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... auf in die Karibik

Montag, 03.09.2012

Unser letzter Tag in Argentinien, heut müssen wir raus. Nach so langer Zeit fällt es fast ein bisschen schwer - kann man nicht noch einmal verlängern? Zu nett die Leute hier, zu gut Fleisch und Wein ... Morgens werden wir fast von Christin und Walter geweckt, die plötzlich im Cockpit stehen, mit frischem Lesestoff für unterwegs und die versuchen, uns noch zum Bleiben zu überreden. Wirklich lieb die zwei, sie sind kurz davor, uns zu adoptieren :) Dieses Mal müssen wir uns aber wirklich verabschieden, ein letztes Mal drücken. VIELEN DANK FÜR ALLES! - Der Senor Golzmann vom Zoll in Tigre ist zickig und lässt das auch richtig raushängen. Wir müssten wenigstens einen Tag ausreisen, dann dürfen wir wieder rein - was für ein Blödsinn! Wir lächeln ihn trotzdem freundlich an, es bringt ja eh nichts, dort Stress zu machen. Dank der geborgten "Meerbär"-Fahrräder sind wir gegen 14.30 Uhr von der Behördenrunde zurück an Bord und schnappen unsere Hackenporsches zwecks Obst- und Gemüsebeschaffung. Blödes Timing! Irgendwie sind wir mal wieder voll in die Siesta-Zeit geraten, der von uns auserkorene Gemüsedealer liegt vermutlich gerade schnarchend auf seiner Couch. Also ab in den Carrefour und dort das letzte Geld verjubelt: Bananen, Apfelsinen, Kartoffeln, Käse und Dulce de Membrillo, Dulce de Leche, Mate, ... was man so braucht. Im Affenzahn zurück. Beim Blick auf die Uhr wird der Plan, ein letztes Mal duschen zu gehen, verworfen. Schnell unsere Backbordnachbarn, die "Out of Rosenheim"er drücken, die Steuerbord-"Meerbären" auch, Motor an, Leinen los, winken und raus auf den Rio. Klasse, es fängt an zu regnen. Unser Stralsund-Wimpel und die Gastlandsflagge haben sich komplett um die Flaggleinen gewickelt, die mögen anscheinend auch noch nicht los. 5 Minuten später kreischt der Temperaturalarm des Motors. Ich hechte an´s Steuer, René in den Motorraum. Kurz darauf herrscht wieder Ruhe, alles i.O. Wir fahren ein Ende flussabwärts und ankern dann vor Olivos, "direkt"vor der Presidenten-Residenz. 19 Uhr, endlich Feierabend! Essen, Film, in den Schlaf schaukeln - buenas noches!Das kriegst du doch wieder da rein

Dienstag, 04.09.2012

Was hat Marion gestern geschrieben?  “ ... gemütlich in den Schlaf schaukeln ... “ geht anders. Es kracht und stampft - der Liegeplatz so direkt im Rio de la Plata war wohl nicht die beste Idee. Egal, werden uns schon “einschaukeln” beim Warten auf den passenden Wind und ausserdem haben wir ja auch noch jede Menge zu tun. Beim Hals-über-Kopf-Aufbruch gestern Abend ist irgendwie alles stehen- und liegengeblieben, also erstmal der ganzen Krempel seefest verstauen. Altbewährtes System - ich draussen, Marion drinnen. Und wie sie da unten so allmählich in die Verstau-Ekstase verfällt, werden gleichmal alle Bilgen leer geräumt und eine hübsche Excel-Tabelle über ihre gehorteten Dosenvorräte angelegt. Marmelade aus Tunesien, Weinblätter aus Griechenland, türkische Datteln, ... Beim Blick auf die Haltbarkeitsdaten überlege ich, ob manche Dose nicht besser in ein Museum gehört. Und dann kommt`s: “Das räumst du doch alles wieder rein? Du kannst das immer sooooo gut!” werde ich umschleimt. Somit ist Mann auch beschäftigt und weil er das “so gut” gemacht hat, darf er auch den ganzen Abend am Navi-Rechner basteln (ohne spitze Bemerkungen überhören zu müssen).

Mittwoch, 05.09.2012

Die "Mira" hüpft und schaukelt in den Wellen, scheint ihr Spass zu machen, endlich wieder auf See! Da im Wetterbericht noch nichts von einem Winddreher in Sicht ist wollen wir heut auf die andere, uruguayische Seite des "Silberflusses", da liegen wir hoffentlich etwas geschützter. Fix ist alles verstaut und abfahrbereit, aber der Käpt´n hat Zeit, er will erst am Nachmittag los, angeblich dreht der Wind dann mehr auf Nord. Bueno! 15.30 Uhr ist es ihm dann endlich genehm, wir gehen ankerauf. Der Wind hat aber scheinbar eine andere Vorhersage gelesen als mein Käpt`n. Ganz hart am Wind, wir "knüppeln" die 32 sm rüber, Krängungsmesser stur am Anschlag (35, 40°), das Wasser spült zeitweise die Salonscheiben hoch, ... och, das geht ja gut los. Mann, Frau im Eck verkeilt, schlängeln wir uns durch die Untiefentonnen und Wracks. Natürlich war auch des Käptn`s Zeitplan genauso optimistisch bemessen, wie seine Windprognose - es ist fast 23 Uhr, als der Anker hinter einer kleinen Insel fällt. Dafür liegen wir hier wunderbar ruhig. Käpt`n bastelt an seiner Positionsmeldung und `ner Abschiedsmail für Walter und Christinchen,  ich bastle uns was leckres zu Essen

Freitag, 07.09.2012Auf nach Norden

Der eigentliche Plan war ja, in Colonia noch mal heimlich an Land zu gehen und die uruguayischen Peso, die Marion noch in einer meiner Hosen entdeckt hat, in einem Restaurant durch Verzehr riesiger Steaks und Vino tinto, zu verprassen. Der Dauerregen nebst Gewitter hat uns dann aber einen Strich durch die Rechnung gemacht, da geht Mann nicht mal für `ne gegrillte Kuh vor die Tür! Dafür sehen die Windvorhersagen für die nächsten Tage ganz nett aus, also geht´s los! Wird irgendwie auch Zeit, hier ist es nur noch kalt - wir wollen endlich WARM!!!  Mittags leiern wir den Anker hoch, drehen den Bug nach Ost und rollen die Genua aus. Zumindest versuchen wir´s, es geht aber nicht. Fängt ja schon mal gut an, schon auf der ersten Meile die erste "Baustelle" - COOL, wir haben ja nur 4000 sm vor uns! Da ist es natürlich sehr hilfreich, dass zum Abend der Wind langsam einschläft (na toll!) und wir mal ganz gemütlich durch die stockdunkle Nacht dümpeln.

Sonnabend, 08.09.2012

6 Uhr. Mit dem Wind ist´s immer noch nicht so doll, aber die Segel stehen gut, wir kommen ganz gut voran. AIS macht Daueralarm, vor Montevideo sind diverse Frachter unterwegs oder liegen vor Anker - typisch, dass das in meiner Wache passiert und der Käpt`n in der Koje schnarcht (nach der Nachtwache wohlverdient!!). Dafür reisst der Himmel langsam auf, endlich mal wieder blau!! und das Wasser verliert langsam die schlammig braune Farbe. Passend dazu gibt´s auch wieder Wind, mit Rauschefahrt segeln wir Punta del Este und damit dem "Ausgang" des Rio de la Plata entgegen. Abends passieren wir die Ilha de Lobos, Kurs etwas mehr nördlich - wir sind wieder im Atlantik!

Sonntag, 09.09.2012

Kommen prima voran. Rundherum nur noch knallblaues Wasser, Albatrosse, Petrels und ...PINGUINE! Müssen glatt mal gucken, ob wir in die richtige Richtung segeln ... nö, stimmt alles.

Montag, 10.09.2012

Ungemütliche Welle heute und der Wind nimmt weiter zu. Aber immerhin passt die Richtung und das soll auch die nächsten drei Tage so bleiben. Supi, brauchen wir also nicht in Rio Grande (erster brasilianischer Hafen) zu stoppen, sondern können bis Florianapolis durchsegeln. Heimlich schiele ich schon auf das nächste Etappenziel - Cabo Frio! Vorteil des heutigen Wetters: wir brauchen nicht auf die Fischer aufpassen, die bleiben im Hafen. Nachteil: das Kochen wird unmöglich. Weil Käpt`n aber ja nun mal trotzdem Hunger hat - dreht er kurzentschlossen bei, was der Bordfrau ermöglicht, bei halbwegs ruhigen Schiffsbewegungen ein opulentes Mahl zu köcheln :-) "Beidrehen" ist natürlich wieder so`n Begriff, mit dem kein normaler Mensch (also Nichtsegler) was anfangen kann - dabei wird das Boot durch den Wind auf die andere Seite (den anderen Bug) gedreht und dabei "vergessen", die Leine (Schot) des Vorsegels loszulassen. Das steht dann also verkehrt, das Grosssegel (drei S, schreibt man das so?) steht richtig und irgendwie weiss das arme Boot jetzt nicht so wirklich, wohin. Es liegt sozusagen quer vorm Wind, und das Ganze recht ruhig. Einziger Nachteil: es treibt dabei in die falsche Richtung. Und im Augenblick mit mehr als 3 kn, was mich des öfteren dazu verleitet, mein "Küchenwunder" mit "... brauchst du noch lange?..." und ähnlich hilfreichen Bemerkungen zu nerven. So richtig verliebt schaut sie mich dann nicht an und da ich auch nicIrgendwas stimmt hier nicht - Unterwegsbasteleiht weiss, ob sie mich nun rausschmeisst, oder erst die Pfanne nach mir wirft, übe ich mich doch lieber in Geduld und schweige ...

Dienstag, 11.09.2012

Der Wind wird ab Mittag dödelig, die Welle ist nicht mehr ganz so fies. Zum Abend kräftiger Regenschauer, danach man kann endlich wieder was durch die Scheiben sehen ;)

Mittwoch, 12.09.2012

Buckelwal an Steuerbord, Käpt`n schnarcht unter Deck - nie ist er da, wenn´s was zu sehen gibt! Mittlerweile haben wir über 600 sm "auf dem Tacho", Florianapolis fast querab und hoffen jetzt, auch noch die 500 sm bis Cabo Frio zu schaffen. Die abendliche Windvorhersage droht uns allerdings in drei Tagen mit strammem Nordwind. Wir beschliessen, trotzdem weiter Kurs auf`s Cabo zu halten, vielleicht ändert sich die Prognose ja morgen wieder oder es bläst nur einen Tag aus Nord, dann segeln wir halt mal zwanzig Stunden in Richtung Südafrika.

Donnerstag, 13.09.2012

Feinstes Segeln bei strahlendem Sonnenschein. Marion frönt ihrer aktuellen Lieblingsbeschäftigung: Vögel gucken! Vogel kommt von irgendwoher angeflogen, setzt sich vor`s Boot auf´s Wasser, schaukelt in den Wellen und glotzt, wie wir an ihm vorbeisegeln. Dann fliegt er auf, setzt sich erneut vor`s Boot, wir segeln wieder an ihm vorbei und er glotzt. Wieder auffliegen, vor uns setzen ... das treibt der dann ewig, bis ihn irgendein anderer Vogel ablöst. Marion wiederum sitzt im Cockpit (yeah!!! endlich im T-Shirt), starrt ganz begeistert auf den Vogel, an dem wir vorbeisegeln, wie er wieder nach vorne fliegt, wir wieder vorbeisegeln, ... kann sie ewig zugucken. O.k., allzu abwechslungsreich ist das Kinoprogramm ansonsten ja auch nicht, immer nur Wasser und Wellen, da sind glotzende Vögel schon eine Abwechslung. Und der sieAlles klar zur Nachtht das vermutlich genauso, oder er denkt, "was glotzt die Al.., äh, attraktive junge Frau, mich so blöd an", oder er stoppt die Zeit, die wir brauchen, um an ihm vorbeizusegeln, ... Abends dann die, mit Spannung erwarteten, neuen Gribfiles (jo, wir bekommen natürlich keinen Wetterbericht, vonwegen "... und nun die weiteren Aussichten zum Wochenende ...", sondern niedliche kleine Pfeile, an denen wir Windrichtung und Stärke ablesen können). Ab Übermorgen 25 kn aus Nordost und das Ganze mindestens drei Tage lang. Na toll, da bleiben wir dann auf halber Strecke zum "Cabo" hängen. Kurzes Kartenstudium - nächste Möglichkeit, sich zu verkrümeln, ist in der Gegend von Florianapolis, da sind wir ja gestern gerade erst vorbeigesegelt - was soll`s, Kurswechsel und wieder zurück.

Freitag, 14.09.2012

Marion hegt Mordgelüste und spielt gedanklich verschiedene Varianten durch, mich "kalt zu machen"! Eigentlich segeln wir ja so allerfeinst auf dem Backbordbug dahin, die Wellen plätschern friedlich links und rechts vorbei, bis auf die 9468te, die muss sich unbedingt über´s Deck ergiessen. Jo, und irgendwie stand die Badluke noch auf. Ein riesiger Wasserschwall stürzt also ins Bad, genau auf die Schränke und weil´s so schön ist, auch gleich in alle Schränke rein. Marion war sofort klar, dass SIE die Luke nicht aufgelassen hat, also muss es jemand der sonst noch an Bord befindlichen Personen gewesen sein! Kleinlaut mach ich mich an die provisorische Trockenlegung ... Mittlerweile haben wir auch ein Ziel, eine Inselgruppe 20 sm nördlich von Florianapolis. Naturschutzgebiet, Fischereiverbot, aber in einer Bucht der grössten Insel ist Ankern erlaubt. Im Dunkeln nähern wir uns der Insel und sind ein wenig irritiert, wie viele Fischerbötchen hier so ihre Runden drehen. Nochmal einen Blick in die Karte, ganz eindeutig: Fischen verboten! Kurz darauf knirscht und schabt es ganz fürchterlich unter uns, dicht neben uns gehen plötzlich Lichter an, ein Scheinwerfer strahlt zu uns rüber - wir sind über die Schlepptrosse eines Fischerbootes gefahren. Echt nicht schlecht, so`ne Fischereiverbotszone! Wenig später erreichen wir dann trotzdem die auserkorene Bucht, finden zwischen diversen hier bereits ankernden Fischern noch ein Plätzchen und nach 856 sm fällt der Anker vor der Ilha do Arvoredo.  Klingt doch cool, nicht? Abendbrot, Nachtruhe!!! Werden dann nochmal von Gepolter geweckt. Kartoffelwerfender Fischer an Steuerbord! Sind wohl etwas dicht, also den Anker nochmal hoch, ein Stückchen weiter wieder runterwerfen und jetzt können wir endlich durchschlafen.Ilha do Arvoredo Mal wieder zusammen im Bett, wie Bordfrau freudestrahlend vermerkt!

Sonnabend, 15.09.2012

Wir lieben Brasilien - Sonnenschein, warm! Endlich mal nur im T-Shirt oder nicht einmal das. Während es um die Ecke ordentlich windet,  liegen wir in dieser wunderschönen, geschützten Bucht der Ilha und basteln vor uns hin. Käpt´n “vergnügt” sich, in der Sonne brutzelnd, wieder mal mit der Rollanlage, den Winchen, etc, während Bordfrau unter Deck beim Entsalzen der Badschränke nebst Inhalt gut vor den so schädlichen Sonnenstrahlen geschützt ist.

Sonntag, 16.09.2012

Die Ilha do Arvoredo ist eins der beliebtesten Tauchreviere Brasiliens und wird am Wochenende von vielen Ausflugs- und Tauchbooten besucht - wie unser Brasilien-Reiseführer zu berichten weiss. Recht hat er. Die Fischer haben sich in ihre Heimathäfen verdrückt und die Touris kommen. Anker klatscht vor dem felsigen Ufer ins Wasser, Tauchbojen raus und schon springen die Tauchtouris im Neoprenstrampler überall hinterher. Weitere Boote kommen, diesmal voller Angler, die ihre Haken in alle Richtungen werfen. Von "Meerbär"-Rainer bekommen wir per Mail den Tipp mit einer kleinen Ankerbucht nebst Dorf und Minimercado in der Nähe, wo wir auch gleich mal unsere Obst- und Gemüsevorräte aufpäppeln können. Aber "Manana". Für heute bleiben wir noch hier und machen Urlaub. Und da sich so absolut niemand an das Fischereiverbot hält, holen wir auch Schnur und Haken raus und baden in den nächsten Stunden Käsestücke, Salamiwürfel (natürlich die gute italienische) und was unserer Meinung nach noch so alles die Fische dazu verleiten könnte, auf die blöden Haken zu beissen ... Zum Sonnenuntergang kramt Marion dann eine Konserve aus der Bilge - sooo gut schmeckt frischer Fisch ja nun auch wieder nicht! Ich werfe noch mal `nen kurzen Kontrollblick nach draussen, ausser uns ist kein Boot mehr hier. Äh, irgendwie hat der Wind gedreht und bläst jetzt recht kräftig aus Süd genau in die Bucht hinein - nicht gut, wenn man dicht vor den Felsen ankert. Da gibt`s nicht viel zu überlegen, also die Pfanne wieder vom Herd, ankerauf, fahren wir eben heute noch die 17 sm rüber nach Porto Belo. Die Bucht ist dann gut gefüllt mit Fischerbooten, aber ziemlich am Ende finden wir noch ein gutes Plätzchen. Anker einfahrEmmy und Werner von der Afun Davuen, Pfanne wieder raus - sehr spätes Abendbrot heute.

Montag, 17.09.2012

Neben uns schaukelt eine Segelyacht mit deutscher Flagge am Heck. "Afun Davu". Klingt irgendwie polynesisch für uns. Als Werner und Emmy den Namen dann im schönsten Bayrisch aussprechen klingelt`s auch bei uns: "Auf und davon"! Wir bekommen natürlich nicht nur "Bayrisch-Unterricht", sondern auch gleich mal alle wichtigen und unwichtigen Informationen: wo mit dem Schlauchboot anlegen, wo gibt`s Wasser, wo einen Mercado, wo das beste Gemüse, welcher Bus in welche Richtung, ... Die Beiden sind auch auf dem Weg nach Norden, wollen als nächstes nach Paraty und warten auf ein passendes "Wetterfenster" - schon drei Monate lang, eilig haben sie es also nicht :) Wir heute auch nicht. Dorfspaziergang, Wandern, bisschen Obst kaufen und sonst nüscht weiter!

Dienstag, 18.09.2012

Zum Plündern des Dorf-Mercados zwecks Vitaminbeschaffung benötigen wir brasilianisches Geld, nächster Bankautomat in Porto Belo, bis dahin 6 km. Ein Bus fährt alle Stunde, wir wollen aber laufen. Die Strecke ist ganz nett, die Temperaturen auch ... nach dem Geldautomat gibt`s erstmal `n kühles Zisch!!! Dann noch ein bisschen durch`s Städtchen wandern, im Supermercado frische Vitamine einsacken und dann so blöd sein, wieder das Busgeld zu sparen und alles in der Hitze die 6 km zurückschleppen ... Da ham wir uns im Dörfchen doch glatt noch `n Zisch verdient :) Den gibt`s in Erik´s schwimmender Kneipe. Die ist zwar geschlossen, aber für durstige Segler gilt das nicht.Sonnenuntergang in der Porto Belo-Bucht

Mittwoch, 19.09.2012

Es regnet und regnet. Marion freut sich über das salzfreie Deck, ich, dass wir nicht wieder wandern (zuviel Bewegung soll ja schädlich sein) und ich am Navi-Computer basteln kann. Der kommuniziert jetzt per Bluetooth mit dem Pactormodem - ich bin fürchterlich stolz!!! Von der "Avun Davu" bekommen wir das Passwort für ein Wifi-Netz, das ändert den Tagesablauf schlagartig. Was Marion mit ihrem letzten Tagebucheintrag "... wissen gar nicht, ob wir überhaupt noch weiterschreiben sollen???..." losgetreten hat, darf ich jetzt ausbaden. Dutzende Mails und Gästebucheinträge - "Da antwortest du doch mal schnell drauf? Dann kann ich schon die Fotoseite aktualisieren." Und während Bordfrau voller Spass ihre Fotos betrachtet, hin und herdreht, betextet, ... teile ich jeder Menge Bekannter und Unbekannter mit, dass ich mich jetzt ganz fürchterlich bessern werde, immer fleissig ins Tagebuch reinschreibe, meine Schreibfaulheit zwar angeboren, aber nicht chronisch ist, ich manchmal wirklich keine Zeit hatte, .... eigentlich schön, dass sich so viele Leute "beschweren". Abends kommt "Avun Davu"-Werner, um sich mal kurz unseren Navi-Computer anzuschauen. Navi-Programme, Airmail, Seekarten, ... Beide Männer sind für den Rest des Abends beschäftigt ...

Donnerstag, 20.09.2012

Ab Mittag soll der Wind für zwei Tage auf Ost drehen. Das ist unser Startzeichen. Reicht natürlich nicht bis zum Cabo Frio, aber wir können uns ja auch in "kleinen Sprüngen" durch die riesige Bucht bis dahin hangeln. Schnell nochmal in`s Dorf rüber düsen, Kartoffeln, Obst, Schokolade, Eier, Brot und den 51er (Cachasa) bunkern, die Wasserkanister füllen, alles an Bord wuchten und anschliessend noch zu unseren Nachbarn, Emmy und Werner, zum Verabschieden. Wäre ja auch für sie ein passender Wind, aber sie sind noch nicht ganz abfahrbereit. Man hat ja Zeit :) Winke, winke, Anker hoch leiern, zwischen den ankernden Fischerbooten durchschlängeln, Segel ausrollen und jetzt versuchen, soviel Nord wie möglich zu machen. Mal sehen, wie weit wir kommen!

Sonnabend, 22.09.2012

Gleich in der ersten Nacht hatte es sich unser "Wetterfenster" anders überlegt, die Sache mit dem Wind völlig eingestellt und uns ein paar Motorstunden mehr beschert. Was in der Nacht fehlte, wurde dann gestern mit draufgelegt: 25 kn aus Südwest. Wir machen gut Meilen und in der Summe stimmte die Vorhersage wieder. Ansonsten grau in grau, nette Wellen, Regen. Jeder "klemmt" mit `nem Buch in der Hand in seiner Ecke, Lesewetter halt. Seit heute Mittag endlich wieder Sonne, aber ganz hübsche Dünung. Der Wind nimmt dafür ab. Fock rein, Genua raus, die hängt wenig später auch lustlos rum, wir holen den "Parasailor" aus dem Keller und zotteln ihn hoch. Ist irgendwie auch nicht das Wahre, alles wieder retour, Stinkediesel an - na wenigstens haben wir jetzt genug Strom.

Sonntag, 23.09.2012

Der olle Stinker hat dann Im Saco Grande, ein Paradies nur für uns alleinauch die ganze Nacht durchgedröhnt. Naja fast. Zwischendurch hat er sich leicht hustend verabschiedet. Was jetzt? Ich in den pottenheissen Motorraum, Dieselleitung ab, per Hand gepumpt - Diesel läuft, wieder anschrauben, vorpumpen, starten - etwas schwerfällig kommt er wieder in Gang. Besser is das!! Eine Stunde später dasselbe Spiel. Ich schalte auf den zweiten Filter um, starte den Motor und schraube Filter Nummer eins ab. Schleimiger Glibber, das sieht irgendwie gar nicht gut aus! Bin mit Säubern und Anschrauben des Filters gerade fertig - claro, der Motor geht wieder aus. Zurück auf Filter Nummer eins schalten, vorpumpen, starten und mit etwas reduziertem Gas läuft er jetzt brav durch. Immer noch kein Wind, dafür Regen. Wir sind auf der Höhe von Paraty und drehen ab, Richtung Land. Unterwegs Schildis, Pinguine und Tölpel, Marion ist begeistert, sogar der Regen lässt nach. Paraty ist ein wunderschönes altes Städtchen, bestimmt liegen auch `ne Menge anderer Yachten dort vor Anker - da fahren wir also lieber nicht hin, sonst bleiben wir wieder ewig hängen. Kurz vorher fädeln wir uns in den  Saco Grande, eine fjordähnliche lange Bucht, finden ein wunderschönes Ankerplätzchen ganz für uns alleine, Natur pur, die Sonne knallt nur so. Ich komme in Koch- und Brutzelextase und verwöhne meine Bordfee mit einem kulinarischen Meisterwerk: argentinisches Bife de Lomo an Blumenkohl, mit frischen brasilianischen Kartöffelchen geschwenkt in Knoblauchöl unbekannter Herkunft. Dazu gereifter Traubensaft aus Flasche - Malbec, lecker! Haben wir uns ja auch verdient, weitere 364 sm geschafft!

 

Montag, 24.09.2012

Was war ich doch heute für ein Fleisspelz!!! So`n paar Baustellen haben sich ja unterwegs angesammelt, die wichtigste ist die Rollanlage der Genua. Das Ding hatte uns ja von Anfang an nur geärgert. Eigentlich dachte ich, mittlerweile alle Schwachstellen durchrepariert und das Teil langfahrttauglich gemacht zu haben, hab dabei allerdings nicht mit der Findigkeit französischer Betriebswirte gerechnet, die an der Trommelkonstruktion weiteres Einsparpotenzial ausgemacht hatten. Putzige kleine Schräubchen dienen auch hier der Kraftübertragung zwischen verschiedenen Aluprofilen, die sich halt irgendwann aus ihren zwei (!!) Gewindegängen lösen und nur durch die, das alles abdeckende Refftrommel am Rausfallen gehindert werden. Dafür verklemmen sie sich immer wieder, zum Glück nur beim Ausrollen des Segels. Ein schönes Bastelprojekt also, mit Bohrmaschine, Dremel, Gewindeschneider, etc. auf dem sonnigen, schwankenden Vordeck liegend, die Ankerkette drückt im Kreuz, oder halb um den Bugkorb gewickelt - bin richtig stolz, dabei nur einen Inbusschlüssel zu versenken. Nächstes Projekt: die Dieselfilter abschrauben, um sie im Cockpit zu reinigen.. Beide Filter sind voll mit Glibberzeug - das sieht doch ganz nach Dieselpilz im Tank aus. Supi, man soll ja nichts auslassen. Im Augenblick können wir daran eh nichts ändern, also kommen die gereinigten Filter wieder ran. Unsere Windmessanlage hat auch irgend ein chronisches Dauerleiden - ist doch ein schöner Zeitpunkt, sich diesem zum x-ten Mal zu widmen. Erstmal den Mast hochklettern und den Geber untersuchen. Dort alles chic, also verbringe ich den Rest des Tages damit, Deckenplatten abzubauen, Kabel durchzumessen ... und finde dabei doch endlich mal ein durchgescheuertes Kabel am Mastfuss. Das dann abschneiden, abisolieren, neu verlöten, isolieren, stolz den Windmesser einschalten und ... er zuckt kurz und zeigt nix an!!! Feierabend! An dieser Stelle soll Marion dann auch noch kurz für ein selbstkritische Einschätzung zu Wort kommen: Während Käpt´n fleissig werkelt räkelt sich Bordfrau faul im Cockpitschatten. Tja, dem möchte ich nichts hinzufügen :-)

Dienstag, 25.09.2012

Seit drei Jahren ärgern wir uns über die Feigheit unseres Windmessers (immer wenn`s spannend wird, zeigt er nichts mehr an), jetzt will ich`s wissen. Also schneid ich meine gestrige Lötstelle wieder auseinander, noch mal alles kontrollieren, neu löten, selbes Ergebnis. Danach in den Mast, Windgeber abbauen und im Cockpit auseinandernehmen. Nix zu finden, das Ding oben wieder anschrauben, nochmals Kabel durchmessen. Eigentlich alles supi, funktioniert trotzdem nicht. Zum dritten Mal in den Mast, vorbeifahrenden Fischern von oben zuwinken, Windgeber wieder abbauen, im Cockpit auseinandernehmen und diesmal direkt an das Anzeigegerät anschliessen, das Schaufelrädchen anpusten, 2 Knoten! Am Fähnchen wackeln - die Richtung ändert sich auch! Das probieren wir jetzt jeweils um eine Kabelschnittstelle verlängert - jedesmal wird brav Richtung und Stärke angezeigt. O.k., noch mal in den Mast, Geber wieder anschrauben und unten wackelt der Zeiger, als ob er nie was anderes getan hätte. Ich glaub der vera... uns. Bevor meine Crew sich an dieser Stelle wieder in Selbstkritik übt - sie war fleissig! Boot putzen, Brot backen, dem Käpt`n immer zurufen ob der Zeiger gerade wackelt, Abendbrot brutzeln, abwaschen, ... Hätte also ein rundum schöner Feierabend sein können, wenn mein Blick nicht bei Geniessen des Sonnenuntergangs auf unser Schlauchboot fallen würde, das schon wieder LUFTLOS auf dem Vordeck rumhängt!... jetzt bloss nicht ansprechen ...

Mittwoch, 26.09.2012

Keine Ahnung, wie oft ich unser Schlauchboot "Made in China" schon geklebt habe. Wenn eine Stelle dicht war konnte man drauf lauern, dass die Luft am nächsten Tag genau daneben rauspfiff. Walter wollte uns sogar sein Schlauchboot mitgeben, aber kurz vor der Abfahrt hatte ich dann endlich mal alle Stellen dicht. Den chinesischen Entwicklungsingeneuren ist offensichtlich die Herstellung eines Klebers gelungen, der sich nach einem Jahr im Salzwasser auflöst. Generell sind solch epochale Entdeckungen natürlich zu begrüssen, nur halte ich in diesem Fall dessen Verwendung zum Verkleben von Schlauchbooten für nicht ganz optimal. Andererseits, die Garantie ist dann abgelaufen, der Kunde braucht ein neues Boot, ... echt clever, die chinesischen Betriebswirte! Unser Bötchen muss aber noch bis zur Karibik durchhalten - also mit Spülmittel einpinseln, das aktuelle Leck suchen, säubern, mehrfach Kontaktkleber drauf, zusammenpressen und jetzt 24 Stunden warten. Damit ich dabei nicht nutzlos rumsitze, hat Marion mir ein Buch in die Hand gedrückt (bestimmt, damit sie Ruhe hat, wenn sie am Computer an ihren Fotoseiten bastelt). "Irre! Wir behandeln die Falschen", das Handbuch für den Hobbypsychologen. Einige Stunden später stelle ich bereits erste Diagnosen. Ganz klar, Marions "Reinigungsfimmel" z.B. ist eindeutig ein Putzwahn und viele andere "Merkwürdigkeiten" an ihr kann ich jetzt auch viel besser verstehen ...

Donnerstag, 27.09.2012

Ab Morgen früh verkünden die Wetterfrösche für drei Tage Südost am "Cabo Frio"! Das dürfen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen - 150 sm bis dahin, also rasselt beim ersten Sonnenstrahl der Anker nach oben. Wir schlängeln uns aus unserem Fjord, an zwei, drei Inselchen vorbei und kaum auf dem offenen Meer, werden wir von einer netten "alten” Welle ordentlich durchgeschüttelt. Das erleichtert uns dann auch die Entscheidung, ob see-, oder landseitig an der Ilha Grande vorbei, drei Stunden später fahren wir wie "auf dem Ententeich" im Schutz der grossen Insel. Kommt fast ein bisschen Wehmut auf, als wir an den vielen schönen Ankerplätzen so vorbei rasen, aber dann rauscht die Angel aus - der erste Fisch! Gut, für`n Angeberfoto ist der jetzt nicht geeignet, aber für einen Fischsalat allemal! Leider reicht die "Ilha Grande" nicht bis zum Cabo hinauf, am frühen Nachmittag haben wir die Welle wieder, aber dafür auch etwas Wind. Genua raus, der Wind dreht, Genua ausbaumen, Wind dreht wieder, Spinnakerbaum wieder rein, Wind nimmt zu, Genua reffen, Wind nimmt weiter zu, Genua rein, Fock raus, Wind lässt nach, Fock rein, Genua raus ... (falls die Besatzungen der dort auf Rede ankernden Containerschiffe uns beobachten, entscheidet sich von denen garantiert keiner mehr zum Kauf eines Segelbootes). Irgendwann hat der Wind aber Mitleid mit uns, bläst beständig aus Südost und pünktlich zum Sonnenuntergang rauschen wir an Rio de Janeiro vorbei. Copa- cabana, Zuckerhut, durchs Fernglas sehen wir sogar den "Breitarmigen" auf seinem Hügel im Abendrot - man ist das kitschig, aber SCHÖN! Beim Sonnenaufgang runden wir das Cabo Frio Yep! - supi, 150sm in 24 Stunden - und weil der Wind uns weiter lieb hat, brauchen wir uns kein Versteck hinter dem Kap zu suchen, drehen ein bisschen am Steuer (naja, ehrlich gesagt am Knöpfchen des Autopiloten) und segeln endlich wieder nach NORDEN! Ich übergebe das Steuer an meinen ersten Offizier und hau mich erstmal in die Koje. Nacht!

Sonntag, 30.09.2012Gewonnen!

Ein herrliches Geräusch wenn die Angelleine knarzend ausrauscht! So schnell kriegt mich kein Wecker aus der Koje! Ein kurzer, aber fair geführter Kampf, Mann gegen Fisch - Fisch verliert! Eine wunderschöne Goldmakrele, 1,10m lang, 8kg schwer - diesmal gibt`s auch ein "Angeberfoto". Während ich das Untier zerlege, kramt Marion schon mal ihre Einweckgläser aus der Bilge, um sich dann, leise vor sich hinschimpfend, daran zu machen, in der Kombüse mit Schnellkochtopf, Gläsern und Fisch zu hantieren - irgendwas versucht ihr bei dem schwankenden Schiff immer zu entwischen. Da hab ich mein Cockpit natürlich schon längst wieder sauber und lass mir mit `nem Buch in der Hand die Sonne auf den Bauch scheinen. Tja, als Jäger hat MANN doch echt den besseren Job.

Montag, 01.10.2012

Mann soll`s ja nicht beschreien, aber scheinbar haben wir echt Glück mit unserem "Wetterfenster". Immer noch Südost! Gestern Abend hat er zwar ein bisschen geschwächelt, dafür hat uns dann aber eine Gruppe Wale besucht und die Batterien haben sich über ein paar Motorstunden gefreut. Anfangs hatten wir ja nur gehofft, uns vom Cabo die 200sm bis nach Vitoria durchzuschlagen, vielleicht sogar bis zu den Abrolhos Inseln, aber die liegen mittlerweile auch irgendwo backbord von uns und ich peile schon mal so ganz sachte Salvador an. Noch 300sm! Ach ja, die Angel kriegt sich gar nicht wieder ein vor lauter Geknarze. Gestern ein Bonito, der mir dann aber, als ich ihn stolz für`s Foto hochhalte doch noch vom Gaff springt und heute ein Thuna und eine Goldmakrele. Die Tiefkühlung rennt sich `n Wolf, Marion gehen die Gläser langsam aus und sie denkt laut über ein Angelverbot nach. Aber ohne mich!

Donnerstag, 04.10.2012

Wer will denn nach Salvador? Es bläst und bläst, immer noch Südost - ich peile schon mal neue Ziele an, wir rauschen nur so nach Norden. Die Einzigen, die so`n bisschen am jammern sind, sind die Batterien. Recht haben sie, der Autopilot langt ja auch ordentlich zu. Wozu haben wir uns eigentlich die fürchterlich teure Windpilot-Selbststeuerungsanlage gekauft? Sofort wird der Käpt`n aktiv. Windfahne rauskramen, anbauen, nach dem Wind ausrichten, Ruder in Mittelstellung, Selbststeueranlage einkuppeln, Autopilot aus und jetzt abwarten was passiert. Ok, wir verbrauchen keinen Strom mehr, aber irgendwie fahren wir auch nicht dahin, wo wir wollen. Ein bisschen nachtrimmen, Segelstellung verändern, mit dem Steuerrad etwas korrigieren, ... 2 Stunden probiere ich herum, dann habe ich von der "Rumeierei" die Backen dick! Wozu haben wir den teuren Generator gekauft? Also schmeisse ich das Ding an, schalte den Autopiloten wieder ein, die Batterien werden geladen, der Kurs stimmt, der Käpt`n kann sein Buch weiterlesen statt verzweifelt an der Windfahne zu drehen - kurzum: alle sind zufrieden! Keine Ahnung, wie diese ganzen Weltumsegler das machen, bei denen liest man immer: "...als ich aus Cuxhaven ausgelaufen bin habe ich das Boot auf Kurs gebracht, die Windsteueranlage eingekuppelt und bin bis Kap Horn durchgesegelt..." Na gut, zwei, drei Stürme hatten sie bis dahin natürlich noch, aber "...meine Windsteueranlage hat das Boot immer sicher durch die tosende See und 200m hohe Wellen gesteuert!!! ...". Keine Ahnung wie die das machen. Entweder bin ich einfach nur zu blöd, oder die verschweigen einfach, dass sie permanent an dem Ding nachjustiert, an der Windfahne gedreht, an den Segeln gezupft, ... was auch immer, haben. Will ich aber nicht! Ich will in Ruhe meine Bücher lesen, wenn wir segeln - sonst kommen wir ja nie dazu!

Sonnabend, 06.10.2012

Die Fische beissen wie blöde! Natürlich konnte Marion sich mit ihrem Angelverbot nicht durchsetzen ;) Gestern eine Goldmakrele (eine Zweite ist mir doch echt wieder ins Wasser gesprungen als ich sie vom Haken los hatte), heute ein Barracuda. Leider werden die Viecher auch immer grösser. Zwei Köder samt Vorfach haben die mir einfach so abgerissen und heute hatte ich ein Monster an der Angel, ich dachte, die Rolle fängt an zu qualmen, so ist die Leine ausgerauscht! Über eine Stunde haben wir probiert, wer der Stärkere ist - immer wenn ich Zentimeter für Zentimeter 5m aufgespult hatte, hat der ernst gemacht und wieder 20 abgespult. Keine Chance! Am Ende war ich fast froh als die Leine gerissen ist und der Kumpel mit dem Haken als Lippenpiercing verschwand. Dabei soll die Strippe 80kg halten! Ansonsten alles supi, zehnter Tag auf See, Crew wohlauf und vollzählig, Wind bläst vom Feinsten, Autopilot surrt munter vor sich hin, Batterien sind leicht am nörgeln und Bordfrau auch. Eine Welle hatte sich vorwitzig ins Cockpit ergossen und dabei auch gleich mal den Weg ins Bootsinnere, einschliesslich der Navi-Ecke gefunden. Irgendwer hatte bei seinem permanentem Hinaushechten zur Angel wohl das Schiebeschott aufgelassen ... Ach ja, seit ein paar Tagen können wir den "Seelotsen" Christobal, mit seiner Atlantikfunkrunde gut hören. Seitdem melden wir uns jeden Morgen brav über Funk, werden mit Wetterinfos sowie allerlei Wichtigem und Unwichtigem versorgt und er hat uns sogar eine Relaisschaltung gebastelt: "Maia"-Karl in Deutschland, zu Hause per Skype am Computer, labert mit uns in Südamerika am Funkgerät. Cool, was die Technik alles möglich macht!

Sonntag, 07.10.2012

Bisher war ja alles Spass, aber jetzt haben wir Wind vom Feinsten! Die Welle ist auch ganz nett, der Autopilot rennt sich `n Wolf. Zeit, den Batterien mal wieder was Gutes zu tun: generös drücke ich auf`s Starterknöpfchen vom Generator. Nichts! Nochmal - immer noch nichts. Zehn Minuten später die Diagnose: Anlasser kaputt! Also verkeile ich mich im Motorraum, baue das gute Stück aus und (jo jo, was wir so alles mitschleppen ;) einen neuen Anlasser ein. Zwischendurch rauscht auch noch die Angel aus (wieso hängt der blöde Haken jetzt eigentlich im Wasser?), Marion ringt mit einer Goldmakrele und verliert. Ich drücke erneut auf`s Knöpfchen und jetzt rasselt der Anlasser munter drauflos, nur der Generator zeigt sich unbeeindruckt. Also wieder in den Motorraum, vorpumpen, Leitungen abschrauben, Filter kontrollieren, entlüften - ist dem Generator gerade mal egal. Weiter rumschrauben bis ich die Hohlschraube einer Dieselleitung abdrehe - das war`s dann! So`n dicken Anlasser fahren wir ja als Ersatzteil spazieren, aber nicht so`n kleines Schräublein! Nachdem Bordfrau meine neusten Schrammen verarztet hat, bringt sie mich auf eine neue Idee: bisher steuern wir immer nach dem Kompasskurs - da die Wellen uns aber ständig hin und her schieben, ist der Autopilot ununterbrochen am Rödeln, um das auszugleichen. Warum also nicht nach dem Windwinkel steuern, der bläst schliesslich beständig und jetzt funktioniert unser Windmesser ja schliesslich. Ein bisschen an den Knöpfen vom Autopilot spielen und schon funzt es. Der Boot saust weiter auf seinem Kurs dahin und wir versichern uns gegenseitig, dass die Hydraulikpumpe jetzt viel weniger rasselt. - Christobal hat uns die neuste Wetterprognose rübergefunkt: der Wind soll weiter zunehmen!

Montag, 08.10.2012

Gestern Nacht haben wir Cabo Calcanhar, den nordöstlichsten Punkt Brasiliens passiert. Das ist die eine gute Nachricht. Die andere, Christobal hatte recht! Über 30kn Wind, dazu richtig fette Welle (zum Glück war es dunkel, da hat man das Elend nicht so gesehen). Dann piepst der Autopilot ganz aufgeregt irgendeinen Alarm und schaltet sich aus. Ich raus ans Steuerrad, hat `nZügig unterwegse Weile gedauert, bis ich gerafft habe, dass sich die Windmessanlage verabschiedet hat. Claro, wenn er keinen Windwinkel angesagt bekommt, weiss unser geplagtes Pilötchen natürlich nicht wohin es steuern soll. Also auf Kompasskurs umschalten und schon schnurrt er wieder. Ich glaube, unser Windmesser hat `ne Windphobie, 36 Knötchen war das Letzte, was er von sich gab! Der Wind denkt nicht daran nachzulassen, aber dafür scheint die Sonne - schon sehen die Wellenberge irgendwie netter aus. Plötzlich ein bisher unbekanntes, neues Geräusch - oh, die GEREFFTE Fock ist gerissen. Irgendwie kriegen wir das Ding eingerollt und lassen ein Fitzelchen vom Grosssegel raus. Die Stimmung meiner Crew befindet sich auf dem Tiefpunkt! Dachte ich. Also entscheidet der Käpt`n zwecks Segelreparatur den nächsten Hafen anzulaufen. Dürfte vermutlich Fortaleza sein. Ich schalte den Navirechner ein, der schreibt irgendwelchen Blödsinn auf den Bildschirm, das war`s. Erneuter Versuch, noch einer, nochmal, ... der Rechner bleibt dabei: kein Zugriff auf die Festplatte möglich. Dabei hatte ich Marion den Kauf der teuren SSD-Festplatte extra mit dem Hinweis, dasSieht schon netter auss das Ding keine mechanischen Teile hat und somit nie kaputt gehen kann, schmackhaft gemacht. Wir haben keine Ahnung, wo genau wir sind und heizen mit 9kn Fahrt bei nur noch 20m Wassertiefe durch die rabenschwarze Nacht. Blödes Gefühl! JETZT hat die Crew ihr absolutes Stimmungstief! - Eine gute Nachricht gibt´s trotzdem: mit 173sm  hatten wir unser bisher bestes Etmal!

Dienstag, 09.10.2012

Die halbe Nacht mit vom Navitisch rutschenden Festplatten, Rechnern, Laufwerken und Kabeln gerungen, dann ab 2 Uhr morgens endlich eine Position auf der Karte. Noch 70sm bis Fortaleza. Eine etwas zertretene Crew kommt morgens aus ihrer Koje geklettert und macht keinerlei Anstalten, mich abzulösen. Ok, bockig sein kann ich auch! Nach Fortaleza segeln kann man ja auch schweigend. Die Sonne lacht, der Wind hat sich auch wieder eingekriegt, nachmittags passieren wir den ersten grossen Wellenbrecher der Stadt. Ein paar grosse Pötte, Fischtrawler, es wird gebaggert, einige Wracks - irgendwie nicht der richtige Platz. 2sm weiter ein zweiter Wellenbrecher, dahinter eine Werft, einige Fischerbötchen und eine kleine Mole mit `ner Hotelmarina. Das sieht schon besser aus. Nach 1688sm rasselt unser Anker im Vorhafen runter, ein zufriedener Käpt`n drückt seiner glücklichen Crew ein eisgekühltes Willkommens-Bier in die Hand und die revanchiert sich mit einem gekonnten Augenaufschlag und `nem dicken Schmatz. "Bist der beste Capitano!"

Mittwoch, 10.10.2012

Ein dickes Männchen hatte gestern abend noch vom Ufer rübergewunken und gerufen, dass wir da nicht liegen können, weil wir irgendeinem Schiff im Weg sind. Wir sollen in die Marina. Nö, wollen wir nicht. Wir verlegen uns ein Stückchen weiter hinter die Mole, da sieht er uns nicht mehr. Hat nichts genüzt, heute schickt er ein Schlauchboot. Ja, ja, machen wir - später! Da wir nur das Segel nähen lassen und dafür nicht extra ein- und ausklarieren wollen, haben wir natürlich keine Lust auf irgendwelchen Marina-Papierkram. Der Typ kommt wieder, lässt nicht locker. Er muss uns ja nicht unbedingt eintragen. Zu teuer ist uns die Marina auch - plötzlich halbiert sich auch der Preis . Was soll`s, bequemer ist es natürlich am Ponton, die Batterien freuen sich auch über Landstrom, wir hätten Wasser, die Waschmaschine könnte rödeln und ausserdem haben wir ja auch Hochzeitstag. Also zotteln wir den Anker wieder hoch, fahren in die Hotel-Marina, wo an etwas baufälligen Schwimmstegen `ne Handvoll Boote liegen. Wir haben bei dem starken Seitenwind gut zu kämpfen bis das Schiff mit Buganker und Heckleinen festgemacht ist, vertagen die Sache mit dem Landstrom mangels Steckdosen am Liegeplatz auf morgen, gönnen uns eine Dusche in der Hotelpool-Anlage und werfen uns in restauranttaugliche Garderobe. Ich hab Marion in ein nettes Restaurant eingeladen - schliesslich hat sie heute Silberhochzeit. Jetzt müssen wir nur noch das nette Restaurant finden. Über eine Stunde fragen wir uns durch, werden hin und her geschickt und landen am Ende im fast leeren Hotelrestaurant der Marina und sind froh, dass die Küche noch nicht geschlossen hat. Ok, zur Goldenen Hochzeit muss ich das irgendwie besser vorbereiten.

Donnerstag, 11.10.2012

Unser dicker Hafenchef hat uns einen Schneider organisiert, der sich in der Lage fühlt, auf unsere kaputte Fock einen Flicken im ZickZack-Stich draufzupappen. 700 Reais (!)soll das kosten! Wir wollen doch kein neues Segel! Auf 500 (fast 200 Euro) lässt er sich runterhandeln, zähneknirschend drücken wir ihm das Segel in die Arme. Ich klemme unser Stromkabel mit an die, am Steg frei rumhängenden Kabelenden, wir lassen die Wassertanks voll laufen, werfen den ersten Schwung müffelnder Klamotten in die Waschmaschine (Bemerkung Bordfrau: nur meine Sachen müffeln, ihre sind höchstens leicht angeschmutzt), schwimmen ein paar Runden in dem riesigen Hotelpool und ziehen los in die Stadt. Nette Altstadt, an einer Strassenecke bleiben wir hängen - ein kleiner Imbissstand, es duftet lecker vom Grill, mit Fleischspiess in der einen und Bierflasche in der anderen Hand finden wir zwei freie Plastikhocker in dem Gewühl. Nebenan parkt ein Auto, der Besitzer öffnet die Kofferraumklappe  - dicke Boxen dahinter, Musik dröhnt los. Die Leute zucken im Takt, die ersten springen auf, um zu tanzen. Ein Bier später steht Marion und tanzt, ich wippe mit den Beinen. Ich hole noch ein Bier, alles tanzt, ich überlege, ob ich aufstehe. Dem Imbissbesitzer ist das Bier ausgegangen, er schickt jemanden los, Nachschub zu holen, alles schwoft wie verrückt, ich tanze so`n bisschen. Das mit dem Nachschub hat geklappt, die Leute singen lautstark mit, Marion strahlt, ich springe wie blöd in meinen Flip-Flops rum - echt geile Party! Wir sind uns einig: das gestern zählt nicht, heute ist unsere eigentliche Silberhochzeitsfeier!Fortaleza

Sonnabend, 13.10.2012

Wir sind wieder startklar. Unser Segel, das der örtliche Schneidergehilfe zusammengeflickt hat befindet sich wieder an Bord, wir haben neue Filter in unserer Kraftstoffanlage, dem Navi-Rechner eine neue Festplatte spendiert (auf dass er uns brav wieder zeigt wo wir sind), die Waschmaschine hat sich drei Tage lang einen Wolf gerödelt (da geht die Absaugpumpe neuerdings nicht mehr - habe das gute Stück natürlich auch noch zerlegen müssen), ... Also eigentlich sind wir fast abfahrbereit. Haben uns (auf Wunsch einer einzelnen Dame) entschlossen, noch einen Stop in Brasilien zu machen und ein Stückchen den Amazonas reinzufahren, nach Belém. Marion wünscht sich ja manchmal jemanden als Gesellschaft, wenn der Käpt`n ein Böckchen hat - vielleicht finden wir dort ja einen hübschen Papagei, oder ein niedliches Äffchen, oder einen putzigen Indianer, ... werden wir dir dann berichten. Jo, unsere restlichen Reparaturen verschieben wir bis Trinidad, da wollen wir ja auch was zum Basteln haben. Sodele, jetzt müssen wir uns landfein machen, in Fortaleza steppt heute der Bär!!! Riesiges Konzert, gleich nebenan, über zwei Tage, mit zweimillionen Bands und vermutlich dreissigmilliarden Besuchern. Dazwischen werden wir zwei wohl kaum auffallen ...

Montag, 15.10.2012

Die Batterien sind wieder voll, Wassertanks gefüllt, eine letzte Runde im Hotelpool geschwommen - um Zwei werfen wir die Leinen los. Auf zum Amazonas! Hat eigentlich ganz gut gepasst mit dem kaputten Segel, Fortaleza ist zwar ziemlich touristisch, aber so haben wir unsere Silberhochzeit, nicht schaukelnd auf See verbracht, sondern mit Caipirinha-Glas im Swimmingpool. Kann man echt empfehlen - die sonst übliche Version, mit kompletter Verwandtschaft, Riesenfeier, etc. haben wir jedenfalls nicht vermisst. Jetzt brauchen die zwei Partylöwen erstmal etwas Ruhe, die Genua steht, der Südost-Passat bläst munter - soll er!

Dienstag, 16.10.2012

Kommen gut voran, netter Wind, nette Welle - eine schafft`s mal wieder bis ins Cockpit. Um Marion beim Wischen im Salon nicht im Weg zu stehen (sie ist grad nicht so richtig lustig), spiele ich mit dem Windpiloten rum. Hat zwei Vorteile, ich bin beschäftigt und wir sparen Strom, da der Autopilot aus ist.

Mittwoch, 17.10Vonwegen doofes Buch.2012

Marion ist in ein neues Buch vertieft, "Männer sind anders, Frauen auch". Ein amerikanischer Psychologe gibt kluge Ratschläge und mir werden sie jetzt unter die Nase gehalten! "77 Methoden, um bei einer Frau Punkte zu sammeln". Die kann ich mir gar nicht alle merken! Und wo, bitte schön, soll ich hier die Blumen hernehmen? Mein persönlicher Favorit: "Lesen sie ihr aus der Zeitung vor oder schneiden sie etwas aus, das sie interessieren könnte." Ich hab `ne Frau, die selber lesen kann! Auch nicht schlecht, Punkt 26: "Waschen sie sich, bevor sie mit ihr ins Bett gehen", oder die 77: "Lassen sie die Klobrille unten und urinieren sie nicht im Stehen" - wo hat sie eigentlich solche Schmöker her? Ansonsten aber alles o.k. an Bord. Der Windpilot und ich verstehen uns schon ganz gut, die Wellen sind wieder auf Normalgrösse geschrumpft und fast hätten wir ein neues Rekord-Etmal: wieder BLOSS 173sm!

Donnerstag, 18.10.2012Sind wir bald da?

Sieht heut etwas mau aus mit dem Wind, da kommt dann unser Parasailor “Christel” ins Spiel. Dauert, wegen verdrehter Leinen, Blödheit und ähnlichen Gründen fast zwei Stunden bis die quietschgelbe Blase endlich steht. Dafür machen wir dann gut Fahrt und Marion ist happy, die Luken endlich wieder mal öffnen zu können, was die letzten zwei Tage wegen der Welle keine gute Idee gewesen wäre. Ausserdem fände sie es gut, viermal am Tag in den Arm genommen zu werden (Punkt 21) und ich erfahre, dass es nur 33 Methoden gibt, um bei einem Mann zu punkten. Können die sich nicht mehr Punkte merken oder sind die Männer einfacher gestrickt? Nicht mal `ne Pinkelanleitung!

Freitag, 19.10.2012

War ´ne blöde Idee von mir, den Parasailor nachts stehen zu lassen. Prompt frischt gegen Mitternacht der Wind auf, wir werden schneller, Wind nimmt weiter zu, wir noch schneller, Autopilot wirft das Handtuch, ich am Steuer versuche das Boot halbwegs auf Kurs zu halten - genau jetzt lungern da auch noch zwei Fischerboote rum - keine Ahnung, was die sich so denken, wenn sie uns hin- und herschiessen sehen. Zum Glück taucht Marion auf und wir machen uns daran, die Blase zu bergen. Christobal hatte sich heute Vormittag in der Funkrunde darüber ausgelassen, wie einfach es doch ist einen Spinnaker zu bergen: "Grosssegl raus, den Baum weit raus, bis der Spinnaker im Windschatten steht, der fällt dann zusammen und kann ganz easy eingeholt werden ...". Funktioniert tatsächlich, sogar nachts und bei kräftigem Wind. Mein Gott, was haben wir uns sonst immer damit rumgequält! ... Heute ist aber alles wieder gemütlich, mit ausgebaumter Genua "rollen" wir durch`s mittlerweile k...braune Wasser - der Amazonas lässt grüssen. Obwohl, beim Kartenstudium habe ich festgestellt, dass wir gar nicht in den Amazonas fahren, sonder in den Rio Pará. Der gehört zwar zum Amazonasdelta, aber der richtige Amazonas ist es eben nicht. Naja, breit ist er trotzdem, die gegenüberliegenden Ufer sind kaum zu sehen und weil wir keine Lust haben, nachts auf dem Fluss zu fahren, habe ich uns ein Plätzchen hinter einer Sandbank zum Ankern für die Nacht ausgesucht. Die selbe Idee haben auch ein paar Fischer, aber hier ist ja genug Platz für alle. Zum Sonnenuntergang fällt der Anker, weitere 635sm geschafft - noch 80 bis Belém.

 

Sonntag, 21.10.2012

Sinnigerweise fährt man auf dem Fluss mit der Tide, was unseren Schlafgewohnheiten sehr entgegenkommt. Wir können in Ruhe frühstücken und gegen Zehn mit der einlaufenden Strömung weiterfahren. Rückenwind, ausgebaumte Genua - könnte fast Spass machen, wenn wir nicht immer wieder irgendwelchen Netzen ausweichen müssten. Jede Menge kleiner Fischerboote, 100m daneben eine kleine Boje, dazwischen das Netz. Aber welche Boje gehört zu welchem Bötchen? Einige Male drehen wir im letzten Augenblick ab, starten den Motor und fahren mit wild schlagendem Segel an den Netzen längs, bis wir die Endboje erreichen oder gerade das nächste Netz entdecken. Macht eben nur fast Spass. Zu sehen gibt`s auch nicht wirklich was, links Bäume am Ufer, rechtes Ufer keine Ahnung da 15 bis 20sm  entfernt. Gestern haben wir in einem "kleinen" Nebenarm geankert, der auf den klangvollen Namen Furo do Laura hört und ziemlich ungemütlich war. Heute dann weiter, Tide schiebt, kräftiger Rückenwind und diesmal mit Spass, weil keine Fischerboote da sind und wir könnten ganz easy bis Belém durchsegeln, wenn wir es denn wollten. Wollen wir aber nicht, wegen Sonntag und dort sowieso nix los, also suchen wir uns ein paar Meilen vorher ein hübsches Ankerplätzchen genau zwischen drei Inseln. Die haben auch wohlklingende Namen: Ilha Jutuba, Ilha Mirim und Ilha Paquetá-Acu! Einziger Nachteil, scheinbar liegen wir auf der Hauptverkehrsroute zwischen Belém und irgendwelchen Inseldörfern - abends rasen oder tuckern jede Menge Ausflugs- und andere Boote vorbei. Natürlich möglichst dicht, gibt ja schliesslich nichts InteressanDocas de Pará - VEB Kranbau Eberswalde lässt grüssenteres als ein ankerndes Segelboot.

Montag, 22.10.2012

Mit nacktem Hintern und Kaffeetasse in der Hand tapper ich ins Cockpit, da klopft es auch schon an die Bordwand. Domingo ist Fischer, hat hier ganz viele Freunde und unser Ankerplatz ist gefährlich wegen der Piraten, erfahre ich. Was er sonst noch zu berichten hat, nicke ich noch halb verschlafen ab, ich versteh es eh nicht. Mehr Glück hat er damit bei Marion, daDer Alte Hafen bekommt er sogar einen Kaffee. Als er dann weitere vorbeifahrende Fischer (natürlich Amigos von ihm) zum Kaffee bei uns ins Cockpit einlädt, fangen wir mal lieber an, hektische Aufbruchsstimmung zu verbreiten. Dauert `ne Weile bis es wirkt, wir sollen aber unbedingt noch warten, er will schnell ein paar Fische für uns fangen. Wir sind gerade mit dem Frühstück fertig, da kommt er zurück und hält stolz zwei klitzekleine Fischlein hoch. Wäre eigentlich was für`s Aquarium, wir bedanken uns Forte do Prosépio und die Caterdal da Sétrotzdem überschwenglich und ziehen schnell den Anker hoch, bevor er beginnt seine Freunde und Verwandten zum Mittag bei uns einzuladen. Rüber auf die andere Flussseite und da wir zu früh sind (noch ablaufendes Wasser) segeln wir ganz langsam am Ufer längs. Werften, jede Menge Fischerboote und die typischen Amazonas-Boote liegen am Ufer, Pfahlhäuser, dann Belém, die Docas, alte Kolonialhäuser, Obstmarkt, Fischhalle, am Alten Hafen vorbei, Kirchen, das Castelo - wir sind ganz begeistert. Links abbiegen, in denIgreja N.S. do Carmo Rio Guamá, hier soll irgendwo der Iate Clube sein. Werften, Anleger für die Flussdampfer, eine Marina mit grossen Motoryachten - äh, irgendwie haben wir uns das anders vorgestellt. Also noch mal zurück, grosse Hallen, davor ein kleiner Ponton und da wird uns auch schon aufgeregt zugewunken. Aha, davor sollen wir also ankern. Machen wir prompt und wenig später kommt auch schon Bejú in einem kleinen, wackligen Bötchen angepaddelt. Wir sind herzlich willkommen, das sei tatsächlich der Iate Clube, bezahlen brauchen wir hier selbstverständlich nichts und wenn wir was brauchen, sollen wir einfach Bescheid sagen. Na, das ist doch ein netter Empfang. Später fährt Bejú uns dann noch zum Supermercado (zum Laufen sei das hier viel zu gefährlich!) und weil der Imbiss dort recht lecker aussieht und keiner mehr Lust zum Kochen hat, laden wir ihn dafür zum Essen ein.

Dienstag, 23.10.2012

Das kennen wir ja schon von Argentinien oder Paraguay - immer wenn wir bei Leuten mit etwas dickerem Konto sind, warnen die uns vor dem Wohnviertel, wo die weniger Betuchten leben. Die uns dann wiederum vor dem noch ärmeren Nachbarviertel, und die vor den armseligen Hüttensiedlungen nebenan und alle können dann immer überhaupt nicht verstehen, dass wir genau dort ein paar Tage vorher waren und lauter nette Leute kMarion`s Lieblings-Bobbel-Dealerennengelernt haben. Die Socios (Mitglieder) vom Iate Clube würden nie zu Fuss durch die angrenzenden Wohnviertel gehen und da wir genau das vorhaben, um einige Dinge zu kaufen, geben sie uns einen Marinero als Führer mit. Der bringt uns zu einem Laden, wo ich tatsächlich eine Hohlschraube für den Generator bekomme, aber dann verabschieden wir uns auch höflich von ihm und schicken ihn zurück. Sieht doch nett aus hier, für brasilianische Verhältnisse kaum vergitterte Häuser oder Geschäfte, quirliges Treiben, die Leute grüssen freundlich und winken uns zu. Überall hängen Wahlplakate, Fahnen, Wimpel, Wahlhymnen werden aus monströsen Lautsprecherboxen auf Autos gedudelt - Zenaldo Nr.45 gegen Edmilson Nr.50 (unser Favorit: Zenaldo, der hat die bessere Hymne), dazwischen Strassenverkäufer, kleine Imbissstände, Marion entdeckt ihre geliebten "Bobbel" (das ist panierter Maniokbrei in Tropfenform, gefüllt mit Fleisch, Huhn, Garnelen oder was sonst so reinpasst) und verschlingt gleich zwei. Ich finde etwas weiter Plastikstühle mit `nem Brahma-Wimpel drüber und wir lassen uns mal auf zweien davon nieder, kurzum - es gefällt uns hier!

Mittwoch, 24.10.2012

Altstadt ist heute angesagt, also machen wir uns landfein, ich bringe mittels Luftpumpe das Schlauchbötchen in ForWer nicht mehr reinpasst hängt sich draussen dranm, wir parken das gute Stück auf dem Club-Ponton, laufen um die Ecke und winken einem der vielen Kleinbusse. Wir murmeln was von "Ver-o-Peso", der Fahrer nickt, 4 Reais wechseln den Besitzer und schon geht`s los. Die meist schon etwas betagten Wägelchen halten auf Zuwinken, werden so vollgestopft, wie es nur geht, haben einen festen Abfahrts- und Endpunkt, die Strecke dahin variiert aber je nach Ziel der jeweiligen Fahrgäste. So sieht man was von der Gegend, hat mehr oder weniger angenehme Körperkontakte (hängt davon ab, ob man gerade an einer knackigen, wohlriechenden Schönheit oder an einem schweisstriefendem, leicht müffelnden Kerl kuschelt) und kommt irgendwann auch ans Ziel. Dagegen ist so`n Stadtbus doch echt langweilig. Nach `ner halben Stunde haben wir unser Ziel erreicht und sind mitten im prallen Leben! Der alte Hafen - dicht gedrängt liegen die kleinen Boote, Marktstände, es wird beladen, entladen oder einfach nur in der Hängematte gedöst. Rundherum schöne alte Kolonialhäuser, ein Stück weiter das Kastell, die Kathedrale, auf der anderen Seite die Fischhalle. Fisch ohne Ende, grosse, kleine (einige sehen so gruslig aus, da würde ich mich nicht mal trauen sie anzufassen, wenn ich die am Haken hätte). Dann der "Ver-o-Peso", angeblich der grösste “open air-Markt” Südamerikas. Keine Ahnung ob`s stimmt, auf jeden Fall ziehen sich die Stände, Hallen und Verkaufsbuden ewig hin. Es gibt vermutlich nur wenige Dinge, die man hier nicht kaufen kann, natürlich Obst und Gemüse in allen Formen, FarbeAuf dem Ver-o-Peso, Mittelchen für allesn, Grössen, Kräuter, Pülverchen und Tinkturen gegen so ziemlich alle Krankheiten der Welt oder wenn`s mit der Angebeteten nicht so klappt oder Er nicht mehr so kann, wie Sie will, oder man der Schwiegermutter überdrüssig ist oder einfach nur Gift für seine Pfeilspitzen braucht, ... Dazu Macheten, Töpfe, Pfannen und Krempel den haben muss oder auch nicht, Plunder, Müll, Kitsch und jede Menge mehr. Dazwischen Garküchen bis zum Abwinken, Stände mit Säften aus Früchten deren Namen ich nicht mal aussprechen kann und eine ganze Reihe Bierstände. Die Wichtigkeit letzterer sollte man bei den hohen Temperaturen (2 bis 3 Liter Flüssigkeit am Tag!) nicht unterschätzen - wir füllen erstmal `n Liter auf. Danach lempeln wir weiter am Ufer längs, die "Docas" schliessen sich an, ehemalige Lagerhallen, jetzt mit Stahl und Glas aufgepeppt, darin teure Restaurants, Bars, Boutiquen - wir lassen uns lieber in die Altstadt fallen. Die Strassen und Gassen sind vollgestopft mit Verkaufständen, man kommt kaum durch das Gewühle, schöne historische Häuser, restauriert oder vom tropischen Klima gezeichnet (klingt doch viel netter, als wenn man schreibt: halb zerfallen), Kirchen, Plätze, Parks, ... Auf dem Rückweg dann noch den zweiten Liter und pünktlich zum Sonnenuntergang in einen der wartenden Kleinbusse klettern. Naja, nicht gleich, erstmal müssen wir klären, wo wir eigentlich hin müssen. Keine Ahnung wie der Stadtteil heisst, wo unser Boot liegt. Hat aber irgendwie geklappt, wir landen da, wo wir heute Vormittag losgefahren sind, essen noch schnell zwei "Bobbel" und laufen im "Iate Clube" einigen Socios in die Arme, die es total toll finden würden, mit uns noch auf ein paar Bier loszuziehen. Äh, morgen vielleicht?!- Bejú hat sich am Fuss verletzt und humpelt herum. Kurze “Schadensbegutachtung” und nach ein paar Minuten sind wir mit Binde, Jod und etwas zum Desinfizieren aus der Bordapotheke zurück. Der grosse Zeh bekommt einen schicken Verband und Bejú strahlt wieder.

Donnerstag, 25.10.2012

Hatten heute einen anstrengenden Bastel- und Putztag und uns eigentlich auf den gemütlichen Feierabend gefreut - so mit nichts tun, Beine hoch und vielleicht eine DVD glotzen, aber dann stand Antonio, einer der Socios von gestern Abend winkend auf dem Ponton ... Naja, wir hatten ja gesagt morgen. Also in Schale werfen, Bötchen prall machen und schon fahren wir in die City. Er will uns unbedingt die "Docas" zeigen - scheinbar die angesagte Adresse hier für die, die es sich leisten können. Dass wir sie schon gestern gesehen haben überhört er geflissentlich, also lempeln wir zu dritt an den toll beleuchteten, aber fast leeren Restaurants, Bars und Boutiquen lang, versichern ihm mehrfach, dass wir auch in dieses Restaurant nicht wollen, da wir schon gegessen haben und lassen uns am Ende dann doch noch in einer Freiluft-Touristenbeglückungs-Bierschenke nieder. Da kann man sich mit Biergefässen in diversen Grössen und Formen bespassen - wir wählen Medium und sind froh, als wir das Ding endlich geschafft haben. Weitere nachtschwärmerische Aktionen können wir mit dem Hinweis auf unseren anstrengenden Arbeitstag höflich "abwürgen" und sind froh, als wir weit nach Mitternacht endlich in unsrer Koje liegen.

Sonnabend, 27.10.2012

Waren echt fleissig! Das Boot glänzt aussen und innen, der Parasailor ist süsswassergespült, getrocknet und verstaut, der Generator läuft wieder fröhlich knatternd vor sich hin UND Marion hat uns ein Himmelbett gebaut! Klingt jetzt natürlich unheimlich romantisch, nach der Silberhochzeit, der 2. Frühling und so ... hab ich auch erst gedacht, war aber gar nicht wegen mir! Wegen der Mosquitos! Hat sie also ein Mosquitonetz gekauft (ich war natürlich dabei, weil, alleine kann man die Dinger ja nicht hochhalten um zu gucken, ob das gross genug ist - die meisten waren aber so riesig, dass ich vermute, die Brasilianer haben keine Betten, sondern schlafen auf mit Mosquitonetzen bedeckten Fussballplätzen). Jetzt haben wir jedenfalls so`n Teil über der Koje! Abends ist das ja noch ganz lustig, wenn ich als Prinz (gewaschen - Punkt: 26 !) zu ihr durch die "Dornenhecke" klettere (da macht sie hinter mir - hier ´ne Klammer, da ´ne Klammer - schnell alles wieder dicht). Aber wehe ich versuche da nachts mal unauffällig rauszukommen - KLICK! ZING!, schnipsen die Klammern weg, Marion sofort wach: "IST DAS NETZ RICHTIG DICHT?" Ob ich vielleicht gerade verdurstet bin und mit letzter Kraft versuche bis zur Wasserflasche zu kriechen - völlig egal, wichtig nur, ob mit dem Netz alles in Ordnung ist! Eh ich das dann alles wieder fachgerecht zugeknüppert habe, ist die Nacht fast um. Soviel zur Romantik, ich glaub ich schlaf bald draussen ...

Sonntag, 28.10.2012

Den lieben, langen Tag Trubel im Iate Clube. Früh um Sieben lassen die Marineros die Motorboote und Jetskis der für heute angemeldeten Besitzer zu Wasser, dann wird die Musikanlage des jeweiligen Bootes voll aufgedreht und jetzt das Wichtigste: mit Vollgas eine Runde um unser Boot geheizt! Boot dann am Ponton (etwa 20 - 30m neben uns) anbinden, das Spiel mit dem nächsten BParty-Boot mit mega-grossen pink Boxen vorm Iate Clubeoot wiederholen, dabei aber ganz wichtig: Musikanlage des ersten Bootes unbedingt anlassen! Später kommen dann die Socios, lassen sich auf der Clubterrasse nieder, zweites Frühstück, erstes Bierchen, zum Mittag was Leichtes, zwischendurch mal `ne Runde mit dem Bötchen oder Jetski drehen, noch `n Bierchen, die ersten Cachaca-Flaschen werden in Cola-Gläser geleert, die Frauen flanieren öfter mal zum Klo damit der Designer-String-Tanga auch genügend zur Schau gestellt werden kann, Männer drehen noch `ne Rund auf den Jetskis, erste Abstürze beim Versuch durch schnelles Kurvendrehen über die eigene Heckwelle zu springen, ... wir mischen uns unters Volk (Verbandszeug für Bejú dabei, der revanchiert sich dafür mit Mangos aus eigenem Garten), kriegen ´ne Menge Bierflaschen gereicht, lernen noch mehr Leute kennen, scheitern beim Versuch den Kneiper davon abzuhalten, extra für uns Pará-Volksmusik über seine Monster-Lautsprecherboxen zu dudeln, haben irgendwann Anna bei uns am Tisch, die eigentlich mit drei Freundinnen hier ist, Englisch spricht und sich ewig mit Marion über die Früchte des Amazonas auslässt, ich komme langsam ins Schwitzen, weil die schon gut angetüdderten, alleingelassenen Freundinnen am Nebentisch sich jetzt damit die Zeit vertreiben, lüstern mit den Augen zu klappern und mir Küsse zuzuwerfen, ... Marion hat bald `ne Verabredung für nächste Woche auf dem Fruchtmarkt, ich, wenn`s so weitergeht, drei für heute Abend ... Am Ende geht aber alles gut aus, Anna muss los und nimmt ihre drei drallen Lüstlinge mit, Marion ist irgendwann auch müde und nimmt mich ebenfalls mit. Als die letzten Gäste aufstehen dreht der Kneiper auch endlich die Musik aus, Boa noite! Echt anstrengend so`n Wochenende!

Montag, 29.10.2012

Afranio haben wir gestern kennengelernt, Bejú ja schon am ersten Tag. Die beiden hatten die Idee mit der Stadtrundfahrt, also lümmeln wir uns auf die Rücksitzbank, los geht´s. Draussen ist es pottenheiss und die Klimaanlage weht Schneeflocken durch´s Auto. Glaspaläste und Shopping-Center, wir sagen höflich "Oh!" - Afranio findet den historischen Teil aus der Zeit des Kautschukbooms viel schöner, WIR AUCH! Der Praca Batista Campos, ein Stadtpark mit künstlichem Bach und Fischen drin, Brücken, Tore, Bögen, Pavillons, sogar `ne kleine Burg - kitschig, aber sSightseeing mit Afranio und Bejúchön. Die Basilica de Nazaré, gerade abgesperrt, die Beiden haben "wichtige ausländische Gäste im Auto" - wir dürfen durch.  Mitte Oktober endet hier seit über 200 Jahren das bedeutendste religiöse Fest in Nordbrasilien,  Cirio de Nazarè. Eine Woche wird dabei eine Statue der Jungfrau Maria hin- und hergeschleppt, Tausende ziehen dann an dem 300m langen Seil vor dem Prozessionswagen, Hunderttausende gucken zu. Ich hab mir die Maria mal angeguckt, knapp `n Meter gross und aus Holz - kein Wunder, dass die noch Jungfrau ist! Weitere Kirchen, die Kathedrale, Palacios ehemaliger Kautschukbarone, der Praca da República mit Park, Mango-Alleen, Siegessäule und dem berühmten Teatro da Paz. Leider geschlossen, auch für wichtige ausländische Gäste - Amanhá. Morgen. Den Ver-o-Peso und die Docas kennen wir schon, dafür noch nicht den riesigen Naturpark rund um den alten Leuchtturm. Unten jede Menge Grün und Getier, von oben super Rundumsicht auf Belém und Umgebung. Damit ist das heutiges Programm aber noch nicht beendet, wir haben es uns kaum im Cockpit bequem gemacht, da wollen sie uns schon wieder einsammeln - diesmal mit Boot. Marion streikt, ich spring in die Jolle und krieg auch gleich mal die Pinne in die Hand gedrückt. Toller Plan, die beiden halten ihren Bauch in die Sonne und ich darf steuern! Kurze Eingewöhnung, dann will ich die Pinne gar nicht mehr hergeben - macht echt Spass mit so `nem Teil! Ist eben ein Segelboot und kein Wohnwagen mit Mast, wie unser Dampfer.

Dienstag 30.10.2012

Hat mich ja schon die ganze Zeit gewurmt, dass wir gar nicht richtig auf dem Amazonas sind. Wenn ich dann später mal, so mit 80, über die Stralsunder Mole schlurfe und alles heimlich mit Fingern auf mich zeigt und hinter mir tuschelt "... nicht mal auf dem Amazonas sind sie gewesen ...!" - Nö, das geht ja gar nicht! Der Rio Pará ist ja durch Flüsse mit dem Amazonas verbunden, also steht mein Plan fest: wir fahren da mal rüber. Marion ist noch etwas skeptisch "Von dort haben wir doch gar keine Karten?!" Nö, aber die besorgen wir uns jetzt! Also den ersten Kleinbus geentert und ab in die City. Läden mit Fischerei- und Bootszubehör gibt`s `ne Menge und schnell haben wir uns auch zu dem richtigen zwecks Seekartenbeschaffung durchgefragt. Die Leutchen überschlagen sich fast vor Hilfsbereitschaft, gemeinsam rollen wir Karten aus, grosse, kleine, bunte, ... schnell haben wir raus, welche drei Karten wir tatsächlich brauchen und fast genauso schnell, dass genau die nicht zu haben sind. Die sollen durch die "Hidrografia" aktualisiert werden (wird ja auch Zeit, die Karten stammen alle aus den 70ern, die Vermessungen sind vermutlich noch älter), werden daher seit drei Jahren nicht mehr gedruckt und niemand weiss, wann die aktualisierten je erscheinen. O.k., macht nichts, dann fragen wir eben im Club rum, irgendwer wird schon irgendwen kennen, der jemanden in der Verwandtschaft hat, ... Also machen wir noch so`n bisschen Stadtbummel, schlendern zum Teatro da Paz und heute ist es nicht nur geöffnet, sondern es beginnt auch gerade eine Führung. Die ist zwar auf Portugisisch, aber, (schon wieder Glück), einem Holländer übersetzt sein brasilianischer Freund alles und der hat uns auch gleich mit auf`n Hacken - Englisch verstehen wir einfach besser. Das Theater ist mit 1100 Sitzplätzen eines der grössten Brasiliens, Prunk und Ausstattung erinnern an die reiche Zeit des Kautschukbooms. Riesige Kristallleuchter aus Venedig, kostbare Spiegel, Marmor, aufwändige Bemalungen, edle Hölzer - es wurde echt nicht gegeizt. Die spontane Idee, eine Abendvorstellung zu besuchen scheitert am Spielplan der nächsten Woche: Hänsel und Gretel oder Klavierkonzert - wir können uns nicht entscheiden. Das kann Marion sich hinterher auch nicht, beim Versuch eine Hängematte zu kaufen, was natürlich niemanden überrascht, der jemals mit ihr Ansichtskarten kaufen war, wenn sie, in nur einer halben Stunde, zwischen drei Karten gewählt hat ... Und hier gibt`s jede Menge Geschäfte mit grossen Hängematten, kleinen, bunten, einfarbigen, teuren, billigeren, mit Troddeln und ohne, für eine Person, zwei oder `ne ganze Familie, ... Marion vertagt die Sache und kauft erstmal `n Mosquitonetz für ihre zukünftige Hängematte.

Mittwoch, 31.10.2012

Natürlich haben wir gewusst, dass wir nicht ewig zusammen sein werden, aber die Trennung ausgerechnet hier und heute?! Leb wohl, chinesisches Gummiboot - sei froh, dass Marion dich immer in Schutz genommen hat,  ich hätte dich schon lange zerstückelt und verbrannt! Bis gestern haben wir uns noch irgendwie arrangiert: aufpumpen, schnell zum Clubponton, dort aus dem Wasser ziehen und wenn wir zurück wollten, das selbe Spiel, wieder aufpumpen, ab ins Wasser und nach Hause tuckern. Motor natürlich immer abnehmen, das hätte dich ja sonst zu sehr belastet. Und zum Dank für all die Schonung zerlegst du dich jetzt in deine Einzelteile. Warte nur du Verräter, wenn Marion nicht hinguckt, schiess ich dir `ne Leuchtpatrone in die Seite.

Sonntag, 04.11.2012

Afranio hatte es gestern schon versucht und mich mit fettigen Händen im Ankerkasten erwischt, heute also neuer Anlauf - er hat mehr Glück, wir gehen Segeln! Zusammen mit Edmond, dessen Vater und kleinem Kajütbötchen wollen sie uns einsammeln. Marion mag nicht (ist erkältet), also reiner Männerausflug! Wir sind kaum losgefahren, da baut Edmond seine Boxenkonstruktion über dem NiederganAbschlepphilfeg auf. Das Teil ist nur unwesentlich kleiner als das ganze Boot, aber Segeln ohne Musik geht ja gar nicht! Dafür ist jetzt kein Platz mehr für den Papa im Cockpit, der verbringt den Segeltag mit dem Kopf aus der Vorderluke guckend. Wir fahren in einen kleinen Nebenfluss, schon ist von der Millionenstadt nichts mehr zu spüren, üppiger Regenwald, einige Holzhäuser auf Stelzen, ich bin begeistert, die anderen drei sich nicht einig, ob man das Flüsschen noch weiter befahren kann. Kann man nicht, wenig später liegt ein Baum quer überm Fluss, wir drehen um. Beim nächsten Seitenflüsschen haben wir mehr Glück. Wir kommen zu einem See, der aber eigentlich auch sowas wie ein Fluss ist - so richtig kriege ich das mit meinen paar portugiesischen Vokabeln nicht raus. Ist auch egal, wir baden erstmal ausgiebigst, essen Mittag, lassen uns treiben, nochmal baden, dann Rückweg. Diesmal mit Spinnaker (ist natürlich richtig putzig das Teil). Ich bin jetzt an der Pinne und kann die Jungs schön antreiben! Unterwegs sammeln wir dann noch ein Motorboot mit streikendem Motor ein, ich muss unbedingt Acai essen, DAS TYPISCHE ESSEN des Amazonas, was mit viel Zucker sogar schmeckt, der Papa steckt den Kopf jetzt nicht mehr aus der Luke, weil die Wellen da rüber spülen, Edmond zaubert aus den Tiefen seiner Kühlboxen eisgekühltes Bier, wir liefern den Havaristen am Clubponton ab und mich auf der Mira - Nochmal winke, winke und muito obrigado! Marion hört sich geduldig meine euphorischen Reiseerlebnisse an und berichtet dann kurz von ihrem Tag: bei 38°C Aussentemperatur unter Deck Schimmel aus den Schränken wischen. Da hätt ich aber nicht mit ihr tauschen mögen ...

Montag, 05.11.2012

Klopf, klopf! Bejú taucht auf und bindet ein klitzekleines Bötchen hinten an. Da wir seit vier Tagen nicht mehr an Land waren und er den erbarmungswürdigen ZustanBejú bringt das Schüsselchend unseres Gummibootes kennt, hat er ganz richtig geschlussfolgert, das Teil hat`s erlebt! Wir sollen erstmal das kleine Boot nutzen, bis wir eine andere Lösung finden. Das Teil ist nicht viel grösser als unsere Salatschüssel und unheimlich kipplig - Marion tauft es liebevoll "Schüsselchen" und ich binde ihm links und rechts Fender ran, damit es nicht untergeht wenn`s umkippt. Sogar den Motor können wir hinten befestigen. Mit Bejú mach ich die erste Fahrt. 30m bis zum Ponton ... wir kommen heil an und ich auch wieder zurück. Supi, wir können wieder an Land! Schnell `ne Dusche, sauberes T-Shirt und schon plündern wir den Lider-Supermercado. Frisches Obst und Gemüse, grosse Steaks und Getränke, `n Sack Grillkohle und was uns sonst noch so einfällt. Alles an Bord schaffen - Wackelbötchen kippt nicht um - und weil`s so schön ist, wieder an Land! Nur mal so rumlaufen, auf Plastestühlen unter Brahma-Wimpeln pausieren, "Bobbel" essen, das 392-te Paar Flip-Flops kaufen, nochmal auf Plastestuhl pausieren, noch ´n Imbiss ausprobieren und den Besitzer zum "Batata-König" des Wohngebiets küren, einfach nur rumsitzen und dem Treiben zuschauen, noch `n Bierchen, ... wird spät heute.

Dienstag, 06.11.2012

Wieso werde ich eigentlich nicht jeden Tag so liebevoll geweckt? Und das mit dem Frühstücks-Ei hinterher können wir eigentlich auch so beibehalten. Käpt`n-Geburtstag, da gibt`s das volle Verwöhnprogramm! Naja, eigentlich bekomme ich das Frühstück jeden Morgen serviert - sagen wir einfach: ich werde heute noch mehr verwöhnt als ohnehin jeden Tag! (Der Satz bringt jetzt Pluspunkte :-)  Mein Plan, auf dem Clubgelände irgendwo ein Plätzchen suchen, wo ich mittels aufgeschichteter Steine, Gitter drauf und Kohle drunter, die gestern erworbenen Fleischbrocken ankokeln kann - einfacher ausgedrückt: Assado! Gerade schreite ich mit suchendem Blick über das Gelände, da geht ein Wolkenbruch los. Und es hört auch gar nicht wieder auf. Dass die Gegend hier nicht nur wegenFünfzig? der paar Bäume Regenwald heisst, war mir schon klar, aber muss das ausgerechnet heute sein!? Bejú hat sich auch unter das Schleppdach gerettet und wie wir so am labern sind, erzählt er von `nem "Optimist" (ein kleines Segelboot, worin Kinder segeln lernen), das er zu Hause rumstehen hat. Also sprinten wir zu seinem Auto und schauen uns das Teil doch mal an. Sein Hof ist voller Bootsbastelprojekte und Optimisten stehen da gleich zwei rum. Welcher? Egal! Der aus Holz ist eindeutig schöner, aber auch schwerer. Das andere ist aus GFK, natürlich leichter und in modischem Orange. Einziger Nachteil - Bejú hat da einen Rasenmähermotor eigebaut, mit nach aussen führender Welle nebst Propeller. Kein Problem, meint er, Motor und Welle bauen wir gleich aus, die Löcher lässt er zulaminieren. Jetzt müssen wir nur noch an der Bank vorbei, 500 Reais wechseln den Besitzer - Ah, `ne neue Yacht zum Fünfzigsten, lästert Marion ginsend. Im Club wartet schon Emerson mit Speicherkarte auf uns - Marion hatte gestern gekonnt "die fehlenden Seekarten" unter die anwesenden Socios gestreut - "Bring ich morgen vorbei", darauf Emerson. Für`s Assado ist es eh zu spät und Emerson wollte sowieso das Boot anschauen, also tuckern wir mit dem Schüsselchen rüber. Noch `ne Runde, Bejú einsammeln - Führung durch den Dampfer, dann hocken die Männer vor`m Navi-Computer, Frau macht kleinen Imbiss und sich ausserdem beliebt, indem sie kaltes Bier reicht! Daran ändert sich den Abend auch nichts mehr ...

 

Mittwoch, 07.11.2012

Hier sind zwar alle richtig nett, unheimlich hilfsbereit, laden uns ständig irgendwohin ein, finden zur Zeit nichts spannender als durch unser Boot zu klettern, versuchen uns (meist erfolgreich) zum Biertrinken auf der Clubterrasse zu überreden, beschallen uns an den Wochenenden mit lauter Musik, drehen mit Jetskis und Motorbooten ganz tolle Kreise um unser Boot - aber jetzt brauchen wir mal Urlaub. Die Socios finden es zwar "muito peligroso" woanders, als genau vor ihrem Club zu ankern, aber die trauen sich ja hier auch nicht zu Fuss auf die Strasse ... Also leiern wir den Anker hoch, mein Plan: mit Marion zu dem See (oder auch nicht See) zu fahren, wo ich beim "Männerausflug” war. Das scheitert dann aber daran, dass über dem kleinen Nebenflüsschen eine Stromleitung hängt. Mit dem kleinen Bötchen natürlich kein Problem, aber wenn wir so an unserem Mast hochschauen ... Ich finde, das könnte passen. Marion findet das nicht ... Naja, wir können ja auch woanders Urlaub machen. Finden dann auch ein schönes Fleckchen, zwei, drei Hütten am Ufer, dicker Wald, keine Motorboote, keine Musik, keine Touri-Dampfer, ... dafür Vogelgezwitscher, Froschgequake, Sonne auf Bauch, Buch lesen, qualmender Grill, Bierdose daneben, ...

Donnerstag, 08.11.2012

Nach dem seeehr späten Frühstück will ich ein Stück weiter segeln, Bordfrau nicht: Wieso? Ist doch schön hier! Recht hat sie, also nochmal Sonne auf Bauch, Buch in der Hand, qualmender Grill, ...

Sonnabend, 10.11.2012

Wir haben es heute tatsächlich wieder zurück zum Club geschafft - natürlich mitten rein ins Wochenendgewühl! Ich fahre gleich mal rüber, um kurz “Hallo” zu sagen, ausserdem will ich Marion nicht beim Beseitigen der Spuren unseres exzessiven Urlauberlebens im Weg stehen. Erste Einladungen zum Bier, ich bleibe standhaft! Afranio will gerade seinen Trimaran ins Wasser bringen - super, dass ich auftauche, ich soll gleich mitsegeHeute mal Rettungseinsatzln. Geht heut nicht, ich bleibe wieder standhaft. Schliesslich hatte ich meiner fleissigen Putzfee ja versprochen, nachher den Grill anzuwerfen. Ist aber ein Rettungseinsatz: einem anderen Segler ist der Mast “runtergekommen”. Na wenn das so ist ... Als Marion uns an der Mira vorbeisegeln sieht, kommen ihr vermutlich erste Zweifel am Wahrheitsgehalt der letzten Worte, die sie von mir gehört hatte: Du brauchst heut nicht kochen, mein Schatz, ich mach “Assado”! Zu Recht! Afranio überlässt mir die Pinne - schnell hab ich den Bogen raus, bisschen aufpassen wenn der Luv-Schwimmer zu weit aus dem Wasser kommt - wir fliegen nur so dahin! Einfach geil!!!! Wir fahren in den nächsten Fluss, hier soll der Havarist irgendwo sein - nichts zu sehen. Afranio versucht`s mit Telefonieren. Kein Netz! Also weiter, immer noch nichts zu sehen. Vielleicht hinter der Ilha Papagayo. Wir heizen bis zum Ende der Insel, immer noch nichts, aber dafür Funknetz. Der Segler ist schon von einem Motorboot abgeschleppt worden. Na supi! Die Sonne geht gleich unter und wir sind meilenweit vom Yachtclub entfernt! Dass wir jetzt Gegenwind haben und die Strömung von vorne ist ja klar - also kreuzen wir mal los. Linkes Ufer, Segel rum, Kurs auf`s rechte Ufer - das nennen die Segler “kreuzen”, also gegen den Wind segeln und finden das sicher auch toll. Ich nicht! So`n Trimaran ist für`s Fliegen übers Wasser gebaut, aber nicht für`s Kreuzen! Ich glaube wir stehen! Stunde um Stunde kämpfen wir uns gegen Wind und Welle von einer Seite zur anderen vorwärts, stockdunkle Nacht inzwischen, klatschnass, frierend (ich bin natürlich ohne T-Shirt los), hungrig, ... Afranio versucht sich mittels Zigarette zu motivieren - klappt nicht, da Feuerzeug nass. Irgendwann kommen wir tatsächlich wieder zum Rio Guamá, jetzt passt es mit dem Wind auch besser. Afranio hat Telefonempfang "Nein, keine Rettungsaktion für die Retter nötig!" Noch zwei, drei lange Schläge, dann sind wir endlich beim Yachtclub. Der Trecker mit Slipwagen kommt um das Boot rauszuziehen, der Kneiper drückt mir ein Bier in die Hand, “Geht auf`s Haus”, Afranio kriegt ein trockenes Feuerzeug (ich nehm auch `ne Zigarette), der Havarist will uns unbedingt noch mit diversen Drinks beglücken ... Ich tucker irgendwann rüber zu meiner Holden, die mich schon sehnsüchtig erwartet. Bejú war im Laufe des Abends zu ihr rübergepaddelt, um sie über den aktuellen Stand des “Rettungsgeschehens” auf dem Laufenden zu halten, hatte mit ihr dann ewig auf dem Achterdeck gehockt und mit Fernglas in die Nacht gestiert ... “Fettklöpschen, ich glaub für Assado ist das jetzt schon `n bisschen spät!”

Sonntag, 11.11.2012

Frühstück erledigt, die zweite Kaffeetasse in der Hand, da ruft und pfeift wer vom Ponton. Roberto, auch ein Socio. Er war natürlich schon bei uns zur Bootsbesichtigung und HAT Karten vom Amazonas! Ich fahr mal rüber. Seine Ana Paula ist auch da, “Nö, `n Bier um die Uhrzeit will ich nicht”. Dann laden sie uns eben zum Essen ein. Marion wird begeistert sein, haben ja gerade das Frühstück hinter uns, aber für Seekarten muss man Opfer bringen. Also zurück, Marion motivieren, in Rekordzeit landfein zu sein und wieder zum Ponton. Ab geht`s in die Altstadt, in`s “Acai”, eins der angesagtesten Restaurants. Rammelvoll, auf drei Etagen drängeln sich die Leute, um Steaks, Fisch oder sonstwas in sich reinzustopfen. Ein bisschen warten, dann kriegen auch wir `nen Tisch. Roberto bestellt: typisches Gericht: getrocknetes Fleisch, getrockneten Fisch, getrocknete Camaráo, dazu reichlich Acai. Gut, dass wir gerade reichlich gefrühstückt haben! Anschliessend fahren sie uns zu den “Docas” - claro!! Wir lempeln durch die Bars, Restaurants, Boutiquen, laden die beiden zu einer Runde Eis ein (das beste  - und teuerste - in Belém, dafür hätten wir an unseren Imbissständen auch `ne Woche essen können), probieren, obwohl wir zum Platzen voll sind, “Tucupi” (lecker Urwaldsüppchen), lassen uns noch ein bisschen durch die Stadt kutschieren, hören uns zum wiederholten Mal Robertos Abenteuer mit den meterhohen Wellen beim Segeln auf dem Rio Pará an, überhören gekonnt seine Idee von einem mehrtägigem Segelausflug mit uns und sind ganz froh, abends wieder am Club abgesetzt zu werden. Die Terrasse ist noch voll, die Leute gut drauf, der Kneiper klappt die Gefriertruhe auf ... Jo, auf `n Bierchen bleiben wir noch ...

Montag, 12.11.2012

Gut, Marion hatte sich ihren Geburtstag etwas anders vorgestellt, aber was kann ich dafür, dass nach dem liebDas neue Bötchen ist daevoll zelebrierten Frühstück Bejú schon winkend am Ponton steht? Unser neues Bötchen ist fertig. Ein Stück weiter ist `ne kleine Werft, wo er es abgegeben hatte und tatsächlich, alle Löcher sind zulaminiert. Wir schleppen das gute Stück in den Club, ich präsentiere es stolz dem Geburtstagskind und mache es auch gleich mit den notwendigen Änderungen vertraut: zwei Edelstahl-Augplatten für hinten, eine für vorne, damit wir das Boot an Bord “kranen” können, eine Holzplatte ans Heck für den Aussenborder, und sinnloser Krempel, der abgeschraubt werden muss. Sie zeigt sich verständnisvoll. Also schleppen wir Bötchen zur Mira, hieven es irgendwie an Deck, ich suche Teile und Werkzeuge zusammen und bin den Rest des Tages mit Bohren, Kleben, Sägen und Schrauben beschäftigt. Abends präsentiere ich dann stolz das Ergebnis meiner kunstgewerblichen Bemühungen und Frau lobt ausgiebig - dafür lade ich sie doch glatt zum Geburtstags-Essen beim “Bobbelmann” ihrer Wahl ein. Natürlich landen wir beim “Batata-König”, hocken mit eisgekühltem Feierabendbier auf `nem Plastikstuhl und warten bis er seine Kartoffeln geschält, mittels “Maschinchen” in Streifen geschnitten und in der Friteuse ertränkt hat. Dazu ein lecker Camaráo-Bobbel ... was kann Frau sich mehr wünschen?

Dienstag, 13.11.2012

Und Frau wünscht sich mehr: sie möchte eine Geburtstags-Stadtbesichtigung. Das bedeutet jetzt nicht sie alleine, sondern sie sucht aus wohin! Das mit den Kleinbussen und dem Ver-o-Peso ist ja klar, aber dann kommt das Neue! “Da gibt´s ein Museum “Emilio Goeldi”, das ist da so ungefähr in der NäMango-Allee in Belémhe vom Teatro ...” Das “in der Nähe” ist dann ein anderthalb Stunden Fussmarsch, rumfragen, tropische Hitze, Durst, keine Oasen (meine Version). Ein schöner Spaziergang im Schatten der Mango-Alleenbäume, durch Strassen, die wir bisher noch nicht kannten (Marion). Und was macht Emilio? Der hat sein Museum einfach geschlossen! Kein Wunder bei der Hitze! Auf dem Rückweg finden wir dann aber doch noch ein offenes Museum - irgendwelche Kunst - jetzt nicht sooo interessant, aber Eintritt frei, Klimaanlage, sauberes Klo und Trinkwasserspender! Da heuchel ich schon mal Interesse für abstrakte Kunstwerke. Hinterher essen wir bei einer Marktmutti “Vatapá” - Marion ist begeistert, ich werde satt und als Entschädigung für`s entgangene Museum überhäufe ich sie anschliessend mit Schmuck ...genauer gesagt, sie entdeckt auf einem Stand `n geschnitzten Ring und Armbänder aus bunten Samenkörnern - ich bezahle sie. Wir lempeln weiter durch die Strassen und über die Märkte, eine Dose Farbe für das geborgte Beiboot, Mangos für uns, hier mal probieren, dort mal anfassen, ... und am Ende landen wir natürlich bei den Bierständen. Macht einfach Spass, dort zu sitzen und dem Treiben zuzuschauen: Fischer beim Feierabendbier, Standbetreiber bei `ner Pause, Marktbesucher mit ihren Einkäufen, dazwischen Händler, die Parfüm, Sonnenbrillen, Rolex-Uhren, gegrillte Käsesticks oder Turnschuhe loswerden wollen, streitende Gäste, selige Trinker, Mädels auf der Suche nach `nem Freier, ...

Freitag, 16.11.2012

Marion hat`n Hals. So richtig dick, Fieber, Husten, Schnupfen und überhaupt ist heute nichts los mit ihr! Kommt bestimmt von der ungesunden Luft unterm Mosquitonetz :) Meine krankenpflegerischen Fähigkeiten sind auch nicht so gefragt, sie zieht die dicke Medizinkiste unterm Salonfussboden vor (wieder mal DANKE an unsere “Leibärzte” Angela und Andreas) und ich mach halt anderweitig nützlich. Gestern haben wir schon zweimal unser Leihbötchen gestrichen - die Clubleutchens waren ja schon nach dem ersten Anstrich ganz von den Socken! Ich verpasse ihm heute noch das Finish. Nachmittags mit dem Einkaufswägelchen zum Lider-Supermercado, Getränkeeinkauf! Da ich alleine bin, fällt die Bevorratung etwas zu Ungunsten der Wasserflaschen aus. Alles an Bord schleppen und gucken, ob Marion noch atmet. Es geht ihr schon besser. Nächste Einkaufsrunde. Wasserflaschen kommen wieder nicht so gut dabei weg, zurück zum Boot, alles verstauen, die Sonne geht langsam unter. Ich unternehme einen letzten Versuch doch noch den Titel “Albert Schweitzer des Amazonas” zu erringen, aber das Krankenlager ist leer! Sie läuft rum, hat Hunger und ich soll auf keinen Fall was kochen - esLeise, leise, damit Ana Paulas Schönheitsschlaf nicht getört wird sind auch so schon 34°C im Schiff. Gut, gehn wir eben zum “Bobbelmann”.

Sonnabend, 17.11.2012

Da ich nun ständig mit den Clubjungs auf ihren Hobbycat`s und Trimaranen bin, müssen wir uns ja mal revanchieren - also Segelausflug auf unserem Dampfer. Alle passen natuerlich nicht da drauf, aber Roberto nebst Ana Paula, der heute auch unsere Kartenkopien mitbringen wollte und eh schon dreimal ein Segelwochenende auf der “Mira” vorgeschlagen hatte, Afranio und selbstverständlich Bejú. Roberto hat auch gleich einen Plan, wo`s denn hingehen sollte - den “tollen Strand” in 30sm Entfernung Abends kommt sogar etwas Wind auf und Mira gut in Fahrtwähle ich mal gleich ab und nehme Kurs auf sein Reserveziel, den “ganz tollen Strand” auf der Ilha Cotijuba, “vielleicht ein bisschen laut”, aber dafür auch nur 18sm entfernt. Er hat ja unsere Karten dabei. Eine Stunde später nützt ihm das auch nichts mehr. Ich rechne ihm vor, dass wir gegen Wind und Strömung erst lange nach Mitternacht an dem sicher ganz tollen Strand sind, dann eh nichts mehr davon sehen und wahrscheinlich sogar die “vielleicht etwas laute Musik” schon nicht mehr spielt. Also Kurswechsel. Zu vorgerückter Stunde ...Mit wenig Wind und viel Strömung geht`s in die andere Richtung. Marion sorgt für die Versorgung, ich habe zu tun, an meine Schoten und Winchen zu kommen, die Gäste sind wie wild am Filmen und Knipsen (vor allem Roberto und Ana Paula posieren überall auf und unter Deck - ich glaube, sie haben sich mit Selbstauslöser sogar auf dem Klo fotografiert). Es hat aber allen Spass gemacht und abends haben wir noch zum Assado eingeladen - schön mit Kartoffelsalat, brasilianischer Kuh auf dem Grill und Rotwein - sozusagen unser Abschieds-Dankeschön an die Leutchen vom Iate Clube. Marions Kartoffelsalat war der Renner, die Kuh bisschen zäh und ich, trotz reichlich Wein und Bier (muss jeder echte Grill-Meister ja ständig in der Hand haben,) noch in der Lage, alle Gäste heil an Land zu bringen :)

Sonntag, 18.11.2012

Is heute Sonntach? Na, da machen wir mal eben gar nichts! Gut, der Plan mit dem Ausschlafen scheitert zwar daran, dass die Marineros die Motorboote nur mit voll aufgedrehter Musikanlage zu Wasser lassen können, aber nichts machen kann man ja auch, wenn man wach ist. Immerhin raffen wir uns noch zu einer Getränkeeinkaufsrunde auf und abends hau ich die übriggebliebenen Fleischbatzen in die Pfanne - Grill kann ich erstmal nicht mehr sehen!

Montag, 19.11.2012

Die Zeichen stehen eindeutig auf Abfahrt! Marion will den Waschkorb noch leer kriegen, ich darf die dafür benötigten Wassermengen mit dem Bötchen ranschaffen. Fast 400 Liter. Natürlich nicht jeden einzeln - schliesslich haben wir dafür Kanister. Drei Stunden bin ich damit beschäftigt, die Waschmaschine ist mit ihren drei “Durchgängen” auch nicht schneller. Marion erbarmt sich der Löcher in meinen beiden aktuellen Lieblingshosen. Auf einer hab ich jetzt einen “Snoopy”-Aufnäher am Hintern! Mir ist ja zum Glück nichts peinlich. Zum Sonnenuntergang schnappen wir uns dann die Einkaufswägelchen und ziehen zur ?ten Mal zum “Lider” zwecks Auffrischung der Vorräte. Und weil keiner mehr kochen will, gibt`s noch `n Umweg - wir parken die vollbeladenen “Hackenporsches” beim Lieblings-Bobbelverkäufer, lassen uns bekochen und das Eisgekühlte schmeckt auch schon wieder! Mir jedenfalls. Marion steht neuerdings auf widerlich sauren Fruchtsaft.

Dienstag, 20.11.2012

Wenn Frau mit gekonntem Augenaufschlag fragt “Aber das Museum schauen wir uns doch noch an, bevor wir losfahren?”,Völlig dehydriert der arme Mann was macht Mann da? Natürlich, er fährt mit seiner Angebeteten an Land, dann nochmal zurück, weil er das Schloss vergessen hat, dann nochmal, weil das Boot jetzt zwar angeschlossen, er aber einen Riss in seiner Hose hat, dann mit neuer Hose im Kleinbus zur Altstadt, latscht schweissgebadet durch die halbe Stadt, erwirbt zwei Eintrittskarten zum Gegenwert einer “Saalrunde im Iate Clube”, und das alles, weil er ihre leuchtenden Augen sehen möchte, wenn er sie endlich über die Schwelle des Museums trägt. Na gut, über die Schwelle musste sie selber laufen. Im Museum eine Schulklasse und ein Dutzend ausgestopfter, ehemaliger Amazonasbewohner. Die Kid`s fanden uns eindeutig interessanter. Wegen der staubigen Pelze  auf Baumstammenden wollte Marion aber auch nicht her - das Drumherum. Das Museum wurde 1866 in einem noch ursprünglichen Teil des Regenwaldes angelegt und da ist es halt noch heute. Über 3000 Pflanzen und 700 Bäume des Regenwaldes wachsen auf dem Gelände. Ausserdem `ne Menge noch lebender Vögel, Papageien, Schildkröten, Krokos, ein Tapir, zwei faule Panther, ... Denkmäler ehemaliger Direktoren oder Sponsoren, oder im Park verlaufener und verhungerter Besucher (die Tafeln sind schon etwas verwittert und mein Portugiesisch auch nicht so gut) - wir sind über zwei Stunden beschäftigt! Anschliessend stand Hängemattenkauf aAbschied von Afranio und Bejú (der Fuss ist wieder heil)uf Marion`s Wunschliste. Das erledigen wir im Marktviertel, da gibt`s diverse Hängemattenläden und Strassenhändler. Wir verfallen in einen regelrechten Hängemattenkaufrausch. Vermutlich bekommen unsere Kinder die nächsten Jahre zu Weihnachten und Geburtstag Hängematten. Und weil ich so fleissig rumgeschachert, die Beute brav getragen habe und es ausserdem  HEISS ist, gibt`s am Ver-o-Peso noch ein grosses Zisch (!!!) und wenn man schon mal da ist, auch gleich noch `n Sack Mangos für die Bordfrau. Zurück im Iate Clube schnell alles an Bord abwerfen, Einkaufswägelchen schnappen und auf zur letzten Bunkerrunde. Käse, Bratwurscht und diverses anderes Frischzeug, ich kann noch “unauffällig”drei Paletten Bier und Grillkohle mit unterwursteln. Schweissgebadet zotteln wir alles bis zum Club, da stehen Bejú und Afranio nebst Plastetüte mit Geschenkband auf dem Ponton. Sie drücken uns zum Abschied, auch wenn wir stinken. Zur Strafe müssen sie noch mit an Bord, wo sie Marion über Symbolgehalt oder Gebrauchswert der einzelnen Geschenke aufklären und ich, weil wir uns echt darüber freuen, noch `ne Flasche Wein köpfe.

Mittwoch, 21.11.2012

Auch wenn es mittlerweile so schien, dass wir unseren “Lebensabend” in Belém verbringen - nö, wir sind tatsäcUnterwegshlich weitergefahren! Um Neun ankerauf, eh noch jemand rufend am Ponton steht, geht´s erstmal 15sm mit ablaufendem Wasser zurück bis zur Ilha Cotijuba - das ist die mit dem “ganz schönen Strand” - und wenn mein Plan aufgeht dreht die Tide dann und wir fahren mit einlaufendem Wasser den Rio Pará rauf. Klappt fast perfekt. Nachmittags segeln wir endlich wieder auf dem Pará, müssen ab und zu kleinen Fischerbötchen ausweichen, anderen Flussdampfern zuwinken und uns nur Gedanken darüber machen, wo wir denn die Nacht verbringen wollen. Finden dann ein kleines Nebenflüsschen Namens Rio Marajo-Acu auf der Karte, sieht ganz nett aus, lediglich irgendein Felsbrocken liegt dort in der Mitte rum. Haben dann fast Mühe, bei der Strömung nicht an unserem Flüsschen vorbeizurauschen, irgendwie ist es auch gar nicht mehr so niedlich klein wie auf der Karte, lauter fette Strudel in der Einfahrt und wo bitteschön, liegt jetzt dieser blöde Felsbrocken? Wir fahren vermutlich riesige Umwege, treffen dafür den Brocken aber auch nicht, finden einen netten Ankerplatz auf der windgeschützten Uferseite, schmeissen unseren Anker runter, in der Nähe paddeln einige Kanus, ich sende endlich einen neuen Positionsreport, Marion sucht das Ufer mit dem Fernglas nach Indianern ab, wir haben einen super Sonnenuntergang und plötzlich auch noch jede Menge lilafarbener Delfine um uns rum. So muss ein Tag enden!

Donnerstag, 22.11.2012

Frühstück mit Kino - ringsherum schnieft und schnauft es: Delfine beim Morgenbad. Wir einigen uns darauf, dass sie mehr pinkfarben als lila sind. Ich übe mich in der hohen Kunst der Gezeitenkunde - “... wenn wir gestern mit dem Strom hier eingelaufen sind, die Tide gegen 18. Uhr gekippt ist, plus sechs Stunden, ... zwei im Sinn, ... wenn wir hier um 11 Uhr gegen die Strömung aus dem Fluss fahren sind wir etwa um Zwölf im Rio Pará und hPunto do Severinoaben dann mitlaufende Strömung!” verkünde ich meiner staunenden Besatzung. Das mit dem “aus dem Fluss gegen die Strömung” klappt ganz gut - nur hält sich der Rio Pará dann nicht an meine Berechnungen, er fliesst munter gegenan! Zwei Stunden kriechen wir gegen den Strom dahin - “Er muss jeden Augenblick drehen!” - Macht er aber nicht und wir beenden das Elend, schmeissen unseren Anker vor einem kleinen Sandstrand. Warten wir eben! Eine Stunde später erneuter Versuch, wir kommen jetzt zwar vorwärts, unseren geplanten Ankerplatz können wir mittlerweile allerdings vergessen. Nächste Alternative, Pt. do Severino - kleines Dörfchen mit `ner Landzunge in den Fluss hinein - dahinter liegen wir dann ziemlich ungeschützt und blöd auf 20m Tiefe. An meinen Gezeitenberechnungen muss ich noch arbeiten!

Freitag, 23.11.2012

Heute ist einfach: wenn sich das Boot am Ankerplatz dreht können wir losfahren! Das ist um halb Sechs - ganz leise versuche ich die Ankerkette hochzuleiern - da Bordfrau mit ihrem Kopf aber fast neben dem Ankerkasten liegt, wird sie doch aus ihrem Schönheitsschlaf gerissen und tappert noch etwas orientierungslos im Schlafshirt an Deck rum. Nach `m Kaffee klappt alle2,2kg argentinische Kuh, die letztes besser, zwischendurch gibt`s heute sogar Segelwind und pünktlich zum kippendem Strom erreichen wir unseren Ankerplatz. Mangels Tiefenangaben auf der Karte tasten wir uns ganz sachte an die Ilha Redonda ran - in gebührendem “Mosquito-Schutzabstand” fällt der Anker auf idealen 5m und weil alles so schön klappt, lädt der Capitano die Besatzung zum Assado ein. Also Holzkohle in den Grill kippen, ein munteres Feuerchen entfachen und aus den Tiefen des Kühlschranks das letzte Stück argentinischer Kuh angeln. Exakt 2,2kg eingeschweisstes Fleisch - Bedenken der Crew bezüglich des Verhältnisses der Fleischgrösse zur Anzahl der Esser werden mit Hinweis auf den Hunger des Käpt`n beiseite gewischt und selbige zur Salatbereitung in die Kombüse geschickt. Wie die Kuh dann so auf dem Grill lag, kam sie mir ja auch ein bisschen gross vor ... aber wenn Marion nicht so viel Salat schnippelt, wird`s schon gehen. Das Grünzeug war dann wohl doch zu viel, jedenfalls bleibt tatsächlich noch Fleisch übrig. Das überrascht sie jetzt aber gar nicht, grinst Marion, während sie an ihrem gekühlten Rotwein nippt, während ich überlege, meinen “verrenkten Magen” mittels eines Grappa wieder zu beruhigen. Oder zwei ...

Sonnabend, 24.11.2012

Das übliche Frühstücksfernsehen - ringsum Delfine - mittlerweile haben wir uns bezüglich der Farbe auf rosa festgelegt. Ankerauf und mit der Strömung geht`s weiter flussaufwärts. So richtig weit wollen wir heute gar nicht, nach knapp 30sm heisst`s rechts abbiegen in den Rio Piriá, gleich hinter der Einfahrt liegt dann die Ilha Piriá (da sind den Leuten wohl die Namen ausgegangen), an der, und einigen am Ufer stehenden Häuschen auf Stelzen noch vorbei und gleich dahinter gibt es einen traumhafter Ankerplatz, einsam inmitten unberührter Natur gelegen ... Hoffe ich jedenfalls. Den habe ich nämlich auf der Seekarte rausgesucht und die nächste Möglichkeit wäre noch ein ganzes Ende weiter. Glück gehabt, der Platz ist wirklich supi. Auf der anderen Uferseite (weit, weit weg) stehen noch ein paar vereinzelte Stelzenhäuser, besser gesagt Hütten, zwei, drei Fischer paddeln mit ihre Kanus am Ufer entlang, die Vögel schnattern, Delfine schnaufen, eigentlich stimmt alles, bis auf eines, das Wetter - ES REGNET! Nicht nur so`n bisschen, nö so richtig schön fett. O.k., dafür heisst das ganze ja auch Regenwald. Aber, so heftig wie es runterknallt, so schnell ist es auch vorbei. Die Vögel zwitschern wieder, die Delfine prusten und schniefen, Bordfrau bastelt Abendessen und anschliessend sitzen wir beide im Cockpit und lauschen hingebungsvoll dem heutigen Abendprogramm - FROSCHKONZERT! Watt`n Krach!

Sonntag, 25.11.201Ilha Piriá2

Frühstück fertig, Kaffee fertig - ich fang schon mal an, auf Deck alles zum Aufbruch vorzubereiten, da kommt Marion angeschlendert und druckst so vor sich hin “... ach ja, wie schön doch das Froschkonzert war und wie schön die Vögel zwitschern und auf der Flucht sind wir ja auch nicht ...” “Komm auf`n Punkt Mädel - wir können doch auch hierbleiben!” Jo, genau das wär`s. Na, nichts einfacher wie das, alles fallen lassen und dann machen wir Sonntach! Wenig später kommt ein Fischer mit seinem Einbaum vorbei, um mich dabei zu stören. Er erzählt mir ´n Schlag, ich ihm, beide nicken wir ganz verständnisvoll. Marion kommt raus als er gerade davonpaddelt (vermutlich war ihm das Nicken auf Dauer auch zu langweilig). “Du hättest ihm ja wenigstens mal was zum Trinken anbieten können!”. Sie kriegt dann auch noch Besuch, eine Fischermutti im Kanu. Die hat gerade ihre Garnelenkörbe kontrolliert und hält Marion ihre bisherige Ausbeute hin. Camaráo werden die Viecher hier genannt, einfach in der Sonne getrocknet und dann so verschlungen. Die beiden unterhalten sich über die Frösche, wie die heissen, wie sie quaken, dass es hier noch Grössere gibt, die aber anders heissen und auch anders quaken, ... Frauengespräche eben. Um mich dann letztendlich auch nochmal nützlich zu machen, werfe ich Kohle in den Grill, ertränke selbige im Aussenborderbenzin, fackel sie ab und auf das glühende Endergebnis werfe ich dann ... richtig, die argentinische Kuh! Dazu ein leichter Salat, gekühlter Wein, eiskaltes Bier, Sonnenuntergang, Frösche, deren Namen ich schon wieder vergessen habe, die aber hingebungsvoll und laut quaken, ....

Montag, 26.11.2012Kinderbesuch

Über zwei Sandbänke müssen wir heute, bevor wir uns wieder im eigentlichen (tiefen) Fahrwasser des Rio Pará befinden. Für die hiesigen Skipper natürlich kein Problem, die mit ihrem halben Meter Tiefgang überall kreuz und quer rüberfahren - für uns schon etwas spannender, zumal unsere Karten schlechte Kopien von Seekarten aus dem Jahre 1976 sind. Klappt aber alles problemlos, wir sind wieder im Hauptstrom und, claro, haben wir Gegenstrom. Also schmeissen wir bei üAlle wollen mal gucken :)ber 20m den Anker runter und warten einfach. Heute wollen wir den Rio Pará verlassen und in einen der viele abzweigenden Arme, dem Estreito de Breves verschwinden. “... Bei dieser Flussverengung scheint sich der Amazonaswald vor dem Bug des Schiffes schliessen zu wollen ...” verkündet unser Brasilienreiseführer recht prosaisch - äh, so ganz kommt die euphorische Stimmung des Autors bei uns nicht auf. Gut, der Fluss ist jetzt nicht mehr dreieinhalb Meilen, sondern nur noch eine halbe breit - aber das ist immer noch fast ein Kilometer! Immerhin ist das andere Flussufer jetzt eindeutig besser zu erkennen, zumindest bis es dann anfängt zu schütten. Marion stürzt nach unten, um das Schiff durch Schliessen der Luken vor der Versenkung zu bewahren, ich versuche zu verhindern, bei nahezu Null Sicht gegen irgendeins der herumtuckernden Holzboote zu knallen. Gerade entschliessen wir uns, zur Sicherheit an einem der Ufer den Anker abzuwerfen und zu warten, als die Sintflut aufhört. Also weiter, immer mehr Holzhäuser auf ihren Stelzen säumen das Ufer, immer öfter kommen Kids in ihren Kanus angepaddelt um zu winken oder staunen - wir haben eigentlich noch keine Lust auf Stadt und beschliessen, eine Flussbiegung vor Breves zu ankern. Wir finden ein nettes Plätzchen mit grossem Abstand zu den nächsten Hütten links und rechts - nützt nichts, die Kids finden uns trotzdem - etwas schüchtern, mit “Sicherheitsabstand” hocken sie in ihren Kanus. Das ändert sich dann schlagartig als Marion Weihnachtsmann spielt und Gummibärchen verteilt ... 

Dienstag, 27.11.2012

Mit der Kaffeetasse ins Cockpit, erstmal `ne Dusche zum Munterwerden - ups, neben uns lauern schon die ersten Kids in ihren Kanus. Könnte ja sein, dass der Weihnachtsmann wieder aktiv wird. Mangels Brot gibt`s heut Kornflakes zum Frühstück - Marion ist kreativ und “bastelt” schnell was für unsere Zuschauer: Plastebecher, Kornflakes rein, Milch drauf - stolz wie Bolle paddelFarbenfrohes Städtchenn die mit ihrer “Beute” nach Hause. Schnell die Chance zum Duschen nutzen, dann ankerauf und nichts wie los! Breves liegt ja gleich hinter der nächsten Flussbiegung. Jede Menge Holzboote am Ufer, sogar ein kleines Stückchen Strand, davor werfen wir unseren Anker. Im Brasilien-Reiseführer ist die Stadt nichtmal erwähnt - zu Unrecht, wie wir finden. Die Stadtväter haben weder Kosten noch Mühe gescheut und `ne riesige, kitschig bunte Betonstatue ans Ufer gestellt - alleine das ist die Reise hierher wert. Ist aber auch sonst ganz nett hier, geschäftiges Treiben überall, `ne richtige Strasse, Kirche, Rathaus, grosse Antenne und Markthalle. In letzterer erstehen wir Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten - Fleisch haben wir schon, aber es gibt auch einzelne Salatblätter, da lassen wir uns doch gleichmal eins einpacken. Stückchen weiter lassen wir uns in einer dunklen Kneipe `ne grosse Schüssel Eintopf schmecken - wenn der Amazonas nicht rufen würde, blieben wir hier bestimmt einige Tage hängen. So lassen wir uns von einem der motorisierten Kanus zur Mira schleppen - weil unser Motor nicht anspringt - binden das Beibötchen auf`s Deck, lassen den Anker hochrasseln und weiter geht´s. Der Estreito de Breves führt zwar zum Amazonas, aber so auf kürzestem Weg wollen wir es ja nun auch nicht - also links abbiegen, in den Furo de Breves. Der ist jetzt richtig schmal und als nächstes kommt auch gleich mal ´ne Stromleitung. Wie hoch hängt das blöde Ding? Marion ans Steuer, langsam ranfahren - ich kletter zwecks besserer Peilung den Mast hoch. Sieht von oben ganz gut aus - “ O.k., passt!” ruf ich meinem Steuermann runter. Obwohl, wenn nicht? - schnell kletter ich wieder runter, das muss ich dann nicht im Mast ausprobieren. Passt aber doch und danach geht´s ganz entspannt weiter - Natur pur, ab und zu ein Hüttchen, die Bewohner stürzen jedesmal ganz aufgeregt auf ihren Ponton und winken wie wild. Allzu oft scheint hier kein Segelboot durchzukommen. Zwei Stunden später wieder abbiegen, in den Furo Vira-Saia, immer noch Natur, jetzt ganz ohne Hütten. Gefällt uns sogar so gut, dass wir beschliessen hier zu ankern. Gute 50m breit das Flüsschen, wir schmeissen den Anker genau in die Mitte, reichlich Kette - sind ja alleine hier. Dachten wir, plötzlich “Tuuuuuuuuut!”, genau vor uns so`n dreistöckiger Amazonas-Hängematten-Transporter - was macht der denn hier??? - das ist für uns doch schon reichlich eng in dem Flüsschen. Ehe wir den Motor anschmeissen können, schiebt sich das Teil auch schon langsam an uns vorbei, nochmal hupen, von der Brücke wird gewunken - naja, einmal in der Woche verirrt sich hierher eben doch noch ein anderes Boot. Wieder falsch, nachts werden wir wach, Nebelhorn, Scheinwerfer - ein Schubverband quält sich am Ufer schabend an unsMorgendusche vorbei, kurz darauf noch einer - Sch... Ankerplatz!

Mittwoch, 28.11.2012

Wir wollen nicht erst warten bis die nächsten Schlepper ihre Schuten an uns vorbeischieben, schnell `n Kaffee, Anker hoch - Frühstücken können wir auch unterwegs. Wieder abbiegen, Furo do Tajapuru - das erste, was uns begegnet, ein Patrolienboot der brasilianischen Marine. Die hupen, wir winken - schön unauffällig tun, schliesslich sind wir ja illegal hier. Hinter einer Insel kommen zwei kleine Jungs ganz aufgeregt zu uns gepaddelt, ich stoppe auf, Marion will ein paar Gummibären loswerden. Übergabe klappt, einer paddelt wieder los, der andere vergisst vor Staunen, dass er bei dem löchrigen Boot ja ständig Wasser schöpfen muss. 20m hinter uns säuft das Teil ab, die Jungs schwimmen zum Ufer - mit einer Hand die Gummibärentüten hochhaltend! Diesmal sind wir auch schlauer bei der Wahl des Ankerplatzes. Hoffen wir jedenfalls - tatsächlich kommen statt Schleppern Delfine. Es gibt ja zwei verschiedene Delfinarten hier, zum einen den etwas kleineren, mit dunkler Schnauze und Rückenflosse, sieht aus wie ein ganz normaler Delfin - von uns gemeiner oder auch schnöder Delfin genannt. Und dann die schweinchenrosafarbenen Modelle. Die sind grösser, haben keine Rückenflosse, dafür `n Buckel, kugliger Kopf, lange Schnauze und dann auch noch diese Farbe! Als Delfin sind die eigentlich potthässlich! Bei uns heissen sie “schwimmende Schweinchen” - und wir lieben sie!

Donnerstag, 29.11.2012

O.k., Kanus kommen uns ja andauernd entgegen, die haben dann `n kleinen Rasenmähermotor oder ein National Geografic lässt grüssenPaddel, aber die hier haben jetzt Doppelpaddel und sind auch nicht aus ´nem Baum geschnitzt. Dort wird auch gerade festgestellt, dass wir für`n Amazonasdampfer ganz schön komisch aussehen, alle sind neugierig - ich mach den Motor aus, sie kommen längsseits. Woher, wohin des Wegs? Laberrunde! Die Drei kommen aus Texas, paddeln nicht für den Weltfrieden oder die Wale, sondern den “National Geographic”, sind im August im Schneetreiben in Peru mit ihren Kajaks gestartet, wollen den Amazonas von der Mündung bis zum Ende runterpaddeln und da sie es ja nicht mehr soooo weit haben, hole ich erstmal `ne Runde kaltes Bier aus`m Kühlschrank. Alle freuen sich über die kurze Unterbrechung, Prost! Cheers! Dann geht`s weiter, jeder in seine Richtung. Die Texaner zum Meer, wir nach Santarém. Wald auf beiden Seiten, immer wieder Hütten, jetzt kommen aber immer öfter Kanus auf uns zugepaddelt. Meist bleiben sie in zehn Meter Entfernung, winken oder staunen uns einfach an, à la “... bärtige, weisse Götter in schwimmenden Häusern!”. Dabei haben wir nicht mal Bärte. Das scheint einigen auch komisch vorzukommen, sie versuchen sich mit ihren Kanus bei uns festzumachen, vermutlich um die Sache mit den fehlenden Bärten genauer zu untersuchen. Kurz bevor wir sie erreichen schnell ein paar kräftige Paddelschläge, dann sind sie neben uns, ein Seil mit Haken geschwungen und schon hängen sie irgendwo bei uns fest. Jetzt wissen wir auch, was die Amis mit den “little pirats” meinten. Bald erkennen wir die Absicht vorher, dann halt ich mit dem Boot einfach auf sie zu, schrei "Nao!!!!!" und sie nehmen ihre Paddel wieder runter aber zwei, drei mal schnapp ich mir die Machete, um ihr Seil zu kappen. Das ist dann ungemein wirkungsvoll! Irgend... und noch ein Stelzenholzhauswann haben wir das nervige Ende aber hinter uns und die übliche Suche nach einem Nachtlager beginnt. Auf der Karte eine Stelle raussuchen wo es nicht so tief ist, dann schauen ob Karte mit Wirklichkeit übereinstimmt und dabei noch raten, ob die dicken Schubverbände genau dort vielleicht nicht lang fahren. Wir haben es uns gerade an dem für heute erwählten Platz gemütlich gemacht, da kommt ein Mann mit seinem Kanu längsseits. Hier sei es “peligroso” - diesmal nicht wegen Piraten, sondern wegen den grossen Schiffen. Ist jetzt `n bisschen blöd, die Sonne geht bald unter und die nächste Stelle mit NUR 10m Wassertiefe ist 2sm weiter - zumindest laut Karte. Natürlich Gegenstrom, die Karte hat recht - mit dem letzten Zipfelchen Tageslicht kommen wir an, kriechen so dicht wie möglich ans Ufer und lassen den Anker runterplumpsen. Ist doch ganz nett hier! Zwei Stunden später sind wir anderer Meinung, wir sind in grelles Scheinwerferlicht getaucht, ein “Schubi” hält genau auf uns zu! Wir haben Ankerlicht an, im Cockpit Licht, er uns im Scheinwerfer - will der nicht mal `n Stück abdrehen??? Stur fährt der weiter auf uns zu. Marion knipst den Deckstrahler an, jetzt sind wir sowas von beleuchtet - interessiert den Typen mal gar nicht. Ich will gerade runterstürzen, den Motor anschmeissen, da bequemt sich “Schubi” ein paar Grad abzudrehen um dann in höchstens 20 Meter Entfernung an uns vorbeizurauschen. Das sind ja keine Kanus, sondern riesige Wannen, auf denen jeweils 35 Sattelschlepper stehen. Und davon schieben die zwei, drei Stück vor sich her! Wenig später kommen die nächsten “Schubis”, leuchten uns an, ändern etwas den Kurs und fahren dann mit ausreichend Abstand an uns vorbei. Bitte, geht doch!

Freitag, 30.11.2012

Wir haben keine Lust mehr auf den Furo do Tajapuru und beschliessen, einen kleinen Umweg über den Furo do Limáo zu machen. Gibt hier ja genügend Flüsse und alle fliessen zum Amazonas. Super Entscheidung, Natur pur, kaum mal `ne Hütte und keine anderen Boote mehr. Dafür fängt eine Schwalbenfamilie an, ihr Nest in unserem Nebelhorn zu bauen. Während der Fahrt! Abwechselnd fliegt einer zum Ufer, um Baumaterial zu besorgen der andere passt inzwischen aufs zukünftige Nest auf. Vermutlich muss die ganze Theorie mit den Zugvögeln überarbeitet werden - die fliegen nicht tausende von Kilometern von Nord nach Süd, die reisen ganz bequem auf Schiffen! Kurz vor der Ausfahrt des Furo entdecken wir ein schönes Plätzchen, ist zwar noch früh heute, aber wir sind ja nicht auf der Flucht, da stehen wilde Bananen am Ufer und unsere Untermieter sind sicher auch froh, wenn sie nicht ständig ihrem Nest hinterher fliegen müssen. Anker raus, Wassereimer übern Kopf, oranges Bötchen ins Wasser werfen, Machete untern Arm und mal das Ufer untersuchen. Weit komme ich nicht, alles dichter Urwald - dann eben Beine hoch, Buch in die Hand und abends brasilianische Würste auf Holzkohle!BANANEN! Käpt´n hat einen Plan ...

Sonnabend, 01.12.2012

Während Bordfrau sich noch ausgiebigst der Morgenhygiene widmet, ist Mann schon auf der Jagd! Mit der Machete unterm Arm paddel ich ans Ufer, um die gestern erspähte Beute zu erlegen. Erstmal eine Schneise bis zum Ziel hacken, dann ein gezielter Hieb und das Untier sinkt danieder! Mit stolzgeschwellter Brust und Banananenstaude paddle ich zurück, um das Lob der Daheimgebliebenen einzuheimsen! “Hast du das Ding mal unter Wasser gehalten, da sind garantiert Spinnen drin!?” Das erledigt sie dann, ich verstaue die “Jagdausrüstung” und wir sind abreisefertig. Aus dem Furo do Limáo geht`s jetzt in den Furo Ituquara, klingt ganz nett, ist es auch. Immer wieder einzelne Hütten oder kleine Dörfer auf Pfählen - wer uns rechtzeitig erspäht, kommt natürlich angepaddelt um zu gucken und zu winken - Marion knurrt leicht, wenn ich den Chicas (mit eingezogenem Bauch) zu lange zuwinke - bei den älteren Paddlerinnen braucht sie nicht zu knurren, da hebe ich nur kurz die Hand zum Gruss :) Irgendwann ist das Flüsschen (nach hiesigen Massstäben, 500m ist der schon breit!) dann zu Ende, Yeapeee!!! Jetzt sind wir tatsächlich auf dem AMAZONAS! Braunes Wasser, Gegenstrom - ein bisschen netter hätte er uns ja empfangen können. 5sm müssen wir uns noch weiterquälen bis es am rechten Ufer eine flache Stelle hinter einer kleinen Insel gibt. Wunderschöner Ankerplatz auf 5m Tiefe - Marion entdeckt am Ufer mehrere Tukane (dass die beim Fliegen nicht vornüber kippen mit dem riesigen Schnabel?!) und ich, dass ich den Plan, schreibtechnisch mal ein bisschen was abzuarbeiten vergessen kann. Ringsherum lungern unsere schweinchenfarbenen Kumpels, immerzu schnieft und prustet es, ständig irgendwo PFFF! - wer soll sich dabei konzentrieren? Dann kommt auch noch ein Kanu angebraust - Dario will uns unbedingt warnen, wie gefährlich es hier am Fluss ist - Piraten!!!! Wir sollen unbedingt auf die andere Uferseite, die ist bewohnt, vor seinem Haus wäre es sicherer. Jo, aber nicht so schön - das sagen wir natürlich nicht  - wir versprechen, uns das mal auf der “carta nautica” anzuschauen - etwas unglücklich knattert er wieder los. Die rosa Delfis “stören” fröhlich weiter, ich klapp den Rechner zu, Marion verdrückt sich in die wohltemperierte Küche zwecks Abendbrot, ... Dario kommt wieder angebraust. Diesmal hat er alles aufgeschrieben - die eindringliche Warnung vor den Piraten, die Einladung, in der Sicherheit seines Hauses zu schlafen, das Boot an seinem Hafen festzumachen (hier nennt jeder seinen meist wackligen Holzsteg Hafen) - ich versuche mittels Wörterbuch den Schriebs zu entschlüsseln - Marion, schweissgebadet und leicht genervt, ruft von unten, dass sie nicht in einem Haus schlafen will und ausserdem sind hier die Tukane. Dario vermutet wohl, dass wir immer noch nicht so richtig verstehen und beschreibt mit Händen und Füssen, wie bewaffnete Jugendbanden hier einsame Boote überfallen - das Blut spritzt nur so! Vielleicht sollten wir wirklich rüberfahren - rufe ich in die Küche. Die Kartoffeln kochen aber gleich - kommt`s zurück. Die können doch auch drüben kochen, lenke ich ein. Und duschen muss ich auch erst! Die Stimmung in der Kombüse sinkt zusehens. Dario weist auf die langsam untergehende Sonne. O.k., einer kann nur Käpt`n sein - in fünf Minuten fahren wir, verkünde ich. Mit hochrotem Kopf taucht mein Koch auf - ist das jetzt von der Hitze da unten? Der Wassereimer auf der Badeplattform kühlt dann ab, wir gehen ankerauf, Kurs anderes Ufer. 88m, 65m, 60m - wir sind 50m vorm Ufer und der Tiefenmesser zeigt 55m! Endlich, zwei Bootslängen vorm Ufer, 20m, dann 12 - wir sind höchstens 20m vom Holzsteg entfernt, hier können wir unmöglich ankern - die Stimmung der Köchin sinkt wieder! Auf dem Steg ein Dutzend Leute, die lauthals Anweisungen geben - irgendwie sollen wir wohl ernsthaft an den zwei dünnen Stangen vorm Steg längsseits gehen und daran festmachen. Wir wiegen 15 Tonnen!!Dario, Familie und wacklige Holzstangen! Macht nichts, die Stänglein halten das, meint Dario. Viele Möglichkeiten haben wir jetzt eh nicht mehr, die Sonne geht gerade unter, also schmeissen wir den Anker in Höhe Holzsteg bei 15m Wassertiefe, lassen die Kette komplett ausrauschen, fahren gaaaaaaanz sacht gegen die Strömung an die zwei Holzstangen und tatsächlich, sie halten. Dauert dann zwar noch `ne Weile, bis wir die Leinen angebracht und die Ankerkette stramm geholt haben, Dario zur Kontrolle unters Boot getaucht ist - irgendwann sind alle Einweiser zufrieden, wir schaukeln leicht knarzend an den zwei Stangen, Marion stellt ihre Kartoffeln wieder auf den Herd, bueno! Die Kartoffel haben irgendwie einen schlechten Tag erwischt, es trampelt auf dem Schiff - Dario steht mit Töchterchen Karinha auf dem Deck - also Herd aus, führen wir die beiden erstmal durchs Schiff. Dann Dario`s Schwester nebst Neffen, neue Führung - Marion sucht Süssigkeiten für die Kids - bei der Mama und der hochschwangeren Frau übernimmt Karinha schon die Führung, es wird immer voller bei uns, ich verteile Getränke, Marion sucht nach Gläsern - wir vermuten, dass sich mittlerweile das halbe Dorf auf unserem Schiff aufhält - nö, sie sind halt `ne grosse Familie - kaltes Bier ist alle, ich stelle die Männerversorgung auf Wein um - die Kids wollen keinen Kakao mehr, dafür auf der Salonsitzecke toben, Marion verteilt jetzt auch Saft in bunten Zahnputzbechern ... Punkt Acht, plötzlich allgemeiner Aufbruch! Ein Generator knattert leise los, in den Häusern flimmern Bildschirme - aha, irgendeine unheimlich wichtige Tele-Novela! Die Kartoffeln bekommen ihre letzte Chance, ich räume das Cockpit auf und irgendwann sitzen wir dann endlich beim Abendbrot. “Bisschen hart die Kartoffeln” nörgel ich rum - der Blick meiner Köchin lässt mich sofort zur Vernunft kommen. “Aber ich mag sie ja bissfest!”

Sonntag, 02.12.201

Sechs Uhr Sonnenaufgang. Mit Riesengezeter flattern die Papageien hin und her - Zeit sich aus `se Kopje zu rollen. Wassereimer über`n Kopf, schneller Kaffee und dann leise den Motor starten, bevor alle wach werden und nochmal zur Tageslichtbesichtigung antreten. Ganz unbemerkt kommen wir natürlich nicht weg, die Ersten kommen schon auf den Ponton - zu spät, die Leinen sind los, der Anker rasselt hoch - wir winken zum Abschied. ”Obrigado!!!” - wir sollen auf dem Rückweg unbedingt wieder hier anlegen! Claro! Mit der Tide geht`s weiter, Gurupá, ein kleines Urwaldstädtchen ist unser heutiges Ziel. Wir können sogar mal wieder die Genua ausrollen und treiben gemütlich stromaufwärts. Links Wald, rechts vermutlich auch - genaues weiss man nicht, ist zu weit weg. Dann lassen wir uns mal auf die andere Flussseite treiben - ah, auch Bäume, also doch Wald. Lange Insel - macht die Sache irgendwie angenehmer, ist das andere Flussufer nicht dreieinhalb Meilen entfernt, sondern nur anderthalb. Und Bäume, ab und zu mal ein Haus oder Schuppen auf Stelzen - Was hier alles so rumschwimmt! Ein Bibel-Schiffmeist sehen die Häuser eh aus wie Schuppen - Marion erklärt, dass sie eigentlich keinen Bock auf Stadt hat. Ich auch nicht - wir schaben gerade bei 8m  Wassertiefe am Inselufer lang - eigentlich perfekt, sogar Bäume stehen rum - plumps, fällt der Anker. Bestimmt leiser hier als vor der Stadt zu ankern - obwohl, es flattern schon wieder jede Menge Papageien, laut vor sich hinschimpfend auf ...

Montag, 03.12.2012

Der Ankerplatz war ja supi, nur das Wetter nicht. Mitternacht werden wir beide wach, es fängt an zu regnen. Besser gesagt, zu schütten! Nebenbei so`n bisschen Blitz und Donner, aber das Krasseste war der Regen. Die Sintflut damals muss echt `n Witz dagegen gewesen sein. Und es hörte einfach nicht wieder auf. Wenn in Stralsund mal so ein richtiger Monsterregen runterkam, dann ging das vielleicht ´ne halbe Stunde und anschliessend kam das Wasser aus den Gullys und einige Strassen waren überflutet. So über Stunden, wie hier, da wär die Stadt komplett abgesoffen. Angela M. würde vermutlich im Schwimmpanzer anrücken, den Notstand ausrufen und symbolisch den ersten Sandsack von der Rügenbrücke werfen. Nach `m Frühstück hört`s dann aber langsam auf und gegen Zehn trauen wir der Sache soweit, dass wir Ankerauf gehen. Wir schaben an der Ilha Gurupai längs, dann am Städtchen Gurupá vorbei zur anderen Flussseite, zur Ilha Grande de Gurupá. So `n richtiger Ideenwettbewerb scheint hier bei der Namensgebung nicht stattgefunden zu haben. An deren Ende dann endlich mal etwas Abwechslung, die Ilha Sarapoi! Zwischen den beiden Inseln haben die Kartographen sich immerhin die Mühe gemacht und `ne 5 und `ne 10 in die Seekarte gepinselt, was uns vermuten lässt, dass es dort zwischen 5 und 10m tief ist, also ideale Ankertiefe! Ob die Kartographen nun jeweils die Uhrzeiten ihrer Messungen oder die Anzahl der dort getrunkenen Biere in die Karte gemalt haben, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen, die Wassertiefe war es jedenfalls nicht! Tiefen zwischen 20 und 30m - wir haben uns schon damit abgefunden, uns woanders ein Nachtlager zu suchen, da entdecken wir auf dem letzten Ende einige Uferabbrüche. Kleine Buchten, einige Bäume ragen noch aus dem Wasser - vorsichtig fahren wir mal in eine rein. Fast an der Uferböschung immer noch 6m - zum Ankern ist die Minibucht zwar zu klein, aber mit Anker und Heckleine wär`s super! Also schmeisseHerrlich ruhig hier! Wenigstens am Tag ...n wir den Anker auf 15m vor der Bucht runter, fahren rückwärts hinein, Leine an einem Baum befestigt, Ankerkette dichtholen, fertig! Naja, in Wirklichkeit hat das natürlich fast `ne Stunde gedauert - wir haben ja schon in Patagonien bewiesen, dass Landleinenmanöver nicht unsere Stärke sind - dafür liegen wir perfekt geschützt  beinah mitten im Urwald! Da lädt der Käpt`n doch glatt zum Assado - wobei mangels argentinischer Kuh, brasilianische Würste auf dem Grill landen. Und abends dann eine beeindruckende Geräuschkulisse - ganz gut, dass wir noch 10m vom Ufer weg liegen!

Dienstag, 04.12.2012

Da gibt`s nicht viel zu schreiben heute. Frühstück, beide haben keine Lust weiterzufahren - bleiben wir also noch hier! Bisschen fleissig sind wir auch - Marion erbarmt sich des Waschkorbes, ich verdrück mich mit dem Grill auf die klitzekleine Sandbank unserer klitzekleinen Bucht, um mal die Spuren diverser Grill-Orgien zu beseitigen. Zweimal bekommen wir Besuch von vorbeipaddelnen Fischern, verzichten auf die im Kanu krabbelnden Garnelen - beobachten Papageien und andere kreischende und flattende Dinger, lesen, machen Sudoku, kippen uns Wassereimer über den Kopf, backen Brot, holen `ne Bierdose aus dem Kühlschrank ...

Mittwoch, 05.12.2012

Es geht weiter. Vorbei an diversen Ilhas - immer schön am Ufer lang, da gibt`s einfach mehr zu sehen - Bäume und so ... Eigentlich wollen wir heute bis zum Rio Xingu, einem Nebenfluss des Amazonas, aber wie wir so an der Ilha Urucuricaia entlangschaben, ist BIlha Urucuricaia in der Abenddämmerungordfrau ganz entzückt “Oh, wie schön!” - Naja, Bäume halt, wie überall, aber passenderweise mit `ner Abbruchkante, so dass eine kleine Bucht entstanden ist. Noch kleiner und mit halbversunkenen Bäumen gespickt als die vorherige, aber mittlerweile sind wir ja geübt im Landleinenmanöver. Ist auch alles ganz supi hier, bis die Nacht anfängt! Aus dem Dickicht genau vor uns brechen riesige Tiere heraus, Krokodile springen von der Uferkante und landen mit “Bauchklatscher” neben uns im Wasser, hunderte Piranhas versuchen an unserer Bordwand hochzuspringen, ein friedlich am Ufer stehender 2m grosser Tapir wird von Krokodilen ins Wasser gezerrt, ... O.k., gesehen haben wir ja nichts, ABER GENAU SO HAT ES GEKLUNGEN!!! Um nichts in der Welt hätte ich da noch einen Fuss ins Wasser gehalten. Morgens sind dann alle Spuren des nächtlichen Gemetzels verschwunden, alles wieder ganz friedlich - bis auf die, wie üblich laut zeternden Papageien. Sogar ein grosser roter ist dabei, sonst fliegen meist nur grüne oder blaue vor sich hinschimpfend durch die Gegend und ich entdecke meine ersten beiden Tukane! Boah, die sind natürlich auch viel grösser und haben vieeeel dickere Schnäbel als die, die Marion sonst sieht :)

Donnerstag, 06.12.2012

Heute sind wir dann doch bis zum RiVilla Taparáo Xingu gekommen - segelnd sogar! Unterwegs sehen wir immer mehr gerodete Flächen, wo ein paar Kühe blöde in der Hitze rumstehen oder, wenn sie etwas klüger sind, am Ufer im Wasser sitzen. Das Wasser ist auch deutlich klarer als im Amazonas, fast wie bei uns die Ostsee. Bloss wärmer! Und schöne weisse Sandstrände gibt`s auch - an einem steht ein richtiges Dorf! Zivilisation hatten wir ja schon `ne Weile nicht mehr, also schmeissen wir gleich mal unseren Anker runter. Mit dem Bötchen dann ans Ufer zwecks Wanderung (vorher natürlich duschen, wegen der Zivilisation), hatten wir ja auch schon länger nicht mehr. Einmal nach rechts, bis zum Dorfende, dann noch ein Stück am Strand lang, bis es nicht mehr weiter geht. Genauer gesagt, der Strand ginge schon noch weiter, aber da steht eine Herde Wasserbüffel rum, die sind alle schwarz, haben grosse Hörner und gucken uns komisch an. Dann zum linken Dorfende - eine Mutti dreht mit uns `ne Runde über ihren Hof - erste Reihe am Strand, unverbaubarer Seeblick - Küche, Kräutergarten, junge Hunde, alles auf Stelzen (die Hunde natürlich nicht) - Marion kennt bald alle Kräuter und die Namen der dazwischen rumlaufenden Kinder, ich bin mehr beeindruckt von dem uralten, nebenan vor sich hinrostenden Truck. Der hat mal dazu gedient, die gefällten Bäume bis ans Ufer zu bringen - klar, dWer hat hier mehr Schiss?ass er jetzt ausgedient hat, sind ja kaum noch Bäume da. Praktischerweise haben einige Dorfbewohner ihre “Wohnzimmer” in kleine Mercados umfunktioniert, wo auf Holzregalen Mehl, Zucker, diverse Dosen, Macheten und andere “Waren des täglichen Bedarfs” rumstehen. Wir bekommen Brot, zwei Tomaten, Saft. Grosses Kopfschütteln bei der Frage nach Obst. Klar, das wächst hier bei jedem hinterm Haus. Ein Mercado-Besitzer klettert dann auch gleich auf einen Baum und sammelt uns eine Tüte voll gelber Kugeln. Kurze Bedienungsanleitung  - das Äussere abschälen, das Innere essen - Geld wollen sie dafür keins. Woanders fragen wir nach Mangos - claro, hinterm Haus wird wieder `ne Tüte voll eingesammelt und uns gratis in die Hand gedrückt. Ich überlege gerade, jetzt am nächsten Haus nach Kokosnüssen, Papayas, Melonen und Bananen zu fragen - Marion kann mich bremsen, wir haben erstmal genug Obst. Ein besonders geschäftstüchtiger Anwohner hat seine Regale nicht nur mit den gängigsten Dosen bestückt, sondern `ne grosse Holzkiste mit Styropor ausgeschlagen, Trockeneis reingekippt und darin liebevoll unzählige Bierflaschen gebettet. Ein Teil der männlichen Dorfbevölkerung versucht nun diesen Vorrat zu dezimieren, und weil wir schon so viel gewandert sind und es fürchterlich heiss ist und man ja zwei, drei Liter Flüssigkeit pro Tag trinken soll und sowieso grad Niedrigwasser ist und wir unser Bötchen soweit tragen müsstWald macht Laune :)en und weil man ja auch einen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung dieses Dorfes leisten muss und aus verschiedenerlei anderen Gründen - helfen wir ihnen dabei!

Freitag, 07.12.2012

Eigentlich ist Villa Tapará ja ein ganz beschauliches Dörfchen - wenn nicht einer der Dorfbewohner allem Anschein nach zum gestrigen Nikolaustag eine Motorkettensäge geschenkt bekommen hätte und seit heute früh versucht, damit ein paar, am Ufer rumliegende Bäume zu zerspanen. Also Anker auf, zurück in die Natur! Wir fahren ein Stück den Rio Xingu rauf, dann rechts abbiegen, kurz danach links - wir wollen in denUrig riesige Bäume! Paraná Gomes. Sieht ja auf der Karte ganz nett aus, wie wir uns dann aber so sachte da reinschieben, lässt die Begeisterung nach. Links und rechts alles abgeholzt, starke Strömung und der Tiefenmesser ist auch schon ganz panisch - als er dann unter uns 2m Wassertiefe vermeldet, ist uns der Gomes sowas von egal! Wenden und nix wie raus hier! Ein paar Meilen weiter gibt`s schöne Sandstrände, der Anker fällt, Beibötchen fliegt ins Wasser und wir gehen auf Erkundungstour. Eine Herde Rindviecher (bestimmt wieder diese Schwarzen, die so grimmig gucken) besucht so zum Zeitvertreib wohl die einzelnen Strände und hat dabei eine Schneise durch den Wald getrampelt. Supi zum Wandern, bloss immer schön auf den Boden schauen - nicht wegen der Schlangen, wegen der Fladen! So zügig wie die Rinder kommen wir natürlich nicht voran, wie üblich muss Marion jeden Baum mal anfassen, sich an jede Liane hängen, jedes Spinnennetz untersuchen, jedem Schmetterling hinterher, ... die Sonne geht fast unter, als wir endlich wieder an Bord sind. Nachts dann noch mal Spannung - ein kleines Boot treibt verdächtig langsam auf uns zu, leuchtet immer mal kurz das Ufer ab - wir schon mit Machete bewaffnet im Cockpit, bis uns die Erleuchtung kommt. Die jagen nicht uns, sondern Jacarés. Irgendwann folgt dem Leuchten ein Schuss, scheinbar haben sie endlich ihren Krokodilbraten, denn wenig später tuckert der Motor los und sie verschwinden in der Nacht. Können wir endlich wieder ins Bett!

Sonnabend, 08.12.2012

Heute wollen wir weiter nach Porto de Móz. Das heisst, Marion will eigentlich nicht, da wir keine Karten für den Fluss haben. Für den Käpt`n kein Problem “Wir fahren einfach immer am Ufer lang und wenn`s zu flach wird, drehen wir eben um”. Das machen wir dann ein paar Meilen später tatsächlich, der Tiefenmesser zeigt schon einige Zeit beängstigende Werte, dann 2m, 1,90, 1,80 - Vollbremsung - Rückwärtsgang rein! und sachte zurück. Kam mir gleich merkwürdig vor, dass alle anderen Boote auf der anderen Flussseite fahren :) Also `n ganzes Ende zurück, zum anderen Ufer rüber und dann da probieren. Der Tiefenmesser ist auch wieder glücklich, zeigt beruhigende 20 bis 30m und das auch für den Rest der Strecke. Sogar ein bisschen Wind kommt auf, so dass wir zwar laVoll belegter Anleger von Porto de Mózngsam, aber dafür standesgemäss unter Segel am Städtchen lang treiben. In dem Gewimmel von Flussbooten ist es gar nicht so einfach einen Ankerplatz zu finden, da ist es zu flach, da liegen wir im Weg, da wieder zu tief, ... schliesslich liegen wir vor einem kleinen Mercado - passt super, einkaufen müssen wir eh noch. Marion sucht das “Kleinzeug” zusammen, ich stapel die Getränke auf - wir feilschen um die Preise und beschäftigen die ganze Familie dort. Am Ende sind alle zufrieden, sie tragen uns das ganze Zeug noch zum Bötchen, wir fahren alles an Bord, verstauen, nochmal duschen und jetzt Landgang. Diesmal wird Bötchen am grossen Holzponton angebunden, da liegen so viele bewohnte “Hausboote” - sicherer geht nicht. Wir drehn ein Ründchen durch`s Städtchen und sind überrascht, was hier noch los ist - die Mercados sind offen, riesige Boxen auf dem Plaza vor der Kirche, jede Menge Trubel in Bars und Strassenkneipen - in Belém war ab Sonnabend Mittag überall “fin de semena” - Wochenende! Wir stöbern in diversen Mercados rum, futtern an Imbissständen, lungern in Strassenkneipen, ertragen mehr oder weniger schräg “Halleluja” singende Nachwuchstalente auf dem Plaza ... und irgendwann, spätabends herrscht eine gewisse Disharmonie zwischen uns! Ich kaufe mir `ne Schachtel Frust-Zigaretten mit dem Vorsatz, sie jetzt am Ponton aufzurauchen, Marion will weiter die Kirchenmugge geniessen - mal sehen, wem am Ende mehr schlecht ist!

Sonntag, 09.12.2012

Sehr schweigsamer Tag! Jeder mit seinem Böckchen in einer Ecke (mir ist noch etwas schlecht von der Frust-Schachtel)- kurz vorm Sonnenuntergang sind wir dann wieder lieb! Schnell "landfein" machen, ich lad meine (wieder nette) Amazone zum Essen ein. Nicht irgend so`n schnöder Strassenimbiss, sondern richtig ins Restaurante! Riesiger Grill, ich brauch nicht lange zu überlegen - Rodizzio! Wer`s nicht kennt, das ist so`ne Art Fleisch-Flatrate - wo man grinsend vor seinem Teller sitzt während der Kellner ständig mit Fleischspiessen vom Grill angehetzt kommt und einem die gewünschten Stücke runtersäbelt. Das ganze dann solange, bis man völlig überfressen über seinem Teller zusammenbricht oder als kluger Mensch vorher schon mal abwinkt. Ich gehöre leider nicht zu den Klugen ...

Montag, 10.12.2012
Schnelle Einkaufsrunde, heute soll`s weitergehen. Scheinbar ist gerade `n Melonendampfer eingetrudelt, überall riesige Melonen zum Sonderpreis als “oferta”. Überhaupt ein emsiges Treiben und Gewusel, grössere Dampfer werden entladenKäpt´ns Fanclub ;), unzählige kleine mit den “alimentos” für Wochen beladen - das Städtchen ist Markt-und Umschlagplatz für ein riesiges Umland - macht einfach Spass, zuzuschauen, mit den Leuten zu schwatzen - Planänderung, wir bleiben noch `n Tag! Wir kaufen Getränke, die uns zum Ponton geliefert werden, Butter, Eier, Gemüse - Marion ersteht eine 3-Euro-”Armani”-Brille und ihr vermutlich 250tes Paar Flip-Flops, ich erwäge den Kauf einer dritten Machete, entscheide mich dann aber doch für ein kaltes Bier, wir müssen immer wieder bestätigen, dass wir tatsächlich die “Gringos” von dem Segelboot sind, uns mit jungen Mädels fotografieren lassen, essen lecker bei einem jungen, aufstrebendem Familienunternehmen (Tochter serviert, Mutter am Grill, Oma am Abwasch), halten Siesta an Bord, lempeln wieder durchs Städtchen, ich bekomme auch Flip-Flops, Marion auch `n Bier, zum Abendbrot gibt`s “Vatapá” und “Tucupi”, in den meisten Lädchen werden wir mittlerweile begrüsst als ob wir zur Familie gehören, wir geniessen den Abend auf Plastestuhl an der Hauptstrasse, Boote werden vorbei geschoben, Mopeds mit drei, vier oder fünf Leuten drauf knattern vorbei, etwa alle zehn Minuten ist der eine Stadtbus (besser Büschen) von seiner Runde zurück, die Hombres spielen Billard oder Domino, die Chicas flanieren in schicken Kleidern vorbei, die Temperaturen sind langsam angenehm, das Bier schön kalt, ...

Dienstag, 11.12.2012

Auch wenn`s noch so schön ist, wir gehen ankerauf. Der Familienrat hat getagt und ist einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, nicht mehr bis Santarém zu fahren. Das soll zwar eine schöne Stadt sein mit tollen weissen Stränden und auch nur noch 120sm bis dahin - aber die müssen wir auch wieder ZURÜCKMOTOREN und weisse Strände sollten wir wohl noch öfter zu sehen bekommen. Am ersten fahren wir gleich vorbei, direkt neben Port de Móz. Vorher düse ich aber schnell noch mal an Land, die halben Kühe, die gleich neben dem Ponton am Haken hängen, haben es mir angetan. Geld brauchen wir auch noch und weil die Melonen immer noch als “oferta” rumliegen, klemme ich mir auch noch so`n Monsterteil unter den Arm. Wenn zurück, dann auch richtig, die Tide läuft ab, der Strom schiebt, der Motor dröhnt - wir laufen mit 8kn! Keine Umwege, Rio Xingu, dann in den braunen Amazonas, kurze Unschlüssigkeit “Sollen wir wirklich?” - der Admiral spricht ein Machtwort und der Käpt`n steuert wieder Richtung Atlantik. Ilha dos Macacos, Ilha do Tambor, Ilha de Urucuricaia, Ilha de Jaburu, Ilha do Sarapoi, Ilha Grande de Gurupá, ... jetzt will ich auch bis Gurupá. Ist `ne blöde Idee, wir kommen da nachts an, es ist (naturgemäss) stockdunkel, die Tiefe steigt von 20m fast schlagartig auf 2, wir brauchen fast eine Stunde, bis wir endlich auf 8m ziemlich blöd zwischen irgendwelchen Pfählen ankern. Dazu stinkt es und keiner redet mehr von der tollen navigatorischen Tagesleistung des Käpt`n, sondern nur vom Sch...ankerplatz!

Mittwoch, 12.12.2012

Es stinkt immer noch nach verbranntem Müll - sorry, Gurupá, du hast es sicher nicht verdient - aber wir haben keine Lust mehr auf Stadtbesichtigung, leiern den Anker hoch und weiter geht`s. Wieder an unzähligen Ilhas vorbei, hinter der Ilha Urutai verlassen wir die “Hauptstrasse” und sind mit einem Mal fast alleine. Keine Schubverbände, keine mehrstöckigen Hängematten-Dampfer, ganz selten mal `ne Stelzenhütte, dafür dicker, fetter Urwald! Sieht man natürlich nur, wenn man direkt am Ufer lang schabt. Und da entdecken wir dann auch ein nettes Schlafplätzchen, kein Gestank, passende Wassertiefe, lauter Bäume, kreischende Papageien, ... und da Bordfrau unterwegs nicht untätig war, sondern sich der Kartoffelsalatmassenproduktion gewidmet hat und sich dazu ein Assado wünscht, schmeisse ich also (dabei natürlich die obligatorische Bierdose in der Hand haltenNix Maracuja, aber alles Banane an Bordd) die Hälfte meiner brasilianischen Kuh auf den Grill und wenig später das Ergebnis meiner Grillkunst auf die Teller meiner erwartungsvoll, hungrigen Crew. Das Vieh ist vermutlich auf einem Rodeo zu Tode gehetzt worden, oder hätte erstmal eine Woche in der Sonne hängen müssen - wie auch immer, früher wäre der Koch dafür kielgeholt worden. Zum Glück war genug Kartoffelsalat da.

Donnerstag, 13.12.2012

Wir “rasen” weiter, bei dem Tempo schaffen wir es doch noch zu unserer Verabredung - “Weihnachten auf Grenada”. Eine schwere navigatorische Entscheidung muss gefällt werden: Weggabelung - fahren wir an der Ilha dos Porcos längs, oder an der Ilha do Maracujá auf dem schmaleren, gleichnamigen Rio? Schweineinsel klingt ja gut, Marion entscheidet sich für die Frucht. Also Rio Maracujá! Die selbe Strecke auf dem Hinweg, wir wären mit Sicherheit wieder alle 10sm irgendwo “hängengeblieben” - jetzt stoppt uns erst ein kräftiges Gewitter. Zum Glück haben wir gerade ein Stück mit passender Tiefe, also schmeissen wir den Anker runter und warten. Ist dann auch schnell wieder vorbei, aber da eh schon später Nachmittag und der Tidenstrom von vorn und wir genau vor einem Baum voller laut palavernder Papageien ankern und Hunger haben und keine Lust, nochmal ankerauf zu gehen ... bleiben wir gleich hier.

 

Freitag, 14.12.2012

Das Ankern unterm Papageien-Schlafbaum hat auch seine Nachteile. Sowie die Sonne aufgeht fangen die sofort an, sich kreischend über die Erlebnisse der letzten Nacht, oder die Pläne für den kommenden Tag oder die Schwanzfeder der Nachbarin oder sonstwas zu unterhalten. Und in was für einer Lautstärke!!! Und wenn man dann nach einer halben Stunde das Kopfkissen wütend in die Ecke schmeisst und sich aus`er Koje rollt, ist schlagartig alles vorbei. Die Viecher fliegen kreischend zu ihren Futterplätzen - unterm Schlafbaum herrscht Ruhe. Na ja, bis auf das Geklapper der Kaffeetassen auf der Mira. Anker hoch, mit der Tide gehts weiter dem Meer entgegen, vorbei an der Ilha Sao Joaquim - wäre `n netter Ankerplatz - dann links abbiegen, dann nach rechts, laut Karte ist hier zwischen den beiden Inseln ein Kanal mit 10m Wassertiefe, irgendwie finden wir den nicht, versuchen es mehr links, dann wieder rechts und quälen uns mit Schweisstropfen auf der Stirn 2s... und wieder mal über den Äquatorm durch flaches Wasser, bis wir endlich den Furo da Cidade erreichen. Der Tiefenmesser atmet auf, wir auch - können endlich wieder die Landschaft geniessen und entdecken einige schöne Fleckchen zum Ankern. Andererseits schiebt die Tide noch `ne Weile, wir sind kurz vorm Amazonas und von dort sind`s nur noch 20sm bis Macapá. Kurzer “Kriegsrat” - wir fahren weiter! Blöde Entscheidung, kaum `ne Stunde im Amazonas, kippt die Tide und wir quälen uns gegen die immer stärker werdende Strömung vorwärts. Immer schön am rechten Ufer, den Gashebel ständig ein Stückchen weiter vorschieben, wir haben schon fast das Gefühl zu stehen, als wir die elendig langen Sandbänke in der Flussmitte endlich passiert haben, auf die 5sm entfernte andere Uferseite können und ganz nebenbei auch schnell noch den Äquator überqueren. An Macapá längs, sieht nett aus, aber nirgends was zu entdecken, was auch nur im entferntesten an einen Hafen erinnert. Alles flach, wir sind fast 500m vom Ufer entfernt - wo, verdammt sind die ganzen Amazonas-Dampfer, die sonst vor jeder Stadt liegen? Also weiter, eine Seebrücke, danach ein altes Fort, dann eine ellenlange Seebrücke, da fährt sogar `ne kleine Bahn drauf lang. Danach kommt irgendwie nichts mehr, also zurück. Wir kreisen noch `ne Weile rum und schmeissen dann den Anker auf knapp 3m Tiefe vorm Castello. Dichter ran trauen wir uns nicht, wozu auch? Wir liegen ungeschützt auf dem Fluss, die einlaufende Tiede schmeisst gegen die eigentliche Flussströmung eine ordentliche Welle - mit unserem wackligen Bötchen können wir da eh nicht an Land fahren - Stadtbesichtigung per Fernglas, kochen statt Imbiss und überhaupt soll Macapá ja fürchterlich teuer sein.

Sonnabend, 15.12.2012

Es brennt. Blöder Traum ... Es brennt?!! Augen auf! Beissender Qualm liegt in der Luft. Boah! Sind wir das?!! In Nullkommanichts bin ich aus der Koje, haste durch´s Boot - bei uns ist alles in Ordnung. Ein Blick nach draussen: ganz Macapá liegt unter ´ner dickAuch der Himmel weint ...en, grauen Qualmwolke. Die erste Häuserreihe kann man noch erahnen, dahinter undurchdringliches Grau. Was spielen die denn hier? Müllverbrennung im grossen Stil? Oder fackeln sie den kompletten  Regenwald rundherum ab?! Die blöde Welle ist auch noch da, also nix mit Macapá (genug Vorräte bis Französisch Guyana haben wir und es geht ja auch mal ohne Grünzeug und Vitamine). Nichts wie weg! 7 Uhr, in Rekordzeit ist der Anker oben, wir gehen raus auf den Amazonas, da kann man wenigstens wieder atmen. Grosse Inseln von Wasserlilien treiben uns entgegen und gelbe Schmetterlinge flattern zuhauf herum - der Käpt´n holt über Kurzwelle noch schnell den Wetterbericht. Der sieht gut aus, aber es kommen zwei weitere e-mails rein: Ingrid von der "Pico" ist gestorben ... Mein Gott, das haut uns fast die Füsse weg! Vor ein paar Tagen gerade hatten wir gemailt und in Ingrids Antwort stand etwas von 1 bis 5 Jahren, die ihr die Ärzte noch gaben. Aber sie klang so zuversichtlich, so kämpferisch ... Keine 3 Wochen! Wir sind platt, wollen nicht mehr weiter und suchen uns eine Ankermöglichkeit in der Nähe. Ilha Pedreira. Gegen Mittag futzeln wir uns in eine kleine Einbuchtung, gleich neben viel Grünzeug, der Anker fällt - und wir sitzen einfach nur da und heulen. Irgendwann holen wir den kleinen Tannenbaum raus, den wir im vorigen Jahr von Ingrid und Fritz bekommen haben, er wird geschmückt und bekommt einen Ehrenplatz direkt vor der Steuersäule. Sehen Ingrid vor uns, wie sie in Carmelo im Bikini den neu erworbenen grösseren "Pico"-Baum schmückt, mit der 100er Lichterkette behängt, die schauderlich blinkerte und dann den kleinen Baum zurücktauschen wollte. Beim Lachen laufen die Tränen ... Käpt´n wirft abends den Grill an und mit der Dämmerung lassen sich rundherum in den Bäumen unzählige Reiher zum Schlafen nieder. Sitzen lange im Cockpit, eine Flasche Cachaca dabei, und erinnern uns an die schönen Begegnungen und Erlebnisse mit Ingrid und Fritz ...

Sonntag, 16.12.2012

So richtig toll geschlafen haben wir nicht und sehen auch ein bisschen verquollen aus. Na ja, egal. Aber für die "grosse" Tour raus auf´s Meer fehlt uns heut die Power. Wollen wenigstens ein Stück weiter - Käpt´n entdeckt auf der rechten Amazonas-Uferseite einen Nebenfluss mit dem klangvollen Namen Acaituba, nur ca 14sm entfernt. Kurz vor 8 Uhr ankerauf und mittags fällt das Eisen (Fotosession mit Waschkorbnatürlich nach ein bisschen Sucherei zwecks passender Tiefe) in die braunen Fluten besagten Flusses. Schön hier. Natur pur. Vor dem gegenüberliegenden Ufer ist eine riesige Sandbank, auf der gerade Fussball gespielt wird. Etwas weiter davon stehen drei Stelzenhäuschen. Um mich abzulenken stürze ich mich auf den Waschkorb (noch haben wir hier reichlich Süsswasser) und Käpt´n friemelt unter Deck. Es dauert nicht allzu lange, da kommen zwei Jungs in ihren Booten vorbei, sagen hallo und erzählen ein wenig, u.a. dass sie jetzt kein Fussball spielen gehen sondern auf dem Weg in die Kirche sind (hört, hört :) Einer von ihnen hat Probleme mit seinem Aussenborder und mein Käpt´n kann schnell helfen. Strahlend düsen sie wieder los. Ich wasche weiter meine Wäsche, das ganze Vordeck ist vollgehängt mit Klamotten, da kommen die Jungs zu dritt wieder, mit einer Gitarre und wollen für uns spielen und singen. Also lass ich Wäsche Wäsche sein, stell die Schüsseln um die Ecke, zieh mir schnell was Ordentliches an und setze mich zu ihnen und meinem Holden, um zu lauschen. Nebenbei haben wir herausbekommen, dAn Steuerbord hat´s nochmal soviele Booteass in dem Dorf hier an die 50 Leute wohnen ... und so nach und nach kommen wirklich alle zu uns auf´s Boot, um uns zu begrüssen, sich vorzustellen, die ganze Familie, mal zu gucken, Fotos zu machen, ... die MIRA hängt inzwischen mit dem Heck ganz schön runter bei so vielen Leuten. Die meisten möchten auch mal unter Deck, alles ansehen und loben ausgiebig (obwohl ´s da grad wie bei Hempels unterm Sofa aussieht :). Und am Horizont tauchen immer neue Boote mit neuen Besuchern auf ... So gaaaanz langsam verschwinden auch mal welche, dafür kommen wieder neue. Meine Süssigkeiten für die Kiddies gehen zur Neige, die kühlen Getränke auch. Wir haben es aufgegeben, uns all die Namen zu merken (einer hiess echt Elton John!) Unsere Gitarreros haben mächtig Sitzfleisch und halten bis 16 Uhr aus. Alle sind wirklich nett, aber ich bin anschliessend fix und foxi - es ist ja noch dazu richtig heiss. Zu 16 Uhr haben wir eine Einladung an Land, die wir dann auch völlig überstürzt mit 1/2 stündiger Verspätung einhalten (immerhin sind wir vorher auch mal einen Moment lang alleine, damit wir uns schnell einen Eimer Wasser über den Kopf schütten können). Danach tuckern wir mit unserem winzigen, orangen Bötchen rüber und dort hat sich die ganze Familie nebst Freunden schon zur Bergrüssung aufgebaut. Natürlich müssen wir gleich was essen und überhaupt. Die Unterhaltung ist manchmal “holperig”, im Portugiesischem hapert es doch gewaltig bei uns, aber das gelernte Spanisch hilft. Funktioniert irgendwie und alle sind super nett! Später sitzt der Käpt´n in der Männerrunde vorm monströs grossen Flachbild-Fernseher beim Fussball und "fachsimpelt", während mir nebenan im Schlafzimmer aufwendig die Fingernägel lackiert werden (meine schwache Gegenwehr wurde glatt übersehen :) Sie sind ein bisschen enttäuscht, dass wir morgen gleich weiter fahren wollen, trotzdem wird spontan der halbe Garten abgeerntet, frischer Paprika, Zwiebeln und Kohl zum Mitnehmen ... Im Stockdunkeln tuckern wir vorsichtig quer über den Acaituba in Richtung Mira.

Montag, 17.12.2012

Heute gegen 5 Uhr wollten wir EIGENTLICH los, aber EIGENTLICH finden wir es auch richtig nett hier - o.k., bleiben wir noch ´n Tag. Am Vormittag kein einziger Besucher, alle denken natürlich, wir sind gefahren. Gegen Mittag taucht das erste Boot auf. Lena, gestern die Letzte bei uns an Bord, klettert Kein Vitaminmangel mehr an Bordstrahlend mit einer Freundin und vier Kindern ins Cockpit. Sie bringen uns drei Stauden Bananen, Limetten, Cupuacú, Mangos und andere Früchte und Lena versucht, uns zum Bleiben zu überreden. Vor sieben Jahren war hier im Dorf schon einmal ein englisches Boot, das direkt vor ihrem Haus geankert hätte und die sind einen Monat lang geblieben! Wir wehren lachend ab, nein, vier Wochen? Nein, aber ein paar Tage könnten wir unsere Abfahrt wohl verschieben. Bevor sie gehen beschreibt sie uns wo wie ihr Haus finden und lädt uns ein. Nachmittags schwingen wir uns also wieder in´s orange Bötchen, bezwingen den Acaituba in voller Breite und biegen ab ins Dorf (hier ist das Wasser etwas ruhiger). An beiden Ufern stehen etwa 20 Holzhäuschen oder -hütten auf Stelzen, eine Kirche, dahinter direkt  Regenwald. Jeder hat einen kleinen "Hochgarten" und Obstbäume, ein Stück weiter verzweigt sich der Fluss noch einmal. Und hier finden wir Lenas grün-weisses Haus. Von links ruft jemand aus einem Mangobaum - Lena! Sie ist dabei, eimerweise die leckeren Früchte zu pflücken und einen Grossteil davon schüttet sie uns gleich ins Boot. Auf der schattigen Terrasse vor ihrem Haus sitzt der Rest der Familie: ihr Freund Sam, beide Kinder und ihre Mutter mit dem kleinsten Enkel. Uns wird das Haus gezeigt und anschliessend sitzen alle draussen beim Kaffee (haben unser kleines "dictionario"dabei, die Unterhaltung gelingt ganz gut). Als es dunkel wird will Lena auch für uns ein paar Fische auf den Rost ihres Mud-Ofens legen, aber wir lehnen dankend ab - wollen bevor es stockdunkel ist zurück am Boot sein (hab Schiss, im Dunkeln mit einem, im Acaituba treibenden Baumstamm zusammenzustossen). Schnell werden noch 2 Liter Acai für uns abgefüllt (wir könnten ja verhungern), müssen versprechen, noch nicht abzufahren und werden zum Abschied Luftige Küche mit Waldblick und gedrückt, als wären wir schon seit langer Zeit beste Freunde.

Mittwoch, 19.12.2012

Schaukeln immer noch Acaituba. Gestern kam Markus mit seinem schön bemalten "Golfinho" vorbei und hat uns zum Fischen abgeholt. Sind einen Nebenfluss raufgefahren, haben dort Bambusstöcke in´s Wasser gesteckt, Netz drangehängt und auf dem Rückweg ´ne kleine Fazenda mit Mais und Bananen beguckt. Nachmittags Netzkontrolle - drei kleine Fischchen. Immerhin. Mit der Beute ging´s zu seinem Haus, wo uns Angela mit den Kindern schon erwartet hat. Wurden lecker bekocht (irgendwie hatte sie noch mehr Fisch :). Dazu gab´s natürlich Acai! - Heut kommt An Bord der PérolaMarkus wieder, sammelt uns ein und zeigt uns sein grosses Holzboot, das in einem anderen Nebenfluss auf dem Trockenen, schattig unter Bäumen liegt. Seit 3 Monaten baut er daran (hat 10 Jahre drauf gespart). Es ist fast fertig und schon gestrichen. Wir klettern rein, sehen alles an. Die meisten Bodenbretter fehlen noch. Markus greift sich ein Werkzeug und zeigt uns auf die Schnelle, wie er sie anpasst. Hut ab, der hat Ahnung! Für die Steuerung fehlen ihm noch Seile - vielleicht finden wir in unserer Backskiste was Passendes. Als Flachwasser ist düsen wir mal zur Sandbank rüber, wollen sehen, ob wir hier trockenfallen können. Super Platz! Merken uns zwei markante Bäume, um die Stelle wiederzufinden.

 Donnerstag, 20.12.2012

Morgens verdrücken wir uns leise zur Sandbank. Die ungefähre Lage hatten wir uns ja eingeprägt, eine gedachte Linie zwischen zwei hohen Bäumen auf jeder Uferseite. Heute stehen da natürlich mehrere hohe, markante Bäume! Immerhin hilft der Tiefenmesser weiter, bei der geringsten Tiefe schmeissen wir den Anker runter. Erstmal in Ruhe Frühstücken und nach dem zweiten Kaffee kann ich schon mal ins nur noch hüfthohe Wasser springen und an unserem Wasserpass rumschrubben. Sieht schliesslich schicker aus ohne Grünzeug. Marion macht sich am Paddelradgeber der Logge und den Wasserfiltern nützlich, ich schraube neue Anoden an. Dass wir auf der Sandbank nicht ewig allein sein werden, war uns natürlich klar, irgendwann taucht das erste Boot auf, das nächste, noch eins, ... das halbe Dorf hat genau heute beschlossen, mal die Sandbank zu besuchen. `Ne Weile können wir ja noch emsige Geschäftigkeit vortäuschen, ich liege im Sand unterm Boot und stocher sinnlos in irgendwelchen Löchern rum, während Marion wie doof den Propeller poliert, aber bald hab ich in allen Borddurchlässen rumgepult, Marion kann sich im Propeller spiegeln und die Kids hocken sowieso  neben ihr oder kriechen mit unters Boot. Also wird `ne Melone geköpft, der restliche Kuchen zerkrümelt und mit den Mädels im Arm zwecks Foto vorm Boot posiert. Markus taucht mit sechs Bambusstöcken auf, um mit den Jungs auf der Sandbank Fussball zu spielen, eine Frau stellt sich als Markus Schwester vor, heisst auch Angela und hilft uns erstmal `ne grosse Schüssel Camaraós über. Also werden Schrimps gepult, geschladdert (Marion), ab und zu ins Wasser gesprungen (ich), in weitere Kameras gegrinst, der Ball aus dem Wasser gerettet, dem einen oder anderen wegtreibenden Boot hinterher geschwommen, mit unseren Leinen Seilspringen gespielt, ... irgendwann ist das Wasser soweit gestiegen, dass vom Spielfeld nicht mehr viel übrig ist, wir werden nochmal geschüttelt, haben weitere "Besuchstermine", jeder sucht sich `n Platz in einem der Boote, mit viel Geknatter brausen alle davon und wir sind wieder ALLEIN, ALLEIN!

Freitag, 21.12.2012

Jetzt hätten wir um ein Haar den Weltuntergang verpennt, es ist fast 8 Uhr, als wir uns aus der Koje pellen! Erstmal `n Kaffee, Frühstück, noch `n Kaffee - irgendwie passiert hier nix mit`m Untergang! Vielleicht geh`n wir ja auch erst abends unter? Marion, weniger praktisch veranlagt, will die Zeit bis dahin mit diversen nützlichen Tätigkeiten ausfüllen, wie, alle Schuhe rauskramen und putzen, Schränke leerräumen und auswischen (die ewige Schimmelbekämpfung), Brot backen, ... ich bin da ja mehr praktisch veranlagt (das Brot kann nach`m Untergang eh keiner mehr essen!) und widme mich weniger nützlichen Dingen wie, Lesen, Rumdösen, Camaraó essen, Sudoku lösen, nix tun, ... Abends um Fünf ist die Welt zumindest am Amazonas noch immer nicht untergegangen! Vielleicht war das mit dem Brot backen ja doch keine so schlechte Idee! Wir leiern den Anker hoch und fahren in das kleine Nebenflüsschen, ins Dorf - hatten wir Lena ja versprochen.

Sonnabend, 22.12.2012

Die Frauen des Dorfes sind heut früh alle nach Macapá getuckert (7 Stunden Fahrt), vermutlich die letzten Weihnachtseinkäufe. Am liebsten hätte ich Marion ja mitgeschickt, die möchte heut aber angeln. Wir haben noch reichlich Camaraós, die eignen sich auch supi als Köder (obwohl man sie dazu eigentlich ungekocht und ungesalzen nimmt). Perfekt ausgerüstet, mit Sonnenhut und Angel knattern wir das Flüsschen rauf bis es nicht mehr weiter geht, binden uns an einen Baum und werfen Haken nebst Köder ins braune Nass. Passend zum Flüsschen sind auch die Fische klein (aber bunt), setzen alle wieder zurück. Uns umflattern Schmetterlinge, über uns kreischen Sittiche und am Festmachbaum wird plötzlich ´ne grosse Spinne lebendig, was Marion in einige Aufregung versetzt ... Zurück an Bord ist alles schief - die Mira sitzt auf. Motor an, wir schaben über die Sandbank, kommen frei und ankern ein paar Meter weiter, direkt im Kreuzungsbereich. Landleine in den Regenwald (dauert nur anderthalb Stunden) - fertig! Hoffen, dass die bootfahrende Dorfbevölkerung uns hier rechtzeitig sieht :)

Und noch ein Stück ab ...

Sonntag, 23.12.2012

Wir schlürfen grad gemütlich unseren Frühstückskaffee, da bindet sich das erste Kanu bei uns fest. Eigentlich hatten wir gedacht, schon alle mal an Bord gehabt zu haben - aber was soll`s. Kaffee wollen sie nicht, Saft auch nicht - nur mal im Cockpit sitzen. Wenn`s weiter nichts ist... Die drei sind kaum weg, da springen wir in unser Bötchen und tuckern zu Lena rüber, eh die Nächsten anklopfen. Lena werkelt mit Acai und Camaráo in ihrer open-air-Küche, drückt und knutscht uns, als ob wir drei Jahre weg waren, Sam schaukelt in der Hängematte auf der Veranda und will heute noch ein bisschen Haus streichen. Aber erst später. Passt gut, wir versprechen zu helfen und wackeln erstmal den Holzsteg zum Nachbarhaus rüber. Da hängt nämlich ein Schild dran, "corte cabelo 3 Reais" und für `n Euro lass ich mir schon mal `ne original Amazonasfrisur verpassen. Jedeon dengelt gerade einen Propeller, hat aber natürlich kein Problem damit, den Hammer gegen eine Schere einzutauschen und sich die 3 Reais zu verdienen. Ich werde auf einen Stuhl gesetzt, die ersten Zuschauer finden sich ein und der Meister beginnt sein Werk. Innerhalb einer Viertelstunde verpasst er mir die hier übliche Dorffrisur, schnippelt noch mal kurz hier und da, ist mit dem Ergebnis endlich zufrieden, die Zuschauer auch, ich sowieso und Marion ist gleich so begeistert, dass sie sich spontan dazu hinreissen lässt mich vom Stuhl zu schubsen. Äh, wie? Frauen schneiden kann er nicht. Claro, ist doch ganz einfach, eigentlich wie beim Mann, nur die Haare sind etwas länger. Marion erklärt kurz, wie es aussehen soll, Jedeon fängt vorsichtig an zu schnippeln und ich werde als Beobachter dahinter plaziert, um zu berichten, wie`s am Hinterkopf denn jetzt so ausschaut. Naja, kürzer eben! Das ist Marion nicht präzise genug, ein Spiegel wird hervorgezaubert und festgestellt, dass Ergebnis und Wunschfrisur noch nicht ganz übereinstimmen. Ich bin von meiner Funktion entbunden, Marion dirigiert mittels Spiegel, die Spannung für die Zuschauer steigt, der Meister kommt ins Schwitzen, der erste Hund schnüffelt am Versuchsobjekt ... dann kommt Jedeon in Haarschneideekstase, Marion`s Augen fangen an zu leuchten, hier noch ein bisschen, da noch ... ja, genau so hatte sie sich das vorgestellt!!! Glücklich will sie ihm 4 Reais in die Hand drücken, aber der Meister bleibt bescheiden - eine Stunde Haareschneiden kostet nur 3! Vielleicht malt er ja jetzt unter sein Schild "Frauen auch!". Pünktlich stehen wir mit neuen Frisuren und Arbeitsklamotten zum Arbeitseinsatz bei Sam, bekommen jeder Pinsel nebst Farbtopf (PINK!) in die Ha23and gedrückt und dürfen die Terrasse verschönern. Lena ist mit ihrer Küche fertig, kommentiert mit ein paar anderen Frauen unsere Tätigkeit, weitere Zuschauer finden sich ein - heute gibt`s vermutlich im ganzen Dorf nichts spannenderes als malernde Gringos. Ein paar Stunden später ist die Farbe alle, die Terrasse strahlt zwar noch nicht ganz in Pink, aber ... den Rest machen wir MANANA! Also irgendwann, wenn Sam mal wieder nach Streichen zumute ist :) Duschen, Abendessen bei Lena, hinterm Haus rattert der Generator, wir hocken auf Uralt-Sofa, Plastestühlen und Hängematte vorm Fernseher, verfolgen mehr oder weniger interessiert ein Telenovela, füllen ab und zu die Gläser mit argentinischem Wein, den wir zur Feier des Tages mitgebracht haben, stolpern irgendwann im Schein der Stirnlampen über den Wackelsteg zu unserem Boot, ... Dusche, Zahnbürste, Nachtruhe!

Montag, 24.12.2012Posen auf Sägespänen

Mittags sitzen wir bei Lena, werden mit Camarào gefüttert und da lässt sie es raus: heute ist Weihnachten, da können wir ja nicht alleine auf unserem Boot hocken - wir schon am Grinsen, oh cool, hier lecker essen, Telenovela, Wein! - Nö, wir soll`n mit in die Kirche. Äh, wie? Jo, hier ist Weihnachten das ganze Dorf in der Kirche, da gibt`s Musik, man singt und hinterher wird gegessen. Klingt ja jetzt nicht soooo schlimm, oki, kommen wir halt mit. Was zieht man denn da an? Wir haben ja noch ein paar Stunden darüber nachzugrübeln - denken wir zumindest - eine Stunde später klopft Lena am Boot, sie will ihren Bruder, der einen Nebenfluss weiter wohnt, besuchen - wir sollen mit. Der nächste Nebenfluss heisst dann eine Stunde Fahrt, dort im knietiefen Schlamm ans Ufer waten, Füsse im bereitstehenden Eimer waschen, Bruder nebst Frau, Tochter und Enkel schütteln, Kaffee trinken, über Berge von Sägespänen klettern, um das Sägewerk anzuschauen, das sie hier mitten im Urwald betreiben, ururalte Dieselmotoren, sowie mehrere angefangene Bootsbauprojekte (natürlich aus bestem Holz) zu bestaunen, dann wieder alle schütteln, eine Stunde Rückweg - wir schaffen es gerade noch, uns die Wassereimer über den Kopf zu kippen und uns in Schale zu werfen! Um Acht düsen wir dann mit Lena und Kindern (Sam hat keine Lust) im Kanu zur Kirche. Lange Hose, Hemd und Schuhe - war `ne kluge Entscheidung - alle sind hier "aufgedonnert" wie zum Abi-Ball! Minikleider, Stöckelschuhe (dass die mit den Dingern nicht zwischen den Brettern steckenbleiben?), Anzüge - Marion sinniert darüber, wie die das anstellen, dass das Zeug nicht in den Schränken schimmelt. Endlich kriegt irgendwer den Generator in Gang, das Licht geht an, die Tür auf, alle schreiten hinein und verteilen sich auf den Holzbänken. Frauen links, Männer rechts - ich finde, dass ich ganz hinten sehr gut aufgehoben bin. Dann geht die Show los, irgendein Prediger erzählt was, alle freuen sich und singen munter drauflos. Dazu Schlagzeug, E-Gitarren - klingt eigentlich ganz nett. Immer weitere Leute gehen nach vorne, um irgendwas Wichtiges loszuwerden, dann singen wieder alle, die Band legt sich ins Zeug, neuer Redner oder Sänger, einer stimmt uns zu Ehren ein Lied an, alle fallen lNach 4 Stunden Kirche sind alle mega-hungrigauthals ein: "Jesus ist unser Kapitän" - äh, ich dachte immer ich bin der Käpt`n! - Ein neuer Pastor, der mich unbedingt umarmen muss, wieder müssen alle für uns singen, irgendwann vermutet eine Kirchenmutti, dass Marion nur deswegen nicht mitsingt, weil sie den Text nicht kann, stellt sich brav neben sie und hält ihr das Gesangsbuch unter die Nase, ... zwei Sunden, die Bänke werden langsam hart, alle singen immer noch fröhlich, die Predigten werden länger, dritte Stunde, die Bank ist fürchterlich hart, ich vertreibe mir die Zeit damit, die Chicas in ihren knappen Kleidern anzuschauen, die von der anderen Bankseite rüberwinken, die ersten Männer gehen nach draussen, jetzt kommt der Oberprediger, gesungen wird fast nicht mehr, der Pastor kommt langsam in Ekstase, mir tut der A... weh, Marion schaut sich immer öfter verzweifelt nach mir um, der Pastor ist nur noch am Schreien, ... mir reicht`s, ich schleich mich raus (die Männerseite ist eh schon zur Hälfte leer). Die stehen alle draussen, sind am Labern und warten auf ihre, offensichtlich leidensfähigeren Frauen. Auf meine brauch ich nicht lange warten! Halbe Stunde später haben dann wohl alle genug, oder dem Prediger ist nichts mehr eingefallen, oder alle haben Hunger, jedenfalls stürzen alle raus und wir werden mit ins Nachbarhaus geschleppt, wo das Buffet aufgebaut ist. Die Dorfmuttis schieben uns erstmal grosse Portionen zu, dann entdeckt uns der Oberprediger, versucht, uns ein Gespräch aufzudrängeln und klatscht unsere Teller nochmal richtig voll. Das Essen ist ja lecker, aber der Typ irgendwie nicht. Wir grinsen nochmal für ein Foto mit uns in eine Kamera, dann sind wir ihn los. Dafür wollen sich aber jetzt auch alle anderen mit uns fotografieren lassen, wir sind nur noch am Grinsen, kommen kaum zum Essen und haben jede Menge neuer Einladungen. Frohe Weihnachten!

Dienstag, 25.12.2012

Die erste EinladEssen, essen, essen ...ung haben wir schon mal für heute Mittag. Seit zwei Tagen brüllt von der gegenüberliegenden Uferseite ein junger Bulle, heute früh noch mal `n bisschen lauter und dann war`s ruhig. Schlachtefest im "Casa de Maria"! Maria ist die Mama, dazu gehört ein immer lachender Papa, eine unüberschaubare Anzahl Kinder, nebst Freund oder Freundinnen, einem Opa und einem Enkel. Der nächste kommt in vier Wochen - eine Tochter schiebt stolz ihren Bauch vor sich her und uns in die Küche. Hier dirigiert Mama Maria die restlichen Töchter und Frauen des Hauses. Der Stierkopf liegt in einer Schüssel, mehrere Feuer brennen, überall wird Fleisch geschnitten, gebrutzelt, gekocht, gegrillt, Gemüse geschnippelt, gewaschen, ... Schlachtefest funktioniert hier so: alle Freunde, Verwandten, Bekannten kommen vorbei, setzen sich an den Tisch, füllen sich ein, zwei Stücke Fleisch nebst Gemüse, etc. auf den Teller, essen auf, bedanken sich artig und ziehen ihres Weg`s. Die Frauen schleppen immer neue dampfende Schüsseln an, neue Teller werden hingestellt, die nächsten Gäste bitte! Schlachtefest für Gringos geht anders: die zwei neben Papa und Enkel auf die Sitzbank drücken, Teller hinstellen, Schüsseln rüberschieben und gucken. Bescheiden machen wir es den anderen nach, legen ein Fleischstückchen drauf, Mama zieht eine Stirnfalte, na gut, von dem geschmortem Fleisch auch ein Stückchen - Mama schüttelt den Kopf, greift zur Kelle und schaufelt uns erstmal ordentlich Fleisch auf den Teller! Supi, ich brauch mich nicht zu verstellen und kann mir so richtig schön den Wanst vollhauen! Und es ist mega-lecker! Boi saftig, mit irgendwas gebraten, Boi zartrosa, perfekt gegrillt, Boi geschmort mit Zwiebel und Knoblauch, irgendwie landeOh es riecht gut, oh es riecht fein n immer die besten Stücke auf unseren Tellern und als ich einmal etwas unsicher auf einen Fleischbatzen schaue (ist da etwa Fett dran?!) - zack steckt `ne Gabel drin, das Stück wandert zurück in die Schüssel und ein anderes auf meinem Teller. Ich bin im Fleischparadies! Zu Mama Marias Bedauern gibt Marion ja schon nach zwei, drei Stücken Fleisch auf - an mir hat sie ihre helle Freude! Irgendwann krieg ich auch beim besten Willen nichts mehr runter, Mama nickt zufrieden, die Teller werden abgeräumt und irgendwelcher Nachtisch vor uns aufgebaut. Brauch ich jetzt eigentlich nicht, Marion schafft zwei Gläser, während ich verzweifelt in meinem rumrühre. Dann geht`s zur Siesta auf die Terrasse, Papa zaubert aus der Kühltruhe (der Generator läuft heute den ganzen Tag) eiskaltes Bier, bisschen Labern, auf den Fluss schauen und warten bis es Kaffee gibt. Ich stocher lustlos in meinem Kuchen rum, Marion schafft zwei Stücke, mittlerweile haben wir mitbekommen, dass die Namen aller Familienmitglieder mit Z anfangen und sie der Einfachheit halber auf Z-Familie getauft, Papa holt neues Bier aus der Truhe, der Enkel erzählt mir seine bisherige (noch nicht all zu lange) Lebensgeschichte und es ist ihm völlig egal, dass ich so gut wie nichts davon verstehe, ich kaufe einem der Söhne ein geschnitztes Paddel ab, Mama überlegt, ob sie was zu essen machen sollte - jetzt wird`s höchste Zeit abzuhauen! Ich kipp mir an Bord erstmal `nen Grappa ein und jammere den Rest des Tages über meinen Bauch, Marion lässt mich wissen, dass sie mich ja gleich gewarnt hätte und irgendwie meine ich auch, bei ihr eine gewisse Schadenfreude zu entdecken. Na und?! Der Boi war die Magenkrämpfe wert! Ich hol mir jetzt noch `n Grappa!

Mittwoch, 26.12.2012

Kurz nach Elf kommt ErisonAbordnung der Z-Familie, Lenas Sohn angedüst, wir sollen zum Essen rüberkommen. Uff, ich hab den Ochsen noch gar nicht ganz verdaut! Wir lassen uns trotzdem unsere Teller voll hauen und löffeln auch alles brav auf. Fisch liegt ja nicht so schwer im Magen und hinterher können wir ja erstmal `ne Siesta machen. Wird dann doch nix mit dem Verdauungschläfchen, die erste Abordnung der Z-Familie kommt zu Besuch. Natürlich mit einem Topf Acai und jeder Menge Früchte. Gelbe, grüne, dicke, picklige, pelzige, ... Marion kennt die Dinger meist sogar schon beim Vornamen. Ich hätte nicht mal gewusst, dass die überhaupt essbar sind. Einige muss sie schälen, andere aufhacken, einige ausschaben, da ist man nur die Kerne, von der dürfen die Kerne auf keinen Fall gegessen werden, ... da lob ich mir doch so`n simplen Fleischbatzen! Tja, und dann hatte uns Lena beim Essen noch überredet, heute Abend mit zur Kirche zu kommen - ist doch noch Weihnachten, dauert auch nicht sooo lange, der schreiende Oberprediger ist heute nicht da ... Sind wir natürlich so blöd und fahren da abends wieder mit rüber. Um es kurz zu machen: die Bänke sind genauso hart, die Liedtexte haben wir immer noch nicht gelernt, heute haben die Chicas anderen (knappen) Fummel an, die Prediger fangen irgendwann genauso an zu schreien, wir sind nocLena, Simone und deren zweitjüngste Tochterh schneller draussen, da ist es viel lustiger als in der Kirche, zum Schluss ist Lisa Kanu nebst Sohn weg, wir reisen allesamt auf dem Dach einer kleinen Holzbarkasse nach Hause. Mit Sam Telenovela gucken wäre echt spannender gewesen!

Donnerstag, 27.12.2012

Heute wollen wir uns für die ständigen Mahlzeiten bei Lena rächen - Marion kocht Fischcurry und wir haben die ganze Familie zum Essen eingeladen! So`n bisschen am Rumtoddern ist mein Küchenwunder schon: nur noch eine Zwiebel da, der Knoblauch alle, zwei Gläser vom eingeweckten Fisch schlecht, dazu 35 Grados in der Kombüse, zwischendurch kommen auch noch unsere Z-Nachbarn mit neuem Obst - am Ende schnubbert es aber doch lecker und unsere Gäste sind fast pünktlich. Die essen auch ganz tapfer ihre Teller leer und schon fängt Lena an zu drängeln, sie will im kleinen Rio nebenan irgendwen besuchen und wir sollen miSimones kleiner Hochgarten, dahinter einer der Wasserbüffelt. Halbstündige Fahrt auf dem kleinen Flüsschen, wenn`s wirklich nicht mehr weitergeht ist man da. Ein paar Hektar gerodeter Regenwald, hier lebt Simone mit Mann, sechs Kindern und sechzehn Wasserbüffeln in ihrem Stelzenhäuschen. Das heisst, die Büffel wohnen draussen. Die Familie ja eigentlich auch, der grosse Küchen-Ess-Wohnraum ist nach zwei Seiten offen. Nur die Schlafräume haben vier Wände, was sich augenscheinlich für die Familienpopulation als vorteilhaft erwiesen hat. Wir bekommen Kaffe und Kuchen, trampeln durchs Gelände, zählen die Büffel (ein paar fehlen immer, weil sich einige ins Wasser verdrücken - sind ja schliesslich Wasserbüffel), Simone pflückt uns Paprika und Tomaten aus ihrem Hochgarten, gibt uns Knoblauch, wir lassen uns von den Haussittichen am Ohr knabbern, trinken noch `n Kaffee, klettern dann wieder ins Kanu und fahren zurüVorm lila Vanessa-Hausck. Natürlich noch nicht nach Hause, Lena hat heute noch jemanden auf dem Besuchsprogramm. Vanessa ist (dorfuntypisch) ziemlich rund, lacht andauernd und hat ständig einen (fast genauso runden) dauergrinsenden Jungen auf dem Arm. Wir kriegen nochmal Kuchen, erfahren, dass Vanessa als Lehrerin im Dorf arbeitet, müssen natürlich das Haus anschauen, die kunterbunten Zimmer, sind besonders begeistert von der lilafarbenem Stoffummantelung des Flachbildfernsehers und ähnlichen Dekorationselementen, lernen auch gleich einige Nachbarn kennen (die meist auch schon auf dem Boot waren), erfahren, dass morgen die Terrasse gestrichen wird und ... Marion, vom kleinen, runden Vanessa-Prinzen ständig angehimmelt, bietet natürlich sofort vier geschickte Malerhände als Die Chefin des Hauses trägt natürlich auch lilaHilfe an. Nur, zwei davon sind meine!

Freitag, 28.12.2012

Malern, die Zweite! Diesmal nicht Pink, sondern Lila! Ansonsten wie gehabt, wir pinseln wie doof, rein zufällig müssen heute auffallend viele Frauen der Nachbarschaft unbedingt zu Vanessa - wir haben also wieder reichlich Zuschauer. Ich glaube wir müssen langsam Geld dafür nehmen, sonst fällt gleich der Nächsten ein, dass sie ja morgen ihr Haus streichen könnte :) In den Malerpausen, also wenn der Farbtopf grade mal alle ist, schleppt Marion den kleinen, dicklichen Prinzen rum, schwätzt mit den Kindern, wir werden mit Keksen gefüttert und kurz vor SonnenuntergWährend wir streichen sind die Mädels am Badenang strahlt die "Casa de Vanessa"-Terrasse in Lila! Wir tuckern nach Hause - Kekse machen irgendwie nicht richtig satt - zum Glück gibt`s ja Lena. Die hatte uns gestern Abend noch `ne grosse Schüssel Camaráos rübergebracht. Fast 2 Kilo! Und seit sie gesehen hat, wie dämlich wir uns beim "Auspulen" anstellen (ich zumindest), bekommen wir sie jetzt immer schon "ausgezogen" :) Zum Abend das volle Frauenverwöhn-Programm: sie ermattet im Cockpit (bestimmt vom Prinzen schleppen), ich am Herd. Kleingehackte Zwiebeln andünsten, ordentlich Knoblauch dazu, reichlich Camaráos dazu schütten, mit Weisswein ablöschen und `n bisschen köcheln lassen. So kriegt Mann Frauen rum!

 

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