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Uruguay

Donnerstag, 24.11.2011

Erstmal einklarieren. Alles ganz easy hier, meint Jürgen. Recht hat er, 5 Minuten dauert`s bei der "Hidrografia": Name, wie lang, wie breit, wie schwer (das Schiff natürlich) - das war`s. Dann wandern wir zum Fährterminal "um die Ecke". Schlechtes Timing, der "Migracion"-Mann ist nicht da und die zwei Büromädels schicken uns zur nächsten "Migracion" in die Stadt. Auch gleich "um die Mama Susana an BordEcke". Scheint hier eigentlich alles zu sein, die Stadt ist nicht gross, aber hübsch, schön alt und für die Touris nett restauriert. Wir zeigen unsere Pässe vor, bekommen den Einreisestempel reingedrückt, zahlen 2 Euro Gebühr - fertig. Jetzt noch zur "Aduana" und "Prefectura" - ein kleines Holzhäuschen auf der Hafenmole, der Uniformierte nimmt unser Schiffspapier entgegen, teilt uns mit, dass wir es wiederbekommen wenn wir abreisen und den Liegeplatz bezahlt haben. Das war`s dann schon. Einklarieren in Uruguay macht Spass. Viel Zeit haben wir nicht mehr, Susana hat sich per Mail angekündigt. Sie kommt heute mit der Fähre von Buenos Aires und will uns besuchen. Wenig später steht sie tatsächlich winkend auf der Mole, ich düse rüber um sie abzuholen. Ganz geheuer ist ihr unser Gummiboot nicht (weil klein), sie klettert trotzdem tapfer rein und fühlt sich deutlich wohler als sie es wieder verlassen kann. Ganz begeistert von der "Mira" und ihrer “verpassten” Kabine, ihrem lindgrünen Bett, klettert sie überall rum, ist traurig, dass sie nicht mitsegeln konnte, lädt uns schon mal in ihr Ferienhaus in "Punta del Este" ein und wir sie zu einem Segeltörn - falls es uns wieder mal nach Argentinien verschlägt. Marion brilliert mit frischer Ananas auf Joghurt und mit Kuchen, ich mit kaltem Bier. Anschliessend ziehen wir zusammen zwecks Abendessen in die Altstadt. Susana kennt ein nettes Restaurant, kann es aber nicht finden und wir hocken uns in ein anderes. Am Ende sind uns einig, für den Preis schlecht gegessen zu haben. Wir bringen sie anschliessend zum Fährterminal, wo wir uns mit vielen Umarmungen und Küsschen voneinander verabschieden. Hasta proxima vez, "Mama Susana"!!!

Freitag, 25.11.2011Hurra! PICO ist da!

Jürgen will uns heute die Stadt zeigen - wir sind leicht skeptisch. Schliesslich hängt ihm immer noch die Geschichte an, wie er sich in San Fernando auf den 500 m Rückweg vom "Carrefour" zum Yachtclub Argentino verlaufen hat und letztendlich irgendwo verzweifelt ein Taxi genommen hat, um sich nach Hause chauffieren zu lassen. Aber erstmal erwartet er noch ein Päckchen aus Deutschland, danach will er uns abholen. Irgendwann taucht er auf, kein Päckchen, dafür ein Schreiben des Paketdienstes in der Hand, was ihn leicht deprimiert vermuten lässt, dass er seine Lieferung persönlich beim Zoll abholen darf - nebst allem nervigen Dokumenten- und Behördenkram. Aus dem Augenwinkel sehe ich ein weisses Schiff vorbeifahren, der Kopf geht rum, das sieht doch aus wie eine "Reinke"! ... Die "Pico", ruft Marion da schon. Jürgen, eh schon im Schlauchboot sitzend ist sofort drüben (wenn neue Frauen zum Küssen ankommen ist er halt immer der Erste), wir kommen wenig später hinterher. Schwitzige Umarmung, Küsschen - die Wiedersehensfreude ist auf allen Seiten gross, wir haben Fritz und Ingrid vor einem Jahr in Salvador zuletzt gesehen, bei Jürgen ist es noch länger her. "Pico"s Fisch- und Biervorräte werden geplündert und als der Kühlschrank keine kalten Dosen mehr hergibt, machen sich alle landfein und ziehen zwecks Abendessen in die Stadt. Wir können die mangelnde Fleischqualität Jürgen anlasten, der schliesslich das Restaurant ausgesucht hat und da Fritz noch nicht ganz genesen ist, von seinem, vor zwei Tagen unternommenen Versuch, Ingrids Wäsche-Chlorbleiche auJürgen kuschelnderweise mit seiner batteriebetriebenen Bord-Katze Susiszutrinken, ziehen wir nicht noch weiter auf eins der Boote, sondern gehen alle brav ins Bett.

Sonnabend, 26.11.2011

Endlich schaffen wir unsere Stadtbesichtigung. Viel grösser als das, was wir schon gesehen haben, ist sie eh nicht (zumindest die knuffige Altstadt). In Uruguay gehen die Uhren sowieso anders, hier scheinen sie stellenweise ganz stehen geblieben zu sein. Kleine Häuser im Schatten riesiger Bäume, leere Kopfsteinpflasterstrassen, einige alte Autos und ein paar ganz alte. Strassencafés, die Leute sitzen irgendwo im Schatten rum, den Mate-Topf in der Hand und die Thermoskanne dazu unter den Arm geklemmt. Wir schlendern überall mal rum, ein Strassen-Imbiss erspart uns heute noch kochen zu müssen und kugelrund schleppen wir uns zurück zum Hafen. Der Weg führt über die "Caledonia", wo das Gummibötchen angeleint ist und endet im Cockpit. Wenig später kommen "Pico"s auch dazu - Jürgen muss bald mal seinen Weinvorrat auffrischen!

Sonntag, 27.11.2011

Es bläst ein bisschen. Landgang fällt aus, da wir eh nicht trocken ankommen würden. Dafür Hafenkino: Die Wochenendsegler aus Buenos Aires versuchen, sich so nach und nach aus ihren Boxen an der Mole zu ziehen, zu schieben, zu motoren oder wie auch immer. Überall sind lange Leinen im Weg, dazu der kräftige Seitenwind. Rammings, Leinen im Propeller, quergetriebene Boote - der Unterhaltungswert ist enorm - und wir sitzen erste Reihe! Irgendwann sind alle Abreisewilligen mehr oder weniger schadlos davongesegelt, Marion sortiert Fotos am Computer - und mir ist langweilig. Endlich eine Idee: Ich sollte mir ja mal den Navman-Autopilot der "Pico" anschauen, der seit Jahren arbeitsunwillig und somit nutzlos spazieren gefahren wird. Fritz findet das nicht weiter tragisch und ist ohnehin an allem, was mit Kabeln und Technik zu tun hat nicht sonderlich interessiert, aber Ingrid fände es schon ganz angenehm, dem Ruderknecht ab und an die Arbeit zu überlassen. Da wir den selben Autopiloten haben und er bei uns funktioniert, gelte ich somit als Experte. In Badehose, mit T-Shirt in `ner Plastiktüte wg nasser Überfahrt tuckere ich rüber. Fritz räumt mir meinen Arbeitsplatz im Motorraum frei und ich vertiefe mich in das Kabelgewirr. Nicht ganz einfach. Wegen ihres überdimensionierten Antriebs sind Relais dazwischengeschaltPuerto Colonia del Sacramentoet - ich fummele hier, schalte da - irgendwann habe ich einen Plan. Aber das machen wir Manana! Marion hat inzwischen ihre Oktober-Fotoseite fertig und ist leicht deprimiert, da sie sie mangels Wifi-Netz nicht online stellen kann. Dann eben auch Manana!

Montag, 28.11.2011

Marion will sich die Füsse vertreten. Die Stierkampf-Arena von Colonia ist das Ziel, also stiefeln wir los. ICH habe natürlich den Fotoapparat vergessen und überhaupt ist die Arena ewig weit entfernt, es ist heiss, wir disponieren um: Shopping-Runde! Ansichtskarten - üblicherweiPorton del Campo (1745), das alte Stadttor, mit hölzerner Zugbrückese kann ich mich jetzt nach einem Strassenkiosk umschauen und in Ruhe ein Bier trinken, heute entscheidet sich Marion ungewohnt schnell. Anschliessend Briefmarken, Obst, Brot und weil es wirklich gaaanz heiss ist, noch ein kaltes Bier im Schatten. Zurück an Bord entdeckt Bordfrau doch tatsächlich schon wieder schmutzige Wäsche und verteilt schon mal ihre Waschschüsseln im Cockpit. Ich such mir meine Elektro-Bastelkisten nebst Werkzeug zusammen und verdrücke mich zur "Pico", wo ich die nächsten Stunden im Motorraum (trotz Ventilator) vor mich hin schwitze. Fritz, als Anhänger der Drahtendenzusammenrödel-Technologie ist begeistert von meiner Ausrüstung, sieht ein, dass für einen "Handlanger" kein Platz mehr da ist und verzieht sich zu Ingrid ins Cockpit. Ich kann also in Ruhe meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen, eGrill-Abend bei Ingrid und Fritzntwirre, schneide Kabel ab, presse Endstücke oder Hülsen, montiere eine Stromverteilung ... Als die dritte Nachfrage, wie lange ich noch brauche, meinen Feierabend einläutet, bin ich fast fertig für den Probelauf. Also alles zusammenräumen, schweissgebadet ins Freie kriechen. Fritz hat für heute zum Asado eingeladen und braucht sein Reich unter Deck jetzt für die Vorbereitung. Zum Duschen zur "Mira". Marion hat inzwischen Salat und Knoblauchbutter gebastelt, schnell noch Wein ins Schlauchboot werfen, dann düsen wir Jürgen hinterher, der nebst seiner legendären Kräuterbutter schon im Cockpit sitzt. Marion stellt ihre "Knoblauch-Version" dazu, Fritz ringt im Windschatten eines Regenschirms mit dem Grill und ich übernehme den Part des Schankwirts. Wie immer hatte Fritz den richtigen Riecher bei der Auswahl des FleischesJürgen mit Anne und Rainer, den MEERBÄREN, die Steaks sind saftig und lecker, die Salate genauso und der Wein sowieso. Gegen Zehn sitzen alle mit kugelrunden Bäuchen da, nippen am letzten Glas, Aufbruchstimmung ... Da kommen die Lichter eines Segelbootes in Schleichfahrt um die Ecke. Die "Meerbär" ruft Ingrid ganz aufgeregt. Keine Ahnung, ob sie das an den Lichtern oder am Fahrstil erkannt hat, aber sie ist es tatsächlich. Fritz düst mit dem Schlauchboot los, um beim Andocken an eine Mooringtonne zu helfen und wenig später klettern Anne und Rainer auf die "Pico". Pech gehabt, Fleisch und Wein sind alle - macht nichts, grinst Rainer und stellt Trink-Nachschub auf den Tisch. Soviel zum Thema Feierabend ... Es wird eine lange Nacht!

Dienstag, 29.11.2011

"Pico”-Baustelle, die Dritte: Ich hocke mal wieder schweissgebadet vorm Autopilot, klemme die letzten Kabel an, programmiere ein bisschen am Bedienteil herum ... alles klar zum Probelauf: Knöpfchen drücken, Ruder nach links - der Motor summt los. Ruder nach rechts - funzt ebenfalls. Ganz zufrieden bin ich aber noch nicht, installiere einen Sicherungsautomaten in die Stromversorgung (auf solche Kleinigkeiten hatte Fritz grosszügig verzichtet), ein zusätzliches Relais, damit die ganze Geschichte auch vom Schaltpanel zu- und abschaltbar ist, tropfe dabei weiter schön den Motorraum mit Schweiss voll, mache mit Kabelhaltern und -bindern alles chic und bin irgendwann froh, aus meiner Sauna herauskriechen zu können, Fritz und Ingrid auch, weil sie ihr Boot endlich wieder betreten können. Wenn`s jetzt nicht funktioniert, liegt es an der Sch... Relaissteuerung. Kompasskalibrierung und Seeerprobung vertagen wir. Mittels kaltem Bier kühlt Fritz seinen Handwerker wieder auf Normaltemperatur runter, ich doziere noch ein wenig über die Vorzüge leistungsstärkerer Mosfet´s, erkläre meinen staunenden Zuhörern, dass ich davon auch keine Ahnung habe und nur nachplappere, was "Navman-Walter" mir so schön erklärt hat, räume irgendwann meinen Krempel zusammen, um zu meiner Liebsten heimzukehren, die aber gar nicht sooo sehnsüchtig auf ihren fleissigen Handwerker gewartet hat, sondern froh war, ihr Reich mal für sich alleine zu haben. Verwöhnen tut sie mich dann aber doch: Eier mit süss-saurer Sosse!!! Um Missverständnissen vorzubeugen, ich rede vom Abendbrot!

Mittwoch, 30.11.2011

Mal wieder “Hausarrest”. Seit heute Nacht bläst es kräftig mit 25-30 kn, teilweise sind uns auch 35 gegönnt. Landgang fällt aus, dafür gibt es Strom bis zum Abwinken. Wir hocken beide vor unseren Computern und sind fleissig. Marion auf jeden Fall, ich lass mich immer mPlaza de Toros - Stierkampfarena, gebaut von Nicolas Mihanovichal wieder ablenken und werde beim Spielen erwischt. Mann kann ja schliesslich nicht nur fleissig sein!

Donnerstag, 01.12.2011

Der Südwind hat sich ausgeblasen, dafür hat er einen Gruss aus Patagonien herüber geweht - es ist fast 10 Grad kälter. Ideales Wanderwetter findet Marion, also machen wir uns auf den Weg zur "Plaza de Toros", der Stierkampfarena. Das Ding hat ein Oldtimer an fast jeder Strasseneckereicher Argentinier vor gut hundert Jahren bauen lassen und kurz vor Fertigstellung wurde der Stierkampf in Uruguay verboten (1912). Klassischer Fall von Fehlinvestition also - heute steht die riesige Arena eingezäunt als Touristenattraktion rum. Der Zaun hat natürlich ein Loch, wo vermutlich jeder Touri mal durchkriecht, um auch das Innere zu bestaunen. Wir machen das jedenfalls. Zwei Stunden Hinweg immer am Strand lang, wenn man mal die Farbe des Wassers ausblendet, könnte man ihn fast als schön bezeichnen: Weisser Sand, Palmen, Eukalyptus, Weiden und anderes Grünzeug. Zum Glück keine Muscheln, hätte sonst länger als zwei Stunden gedauert! RückwPferderennbahneg dann die Strasse entlang, richtig schön ländlich, kleine alte Häuser, im Schatten vor sich hindösende Bewohner mit Matetopf in der Hand, Pferde, jede Menge uralte Autos - wir bekommen immer mehr Lust auf eine Fahrradtour durch Uruguay. Zurück an Bord bringe ich mal eben SCHNELL eine leere Gasflasche zum Hafen-Office zwecks auffüllen. Dauert zwei Stunden. Nicht das Auffüllen, das machen sie morgen - ich treffe einen Deutschen, der mit seinem Motorrad durch Südamerika reist, quatsche mich hoffnungslos fest, drehe sogar eine Runde auf seiner knatternden uralt Militär-BMW durch die verschlafenen Kopfsteinpflastergassen von Colonia (geil! Vielleicht sollte ich mir doch wieder ein Motorrad zulegen?) - Die Sonne geht fast unter .. Mist, eigentlich wollte ich ja mit der "Pico" noch den Autopiloten See-erproben. Also düse ich schnell rüber, da sitzen schon Jürgen mit seiner Frau Margret (die gestern überraschend zu Besuch gekommen ist) und den "Pico"s in fröhlicher Runde, ich hocke mich dazu, Fritz holt Marion ab, wenig später schlagen die "Meerbären" auch noch auf ... Ein Glück, dass wir schon in einem Strassenimbiss gegessen hatten.

 

Freitag, 02.12.2011

Hab heute endlich das "Bastelprojekt Pico" abgeschlossen. Mittags sind wir los zur Seeerprobung - erstmal schön Kreise drehen zwecks Kompasskalibrierung, dann noch ein bisschen Feintuning am Steuerverhalten und der Autopilot schnurrt nur so! Naja, eigentlich klickt er nur so wegen der Relais, aber auf jeden Fall funktioniert`s! Zumindest solange bis die Relais irgendwann festbrennen. Ich mit stolzgeschwellter Brust zurück zu meiner Holden, die mich auch brav lobt. Dann sitzen wir mit Fernglas in Cockpit und warten. Wir haben per Mail endlich einen Agenten gefunden, der den Zollquatsch für den Import einer neuen Ankerkette für uns übernehmen will - er hat sich zum Nachmittag angekündigt. Also beobachten wir aufmerksam alle Männer, die allein auf der Mole spazieren und sich irgendwie auffällig verhalten, sprich auf die Boote glotzen oder winken oder ein Schild "Ich bin Agent" hochhalten ... macht aber irgendwie keiner. Zweimal düse ich mit Gummibötle rüber wegen vermeintlicher Auffälligkeiten einsamer Herren - immer Fehlanzeige. "Caledonia-Jürgen" ist der Meinung ich könnte von seinem Boot, das ja direkt an der Mole liegt, viel besser beobachten - jo, gute Idee. In Wirklichkeit sucht er natürlich nur jemanden, der mit ihm einen Gin-Tonic trinkt. Nach zwei Stunden über der Zeit gebe ich auf, fahre zurück zu Marion, die beschliesst, Abendbrot zu machen und den Fehler begeht, mich vorher nochmal mit USB-Stick zur "Pico" zu schicken um Fotos einzusammeln. Als ich nach gerade mal anderthalb Stunden zurück bin, sitzt sie wohl schon ein wenig länger vor dem gedeckten Abendbrottisch und ist etwas wortkarg. Genaugenommen ist sie zapfig! Dann bin ich zapfig, weil sie zapfig ist - der Abend endet sehr schweigsam!

Sonnabend, 03.12.2011

Und genauso beginnt der heutige Tag - jeder sitzt in einer Ecke und kaut schweigsam an seinem Frühstück rum. Aber da ich ja mittlerweile zum "Frauenversteher" mutiert bin gelingt es mir natürlich schnell, meiner Bordfrau wieder ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Keine Böckchen mehr, jetzt sind wir beide fleissig. Ich mit den zwei Fahrrädern im Cockpit, zwecks Reifenwechsel. Gleich noch Speichen ersetzen, einige Reifen mehrfach aufziehen, da ich die Gummiunterlage zum Schlauch vergessen habe, oder die Laufrichtung des Reifens nicht beachtet, dann wieder eine Speiche nicht eingesetzt, ... ich bin gut beschäftigt. Marion, da im Cockpit kein Platz mehr, schwitzt im Salon über der Uruguay-Karte und sucht mögliche Fahrradstrecken raus. Viel Platz hat sie da auch nicht, am Salontisch klemmt `ne Iso-Matte, der ich mit Schraubzwingen gerade einen Flicken verpasse. Aus der Stadt dröhnt ständig irgendwelche Musik rüber, scheinbar sind wir die Einzigen die arbeiten, der Rest feiert schon. Frisch geduscht und abgefüttert, wollen wir das dann auch noch und zusammen mit Fritz und Ingrid ziehen wir "auf die Piste". Geht erstmal nur bis zur Mole, Sonnenuntergang glotzen und ausserdem findet da gerade die örtliche Angelmeisterschaft statt. Bei der Sonne ist eindeutig mehr los, wir sehen nicht einen Angler einen Fisch rausholen. Trotzdem erfolgt eine Bewertung, mit unterschiedlichen Punktzahlen (vermutlich die Haltungsnoten). Wir wandern weiter, immer der Musik nach, widerstehen den vor den unzähligen Restaurants lauernden Kellnern und sind irgendwann im Stadtpark. Eine Handvoll Leute klatscht gerade den, ihre Instrumente einpackenden Musikern zu - super Timing! Macht nix, aus der Theaterwerkstatt gleich neben dem Hafen klang ja auch Musik, also ziehen wir weiter. Um nicht künstlerisch völlig desinteressiert zu wirken, starren wir genau wie alle anderen Besucher erstmal auf die vielen Bilder der Galerie im Vorraum und schieben uns dann mit einer gewissen Vorahnung auf den Hof ins Freie. Jede Menge Leute, aber merkwürdig still hier. Die Instrumente stehen verwaist in einer Ecke und die Menschen umringen zwei Schauspieler, die irgendein Bühnenstück zum Besten geben. Äh, irgendwie nicht ganz das, was wir wollen - wir versuchen gar nicht erst uns interessiert zu geben und machen uns aus dem Staub. Letzte Zuflucht, die Mole. Inzwischen ohne Angler. Wir köpfen die mitgebrachte Weinflasche, schauen auf den nächtlichen Rio de la Plata und springen irgendwann in unsere Schlauchboote. Klar, dass jetzt die Band im Theater auch wieder loslegt - aber nochmal zurück will auch keiner!

Sonntag, 04.12.2011

Kleiner Anschlag am Häuschen neben dem Hafen-Office: Im Segel- und Angelclub ab 12 Uhr Asado! Klar, dass die “deutsche Kolonie” da geschlossen einfällt. Pico`s, die Meerbären und wir (Jürgen ist entschuldigt, der besucht mit seiner Margret gerade Buenos Aires). Fritz schleicht erstmal um die über´m Feuer hängenden Fleischberge - Nichtmitglieder zahlen schliesslich 200 PesoNoch lachen alle - Advent-Grillen im Segelclub Colonia und da will er schon wissen, wo er dafür reinbeisst. So`n bisschen überrascht scheinen die Grilljungs schon zu sein, dass sie auch internationale Gäste haben - aber alles kein Problem, wir bekommen einen Tisch zugeteilt, Weinkaraffen, Becher und Bier werden drauf gestellt und wenig später kommt die erste Runde "Chorizo". Schöne Portionen, soll eigentlich nur zum "Warmessen" sein - zumindest die Frauen sind jetzt schon satt. Nächste Runde dann die Fleischberge, noch ein bisschen hin- und hergetauscht (wo ist am meisten drauf, wo weniger Fett), dann stopfen wir munter drauflos. Das muntere lässt bald nach, die Kaumuskeln tun langsam weh, Wein und Bier zum Nachspülen werden nachgereicht, die ersten sacken ermattet auf ihren Sitz zusammen. Irgendwann geben alle auf und reiben sich mehr oder weniger jammernd die Bäuche. Das Eis passt dann trotzdem noch rein ... Fritz sammelt die Fleischreste für die nächste "Pico-Party" zusammen, alle quälen sich aus der Bankreihe ins Freie und klettern stöhnend in die Schlauchboote. Marion zwingt mich noch zu einem langen "Verdauungsspaziergang", der hilft nicht (nur ein bisschen) und der aus den hintersten Winkeln unseres Medizinschränkchens herausgekramte Schwedenbitter (immer noch von den "Blau´s”) auch nicht. Den Rest des Tages liegen wir ermattet und ein bisschen jammernd im Cockpit rum und machen ma NÜSCHT mehr! Nie wieder Fleisch!!!!

Montag, 05.12.2011

Wir wollen weiter. Ein schöner Anlass, sich doch mal wieder die Wetterprognosen anzuschauen. Mittwoch Südost, das klingt doch fantastisch. Augenblicklich setzt Betriebsamkeit ein - was ist noch zu erledigen? Marions Blick fällt sofort auf den Wäschekorb. Sie verteilt ihre zwei Waschschüsseln im Cockpit, zwingt mich, meine kaum getragenen Sachen auch gleich auszuziehen und wenig später baumeln sie an der Leine im Wind. Dann müssen noch Geburtstagskarten geschrieben werden (Claro, man weiss ja nie, ob es in Uruguay noch weitere Briefkästen ausser in Colonia gibt). Ich will meinem Fahrrad eine schöne Schlafsack-, Isomatten-, Zelt- und Taschenbefestigung verpassen (Marion hat ja eine Satteltasche) - such mir schon mal das Werkzeug zusammen und als das Cockpit waschschüsselfrei ist breite ich mich sofort dort aus. Von Fritz habe ich ein passendes Brett für mein Projekt, daran bohre und schleife ich jetzt munter rum. Sieht schon mal gut aus, jetzt noch ein paar Löcher für die Gummibänder zum Festspannen ... meine Bastelei zieht sich, Marion sucht vergeblich ein Plätzchen im kühlen Cockpit. Ich hole auch noch Schlafsack und Zelt zum Probebefestigen, Gummilängen ändern, Bohrlöcher mit Senkbohrer schön machen, Haken anbringen ... Als ich das Brett jetzt nochmal abbauen, schleifen und ölen will, streikt sie: Das Ding ist schliesslich nur dafür da, um auf staubigen Pisten unsere Sachen dran zu befestigen! OK, wenn wir jetzt mit dem weltweit hässlichsten Fahrrad-Gepäckträger-Brett unterwegs sind, hat sie Schuld!

Dienstag, 06.12.2011im Ausseborder-Zerleg-Wahn

Marion durchstöbert ihre Vorräte, macht einen erheblichen Minderbestand an Obst und Gemüse aus und stürzt sofort mit dem Einkaufswägelchen in die Stadt um dies zu ändern. Ich will mir noch schnell den Aussenborder vornehmen, der seit zwei Tagen nur noch lustlos vor sich hinstottert. Vergaser auseinandernehmen - alles sauber - dann eben die Zündkerze. Sieht auch ganz hübsch aus, ich tausche sie trotzdem. Dafür entdecke ich an der Propellerwelle die Reste einer Plastiktüte, die sich gekonnt in den Simmering gewickelt hat. Der findet das natürlich blöd, dichtet die Welle nicht mehr ab und logischerweise hat sich das Öl dahinter mit dem eingedrungenen Wasser zu einem schönen weissen Pamps vermischt, der sich gekonnt im ganzen Aussenborder verteilt hat. Soviel zum Thema: mal schnell den Motor zum Laufen bringen - den Rest des Tages bringe ich damit zu, ihn in seine kompletten Einzelteile zu zerlegen, alles von dem weissen Glibber zu säubern, den Simmering, da Ausbau nicht möglich (haben die Japaner doch genau dahinter ein Kugellager eingepresst) in einer Mikrochirurgischen Operation von tausenden kleinen Plasteschnipseln zu befreien und anschliessend alles wieder wieder zusammenzubauen. Das tue ich genau fünf mal, bis ich das Schaltgestänge (vorm Zusammenbau) endlich in der richtigen Position verschraubt habe. Marion, da durch restlos zugemöltes Cockpit zum Arbeiten unter Deck verbannt, versucht mich zwischendurch mit Obstsalat bei Laune zu halten, näht unserer arg mitgenommenen "Stralsund-Wimpel" nach und versucht irgendwie die von mir in zwei Wochen unter Deck verteilte Möl zu verstauen. Zum Abend dann noch eine Glas Abschiedswein bei Jürgen, der Margrit heute in Montevideo auf dem Flughafen abgeliefert hatte und mit Rainer, der sich seit gestern seine Stullen alleine schmieren muss, da Anne sich den Weihnachtswahn in Deutschland antun wollte.

Mittwoch, 07.12.2011weisser Schmetterling

Genauso unkompliziert wie das Einklarieren verläuft auch die Abmeldung - Liegeplatz bezahlen, Quittung dem Prefectura-Menschen in die Hand drücken und der revanchiert sich, indem er die Bootspapiere wieder rausrückt. Super System, spart Zeit und Nerven und ich muss mich nicht mal in die "Behörden-Gala" zwängen dafür. Entsprechend zeitig binden wir uns von der Mooring-Tonne los, winken der "Caledonia" und "Meerbär" zum Abschied und nehmen Kurs aufs Flussdelta des Rio de la Plata. Der Wind hat uns auch lieb, mit ausgebaumter Genua und Grosssegel zur anderen Seite, was die Segler (die ja sonst zu einer Art Geheimsprache neigen) ganz profan "Schmetterlingsegeln" nennen, rauschen wir nur so los. Nur, warum die Spanier den Rio als "Fluss des Silbers" bezeichnet haben, will sich uns nicht recht erschliessen - an der Farbe kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Am späten Nachmittag verkrümeln wir uns hinter eine Insel, werfen den Anker - Marion kümmert sich ums Essen, ich um den "Sundowner" - halbnackt hocken wir im Cockpit, die Sonne geht kitschig-rot unter, am Ufer lärmen irgendwelche Vögel, der fast volle Mond geht auf der anderen Seite auf - GEIL!

Donnerstag, 08.12.2011

Wir wollen heute nach Carmelo, nicht weil es uns wieder in die Zivilisation zieht, sondern weil unser "Ankerketten-Agent" dort rumlungert. Wind von vorn - macht nichts, sind eh nur zehn Meilen. Also motoren wir, immer schön im betonnten Kanal - oh Tannenbaumalso fast wie bei uns zu Hause. Einmal wird’s etwas trickig, scheinbar geht das Fahrwasser dort scharf um die Ecke - wir haben zwei verschiedene Kartensätze, auf einer sind an der Stelle zwei grüne und eine rote Tonne eingezeichnet, auf der anderen zwei rote und eine grüne. In Wirklichkeit ist dann die entscheidende letzte Tonne weder rot noch grün, sondern undefinierbar rostig. Wo vorbeifahren? Der Tiefenmesser treibt das Adrenalin hoch, wir wurschteln uns durch, nehmen Kurs auf die nächste weit entfernte grüne Tonne, die dann gänzlich fehlt. Kommen trotzdem ohne "Aufsetzer" in Carmelo an - Argentinien hat langes Wochenende, entsprechend voll ist der Hafen - wir finden einen Platz neben der "Pico". Ingrid hockt bei schweisstreibenden Temperaturen im Bikini im Cockpit und schmückt ihre heutige Neuerwerbung - einen Tannenbaum. Da wir noch keinen haben (was mich ja mal gar nicht stört), bekommen wir sofort ihren alten Baum übergeholfen - Marion ist hochgradig begeistert, ich übe mich in Toleranz und verfrachte schon mal die Fahrräder zwecks Stadterkundung an Land. Kommt dann aber alles ganz anders - eine "Kinder-Mail" später, sitzen wir beide vorm Rechner, suchen einen halbwegs bezahlbaren Flug nach Deutschland und buchen kurz entschlossen für Marion am nächsten Dienstag von Buenos Aires nach Berlin. Soviel zum Thema Flussfahrt und Fahrradtour durch Uruguay. Wir raffen uns trotzdem noch zur Fahrt in die Stadt auf, aber irgendwie ist die Stimmung dahin - Marion nörgelt an meinem Luftdruck im Hinterreifen, ich drück bockig an der nächsten Tankstelle den Reifenfüllschlauch drauf, drück (mangels Anzeige) ein bisschen zuviel, der Schlauch platzt, noch bockiger schiebe ich das platte Gefährt bis zur nächsten Reifenbude, die besorgen und montieren einen neuen Schlauch, füllen ihn diesmal vernünftig, wir haben uns wieder lieb, aber keine Lust mehr auf Stadtrundfahrt, setzten uns statt dessen auf ein paar Plastestühle am Markt und bestellen erstmal ein grosses, kaltes Bier! Ist eh viel zu heiss zum rumfahren.

Freitag, 09.12.2011

Unser Liegeplatz ist laut und nervig, die Argentinier feiern im Schatten der Bäume hinter uns ausgelassen ihr langes Wochenende, oder sie haben alle gerade Geburtstag, oder alle gleichzeitig die Regatta hierher gewonnen, ... "Picos"s werfen ihre Leinen los, wir wollen trotzdem noch einen Tag bleiben. Erstmal fragen wir uns zu unserem Agenten durch. Der heisst Federico, ist nett, erklärt uns geduldig das Prozedere der zollfreien Einuhr nach Uruguay und listet schon mal alle anfallenden Kosten auf. Hafengebühr, Container-Öffnungsgebühr, Zollbeamter-Danebenstehgebühr, Ausdemhafenrausfahrgebühr, Schreibgebühr, Gebühr hierfür, Gebühr dafür - am Ende stehen einschliesslich seiner bescheidenen Gebühr weit über tausend Dollar auf dem Zettel - wir verabschieden uns höflich. Gestern haben wir ja nicht viel von der Stadt gesehen, also drehen wir erstmal eine Runde - so richtig vom Fahrradsattel reisst es einen nicht - und radeln anschliessend zu einem Weingut ausserhalb. Das wirkt genauso verschlafen wie die Stadt, also weiter zum "Cerro Carmelo", wie der dreissig Meter hohe Hügel genannt wird. Die Aussicht ist in etwa die selbe, wie von der staubigen Strasse aus, wir radeln langsam zurück, Marion versucht sich unterwegs mit Pferden anzufreunden, ich wecke den Besitzer eines Strassen-Kiosk weil wir Durst haben, entdecken zurück in Carmelo tatsächlich einen geöffneten Mercado, wo wir Fleisch und einen Fahrradhändler wo wir Ersatzschläuche kaufen können, werfen unsere Beute auf dem Boot ab, radeln noch mal los um schöne Natur und viel Müll zu sehen, hauen uns bei einem Strassenverkäufer die Bäuche mit irgendwelchem gebrutzelten Sachen voll, finden unter den Bäumen vorm Boot noch ein freies Tischchen, wo wir ein Feierabendbier trinken können und werfen uns beizeiten in die Koje, in der Hoffnung eingeschlafen zu sein bevor der Partytrubel wieder losgeht.

Sonnabend, 10.12.2011

Weiter wollten wir heute sowieso - aber eigentlich in die andere Richtung. Vor der Abfahrt noch schnell die (happige) Hafengebühr zahlen, wir bekommen gleich zwei Quittungen - eine ist für die Prefectura. Ich finde, da wir uns dort nicht angemeldet haben, brauchen wir uns auch nicht abmelden - Marion, ganz pflichtbewusst, sieht das natürlich anders und somit versetzen wir erstmal ein paar auf Wochenende eingestimmte Uniformierte in Aufregung und Nervosität, da sie uns natürlich in ihrem "Einreise-Buch" nicht finden können. Wir stellen uns mal schön blöd, lassen uns freundlich über die Wichtigkeit der Anmeldung belehren, bekommen irgendwann dann unseren Einlauf- und Auslauf-Stempel und können endlich die Leinen loswerfen. Ich wäre ja schon eine Stunde früher weg gewesen! Ganz so schnell geht’s dann auch nicht, weil wir mit unserem Anker auch gleich noch die Ankerketten von zwei Nachbarbooten mit hochziehen. Die sind aber eh alle in Party-Laune und finden das nicht weiter schlimm, einer schwimmt hin, um das Gewusel zu entzerren - wir winken freundlich und verdrücken uns. Wind gibt’s heut mal gar nicht - auch kein Problem, der Strom schiebt uns mit drei Knoten Flussabwärts, der Stinkediesel kann also aus bleiben. Drei Stunden später werfen wir den Anker hinter der Isla Timoteo Domiguez (so müssen Inseln heissen!) in den Sand und machen für den Rest des Tages auf FAUL.

Sonntag, 11.12.2011

Unser Gummiböötle hat sich von unserem gestrigen Nichtstun inspirieren lassen und liegt lust- genauer gesagt luftlos auf dem Vordeck rum. Da hat Mann doch gleich eine neue Aufgabe. Blasebalg suchen, Boot aufpumpen, mit dem Ohr dran langfahren - Zischt nirgends. Also weiter beobachten. Marion hat neben dem Morgenbad (nackt an der Badeleiter hängen und aufpassen, dass einen die Strömung nicht wegtreibt) auch noch ein super Sonntagsfrühstück nebst weichgekochtem Ei gezaubert, wir lassen es uns im Cockpit schmecken, schlürfen genussvoll unseren Kaffe und machen auf ganz entspannt. Irgendwann müssen wir den Anker aber doch Hochleiern, rollen die Segel aus und nehmen etwas lustlos wieder Kurs auf Colonia. Meerbär-Rainer und Jürgen, von denen wir uns vor drei Tagen ja gerade ganz überschwenglich verabschiedet haben, gucken etwas irritiert als wir uns wieder an unsere Mooringtonne binden, kommen beide auch gleich rübergedüst (Männer sind wahrscheinlich auch ein bisschen neugierig) und so hocken wir dann den Abend zusammen auf der "Mira".

Dienstag, 13.12.2011

Anstrengende zwei Tage. Fährtickets nach Buenos Aires kaufen, mir noch schnell einen neuen Haarschnitt verpassen, vorkochen damit ich nicht gleich die ersten Tage verhungre - Marion hat richtig Stress. Dann sucht sie ihre Wintersachen für Deutschland zusammen (hatte sie ja gerade erst vakuumverpackt gaaaanz unten im Schiff verstaut) und breitet sich mit Rucksack und allem möglichen anderen Dingen im gesamten Schiff aus, versucht mir nebenbei zu erklären wo das Mehl steht (wozu brauch ich das denn?), wo das Salz, wo noch Kartoffel liegen, wo die Handtücher, erklärt mir, das man Bettwäsche auch mal wechseln muss, wo ich neue finde, wo der grosse Topf steht, wo neue Zahnpasta, das man die Luken zum Lüften aufmachen muss und bei Regen wieder zu, wo noch Zwiebeln liegen, die irgendwann anfangen zu schimmeln, .... wer soll sich das denn alles merken? Irgendwann ist der Rucksack gepackt, alles überlebenswichtige an mich vermittelt, sie steht in ihrer Polarkombi abmarschbereit, ich lauf in kurzer Hose und Flip-Flops nebenher. Schnell noch in der Stadt was essen, auf den letzten Drücker kommen wir am Fährterminal an, drücken und knutschen, Träne wegwischen, dann verschwindet meine Bordfrau auch schon durch die Passkontrolle. Schluchz!

Mittwoch, 14.12.2011

Die “to do Liste” ist lang, also stürz ich mich mal gleich auf die Arbeit. Erstmal müssen die ganzen Winterklamotten wieder verschwinden. Marion hatte ja immer alles in einen grossen Sack verpackt - ich beschliesse, das auf drei zu verteilen. Dauert ne Weile, bis ich mich entschieden habe wer mit wem in einen Sack darf, dann geht’s los. Generator anschmeissen, Staubsauger raussuchen, anstöpseln und Luft absaugen. Funktioniert irgendwie nicht richtig (vielleicht sind Staubsauger ja gar nicht für Männer konstruiert) aber dann krieg ich es doch hin. Zumindest bis zum dritten Sack, da geht der Generator in die Knie. Überhitzt - ich tippe mal auf den Impeller der Wasserpumpe und liege richtig. Neuen Impeller rauskramen (da liegen natürlich gerade alle Winterklamotten drauf), mit Werkzeug in den Motorraum kriechen, noch mal rauskommen und “Bastelsachen” anziehen, dann Impeller wechseln, alles wieder wegräumen, waschen, umziehen und weiter geht’s mit Saugen. Marion hatte die Säcke immer unter der Koje in der hinteren Kabine verstaut, das ändere ich auch. Unter der Vorderkoje liegen noch schwere Rollen mit Tauwerk, die wandern jetzt nach hinten, Staufächer schön auswischen und jetzt dürfen die Wintersachen vorne wohnen. Da mein Werkzeugfach eh noch offen ist, mach ich mich dann gleichmal an den wackelnden Fussboden unterm Salontisch - neue Löcher bohren, passende Schrauben raussuchen, neu verschrauben und hinterher schön Staubsaugen. Zwischendurch kommt Rainer um mich von der Arbeit abzuhalten - ok, ein Bierchen muss ja auch mal sein. Ich tausch dann noch ein paar LED-Lampen gegen neue SMDs aus, räume alles schön auf , duschen, Feierabend! Marion hatte mir einen grossen Topf Gulasch vorgekocht “... musst du nur noch verfeinern, andicken und Kartoffel dazu kochen”. Kartoffel lass ich weg, den Rest krieg ich hin. Topf auf den Herd, Laptop einschalten um zu sehen ob Marion inzwischen in Berlin angekommen ist. Erwische eins der Kinder bei Skype - Mama noch nicht da, hängt in Madrid fest. Nebenbei am Herd “verfeinern”, zwei Tomaten wandern in den Topf, Sahne und ein Stück Schimmelkäse, der gerade neben der Sahne im Kühlschrank lag. Jetzt noch andicken. Kann keinen Sossenbinder finden - Töchterchen rät mir Mehl mit Wasser anzurühren, dass tut`s auch. Weiss ich, aber wo steht das Mehl? Schliesslich finde ich Maisan, schütte das rein und stelle fest, dass man das auch vorher anrühren muss. Ne Weile zerdrücke ich Klumpen am Topfrand, rühre wie wild, befinde das Ergebnis für perfekt und endlich steht die dampfende Schüssel “verfeinerten” Gulasch, nebst fast frischem Brot auf dem Tisch. Schmeckt absolut phantastisch, zumindest solange, bis ich mal wieder zur Tastatur lange um Töchterchen zu antworten und dabei die Schüssel vom Tisch haue. Ok, die Fleischstücke kann man trotzdem noch essen, hatte ja gerade gesaugt, dann vorsichtig die Hose ausziehen, ins Cockpit werfen, eine Schüssel voll Wasser machen, Fussboden wischen, neue Schüssel, Hose ausspülen, Cockpit reinigen, ... Supi, schon am ersten Tag alleine habe ich Staub gesaugt, den Salonfussboden gewischt, eine Hose gewaschen - Marion wird stolz auf mich sein!

Freitag, 16.12.2011

Drei Tage Regen - auch nicht schlecht, klärt sich das mit dem Deckwaschen von alleine und unter Deck habe ich ja auch noch jede Menge Ideen, was ich so alles umbauen könnte, wenn niemand daneben steht und darauf achtet, dass ich ja keinen Dreck dabei mache. Erstmal mit den unwichtigen Dingen anfangen  - das DVD-Laufwerk am Navi-Rechner anschliessen. Hatte ich ja schon bei der Installation versucht, hatte aber irgendwie nicht geklappt. Klappt immer noch nicht, dafür habe ich ein paar Stunden, mit im Salon verteilten Elektronikbauteilen, meinen Bastelwahn ausgelebt - am Ende funktioniert der ganze Rechner nicht mehr. Irgendwann dann doch wieder, um wenigstens etwas Sinnvolles getan zu haben baue ich noch schnell den Startknopf an eine besser erreichbare Stelle - schnell alles zuschrauben, noch mal probieren - toll, wie gut der Startknopf jetzt erreichbar ist - Gulasch auf den Herd, Schüssel diesmal schön festhalten - Mann ist ja lernfähig, das erspart nächtliches Fussbodenwischen!

Sonnabend 17.12.2011

Kindergeburtstag - Marion ist noch in Berlin geblieben und pusht auf der Party unserer Jüngsten den Altersdurchschnitt nach oben, ich hab`s dafür warm und Sonnenschein Kann endlich mal die Fahrräder im Cockpit auseinander bauen, einölen und unter der Koje in der Achterkabine verstauen. Die vertragen sich super mit den Leinenrollen, bin ganz begeistert von meinem neuen Stausystem. Hab mich dann noch über den Fotoapparat hergemacht - Marion hat ihre Spiegelreflex ja zur Reinigung mit nach Deutschland - ich sitz hier mit der kleinen Taschenkamera mit ständig rausfallenden Linsen. Sind noch irgendwelche Nachwehen von ihrem Crash im Colca Canyon in Peru. Mittels Wattestäbchen, 90-prozentigem Bergarbeiterschnaps (zur Reinigung und nicht für den Operateur) und Sekundenkleber gelingt die “Operation” - ich kann also auch mal wieder Fotos mit in den Text schieben. Naja, vorher muss ich natürlich welche machen. Und weil Mann nicht immer nur von Gulasch leben kann, gönn ich mir mit Rainer in der Stadt ein lecker “Chivito de la Plata para dos”. Grosse Platte, Fleisch drauf, Schinken drauf, Ei drauf, Berg Pommes drunter, Grünzeug drumrum - ist original uruguayisches Nationalfutter - wir haben es nur etwas modifiziert - bei uns steht noch ein grosses Bier daneben. Kein Foto - Fotoapparat  nicht dabei.

Sonntag, 18.12.2011kein Weihnachtsmann - dat is Rainer

Jürgen werkelt vor sich hin, Rainer werkelt vor sich hin, ich irgendwie auch, aber echt lustlos. Schlauchboot rausnehmen, Spülmittel in einen Wassereimer, Schlauchboot damit einpinseln - endlich finde ich die undichte Stelle - zur Reparatur fehlt mir die Lust. Immerhin kann ich mich dazu aufraffen mit dem Rest aus dem Eimer auch gleich mal das Deck abzuschrubben. Schabe so`n bisschen an den Stellen rum, wo die Farbe an der Steuersäule hochkommt, habe irgendwann ein dreckiges Cockpit, viele blanke Stellen an der Säule - aber wozu, ich hab doch eh keinen Primer um das überzustreichen. Dafür diagnostiziere ich bei mir ganz eindeutig den “Colonia-Koller”. Ich muss langsam hier weg! Aber wohin? Am liebsten nach Süden, aber da streikt ja noch unsere Heizung. Und alleine ist das vielleicht auch nicht die beste Idee. Kann ja inserieren “Mitsegler gesucht!” Vielleicht mit dem Zusatz “weiblich bevorzugt” - wegen dem Abwasch, der sich langsam in der Küche auftürmt. Per Skype erwische ich Marion - die ist mittlerweile in Stralsund angekommen, vermisst mich auch und macht sich Sorgen, ob ich den Fussboden auch ordentlich gewischt habe! Ok, der Zusatz “weiblich bevorzugt” wird im Inserat gestrichen. Rainer kommt mit der Nachricht, dass heute vierter Advent ist, rüber - supi, ich stell gleich mal den Tannenbaum auf den Cockpittisch, dazu die “Tote Hosen - Weihnachts - CD”, zwei kalte Bier und schon machen wir uns einen richtig coolen Feierabend!

Montag, 19.12.2011

Das mit der Lustlosigkeit hat sich noch nicht gelegt - ich grübel’ immer noch darüber nach, was ich in den drei Monaten "Sturmfrei" so anfangen könnte. Zum Beispiel schon mal nach Brasilien segeln, liegt eh auf unserer geplanten Route nach Venezuela. Andererseits hat Marion ein Rückflugticket nach Buenos Aires - aber drei Monate im braunen Rio de la Plata? Nö, auf keinen Fall! Ich vertage die Entscheidung, muss schliesslich auch noch den Nachweis erbringen, dass Mann selbstständig lebensfähig ist - also selber Kochen. Einer der wichtigen Hinweise vor ihrer Abfahrt war der Kartoffelsack in der Bilge und dessen beschränkte Haltbarkeit. Kartoffel schälen, kochen, in die Pfanne schnippeln und Eier drauf! Und wo ich schon mal am Schälen bin, wird der komplette Sackinhalt enthäutet - gibt’s eben die ganze nächste Woche Bratkartoffel! Abends Junggesellen-Treffen auf der "Meerbär" - Jürgen, Rainer und ich stellen fest, das Frauen an Bord auch Vorteile haben und grübeln dann darüber nach welche ...  :-)

Dienstag, 20.12.2011

Mia und Wytze von der "Skua" sind seit drei Tagen zurück von ihrem Patagonien-Ausflug - keine Ahnung, ob ich schon so ausgemergelt aussehe - Mia hat mich jedenfalls heute erstmal zum Essen eingeladen. Nicht, das mir meine Bratkartoffel nicht mehr schmecken, aber Mia kocht eindeutig besser! Die beiden haben jede Menge zu erzählen von ihrer Reise, bei mir gibt’s deutlich weniger berichtenswertes und ausserdem habe ich ständig den Mund voll. Schmeckt aber auch sowas von lecker!

Mittwoch, 21.12.2011

Das Geheimnis meiner zarten Hände? Spülmittel! Wie ich heute morgen so durch die Küche tapper, reift in mir die Erkenntnis, das der Abwasch wohl nicht so lange warten kann bis Marion wiederkommt. Ein Mann, ein Gedanke, eine Tat! War gar nicht so schlimm, werde ich wohl jetzt öfter mal machen. Und weil ich eh schon beim rumplanschen mit Wasser bin, habe ich mir Marions Waschschüssel ins Cockpit gestellt und meine zwei Büchsen und "Dauer T-Shirt" auch gleich mal durchs Wasser geschwenkt.wie konnten wir nur jahrelang ohne Getränkehalter reisen02

Donnerstag, 22.12.2011

Das Sturmtief war ja angedroht - hatte gestern noch mal die Leinen gecheckt, Gummibötle ordentlich festgezurrt und auch ansonsten meine im Cockpit rumliegenden Werkzeuge, Teile und sonstige Möl evakuiert. Kluge Entscheidung - es hat ordentlich geblasen, eine Leine ist gerissen. Nicht weiter tragisch, unser Schiffchen war ja mit dreien an die Mooringtonne festgezottelt. Jetzt ist alles wieder chic, die Sonne lacht und ich sitze schwitzend im Cockpit und hab ein neues Bastelprojekt. Da die Steuersäule eh zwecks schleifen und neu streichen (so ich denn irgendwo Farbe organisieren kann) zerlegt ist, werde ich sie gleich um ein wichtiges Accessoire vervollständigen - einen Getränkehalter. Ok, steht auf der Prioritätenliste nicht unbedingt ganz oben, aber da mir für die wichtigen Dinge die Lust fehlt, widme ich mich eben mal den Nebensächlichkeiten. Mit Stichsäge, Schleifer, Lochkreissäge und Bohrmaschine werkel ich solange an einem Mahagonibrett rum, bis das Ergebnis meinen hohen ästhetischen Ansprüchen genügt, alles mal provisorisch fürs Foto aufbauen, gut, das Cockpit muss ich hinterher auch schrubben, selber springe ich gleich ins Hafenwasser - eine Dusche alleine hätte nicht gereicht und ja Marion, falls du das hier liest - Patagonien - ich komme!ich habe die Tür und alle Luken vorher zugemacht!

Freitag, 23.12.2011

Jürgen hat seine umfangreichen Bastel- und Umbauprojekte abgeschlossen oder vielleicht auch nur vertagt oder festgestellt das er damit auf seinem Riesen-Dampfer eh nie fertig wird - auf jeden Fall hat er beschlossen endlich nach Patagonien loszusegeln und uns zu einem Abschieds-Imbiss eingeladen. Ein Glück, das er nicht Abschieds-Dinner gesagt hat, Rainer und ich hätten uns sonst echt noch in die Anzüge zwängen müssen - so können wir ganz lässig gekleidet auf die “Caledonia” klettern und uns von den Kochkünsten des Skippers überzeugen. Und das hat er so super drauf - ich überlege spontan, ob ich bei ihm als Decksmann anheuern und mich die nächsten drei Monate durchfüttern lassen sollte. Marion hatte mir noch extra einen Kuss für ihn mit auf den Weg gegeben, den drück ich ihm aufs Gesicht, nehme zur Kenntnis, das ihm das Original lieber gewesen wäre - den kann er sich dann ja im nächsten Jahr persönlich abholen. Hat ja schliesslich `ne Einladung zu unserer Silberhochzeit - Termin steht fest, müssen ihm dann nur noch die aktuellen Koordinaten durchgeben. Jürgen, wir hoffen, wir sehn dich dann! Und viel Spass in Patagonien, fair winds und immer eine funktionierende Heizung!

Sonnabend, 24.12.2011auf den alten Sackträger!03

“... sti-ille Nacht, heilige Nacht ... “ dröhnen die Toten Hosen aus den Lautsprecherboxen - Rainer und ich feiern Weihnachten. Hatten uns für die Party extra eine Lammkeule beim Fleischer bestellt, das gute Stück gestern abgeholt, gleich noch diverses Grünzeug dazu gebunkert und uns dann heute an die fachgerechte Zubereitung des Festtagsbraten gemacht. Der diesjährige “silberne Kochlöffel” geht dabei eindeutig an mich, für besonders phantasievoll geschälte Kartoffeln, der “goldene” wohl an Rainer für solche Nebensächlichkeiten wie das bisschen Fleisch, Sosse und Salat. Weihnachtsbaum auf den Tisch, zwei Rotweingläser, dazu eben passende Musik und schon kann das Gelage losgehen. Wir geben alles, aber irgendwann müssen wir uns resignierend eingestehen, dass drei Kilo gespickter Braten nicht in einem Durchgang zu bewältigen sind - werden wir wohl morgen noch mal ran müssen. Wie in jeder Partnerschaft, ist es auch bei uns nicht anders, einer saut die Töpfe ein, der andere muss zusehen, wie er sie wieder sauber kriegt - also stehe ich vorm Waschbecken und kann dabei, dank der bereits bei mir an Bord gesammelten Erfahrung, mit einer hinterher glänzenden Küche brillieren. Dann machen wir uns über den Weinkarton her, Seemannsweihnachtbekommen dabei Hilfe von Hermann und Moni, die mit ihrem Schiff nebenan liegen, so das wir wenigstens den schaffen. Mitternacht dann grosses Feuerwerk - irgendwie wie Sylvester bei uns zu Hause - nur hier finden die Kinder hinterher die Geschenke unterm Baum. Ich schau auch mal nach - KEIN GESCHENK!

Sonntag, 25.12.2011

Weil heute Weihnachten ist und ausserdem viel zu warm, ruhen alle Bastelprojekte. Einzig zum Abtauen des Kühlschranks kann ich mich durchringen - Kühlschrank 1 ausschalten, Kühlschrank 2 ein, Krempel von Nummer 1 in Nummer 2 räumen, Deckel zu, heissen Wasserkessel in Nr. 1, auch Deckel zu und jetzt ab und an das abgetaute Eis vom Boden aufwischen. Abends dann “Lammkeule die 2.”, wieder super lecker, diesmal ohne Wein dafür ich wieder am Abwaschbecken. Werde das Gefühl nicht los, dass Rainer mir dabei heimlich seine Frühstückstasse mit untergejubelt hat!

Montag, 26.12.2011

Hatte mir gestern von Rainer noch ein Buch mitgenommen und so beim Frühstück schon mal so ein bisschen drin rumgeblättert. Und den Rest des Tages hab ich’s dann auch nicht mehr weggelegt. Faul rumsitzen und lesen muss ja auch mal sein, ist ja schliesslich immer noch Weihnachten.

Dienstag, 27.12.2011

Irgendwie bin ich heute zufällig auf unseren Gasfernschalter gestossen. Das gute Teil soll ja so lässig per Knopfdruck in der Küche, die Gasflasche im Gaskasten draussen zu oder abschalten - so man ihn dann installiert hat. Unser fährt halt seit drei Jahren in einer meiner Bastelkisten spazieren. Den Schalter in der Küche hatte ich ja schon eingebaut und ein Kabel zum Schaltrelais im Gasflaschenkasten liegt auch. Brauch ich also NUR NOCH ein Stromkabel vom Schaltpanel bis zum Schalter in der Küche. Spannende Aufgabe. Den ganzen Tag über räum ich Schränke leer, bau Wandverkleidungen ab, finde öfter mal Reservekabel, aber nie das andere Ende davon, ... Vorderkabine, Salon, Küche, Bad - überall offene Wände, ausgeräumter Krempel oder Klamotten, Werkzeuge, dazu ein halbnackter, schweissüberströmter, vor sich hinfluchender Monteur - wenn jetzt Marion reinkäme ... ! Zumindest die Küche muss ich halbwegs wieder aufräumen, brauch ja den Platz auf dem Herd für meine Bratkartoffel mit Spiegelei. Rainer bewahrt mich davor das Boot abends weiter zu zerlegen - wir machen uns landfein und gehen ein Bier trinken. So mal richtig ins pralle Nachtleben, lautet der Plan - geht aber nicht auf, das Bier ist teuer und warm, um uns rum ne Handvoll Senioren - haben wohl irgendwie die falsche Kneipe erwischt.

Mittwoch, 28.12.2011Waschtag

Auf der “Meerbär” ist der Wassertank leer und da es damit auf der “Gräfin” und bei mir auch nicht viel besser aussieht, machen wir ein Gemeinschaftsprojekt daraus. Alle leeren Kanister zusammensuchen, in Hermis Schlauchboot werfen, einer füllt die Kanister an der Mole auf, einer fährt sie zu den Booten und der dritte füllt sie in die Tanks. Echt effektiv, bei jeder Tour plätschern 150 l Liter Wasser in die Tanks - das verleitet mich spontan dazu, nebenbei gleich noch zwei Waschmaschinen durchlaufen zu lassen. Nicht das ich schon soviel eingesaut hätte, aber Marion hat mich belehrt, das auch die Handtücher mal einer Wäsche bedürfen und mein Kopfkissen sowieso. Und weil das Wasser so reichlich sprudelt, mach ich mich auch noch an meinen zweiten Abwasch, fege die Hütte mal durch, wisch den Fussboden, ... Abends sind wir auf der “Gräfin”  zum Essen eingeladen - Moni hat eine riesige Lasagne gemacht, im stillen wahrscheinlich gehofft, dass sie für morgen halt auch gleich was zu essen haben, aber natürlich nicht mit dem (unbescheidenen) Appetit von mir und Rainer gerechnet. Ratzekahl leer die Schüsseln - vermutlich werden wir hier nicht mehr eingeladen :-)

Donnerstag, 29.12.2011

Da die Schrankwände ja irgendwann mal wieder zu müssen und man im Schiff ohnehin kaum noch treten, geschweige denn was abstellen kann - sprich, der überall verteilte Krempel muss wieder in die Schränke - mach ich mich also hochmotiviert an mein “Stromkabel in die Küche verleg” Projekt. Beschäftigt mich dann auch den ganzen Tag - letztendlich führt das Kabel vom Schaltpanel in den Kleiderschrank der Vorderkabine, von da durch die Schottwand hinter die Verkleidung im “Medizinschrank” (das ist der mit den Grappa- und Rumflaschen), dann in den Gewürzschrank, von dort hinter die Mikrowelle und da ist dann auch schon der Schalter. War doch ganz einfach - warum ich da nicht gleich drauf gekommen bin? Ging natürlich nicht ohne bohren, sägen und ähnliche der Schiffssauberkeit abträgliche Tätigkeiten - Käpt`n unter Tagesomit steht hinterher neben dem Zusammenschrauben und Einräumen auch noch ein umfangreiches Reinigungsprogramm auf dem Plan. Wird brav abgearbeitet, jetzt brauch ich nur noch das Schaltrelais in die Gasleitung schrauben. Also erstmal die Gasflaschen rausräumen, Werkzeug zusammen suchen, in den Gaskasten klettern, nochmal rauszwängen, weil ich den zweiten Arm nicht reinkriege, also erst beide Arme rein, dann langsam reinrutschen lassen, feststellen, dass die Schraubenschüssel draussen liegen und ich ja auch keinen Arm rauskriege, um sie zu greifen, nochmal rausquälen, Schraubenschlüssel nehmen, beide Arme rein, langsam runterrutschen, ... das Spiel wiederhole ich noch ein paar mal, um am Ende festzustellen, dass das Gewinde vom Schaltrelais nicht mit den vorhandenen Anschlüssen zusammenpasst. SCH...!!! Am liebsten würde ich das Ding über Bord schmeissen - zwei Tage quäle ich mich mit dem blöden Kabel rum, hol mir etliche neue dekorative Schrammen an Händen, Armen und Schulter, hab sogar zweimal deswegen den Fussboden fegen müssen und einmal gewischt ... so eine SCH... !!!!

Freitag, 30.12.2011

Mein Gott, bin ich blöd! Da kommt Fritz von der "Pico" (die gestern abend pünktlich zur Silvesterparty von ihrer Rio-Tour eingetrudelt ist) und zeigt mir mal so lässig, dass die Schlauchanschlüsse der Gasanlage auf einer Seite Links- und auf der anderen Seite Rechtsgewinde haben. Schaltrelais also direkt am Druckminderer anschliessen und schon kriegt man den auch raufgedreht. Echt peinlich, kann ich ja keinem erzählen. Aber ich bin ja lernfähig und konnte ENDLICH mein Gasfernschalter-Bastelprojekt abschliessen. Aber Rainer hat mir schon das nächste Spielzeug gebracht - will vor unsere gesamte LED-Beleuchtung einen Spannungsstabilisator bauen, damit die teuren Lämpchendas Chaos nimmt ein Ende auch immer schön ihre stabilen 12 V kriegen. Das Chaos im Salon bleibt mir also noch ne Weile erhalten. Ansonsten herrscht hier allgemeine Vorbereitungsstimmung für die morgige Party. Wer kocht was und wieviel? Ich gelte allgemein als Sozialfall, der durchgefüttert werden muss - brauch mich also an den kulinarischen Vorbereitungsorgien nicht zu beteiligen. Stelle dann einfach `nen Weinkarton auf den Tisch und zücke mein Besteck. Für heute bin ich auch schon mal auf der "Pico" zum Essen eingeladen. Nicht schlecht so`n Image!

Sonnabend, 31.12.2011

Nicht nur, das ich mir gestern auf der “Pico” so schön den Wanst vollgehauen habe - schon von weitem winkend, läuft auch noch die “Scorpio” in Colonia ein. Hätte nie geglaubt, dass die ihre Leinen in Piriapolis noch mal durchschneiden - riesige Freude - nicht nur das ich endlich mal wieder Anna knutschen kann (eine potentielle Köchin mehr auf dem Ankerplatz :-), wir haben uns jetzt schon fast ein Jahr nicht mehr gesehen und natürlich jede Menge zu schladdern und tratschen. Heute dann auf allen Booten allgemeines kochen, schnippeln, rühren, brutzeln - ich bin davon befreit und widme mich meiner neuen LED-Lampen-Schaltung. Will das Chaos im Salon unbedingt noch im alten Jahr beenden und es klappt auch. Aufräumen, ausfegen, einkaufen, duschen, Getränkesack packen - jetzt bin startklar für die Party auf der “Meerbär” - werden den Dampfer mal so richtig zerlegen! Guten Rutsch allerseits und lasst’s ordentlich krachen!!!                                   HAPPY NEW YEAR !!!

was bisher geschah:                                  ... muss ich wohl noch nachholen

Sonnabend, 18.02.2012vorher ...

Auch wenn wir bis heute früh Anna`s Geburtstag gefeiert haben, bin ich pflichtbewusst um halb Neun aus dem Bett gekrochen - GROSSER HAUSPUTZ! Nicht, dass es jetzt übermässig keimig wäre in der Hütte (hab ja schliesslich doch mal dann und wann zum Besen gegriffen), aber so ganz entspricht es doch nicht dem ... nachher“Marion-Standard” und morgen kommt schliesslich BESUCH! Also die Achterkajüte leerräumen (wohin bloss mit dem ganzen Zeug, das da so rumliegt), noch wichtiger: die dort ebenfalls gestauten Weinvorräte woanders verstecken. Irgendwie hat sich ohnehin im gesamten Schiff eine Unmenge Zeugs verbreitet und die Weihnachtsdeko kann eigentlich auch langsam weg (sieht gleich viel gemütlicher aus mit der neuen Dekoration :-). Polster dürfen mal an die frische Luft, Staub wischen, ausfegen, wischen, ... so kann man tatsächlich `n ganzen Tag rumkriegen. Und wie ich dann so abends meine wohlverdienten Bratkartoffel in die Pfanne schnippel, fällt mir auf, dass ich ja auch schon länger nichts mehr geschrieben habe ...

Montag, 20.02.2012zwei Bleichgesichter

Haben Tina und Stephan mich doch gestern tatsächlich zweimal zum Fährterminal latschen lassen, nur weil sie nicht die Fähre genommen hatten, auf der ich sie, entsprechend der Ankunftszeit ihres Fliegers, vermutete. Natürlich habe ich mich heute sofort dafür gerächt und sie gleich am ersten Tag zu allen Sehenswürdigkeiten Colonias geschleppt. OK, so viele sind’s ja nicht, mit der Altstadt ging das recht fix - aber dann habe ich sie noch gezwungen bis zur Stierkampfarena zu laufen. Weiter geht’s nicht mehr - zwei Stunden hin, zwei zurück - ... und die Steaks a punto bittewas man aber durch Getränkepausen beliebig in die Länge ziehen kann. Natürlich haben wir gezogen ... Die Wahrsager bei “Wetteronline” verkünden für morgen reichlich Wind, also verproviantieren wir uns gleich noch ein wenig - jede Menge Grünzeug, diverse Steaks, Brot, sowie die vorgeschriebenen zwei Liter Flüssigkeit pro Tag landen in Form von Bier im Einkaufskorb. Stephan übernimmt seine gewohnte Rolle in der Küche, Tina schnippelt Grünzeug und ich lade schon mal Franz und Anna zum Essen ein. Ein Glück, dass Marion den Chefkoch nicht in ihrem Reich wüten sieht - dafür sind die Steaks dann aber perfekt, der Salat lecker und die Getränke schmecken sowieso!

Dienstag, 21.02.2012

Das Wetterorakel hat mal wieder daneben gelegen, nix mit Sturm, der soll irgendwo über Montevideo “hängengeblieben” sein. Auch nicht schlecht, ich schick meine beiden Urlauber an den Strand, dreh ne Runde mit dem Handfeger durchs Schiff, freu mich das Stephan die Küche nicht nur eingesaut, sondern das Chaos auch brav wieder beseitigt und sogar abgewaschen  hat, klapp das Laptop auf und hoffe ein brauchbares offenes Wifi-Netz zu finden. Irgendwie muss ich demnächst auch noch mal nach Stralsund - Marion is schon ne Weile am Nörgeln, ich soll endlich einen Flug buchen. Internet funktioniert, Stunden später kenne ich zwar alle Flüge zwischen Buenos Aires und Frankfurt auswendig, gebucht habe ich nichts - irgendwie klappt es nirgends mit dem Rail&Fly Ticket, dass ich unbedingt mitbuchen will, da ich logischerweise nicht die Absicht habe, die Ersparnisse der letzten Jahre für ein reguläres Bahnticket hinzublättern. Südamerikatypisch vertage ich die Problematik, Stephan und Tina sind eh zurück und Anna hat uns gerade zum Essen eingeladen. Die selbstgemachte Lasagne ist megalecker und da Stephan heute vom Küchendienst befreit ist, soll er mittels Gitarre für die musikalische Unterhaltung sorgen. Franz will ihn zwingen “Tiroler Volksweisen” vorzutragen, was aber daran scheitert, dass nur eine Lesebrille zur Verfügung steht. Entweder hat Stephan sie auf, um die Noten zu lesen, oder Franz, der den Gesangspart übernehmen muss, da keiner ausser ihm, sich in der Eingeborenensprache der Alpenbewohner artikulieren kann. Wir haben jede Menge Spass!

Mittwoch, 22.02.2012

Der neue Koch serviert sogar Brateier zum Frühstück, so bringt man den Käpt`n in Spendierlaune. Sofort versucht die Crew das auszunutzen und zum überhasteten Aufbruch zu drängen. Kein Stadtspaziergang, wir sollen los segeln und möglichst sofort. Äh, wir sind hier im Land, wo das Wort “Tranquilo” erfunden wurde - sofort geht hier mal gar nichts! Erstmal müssen wir bei der Prefectura eine neue Crewliste anfertigen, dann noch einkaufen, Liegeplatz bezahlen, Wasser bunkern, ... damit fangen wir am besten gleich mal an. Nach zwei Stunden sind die Tanks voll und Stephan (nach dem Kanistergeschleppe) bereit zukünftig sparsamer mit dem Wasser umzugehen.

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Grau in grau

Donnerstag, 16.08.2012 (fast genau ein halbes Jahr nach dem letzten Eintrag)

Die “Mira” schaukelt träge zwischen den Mooring-Leinen im braunen Wasser des Rio Lujan, im Club Barlovento, Argentinien. Passend zum Wasser das Wetter: grau, diesig, komplett wolkenverhangen, nicht ein Zipfelchen Sonne. Aber immerhin - es regnet nicht! Seit 6 Tagen sind wir aus Paraguay zurück (sonnenverwöhnt) und klotzen umso mehr ran, das Boot startklar zu machen für den langen Schlag nach Norden, ins Warme. Nebenbei mal ein Blick auf unsere Internet-Site, die schon mehr als überfällig ist! Der lange Deutschlandaufenthalt, Rechnerabsturz, ... Gründe gab´s reichlich warum hier alles brach liegt. Andererseits kamen nur drei “Mahnungen” bei uns an und wir haben uns schon gefragt, ob wir noch weiter schreiben? Nach so langer Zeit wird man faul ... oder sollen wir doch?

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