort haben es sich kleine Muscheln gemütlich gemacht und so nach und nach die Öffnung verschlossen. Also die “Anwohner” mit einem langen Schraubendreher im Loch abschaben, dann mit dem Draht so lange bohren ... und dann schnell wegschwimmen! -- Die zwei Grappa habe ich mir heute wirklich verdient! Mittwoch, 19.11.2008 Wir haben beschlossen, heute weiter zu fahren. Da Marion sich wieder am Frühstück beteiligt - es geht ihr besser - steht dem Aufbruch nichts mehr im Wege. In der Capetanerie habe ich Mühe, unser Liegegeld loszuwerden. Wir werden gar nicht in den Büchern geführt. Quarantänekai eben. Zum Glück darf ich trotzdem bezahlen. Für um 11 Uhr hat sich der Monteur angekündigt, der den Wechselrichter reparieren wollte. Die Polizei lässt ihn aber nicht in den “Quarantänebereich”. Da wir sowieso noch zum Markt wollen, verabreden wir uns dort. Er ist da, das Gerät ist heil, wir bezahlen, ... “Noch zusammen einen Kaffee trinken?” “Warum nicht Donnerstag, 20.11.2008 Eigentlich habe ich keine Lust auf Sidi Bou Said, die nächste Marina, die wir anlaufen werden. Aber das Wetter soll ein bisschen ungemütlich werden und da ist Ankern nicht immer gut. Dabei ist der Platz hier am Cap Farina so schön! Mit einer alten Moschee und einem Kastell mitten im Wald, einigen kleinen Sandstränden - ideal zum Anlanden, weit und breit keine Menschenseele ... Sidi Bou Said soll dagegen brechend voll sein und ausserdem noch teuer. Aber wir sind ja für heute Nachmittag angemeldet. Na, dann nichts wie hin! Gegen 11 Uhr gehen wir Ankerauf, Genua und Grosssegel werden gesetzt. Die Sonne strahlt, das Meer ist blau (blauer gehts nicht) und beinahe spiegelglatt und natürlich schläft nach ca vier Stunden der Wind total ein. Das macht der doch mit Absicht! Was bleibt uns anderes übrig, wir werfen den Motor an und der knattert uns bis zum Schluss die Ohren voll. 15.30 Uhr. Wir erreichen die Einfahrt zur Marina und fahren einen grossen Bogen, da sich vor den Molenköpfen Sandbänke befinden. Freitag, 21.11.200 Hier muss er irgendwo sein! Neben einer grossen Baustelle durch das Gebüsch kriechend suchen wir den Weg, der am Fels hinauf in den Ort über unseren Köpfen führt. Da hat doch irgend so ein Blödmann eine Mauer hochgezogen! Wir “schwingen” uns so elegant es geht hinüber und haben jetzt reichlich Stufen aufwärts vor uns. Oben angekommen stehen wir wieder vor einer Mauer, die ist aber ca zwei Meter hoch. Das kann doch nicht wahr sein! Mein furchtloser Kpt entdeckt in die Mauer geschlagene Löcher, die man prima als Stufen benutzen kann. Mann, sind wir heute wieder sportlich! - Auf der anderen Seite kommen wir nur langsam voran. Das liegt nicht etwa am schlechten Weg, nein, Sidi Bou Said ist einfach ein wunderschöner Ort (findet sogar der Kpt). Die kleinen Häuser sind ausnahmslos alle weiss gekalkt, die Türen, Fensterläden und filigranen Gitter der Fenster sind alle blau gestrichen. Herrliche Gärten dazwischen, Palmen, Ban Sonnabend, 22.11.2008 Hey, wir haben das grosse Karthago gesehen! Es ist schon echt beeindruckend, die Überreste, sprich Ruinen, einer so alten und einst so mächtigen Stadt vor sich zu haben! Gegründet 814 v. Chr., da liefen bei uns noch alle mit Bärenfellen rum. Von hier aus zog Hannibal gegen Rom. Auch wir waren zu Fuss unterwegs, denn Karthago liegt hier sozusagen gleich um die Ecke. An einem Tag kann man es absolut nicht schaffen, alles anzusehen und so haben wir ausgewählt: die “Therme des Antonin Pius” (der Hanse-Dom ist eine win- zige Waschküche dagegen), den “Punischen Hafen”, von dem leider nicht mehr allzuviel zu sehen ist, den “Tophet” (gruselig!), ein mystisches Heiligtum, wo vermutlich tausende Kinder geopfert wurden, den “Byrsa-Hügel” hoch über der Stadt, das Amphitheater und |
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Dienstag, 25.11.2008 Eigentlich wollen wir heute die Leinen loswerfen. Nach einem Blick auf die aktuellen Windfiles lassen wir das aber und kochen uns lieber noch einen Kaffee, ganz in Ruhe. Hier in der Bucht von Tunis ist das feinste Segelwetter, aber vor Cap Bon, unserem nächsten Ziel, stürmt es mit 7 - 8 Bft. Gut, dann eben nach Tunis! Aber nicht mit dem Boot, nicht zu Fuß, sondern mit der Bahn. Wir kommen erst ab Mittag los, die Pumpe des Grauwassertanks macht uns einen Strich durch die Rechnung. Der Vormittag vergeht beim Umbau und der Reinigung der Anlage. Irgendwas ist eben immer, da kann man sich drauf verlassen! Anschliessend ein bißchen “aufbrezeln” und ab geht es zur Bahn. Fahrkarten kaufen - kein Problem! Wir sprechen schon ein paar BROCKEN Französisch. Kurz vorm Ziel ist Endstation. Neue Tickets kaufen, auf Metro umsteigen. Fünf Minuten Fahrt, wir sind da. Tourigemäss schlagen wir unseren Stadtplan auf und wackeln los zur Medina. Wir haben sie noch gar nicht betreten, da haben wir schon den ersten Guide am Hals, den wir aber kurz und schmerzlos abwimmeln. Hinein in das Gewühl! Die Medina von Tunis existiert schon seit 13 Jahrhunderten und hat sich ihre ursprüngliche Form, Grösse und Ausstrahlung bis heute bewahrt. Es wurde nie etwas durch Kriege etc zerstört. Wie immer erschlägt die Warenfülle uns fast, permanent werden wir angesprochen, begrüsst, gebeten, in die Läden zu gehen und zu schauen. Nett und nicht aufdringlich. Nach ca zehn Minuten habe ich eine “Original”-Gucci-Sonnenbrille käuflich erworben (ich brauche gar keine und hatte absolut nicht die Absicht zu kaufen, aber der Verkäufer, ein junger Mann, war so gut, wirklich gut, wir haben nur gelacht, halbherzig gefeilscht und sie gekauft. Prima Verkäufer!) Weitere fünfzehn Minuten später finden wir uns in einem Teppich- und Souvenirgeschäft wieder. Der Kpt hat sich von einem netten jungen Mann “einwickeln” lassen, der uns natürlich nur die Aussicht von einer Dachterrasse eines alten Sultanpalaste Donnerstag, 27.11.2008 Es stürmt und stürmt und stürmt und zur Abwechslung regnet es zwischendurch. Wir sind extra früh aufgestanden für die nächste Etappe, Kap Bon. Der amtierende Wettergott hat aber mal wieder andere Pläne. Und während wir noch grübeln, ob wir es eventuell doch versuchen, nimmt uns der Hafenkapitän die Entscheidung ab. Es ist besser, zu bleiben und sie freuen sich, dass wir da sind ... Na gut, dann machen wir ihnen die Freude halt noch etwas länger. Wir beschliessen, nach La Goulette, einem Vorort und Hafen von Tunis, zu fahren. Dort sollte ein Geschäft für Schiffsbedarf zu finden sein. Wir sind schon länger auf der Suche nach neuen Fendern. Da sich in der Schwell-Nacht von Bizerte zwei weitere von uns verabschiedet hatten, ist das Problem noch dringlicher geworden. So richtig was her machte es nicht, als beim Einlaufen in Sidi Bou Said, dem Yachthafen der Schönen und Reichen von Tunis, ganze drei Fender an unserem Schiffsrumpf baumelten. Standart scheinen hier sechs an jeder Seite zu sein. In La Goulette gibt es nicht viel zu besichtigen, der Fischereihafen, eine alte kleine Festung, das war´s dann auch schon. Wir finden den ersten Ausrüster für Fischereiboote und Co. “Ballons mit Luft” hat er nicht. Seine Kunden nehm Freitag, 28.11.2008 Es stürmt immer noch, aber aus einer anderen Richtung. Bis morgen Abend soll das so bleiben. Gestern Nachmittag erschien der Hafen- kapitän mit sorgenvollem Blick. Am liebsten hätte er uns an einen anderen Platz gelegt, aber bei dem Wind war das nicht möglich. Irgendwie schien man der Haltbarkeit der Mooringleinen nicht ganz zu trauen. Letztendlich haben wir noch eine 50 m lange Leine quer zum nächsten Poller auf der Betonpier gespannt. Alle schienen darüber sehr froh zu sein. Sonnabend, 29.11.2008 Uns steckt der letzte Happen vom Frühstück noch im Mund, da klopft es. Jemand von der Marina und ein Herr, dem anscheinend das marode Boot gehört, an dem wir festgebunden worden sind. Wir sollen hier weg. Der Wind steht so, dass wir gegen die anderen Boote drücken. Das war die Tage vorher auch so, da hat es aber niemand wirklich gestört. Na, was soll´s. Ich sammle die gerade aufgehängte Wäsche von der Leine und der Kpt holt schon ein paar von den ausgebrachten Leinen ein. Der Wind drückt von Steuerbord, ob wir hier überhaupt weg kommen? Der neue, freigewordene Liegeplatz liegt geradezu, so dass wir wenigstens nicht gross herumkurven müssen bei dem Wind. Aber es steht auch kein Marinero bereit, der die Leinen abnimmt oder die Mooringleine angibt. Seht mal zu! Als wir alles fertig habe Sonntag, 30.11.2008 1. Advent. 14.30 Uhr, unser Bügelanker gräbt sich in den sandigen Grund der Bucht hinter dem “Ras El Fartass”. Der Wind bläst auch hier recht kräftig (max bisher 31 kn) und die Wellen haben sich, wie zur Feier des Tages, kleine weisse Häubchen aufgesetzt. Bis 18 Uhr soll der Wind noch zunehmen, dann aber etwas abschwächen. Genau während des Ankermanövers ruft uns über Funk die “Tunesian Coast Guard” an, die wir auf später vertrösten. Naja, die können ja nicht sehen, was wir gerade machen. Oder doch? Als alles fertig ist, der Anker sitzt, der Motor ist aus, rufen wir sie zurück und erstatten unsere übliche Meldung: wer, woher, Rufzeichen, wieviele, von wo nach wo, warum, ... - “Surrounded by mountains, a few goats looking for the scarce vegetation may be the only sign of life.” So beschreibt unser “North-Africa-Imray” diese Bucht hier. Recht hat er, Berge, Ziegen sind da, auch Dünen und wunderschöner Sandstrand. Und ein paar verrückte Angler. Der Kpt klärt mich auf: Brandungsangeln! Aha. Das inspiriert ihn natürlich, sofort wird die Angel klar gemacht und mit dem, in La Goulette heimlich (!) erworbenen, Blei bestückt. Oben ´ne Pose die hoch zieht und darunter Blei, das nach unten zieht?! Das soll einer verstehen. Aber mein Kpt macht ein ernstes Gesicht dabei und tut so, als hätte er Ahnung (wenn er das liest, krieg ich´n Minuspunkt). Ich verkneife mir kluge Bemerkungen und mache mich in der Pantry nützlich. Zum 1. Advent soll es heute Nachmittag Griessbrei mit frischem Obst geben (ich höre förmlich das Aufstöhnen bei der Leserschar: Griessbrei!! Wir essen das gerne, so!) Die Milch ist fast heiss und ich klappe die luftdichte Dose mit dem Griess auf - oh, die ist bewohnt von winzigen, kleinen Käferchen, die den Inhalt offensichtlich toll finden. Boah! Wo kommen die denn her?! Ab, über Bord damit. So kann der Kpt mal “Sandmann” sein und wer weiss, vielleicht lockt es ja sogar Fische an? In der Pantry Planänderung, es gibt Pudding mit frischem Obst. Und weil das Boot sich mit dem Bug immer in den Wind dreht, können wir prima geschützt mit Pudding und Kaffee im Cockpit sitzen und noch richtig Sonne fassen. Schöner 1. Advent! |
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