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nordwärts

Donnerstag, 12. Mai 2016
Auch wenn schon keiner mehr daran geglaubt hat - wir haben´s getan!! Nach gerade mal anderthalb Jahren “Vorbereitung” haben wir, sozusagen Hals über Kopf, den Anker hoch geleiert, die Segel ausgerollt, auf´s Knöpfchen vom Autopiloten gedrückt, es uns im Cockpit gemütlich gemacht und rauschen nun neuen Zielen entgegen. Weil ich jetzt nicht alles doppelt schreiben will und el Capitano immer noch an einer äusserst hartnäckigen Schreibblockade krankt, kopiere ich an dieser Stelle einfach mal meine tägliche Unterwegsmail an unsere Bodenstation in Stralsund, da steht nämlich alles schon drin ...

“Verhinderte” Unterwegsmail an Bodenstation 5:41 Uhr, Sonnenaufgang
08.56 Uhr, auf´m grossen Teich --- Bin spät dran heute. Krieg die Augen gar nicht richtig auf. Irgendwie ist die erste Nacht auf See immer doof, obwohl es recht ruhig war. Sind gestern, Punkt 17 Uhr ankerauf gegangen. Da war dann endlich alles fertig. Mann kann sich ganz schön verzetteln, Frau auch. Am Sonntag musste unbedingt noch eine Luke (Nummer 17) in der festen Scheibe eingebaut werden, Montag, ... ja, was war Montag? Äh, da war für Andreas noch was zu erledigen, Dienstag waren wir vormittags einkaufen, Grünzeugs und so für unterwegs. Auf der Fahrt zum Lotterschiff haben wir dann schon auf den ersten Metern den ersten dicken Schwapp Salzwasser ins Dingy bekommen - TOOOTAL GEIL! War eigentlich alles in Tüten, nutzte aber mal gar nichts. Jedes Teil abspülen und trocknen. Mein Job. Der Dicke hat in der Zeit Diesel kanisterweise rangeholt, am Ende war´s dann zu spät für die Abfahrt und ganz zufällig Cadisco-Zeit - nein, wir wollten uns eh noch von Jackie und Andreas verabschieden. Scratchy, ihren Wachhund haben sie nicht rausgerückt. Leider! Dabei war er gerade den Tag obdachlos geworden, seine Hütte ist zusammengebrochen. Da hätte sich die Mira doch als neues Zuhause angeboten ... Ist natürlich später geworden über die ganzen Umarmungen und die Hundeknuddelei, hatte ich frühs dicken Kopf (ganz prima wenn man lossegeln will!) An Bord alles aufklaren, Renè räumt wahrhaftig all seine Möl weg, an Land zum Ausklarieren (macht man selbst am Computer, geht super - der Capitano hat da rumgebrubbelt, Sch... französische Tastatur usw.), AB auf den Heckkorb wuchten, Dingy ausräumen, schrubben (da schwamm noch der Diesel drin), Unterwasserschiff, Propeller, Paddelrädchen freilegen, ... Und dann ging´s wirklich raus aus der Bucht!! Marigot und die sieben Berge hinter uns, wir mit breitem Grinsen im Gesicht. Die See empfängt uns Dauerankerlieger freundlich, die Wellen sind nicht zu hoch. Dazu halber Wind, leicht achterlich, 4-5Bft, Traumsegelwetter! Der Genua-Drache grinst uns auch an, das Dickschiff schwingt sich zu 6kn auf ... hocken im Cockpit und gucken auf das kleiner werdende Saint Martin. Man, war´n wir lange da! Und all der Terz mit Gonzalo, die Reparaturen, die Nervereien, ... Allerallerhöchste Zeit, dass wir los kommen! ... Irgendwann kullern mir aber doch ein paar dicke Tränen über´s Gesicht ... Danach ist´s aber auch gut :) Ja und heut früh wollte ich gleich loslegen mit Schreiben, da “spielt” der olle Navi-Rechner nicht mit mir. Auch was umgebautes. Deswegen das “verhinderte”. Pack ich den Schriebs halt auf´n Stick, kann René heut Abend mit weg schicken. Heute morgen waren Tümmler am Boot. So ca. sechs, die sind bestimmt ´ne halbe Stunde mit der Mira geschwommen. Waren aber auch noch nicht so richtig munter, keine Sprünge, nur mal mit der Nase rausgucken und eben auf den Wellen spielen. Nachmittag kamen noch mal zwei, aber nur kurz. Immerhin hat René sie auch mal gesehen. Ein Paradiesvogel mit langen weissen Schwanzfedern hat mit unserem Angelköder geliebäugelt - ansonsten ist keiner weiter da ... René hat vorhin grad den Wellengenerator angeschmissen. Die Halterung musste noch leicht umgebaut werden. Ist ziemlich laut das Teil, bringt aber schön Ampere rein, die der Autopilot umgehend wieder verheizt. Ca. 20 Minuten später ist es plötzlich wieder still. Der Keilriemen ist gerissen. Na toll! Also muss doch der Generator zwischendurch ran. Doof, dass es kaum Sonne hat. Wolken den ganzen Tag, der Wind ist etwas schwächer, die Wellen kleiner geworden. Richtiges Kaffeefahrtsegeln ;) Bin froh, dass ich den Tag über was machen und durch´s Boot wuseln kann. Unser Normalkurs war letzte Zeit immer Hart am Wind. Ewig diese Knüppelei und man hockt den ganzen Tag irgendwo in einer Ecke verkeilt rum. Ne, sooo ist es perfekt!!! Kann meinetwegen so bleiben. - Richtig viel wird wohl heut nicht mehr passieren. Irgendwann Abendbrot, René kann sich dann platt machen und ich werde mich gg. 23 Uhr verdrücken. Wirklich fit ist man echt noch nicht. --- Bei uns wird es jetzt immer kälter. René friert schon ...

Freitag, der 13te - ist das nicht herrlich?
Bin heut früher, obwohl ein bisschen zertreten aus der Kiste. Immerhin geschlafen. Wird so langsam. Dafür bin ich eingesperrt, kann mich nicht mit meinem Kaffeepott ins Cockpit hocken zwecks Observierung des Sonnenaufganges. Dick, rund und feurig ist sie aus dem Meer aufgetaucht. Glaub, sie tropft noch ein bisschen. Der Himmel war dabei nicht so dramatisch schön gefärbt wie gestern, dafür gibt´s wohl hoffentlich reichlich Power für die Solarpaneele. Das war gestern nicht so doll. Hat der Käpt´n gemeckert. Der Autopilot hat den ganzen Strom aufgefressen. Also hat er vorhin den Generator angeschmissen, der im Motorraum vor sich hin lärmt und alles gibt. Der Auspuff ist ausgerechnet an Stb. (Luv) und die gesamte Abgaswolke macht einen elegantem Bogen einmal durch´s Cockpit, huscht zielsicher unter die Sprayhood, trampelt den Niedergang runter und versucht, uns zu erstinken. Haben wir einfach den Niedergang zugemacht. Verriegelt und verrammelt. Kann ich dem Stinker da draussen durch´s Plexiglas Grimassen schneiden. Könnte mich natürlich auf die Badeplattform verholen, Füsse waschen. Das Wasser hat hier noch 26°C. Nicht schlecht. Und wunderbar dunkelblau, wenn die Sonne drauf scheint. Rundherum ist keine Menschenseele, kein Boot zu sehen. Nicht mal ´n Frachter. Die Tümmler haben heut auch keine Lust. Die waren gestern Nachmittag noch mal kurz da, da hatte mein Holder schon die Angel draussen und Köder Alfred hopste vergnügt auf den Wellen. Den haben sie sicher übel genommen und suchen sich nun ein köderfreies Boot. Dabei hat sich das Dickschiff so angestrengt, eine ordentliche Bugwelle zu fabrizieren, damit sie was zum Spielen haben. Alfred dagegen hat sich nur mit Sargassokraut behängt. Sah natürlich voll chic aus, als er abends vom Baden wieder rein kam. Käpt´n fand´s nicht so lustig, der hätte lieber ´nen Fisch gehabt. Ich nicht. Die können hier noch Ciguatera haben, das ist mir zu heiss. Hab keinen Bock auf sowas unterwegs. Wir sind gerade auf 19°53.442N, Absolut entspanntes Segeln65!49.233W. Haben ca. 15-18kn Wind aus O (soll etwas auf ONO drehen, dann auf OSO), Stärke bleibt erstmal. Könnte bisschen mehr sein, aber ich werde mich hüten, zu meckern. Die Wellen sind heut sowas von moderat, könnte gefühlt auch in ´ner Ankerbucht sein. Na, beinah. Gestern Abend hat der Dicke sich hingelegt und ich hab draussen im Mondschein unter den Sternen gesessen. Der Mond sieht grad aus wie ein Schüsselchen voll Milch (damit die nicht ausläuft, liegt er ja), macht aber schon ordentlich Licht an da draussen. Vielleicht ist auch süsser Brei drin, denn er wird ja dicker von Tag zu Tag. Ich für meinen Teil hoffe, dass ich nicht wieder abnehme ob der relativen Bewegungslosigkeit. Um dem vorzubeugen schnappe ich mir in der Käpt´n-Schlummerzeit das Handy und drück mir Musik auf die Ohren. Dazu kann ich rumzappeln und tanzen was das Zeug hält, auch wenn es ordentlich schwankt. Gestern hab ich jungfräuliches Radio reinbekommen. Von St. Thomas. Die müssen einen echt starken Sender haben (war der einzige, der zu haben war.)  Heut ist bei den St. Thomas-Jungfrauen ´ne Riesenbeachparty! Wenn wir jetzt umdrehen, schaffen wir das vielleicht noch... Ah ne, wir haben genug Karibik gehabt. Reicht. Wollen endlich mal wieder was anderes sehen. --- Werde mal mein Tagwerk beginnen. Ist ja mehr Beschäftigungstherapie, bisschen aufklaren, rumpuzzeln. Lesen mag ich grad nicht. Hab gestern meine Baumwolle zerpflückt. Eigene Ernte! Ehrlich! Bin extra einen Tag nach Holland gewandert. Wusste, dass bei der Causeway-Bridge einige Sträucher stehen. Hab Alf mitgenommen. Also den einen Hund von Jackie. Der freut sich immer, wenn er mit darf. Den Tag hatte er sich aber mächtig angear..., hat er nicht mit gerechnet, dass er bis rüber über die Grenze muss. Ist doch ein ganzes Ende zu latschen. Während ich die Sträucher geplündert habe stand er wartend unter einer Palme im Schatten. Er hat durchgehalten, hat es aber ziemlich raushängen lassen, dass ich den Gag überzogen habe. Den Rest des Tages hat er dann laut schnarchend in der Küche im Schatten verbracht. Die Watte pul ich jetzt auseinander, da sind Kerne drin. Einfacher wär´s natürlich gewesen, Watte im Mercado zu kaufen. Na ja. Jedenfalls will ich mir damit ein Nadelkissen machen. NUR ORIGINAL MIT SELBSTGEPFLÜCKTER BAUMWOLLE!!! Ist mir zu gefährlich, die Stecknadeln beim Nähen immer im Mund zu haben. Zack, verschluckt man mal eine oder gar zwei im Eifer des Gefechts!! - Schluss für heute. War draussen gucken - immer noch keiner da. Dafür Sonne satt. Kann ich dem Generator endlich den Saft abdrehen und mir den Wind um die Nase wehen lassen. Vorher versuche ich, die Unterwegsmail abzuschicken. Mal sehen, ob ich das hinkriege. Man ist ja bisschen blöd, wenn man das so lange nicht benutzt hat. Also wenn du die mail erst morgen hast, dann war ich zu blöd ...

Sonnabend, 14. Mai 2016Viel ruhiger!
Haben heut beide sowas von schlecht geschlafen. Ich bin mitten in der Nacht mit dem Kopfkissen unterm Arm nach achtern gezogen. Lag dann dort mit dem Ohr direkt über´m Hydraulikzylinder des Autopiloten, der bei dem Wellengang nicht gerade untätig ist ... Irgendwann sassen wir dann zusammen mit unseren dicken Augen im Cockpit. Pott Kaffee und frisches Ciabatta-Brot zum Frühstück haben das aber fast wieder wettgemacht. Die Wellen sind wirklich übel. Ein Gegeige! Macht die Genua ordentlich Geräusch dazu. Dabei ist der Wind mit 15-18kn ja eher harmlos. Wo kommt die Welle her? Faxen dick! Der Spi-Baum muss ran. Ein bisschen aus der Übung sind wir und der Spi-Baum steht nicht wie sonst griffbereit am Mast, er liegt jetzt an Backbord auf dem Vordeck. Bis das Ding rumgewuchtet und befestigt ist (er rutscht natürlich einmal vom Zapfen und knallt uns runter - Reling verbeult, fetter Kratzer im Anstrich auf dem Vordeck) Braucht ein bisschen Zeit. Aber voilá! Die Genua schlägt nicht mehr, jedenfalls nicht mehr so doll. Kriegen wir heute Nacht vielleicht das ein oder andere Auge zu. Ansonsten ist nicht viel passiert. Keiner da. Weder Fisch, Vogel noch irgendein anderes Schiff. Lesetag. Käpt´n versucht vormittags den Marlin-Micha an der Funke zu verstehen (nur Stimmerkennung), hängt die andere Zeit über ´nem spannenden Krimi und fürchtet sich dabei. Ich tu mir heut mal wieder Englisch an. Nicht das tollste Buch, aber man wird ja nicht blöder davon.

Montag, 16. Mai 2016, Pfingsten
Schlaftechnisch war das heute die tollste Nacht seit wir losgesegelt sind! Und, wem hab ich das zu verdanken? Unserer gelben Riesenblase, Christel! Die haben wir gestern nämlich hochgezottelt weil der Wind immer weiter eindrehte und wir schon sonstwohin (Azoren???) unterwegs waren. Da woll`n wir aber grad nicht hin. Ganze zwei Stunden hat´s gedauert von der Idee bis sie dann endlich oben herumtanzte. Erstmal alles zusammChristel bringt uns immer zum Grinsenensuchen ... Wo sind die Blöcke? ... Den grossen Segelsack aus dem Flurschrank raus und ins Cockpit wuchten ... Wo haben wir die Leinen gelassen? ... Wo mussten eigentlich die Blöcke hin, wo die Leinen ... und damit alles noch komplizierter wird, besteht der Capitano darauf, das Ding diesmal auch noch am Spi-Baum zu fahren. Haben wir sonst nie gemacht!!! “Zieh mal die Schot dichter, ne, die andere ...” Alles wieder runter lassen weil sich das ganze Gedöns an der Saling verklemmt ... Parasailor hochzotteln müssen wir eindeutig noch üben! Aber dann steht sie, die Christel, und zieht die dicke Mira hinter sich her. Haben nur noch wenig Wind. 10 Knötchen. Ist ja mehr ein Hauch als Wind. Das Wetter für die kommenden Tage verspricht eher noch weniger, und irgendwo vor uns gibt´s ´ne satte Flaute. Da muss man ja nun auch nicht rein. Schauen wir mal. Zum Abend schwächelt er noch mehr und Christel fällt zusammen - ein bisschen hier zotteln, ein bisschen da zotteln - geht sie wieder auf und bleibt auch so. Braves Mädchen!! Die Wellen haben sich beruhigt, kein Gegeige, und es ist still und wir haben wieder Ankerplatzfeeling. HERRLICH! Da macht auch das Kochen wieder Spass. Kann direkt mehrere Töpfe gleichzeitig auf dem Herd haben. Gab ein feines Pfingstessen. Leider hab ich keinen Salat mehr. Paprika und Möhren sind noch vorrätig. Zum Frühstück hab ich uns Eier gekocht und sie schon mal raus gestellt zum Capitano, der, Sudoku vor der Nase, im Cockpit hockte. “Pass mal drauf auf”. Dauerte keine Minute, da lagen die Dinger auf dem Boden. Platt. Und er hat gewettert. Eins hatte er noch abbekommen. War wohl heiss ... Ja, so´n Stress hat man hier! War gerade draussen, mal die Runde rum gucken. Keiner da. Wie gehabt. Heut früh war Wetterleuchten voraus und dicke Wolkenberge. Hat sich aber in Wohlgefallen aufgelöst. Ansonsten ist es ziemlich bewölkt. Schade, hatte gehofft, da kommt bisschen Strom rein. Bei achterlichen Wind bringt der Windfred mal eben gar nichts. Der Generator war schon an. Und der Wassermacher. Muss zwischendurch mal laufen, nimmt die Membran sonst übel. - Hab grad 6kn SOG. Fein, fein! Rafft sich der Wind mal zu 16 Knötchen auf, könnte ruhig so bleiben. 0,8kn Schiebestrom. Auch fein. Sind auf 24°07.651N, 69°59.559W.

Dienstag, 17. Mai 2016
08:58 Uhr, Mira-Cockpit. Die übliche Wasserwüste rundrum. Wellen mit kleinen weissen Krönchen. Feiner Segelwind, achterlich. Vorn schwebt Christel und macht mit ihrem strahlendem Postgelb der Sonne Konkurrenz. Erhaben wandert sie mal nach Steuer-, mal nach Backbord. 4,3kn auf der Logge + 1kn Strom, ist Frau ganz zufrieden. Nur mit dem Ladestrom nicht. Die Solarpaneele sind auf Hochglanz poliert, absolut fusselfrei, aber irgendwie kommt heut nichts rein. Nicht genug jedenfalls. Und über den Windfred brauchen wir gar nicht zu reden (macht grad Urlaub). Das gibt Mecker vom Meister. Gegen Mittag, wenn er aufwacht ... Über die Pfingsttage war hier draussen absoluter Totentanz. Nix Schiff, kein Fisch, aber zwei kleine Vögel. Immerhin. Lediglich gestern Nachmittag wurde es kurzfristig spannend. Waren gerade am Pläne schmieden vonwegen Christel runter zu nehmen und die Bb-Schot anders zu führen, die sich an einer Stelle schon ganz aufgescheuert hatte, da kommt, auch an Bb., ein Fender an uns vorbei geschwommen. Der Plan wird gleich ausgeführt, zumindest soweit, bis Christel eingefangen auf dem Vordeck liegt. Wir drehen das Lotterschiff um 180° und suchen den Fender. Kann man gleich mal Mann-über-Bord üben. Der Kleine wird dann auf der Badeplattform an Bord genommen und untersucht. Hängen ein paar Meter fetter Angelsehne dran. Da war entweder der Fisch zu gross bzw. hatte zu spitze Zähne, oder die hat sich jemand um den Propeller gewickelt und dann einfach losgeschnitten. Whatever. Gut, er darf von nun an bei uns mitfahren. Frau kratzt ihm Muscheln und Bewuchs aus dem Gesicht und setzt ihn an die Badeleiter, kann er raus gucken ... Der Christel-Umbau wird ´ne grössere Wurst. Die Leinenführung ist insgesamt noch nicht optimal. Den Block weiter nach achtern, die Schot lieber hier durch, ... wohin dann mit dem Brett? Das stört. Einfach kein Platz auf diesem Boot! Das gute venezolanische Brett. War so teuer, haben wir unterm Arm durch halb Puerto la Cruz getragen, später die zusätzlichen Dieselkanister seitlich auf dem Vordeck daran festgeschnallt. MANN kann ja immer nicht genug kriegen. Aber es ist ja auch ruckzuck alle geworden. Einmal gegen 20kn Wind von Curacao bis zu den Avés, schon hat´s mehr Platz da vorn ... Zwei Stunden verbringen wir bestimmt mit der Aktion, scheint jetzt so okay zu sein. Christel zieht uns wieder fleissig ... Heute, ganz früh war wieder ein Paradiesvogel hier und etwas später vier Tümmler. Klar, René hat sie mal wieder nicht gesehen. Ein ganz kleiner war dabei. Das war dann vermutlich auch schon das ganze Unterhaltungsprogramm für den Tag.

Mittwoch, 18. Mai 2016
Jetzt sind wir doch tatsächlich an den Bahamas vorbeigerauscht! Haben sozusagen den Abzweig verpasst. Lag aber nicht an meinen mangelnden navigatorischen Fähigkeiten, sondern am Wind. Der blies aus der falschen Richtung! Wollten eigentlich ganz lässig über den Northeast Providence Channel da reinsegeln, mal kurz anklatschen, Marlin-Micha drücken und dann Richtung Norden weiterrauschen. Hatten ja schon seit vier Tagen den In Gedanken hatte ich schon die Pfanne heissParasailor oben und ausgerechnet diese Nacht gibt das ordentlich Wind. Schiesst der Dampfer natürlich wie blöd hin und her. Aber schön schnell :-) Und in die falsche Richtung. An Abbiegen war da echt nicht zu denken. Musste sogar immer weiter nach Norden steuern, um die blöde gelbe Blase da vorne schön im Wind zu halten damit`s den Kahn nicht auf die Seite zerrt. Ich hatte auch null Bock, bei dem Geeier nachts auf dem Vordeck rumzutanzen, um die Riesenblase runter zu zotteln. Gibts eben keine Bahamas. Na ja, die gibt´s schon noch, aber wir fahren da erstmal nicht hin. Schaukeln jetzt also weiter Richtung Norden. Irgendwann wollen wir ja in Kanada landen. Aber im Augenblick sieht es eher so aus als ob wir gar nicht um Cape Hatteras rumkommen. Laut Wettergurus soll es in zwei Tagen recht ungemütlich dort werden und da würden wir genau reinkommen. Gestern haben sie dort allerdings noch 35-40kn aus Nord versprochen - heute wollen sie grad mal 30kn rausrücken. Ist aber auch nicht schlimm, haben wir einfach den Kurs auf Wilmington NC geändert und schauen mal, wie sich das mit dem Wind so entwickelt. Zur Not klarieren wir dort ein und fahren eben ein Stück den Intracoastel Waterway, bis es “draussen” wieder netter ist. Es gibt aber auch Erfreuliches. Knarzt das doch heut Nachmittag so völlig ungewohnt. Haben echt `ne Weile gebraucht, bis wir gerafft haben, dass da die Angel ausrauscht. Schnell im Fachbuch “Hochseeangeln für Anfänger” nachgeschlagen, was wir jetzt tun müssen. Haben ja schon sooooo lange nicht mehr geangelt! Aha, Gaff, Messer und eine Leine bereitlegen, Fisch langsam ans Boot kurbeln. Ein schöner Wahoo! Echt lecker Fischchen. Haben wir uns natürlich echt drüber gefreut. Der Wahoo weniger. Marion geht in Gedanken schonmal durch, was man zu Wahoo so machen könnte, ich hau dem Tier das Gaff in die Kiemen, will mit der anderen Hand eine Schlinge um die Schwanzflosse legen, springt das Vieh mit einem gewaltigen Satz in die Höhe, runter vom Gaff und den Haken kriegt er zeitgleich auch irgendwie aus dem Mund. Platsch, landet er wieder im Wasser. Bis ich im Fachbuch nachgelesen habe, was jetzt zu tun ist, ist der natürlich schon sonstwo. Vermutlich hätte da eh bloss drin gestanden, dass man jetzt hinterher springen soll. Bei den Wassertemperaturen???!!! Echt gut für mich, dass ich so ein Fachbuch in Wirklichkeit gar nicht habe. Und für den Wahoo, das er jetzt nicht in der Pfanne landet ...

Donnerstag, 19. Mai 2016
Bei uns wird´s irgendwie immer kühler. Wenn ich raus gucke, dann hängen da eine Menge riesiger Wolken rum. Brrr. Nur noch 23,9°C Wassertemperatur ... aber sonst ist auf´m Lotterschiff ist alles i.O. Ist heute ganz ruhig, fast wie in ´ner Badewanne. Also seit Mittag rum. Gestern war´s noch gut bewegt, heisst wellig und zur Nacht hatten wir mal wieder hart-am-Wind-Kurs. Ist uns gegen drei eine Welle rüber geschwappt. Hatten blöderweise zwei Luken auf. Eine im Salon und die andere über meinem Bett. Schon mal mit ´nem Eimer Wasser geweckt worden? Also ich kann da jetzt mitreden. War auf den Schlag hellwach und hab zugesehen, dass ich das Bettzeug von den Matratzen runter gezottelt krieg, damit das Salzwasser da nicht rein sickert. Ist natürlich auch in die Schränke seitlich am Bett gelaufen ... Der Wachhabende war im Salon am Wischen. Polster nass, Wasser bis in die Bücherregale ... Brrr!!!! Hab dann irgendwann schnell geduscht, mir frisches Bettzeug gegriffen und bin schlaftrunken in die Achterkoje gewankt. Heut früh lag das Chaos natürlich noch da. Die Bodenbretter schmierig, backsig, rutschig. Ein Haufen nasses Zeug im Cockpit. War ich schön beschäftigt. Zum Mittag, als mein Dicker erwacht ist, war alles wieder clean. Gut, da hing und stand noch einiges zum Trocknen rum, aber sonst fertig. So´ne Aktionen braucht man nicht wirklich.- Der Motor lärmt heute rum. Ich hör schon laufend ein Telefon klingeln oder irgendwen sprechen. Ist man gar nicht gewöhnt. Hat aber auch seine Vorteile, z.B. heisses Wasser in der Dusche (schon fast zu heiss am Ende.) Seit Tagen mal wieder ein Frachter - so spannend ist das hier. Wir fahren gerade durch die Sargasso-See, wo dieses blöde gelbe Kraut herkommt, dass in der Karibik und weiter draussen überall rumschwimmt, sich um die Propeller wickelt, an die Angelköder hängt, an den sonst weissen Touri-Stränden rumliegt, ... “tolles” Zeug. Aber für die Fische ist es gut, die können sich drunter verstecken. Es sind oft riesengrosse gelbe Teppiche auf dem Wasser. Hier kanSchon ein Stück geschafftn ich davon aber nichts entdecken. Besser ist das auch. Will nachher gleich mal die Angel raus lassen. Möchte soooo gern mal wieder frischen Fisch essen.

Freitag, 20. Mai 2016
Wir nähern uns Ami-Land. 29°40.597N, 75°45.695W. Haben jetzt 1008sm auf der “Uhr”. Die Tage kommt unkuschlig Wetter um das Cape Hatteras, da wollen wir uns in den Intracoastal Waterway verholen, einen Kanal, der im Land parallel zur Atlantikküste verläuft. Gehen den Cape Fear River hoch. Klingt ja schon spannend. Mal gucken, wie das wird. Müssen dann auch einklarieren, den Behördenkram erledigen (das darf da nur der Käpt´n machen, alle anderen müssen solange an Bord bleiben. Hähä! Hab ich ´n Fauli-Tag während er sich durch den Papierkram fräsen muss). Ansonsten wird der Kanal wohl eher nicht so schön sein. Wie man sich so´n Kanal eben vorstellt. Aber auch mal was anderes als diese Wasserwüste. In Norfolk ist dann Schluss mit dem Teil. Dann geht´s wieder raus. Am Ende soll´s aber hoch bis Kanada gehen. Bären erschrecken. Da brauch ich mir nicht mehr die Beine rasieren, stört da im Wald keinen und ausserdem ist es kalt ... .Apropos kalt: draussen ist alles grau in grau. Es regnet. Deckswäsche! Bin froh, dass das nicht so´n richtiger Squall ist mit reichlich Wind dazu. Im Gegenteil, der ist total eingeschlafen ... 15.30 Uhr. Wind!! Motor aus und Segel raus. Fein, fein ... 18 Uhr. Wellen haben zugelegt. Ätziges Gegeige! Alles Gute ist nie beisammen ;)

Sonnabend, 21. Mai 2016
“... komm mal, da is einer! Ich glaub, der will was von uns.” - werd ich aus meinem Schönheitsschlaf gerissen. Kein Wunder, dass ich einfach nicht schöner werde. Schlaftrunken steh ich im Cockpit und starre auf ein durch die Wellen stampfendes Schiff. Gar nicht so weit weg. “Der fährt schon die ganze Zeit neben uns her, dann mal wieder weg, dann wieder zu uns ... ich glaub die woll`n was”,  klärt mein Wachoffizier mich auf. Na ja, dann wär`s doch `ne gute Idee, einfach mal die Funke einzuschalten, knurre ich zurück. “ATLANTIC EXPLORER for SAILINGVESSEL MIRA” tönt wenig später auch schon eine nette weibliche Stimme aus dem Lautsprecher. Antwortet man als höflicher Mensch ja, auch wenn Mann grad aus dem Schlaf gerissen wurde. Irgendwas ist restricted und wir kommen darin auch vor. Zum Glück ist Marion schon wesentlich munterer und verfügt, im Gegensatz zum männlichen Besatzungsteil, über einen Wortschatz, der über das Niveau einer fliessend vorgetragenen Bierbestellung hinaus geht. “Das ist ein Forschungsschiff, die sind grad unheimlich am forschen und wir müssen eine Meile Abstand zu ihnen halten”, übersetzt sie dann auch gleich mal. Wenn`s weiter nichts ist! Gut, die fahren jetzt nach links - greif ich zum Mikro und teile der weiblichen Stimme am anderen Ende mit, dass wir unseren Kurs jetzt nach rechts ändern, um ´ne Meile von ihnen weg zu sein. Findet sie toll. Segeln wir eben `ne Weile Richtung Azoren, dann haben die Forscher genug Platz und wir können wieder weiter nach Norden. Aber die Forscher sind hinterhältig! Kurz bevor wir weit genug weg sind, ändern die auch ihren Kurs. Jetzt fahren sie in die selbe Richtung wie wir. Bloss viel langsamer. Gut, fahren wir eben etwas länger Richtung Azoren. Aber irgendwie ist denen wohl das Geschaukel beim langsam tuckern auf die Nerven gegangen oder die Reagenzgläschen sind umgefallen, jedenfalls drehen die plötzlich auf. So kommen wir natürlich nie auf eine Meile Abstand! Ich hab aber auch keine Lust zurück zu den Bahamas zu segeln. Dann fahren wir eben nach links! Mit `ner halben Meile Abstand segeln wir an der orientierungslosen Forschertruppe vorbei und ich freu mich schon darauf, den Kurs bald nach Norden ändern zu können und wieder in die Koje zu kriechen. Das müssen die auf dem anderen Dampfer geahnt haben, plötzlich wieder `ne Kursänderung. Jetzt nach Norden. Das war eigentlich unsere Idee! Natürlich tuckern die wieder extra langsam, damit wir auch ja nicht so schnell auf den gewünschten Abstand kommen. Müssen wir eben noch `n Ende weiter nach links, eh wir auch Richtung Nord können. Viertelstunde später ist es soweit. Wir wieder auf unseren alten Kurs, zufriedenes Grinsen im Gesicht, Zack dreht die angebliche Forschertruppe wieder am Steuerrad. Nur so`n bisschen, grad genug, dass wir in `ner halben Stunde zusammenkrachen. Wohin soll`n wir denn jetzt bitte?!!! Wütend greif ich zum Mikrofon, um damit nach ihnen zu schmeissen. Ich denk nicht im Traum daran, noch mal den Kurs zu ändern um ihrem Rumgeeier auszuweichen!!! Wir fahren jetzt stur weiter unseren Kurs und es ist mir sch...egal, ob wir die da drüben bei irgendwas stören!!! Antlantic Explorer zurück auf Nordkurs - wenn`s ihnen Spass macht - gleichbleibend 0,7 Meilen Abstand, zehn Minuten später fangen sie an Diesel zu sparen - wir holen auf 0,5 Meilen, 0,4 ... 0,3 - schieben sie den Gashebel wieder nach vorn, Abstand wird grösser - na bitte, geht doch! Antlantic Explorer wieder `n bisschen mehr nach links - uns doch egal - dann wieder vorheriger Kurs und ... ich weiss jetzt nicht genau, ob es ihnen hier zu langweilig wurde, sie ohnehin grad Feierabend hatten oder ihr Forschungsauftrag einfach nur darin besteht, zu testen wie weit man unausgeschlafene Segelbootkapitäne reizen kann ... jedenfalls schieben sie ihren Gashebel endgültig nach vorn, drehen den Bug Richtung Bermudas und sind `ne knappe Stunde später am Horizont verschwunden. Falls ich irgendwann mal wieder einen Dampfer seh, wo Antlantic Explorer draufsteht - Funke aus!!! Stur in die andere Richtung gucken und schön ignorieren die Jungs. Soll`n die Forscherheinis doch rüber rudern, wenn sie was wollen ...

 

Sonntag, 22. Mai 2016
Jetzt hat er es also tatsächlich geschafft, sich auf unserer Beliebtheitsskala ziemlich weit hinten zu plazieren. Der Golfstrom. Bloss damit die es in Nordeuropa bisschen wärmer haben, eiern wir hier wie blöd rum, krachen von einer Seite auf die andere und haben ein klatschnasses Schiff! So eine K...welle! Wind aus Nord, dieser blöde Strom, vermutlich auch noch so`n bisschen Tide ... irgendwann lassen wir den Motor mitlaufen, damit es uns nicht sonstwohin treibt. Und dann steigt der Autopilot auch noch andauernd aus. Hier hat sich grad alles gegen uns verschworen! Einzig positive Nachricht: mit dem angekündigten Sturm wird`s nichts. Einfach so abgesagt. Eigentlich nicht mal das. So ganz klammheimlich haben die Wetterkasper die WindsDie wollen gar nicht wieder wegtärke immer weiter runtergeschraubt. Jeden Tag ein Stückchen. Und jetzt kriegen wir bloss noch 15 bis 20kn. Aus Nord! Macht zwar blöde Welle gegen den Golfstrom, passt aber, wenn wir weiter nach Cape Loockout segeln. Cape Fear können wir eh vergessen, da sind wir, zu Marions Entsetzen, mittlerweile dran vorbei getrieben. Sie hat irgendwo gelesen, dass dahinter die “Frying Shoal Pans” liegen, irgendeine gruslige Untiefe wo schon hunderte Schiffe gestrandet sind, oder tausende ... oder zwei - ich hab an der Stelle nicht so genau zugehört. Wir sind zwar noch knapp 50sm von der Küste entfernt, aber unser Tiefenmesser hat beschlossen, sich nach tagelangem Pausieren wieder mit interessanten Informationen in Erinnerung zu bringen. 180m, 130, 70, 50 ... bei 35m Tiefe belässt er es erstmal. Als der Autopilot durch aufgeregtes Piepsen, zum vermutlich zwanzigsten Mal kundtut, dass seine Antriebseinheit nicht reagiert, hab ich eine - wie ich finde - super Idee. Kurzes Kartenstudium, dann piek ich mit dem Finger auf den Monitor. Guck mal, da ist es nur 27 Meter tief. Ja, steht ja drauf, zeigt Marion sich von meinen Kenntnissen der hiesigen Wassertiefen wenig beeindruckt. Da können wir den Anker runterschmeissen, ich reparier schnell den Autopilot, du kochst was leckeres und wir schlafen uns mal wieder richtig aus. Guckt sie skeptisch auf das brodelnde Wasser ringsum. Bei der Ausfahrt vom Amazonas war`s auch nicht besser und ausserdem sind das ja noch 8sm bis dahin, da ist der Golfstrom kaum noch zu spüren. Anderthalb Stunden später weiss sie zwar, dass ich mit dem Golfstrom gelogen habe, aber sie ist abgelenkt. Mit Delfinen. Nicht mit irgendwelchen. Das sind Zügeldelfine, werd ich aufgeklärt. Ist jetzt aber nicht so, dass sie irgendwann mal alle Delfinsorten auswendig gelernt hat, um mich damit zu beeindrucken. Sie guckt heimlich in ihrem Fachbuch für den Hobbydelfinologen nach. Hat sie ja auch genug Zeit für. Die Truppe will gar nicht wieder weg. Fast `ne Stunde lungern sie um uns rum und denken nicht daran den kleinen Fender anzuschubsen, den Marion ihnen an einer Leine immer wieder hinschiebt ... Wale sind in ihrem Buch praktischerweise auch gleich drin. Waren jetzt aber grad keine zum Vergleichen da. Zum Glück, sonst hätte ich heute kochen müssen ...

Montag, 23. Mai 2016
Vollkombi!!! Ich mein, dass es irgendwann mal kälter wird war uns schon klar, aber doch jetzt noch nicht! Und nicht nur, dass wir uns mit dicken Socken in lange Hosen geflüchtet haben, jetzt dreh´n wir auch noch am Rad! Das Ding dient bei uns mehr dekorativen Zwecken oder ein Handtuch wird zum Trocknen drauf gehängt, weil der Autopilot den Job macht. Tut er jetzt aber nicht! Dabei bin ich gestern doch extra mit Werkzeug in den Motorraum. Kurz Strom an die elektrohydraulische Pumpe - dreht. Kabel andersrum - dreht auch. Alles klar, da sind bestimmt wieder Mosfets im Computerteil abgeraucht. Hab ich also die Reserve-Steuereinheit rausgekramt, das Ding ausgetauscht - fertig! Hat keine Viertelstunde gedauert. Ich hätte einfach noch fünf Minuten zum Ausprobieren dranhängen sollen ... Wir hatten den Anker grad hoch, Segel draussen und den Dampfer auf Kurs gebracht - wie üblich auf`s Knöpfchen drücken - PIEP, PIEP, PIEP, ... AntrieIst ja erst das dritte Mal, dass ich das Teil auf See hin und her tausche ..bseinheit reagiert nicht, steht auf dem Display. Und deswegen dreh ich den ganzen Tag am Rad. In Winterkombi! Bei - 10°C etwa. Und noch knapp 80sm bis nach Beaufort. Kurz bevor ich Marion losschicke um die dicken Handschuhe zu suchen, bringt mein nahezu tiefgefrorenes Hirn noch einen klaren Gedanken zustande. Wir ankern heute einfach wieder! Mittlerweile haben wir fast durchgehend 20m Wassertiefe, schmeissen wir also zum Abend den Anker runter und ich  verschwinde wieder im Motorraum. Wieder die Versuchsanordnung mit Stromkabeln an der elektrohydraulischen Pumpe - da zuckt nichts. Kabel andersrum ranhalten - das selbe. Vermutlich die Kohlebürsten. Eigentlich weiss ich ja, dass ich den Deckel von dem Elektromotor im Guten nicht wieder draufkriege, ich schraub ihn trotzdem ab. Die Kohlebürsten sind runter! Leider hab ich grad keine Zeit mich darüber zu freuen dass ich Recht hatte, ich überleg nämlich ganz angestrengt, wo ich die Ersatzkohlebürsten, die ich (wo war das bloss???) mal gekauft hatte, hingelegt habe. Bringen wir also die nächsten zwei Stunden damit zu, alle möglichen und unmöglichen Ersatzteillagerstellen durchzusuchen. Ich finde zwar diverse Sachen, über deren Auftauchen ich mich auch freu, sogar einen Satz Kohlebürsten - bloss nicht die für den Autopiloten. Plan B! Ich hab ja noch die ganze Pumpe als Ersatz liegen. Um irgendwelchen Klugscheissereien vorzubeugen - die ist nicht baugleich, so dass die Kohlebürsten nicht passen. Also das volle Programm, fluchend versuchen die, wie immer megafesten Hydraulikanschlüsse abzuschrauben, der ganze Motorraum schwimmt im Öl, die Werkzeuge flutschen aus der Hand, ich in der Welle hin und her rutschend, Werkzeuge auch und Teile auch ... irgendwann ist aber alles montiert, im Stockdunkeln kippe ich im Cockpit Hydrauliköl in die Plungerpumpe, schön aufpassend, dass ich auch immer auf die überall ausgebreiteten Zeitungen trete, tapse ich mit öligen Füssen in die Achterkabine um den Hydraulikzylinder zu entlüften, weiter an der Steuersäule nachfüllen, Marion zurufen, dass ich mehr Öl brauche ... “Da ist keins mehr!” Wie??? Nö, wir haben Motoröl, Getriebeöl, sogar Lampenöl - aber kein Hydrauliköl mehr. Das ist jetzt aber blöd, fällt mir dazu immerhin ein. Na gut, nicht zu ändern - Feierabend für heute!

Dienstag, 24. Mai 2016
Wir haben Amerika entdeckt!!! So gegen halb sechs. Scheinbar waren wir aber nicht die Ersten. Da kam uns schon ein Boot aus der Richtung entgegen. Sah echt merkwürdig aus. Wurde auch durchs Fernglas nicht schöner. Aber irgendwann haben wir es gerafft. Das ist ein Flugzeugträger! Jetzt bloss schnell die Funke ausschalten, bevor der uns auch hin und her hetzt. Aber er hat uns ignoriert. Wahrscheinlich hat er den roten Stern bei uns am Bug nicht gesehen ... Und jetzt liegen wir kurz vor der Einfahrt in den Kanal nach Beaufort / North Carolina, auf “Aussenreede”. Ist `n richtig ausgeschilderter Ankerplatz. Schön mit Bojen umrandet. Idyllisch gelegen mit traumhaftem Seeblick. Ist ja auch eine Anchorage to Naval Ships. Steht so in der Karte. Da steht aber auch, dass es keine Beschränkungen für die Nutzung des Gebietes durch andere Schiffe gibt. Und deshalb haben wir unseren Anker da runtergeworfen. Vermutlich haben die jetzt beim Anlegen dieses hübschen Platzes nicht direkt an Segelbötchen gedacht, aber wir sind eh die Einzigen, die hier ankern. Das eine Navy-Schiff hatten wir ja heute schon getroffen und falls es noch mehr gibt, sind die jedenfalls alle nicht hier. Wir liegen hier auch bloss rum, weil wir nicht kurz vor Sonnenuntergang noch in die Einfahrt wollten, um dann im Dunkeln in dem Gewirr von Tonnen, Untiefen, Inseln und was da sonst noch so auf der Karte eingezeichnet ist, verzweifelt einen Ankerplatz zu suchen. Das heben wir uns für morgen auf.

 

Mittwoch, 25. Mai 2016
Als wir frühs mit der Kaffeetasse ins Cockpit tappern, sind wir regelrecht umzingelt. Überall kleine und grössere Boote von denen übergewichtige Männer mit Angeln in der Hand irgendwem nach dem Leben trachten. Die sind aber nicht allein damit beschäftigt. Schwärme von Möwen und Pelikanen stürzen sich ins Wasser, wo wiederum Delfine  hin und her schiessen. Wir liegen genau auf einer Linie. Links blaues, rechts brodelt braunes Wasser! Augenscheinlich kommt die Suppe mit dem Tidenstrom aus dem Beaufort Inlet und genau an der Trennlinie wird irgendwer mitgespült, dem jetzt alle an den Kragen wollen. Machen wir uns mal lieber aus dem Staub. Natürlich gegen den Strom, tuckern wir langsam die Einfahrt hoch. So richtig wissen wir noch nicht wo wir hinwollen. Eventuell gleich nach rechts, da ist laut Karte ein Abzweig zu einer Marina. Dann trau ich mich aber doch nicht in den Abzweig, weil ich mir bei den vielen Tonnen nicht sicher bin, welche eigentlich die richtigen sind. Die stellen die Dinger hier eh verkehrt herum auf, dann sind da auch noch überall Stöcker im Wasser, es gibt Abzweige in alle Richtungen, zweifarbige Tonnen, bunte Bojen, kleine von den Fischern ... an das Chaos muss ich mich erstmal gewöhnen! Tuckern wir also langsam im Hauptfahrwasser weiter. Da kommt `ne Brücke! Wie hoch ist das Teil??? 65 Fuss steht in der Karte. Wir sind ... äh, 15,80m der neue Mast, die Antenne bestimmt auch `n Meter, der Mast steht auf`m Deckshaus - das sind noch mal 2 dazu - macht knapp 19m, 20 wären ungefähr 66 Fuss - DAS PASST! ,verkünde ich das Ergebnis meiner sekundenschnellen Kopfakrobatik. Marion schielt trotzdem mit angehaltenIn Homer Smith´s nagelneuer Marinaer Luft ängstlich nach oben als wir uns gaaaanz langsam unter dem Teil durchschieben. So`n Stück hinter der Brücke ist noch ein Abzweig, da gibt es zwei Marinas, ruft sie mir zu, nachdem sie wieder ausgeatmet hat. Wie tief? frage ich zurück. Mindestens 8m. Das sind Fuss!!! Ach so. Und so landen wir nach zwei weiteren, im Schritttempo bewältigten Abzweigungen, einer Brücke im Bau bei der ich keine Ahnung hatte wo ich durchfahren muss, entgegenkommender Schute ohne Platz zum Ausweichen, und und und ... am frühen Nachmittag, mit ganz viel Schweiss auf der Stirn bei “Homer Smith´s Docks & Marina”. Eigentlich ein kleiner Fischerhafen mit dutzenden Fischerbötchen, einer Handvoll Yachten und das Schönste ist - sie haben sogar noch ein Plätzchen für uns. Wie, ihr kommt jetzt direkt von Saint Martin??? fragen unsere Nachbarn ungläubig, als wir ihre Frage beantworten. Welcome to America!!!, drücken sie uns spontan eine Flasche Wein in die Hand. Netter Empfang! Wir machen den symbolischen ersten Schritt aufs nordamerikanische Festland und fragen uns bei den Staplerfahrern, die die kleinen Kutter entladen zum Manager durch. Klar können wir sein Telefon benutzen und es stört ihn auch überhaupt nicht, dass wir das Teil `ne halbe Stunde lang blockieren, um all die Fragen der US-Custom zu beantworten. Die wollen sich auch unbedingt unser Schiff angucken. Wir haben grade noch Zeit unser restliches Obst, Gemüse und Eierpackung, nach denen sie verdächtig viel gefragt haben, in Plastetüten zu werfen und unseren Nachbarn rüberzureichen. Mist, dass siKlein und fein- Beauforte am Telefon auch nach Wurst und Fleisch gefragt haben, hatte ich irgendwie vergessen, wir haben jetzt zwar unseren Einreisestempel, sind aber den lecker italienischen Prosciutto, mehrere eingeschweisste Schinkenpackungen und die französischen Salamis los. Als Entschädigung laden unsere Nachbarn uns zum Abendessen auf ihren Dampfer ein. Und weil wir noch Zeit haben latschen wir erstmal durch Beaufort. Richtig hübsches kleines Städtchen. Alles voller Holzhäuser, Schaukelstuhl auf der Terrasse, Fahne auf dem immer frisch gemähten Rasen wehend, Wasserfront mit noch mehr Holzhäusern, Bootsanleger aus Holz, Touri-Boote, den dazugehörigen Touristen, Restaurants, Cafès, Souvenierläden - natürlich alle in Holzhäusern, dahinter wieder Holzhäuser, lauter Bäume dazwischen, die Marion alle mit Vornamen kennt, Eichhörnchen, Schaukelstühle, Holzhäuser ... Etwas fusslahm schleichen wir irgendwann wieder den Holzponton von “Homer & Smith´s ...” lang, wo unsere Nachbarn schon lauern. Ein einfaches, aber typisch amerikanisches Essen entschuldigen sich Bob und Gail schonmal im Voraus. Meint eine Riesenschüssel fangfrischer Shrimps, gedünstete Maiskolben, Salat dazu und einen Kühlschrank voller Bier. Nicht irgendein Bier. Yingyang-Bier aus der ältesten amerikanischen Brauerei, werden wir aufgeklärt. Pulen wir also bis weit nach Mitternacht Shrimps aus, trampeln durch alle drei Stockwerke ihrer Motoryacht, probieren den elektrisch verstellbaren Massagefernsehsessel, bestaunen ehrfürchtig den Motorraum ... äh -Saal, erfahren ihre halbe Lebensgeschichte, kriegen reichlich Tipps und Informationen für den Intracoastel Waterway ... und wenn nicht plötzlich das Bier alle gewesen wäre, hätten wir wohl auch noch zusammen gefrühstückt :-)

Donnerstag, 26. Mai 2016
Unser erstes Mal
Zum Einkaufen ist es am besten im Walmart in Morehead hatten wir gestern Abend erfahren. Werfen wir uns also einen Rucksack über die Schulter und lempeln los. Zum Walmart zu Fuss???!!!, fragt der Manager ganz entgeistert. Das sind sechs oder acht Meilen! Wir sollen einfach sein Auto nehmen, das steht vor der Tür. Was das denn kosten würde fragen wir ganz verdutzt. Na, nichts! Das weisse, gleich vor der Tür, Schlüssel steckt! Musste dann echt noch mal zurück und fragen, ob er wirklich DEN WEISSEN DA VOR DER TÜR meint. Meint er. Und so klettern wir in den fetten Ami-Truck, werfen uns in die weichen Ledersessel, ich dreh am Zündschlüssel, der Achtzylinder grummelt los und mit breitem Grinsen rollen wir Richtung Morehead. DiWieder vorm Weinregal erwischte Stadt scheint sich ewig langzuziehen, irgendwann soll`n wir auf die 24 abbiegen, der Abzweig kommt aber nirgends, Marion nervt leicht mit permanentem Ansagen der aktuellen Geschwindigkeitsbegrenzungen und als wir uns irgendwann sicher sind, vorbeigefahren und vermutlich schon in South Carolina zu sein, kommt es doch noch, ein kleines Schildchen mit `ner 24 drauf und einem noch kleinerem Linkspfeil. Kurz danach  dann auch der Parkplatz vom Walmart. Der ist ja schon richtig gross, aber als wir dann in dem gigantischen Einkaufstempel stehen, klappen uns doch die Kinnladen runter. IST DAS RIESIG! Da verlaufen wir uns drin! Wenn wir uns nicht aneinander binden, finden wir uns nie wieder! Vielleicht sollten wir Brotkrumen ausstreuen? Natürlich hat Marion wieder kein Brot eingesteckt! War aber nicht so schlimm, nach ein paar Stunden haben wir dann doch wieder rausgefunden. Da hatten wir unseren Einkaufswagen aber nur durch einen Bruchteil der Regalreihen geschoben. Der ist trotzdem voll. Mit all den Dingen, die auf Marions langer Einkaufsliste standen und noch viel mehr Dingen, die nicht drauf standen. Es gibt aber auch einfach ALLES in dem Laden. Und das jeweils gleich in fünfhundert verschiedenen Varianten. Allein meine Grillbratwürste hab ich mindestens dreimal umgetauscht, weil ich so 400m weiter in der Kühltheke erst viel grössere, dann viel billigere und letztendlich BIERBRATWÜRSTE entdeckt habe. Ich glaub, Marion hat sich bei ihrer neuen Phillips-Zahnbürste durch das Abzählreimverfahren für ein Modell entschieden. An den 2km Vitrinen mit Eiscreme und den darauf folgenden sechs Millionen verschiedenen Torten hab ich sie klugerweise gleich vorbeigeschoben. Sie braucht ja schon mindestens `ne halbe Stunde eh sie sich für eine Ansichtskarte entscheidet - eh hier eine Torte im Einkaufswagen gelandet wäre, hätte ich mir getrost `ne Matratze und Schlafsack aus der Campingabteilung holen können. Dafür durfte ich mir am Waffenstand keine Flinte aussuchen. Wäre echt cool gewesen, mit so`nem Teil über der Schulter durch die Regalreihen zu schlendern. Vielleicht wären damit auch grössere Rabatte aushandelbar ... Bei unserem nächsten Walmart-Besuch bin ich natürlich klüger. Da schleich ich mich gleich alleine zur Flintenabteilung. Und da nehmen wir uns auch gleich das ganze Wochenende Zeit für den Einkauf. Dann schafft man wenigstens die Hälfte der Regalreihen...

Freitag, 27. Mai 2016
Jetzt geht`s looos!!! Der Intracoastel Waterway (ICW), auf dem wir gemütlich bis Norfolk tuckern wollen, ruft! Gut, vorher müssen wir noch den Liegeplatz bezahlen und tanken. ... und immer schön weiter geradeaus ...Tankstelle ist gleich am Ende von unserem Ponton. Schöne grosse Zapfpistole, die Fischerboote soll`n ja schnell fertig werden. Passt bloss nicht in unsere Tanköffnung. Das Problem hatten wir in Argentinien auch schon mal. Hatten wir dann einfach den Schlauch an unserem Tank abgemacht, die Zapfpistole bis runter in den Salon gezottelt und direkt in den Tank gehalten. Räumt Marion also schnell allen Krempel weg, Schlauch abbauen und ... passt die Pistole auch nicht! Bleibt nur noch eine Möglichkeit. ... Die nächste Stunde tröpfele ich 240 Gallonen, das sind 908 Liter, mittels geborgtem Trichter in den Tank! Beim Vorzählen der Dollarnoten im Büro des Managers lässt der Krampf in den Fingern langsam nach. Umgerechnet knapp 60 Cent pro Liter - wir haben schon teurer getankt. Dafür schluckt man bei Liegeplatzgebühren von 1,50$ pro Fuss schon so`n bisschen. Haben wir natürlich, wie üblich, gleich mal nach Studentenrabatt gefragt. Hat der Chef nur gelacht. Die Marina nebenan kassiert 2 $ pro Fuss! Ist der Normalpreis in der Gegend. Auch wenn wir keinen Rabatt gekriegt haben, machen wir jetzt mal Werbung für den Laden. Wer immer nach Beaufort/NC kommt und einen Liegeplatz zum Einklarieren und Einkaufen sucht: Unbedingt zu “Homer Smith´s Docks & Marina”! Liegt man urgemütlich zwischen den Shrimpfischern an nigelnagelneuen Pontons, Strom, Wasser, Dusche, Waschmaschine, Trockner im Preis inclusive, dank gratis Wifi kann man sich die ganze Nacht die aktuellen Seekarten der USA runterladen (die stellen nämlich ihre Seekarten als Raster- oder Vectorcharts für jedermann zum Download ins Netz) und den Monster Pick-up vom Manager gibt´s sowieso! Ach ja, fangfrischer und günstiger kriegt man die Shrimps auch nirgends. Ist dann fast Mittag als wir die Leinen endgültig los schmeissen. Wir hangeln uns von unserem Nebenkanal zum nächsten Nebenkanal, blicken langsam in dem Wirrwarr von Bojen und Markierungen durch, finden es auch gar nicht mehr so beunruhigend, wenn die Enten links und rechts im Wasser stehen können, gewöhnen uns auch an die quadratischen grünen und dreieckigen roten Schilder als wir dann tatsächlich auf dem ICW tuckern und schmeissen beizeiten in einem kleinen Nebenarm den Anker runter. Bloss nicht übertreiben am ersten Tag! Ausserdem wartet die Bierbratwurst im Kühlschrank. Und der Amish-Kartoffelsalat. Bau ich jetzt den Grill hinten an, greif mir ´ne Bierdose und werd die anderen drei Boote, die sich auch noch dazugesellt haben, mit lecker Bratwurstduft in den Wahnsinn treiben.

 

Sonnabend, 28. Mai 2016
Wecker? Nix Wecker. Hat keiner eingeschaltet den Krachmacher. Die anderen Boote sind schon alle los! So`n paar Meilen wollen wir ja auch schaffen, deswegen gibt´s “Unterwegsfrühstück”. Ganz so schnell kommen wir dann aber doch nicht los, die Ankerkette trieft nur so vor Schlamm. Gefühlt tausend Wassereimer später ist die Kette endlich oben, blitzblank und wir tuckern langsam aus dem Cedar Creek zurück ins betonnte Fahrwasser. Den Adams Creek lang, dann den Neuss River, von da links abbiegen in den Bay River - irgendwie sieht das hier alles so`n bisschen aus, als ob wir auf Rügen oder auf´m Darss im Bodden unterwegs sind. Ein ganzes Stück können wir sogar segeln. So kriegen wir den Tank natürlich nie leer. Dann geht`s durch einen namenlosen Kanal. Sieht jetzt zwar nicht so interessant aus, dafür tuckert der Motor wieder. 5 Meilen weiter ist Schluss mit Kanal, Upper Spring Creek, Goose Creek ... es weht inzwischen recht kräftig. Unser geplanter Ankerplatz für heute: Campell Creek. Laut Karte ist das Ding zwar im vorderen Teil ganz flach, aber es soll da eine sieben Fuss tiefe Durchfahrt geben. Und irgendwie sieht der Creek auch recht gemütlich aus. Zumindest auf der Karte. In Wirklichkeit auch, und was noch besser ist, die Durchfahrt ist mit grünen und roten Stöckern markiert. Langsam fahr´n wir im Zickzack durch die Wellen der Markierung nach, nach einer halben Meile ist es durchgehend tief. Wir verkriechen uns vor dem Wind, bisschen mehr ans linke Ufer und schmeissen den Anker runter. Grad noch rechtzeitig, dass ich nicht schon wieder meine Funk-Laberrunde mit Micha verpenne. Während wir hochwichtige Männergespräche führen, zaubert Marion inzwischen ´ne lecker Pizza. Ich entkorke die Amerika-Willkommens-Rotweinflasche, wir hocken uns gemütlich ins Cockpit und machen uns über Pizza und Rotwein her - echt schön hier! Kein Wind pfeift mehr im Schutz der Bäume, keine nervigen Wellen, ... äh, bloss Moskitos!!!

Sonntag, 29. Mai 2016
Wir haben die Kette halb oben (ich schon mächtig am Keuchen vom Hochzotteln der Wassereimer zwecks “Entschlammung”), da kommt, wie aus dem Nichts, eine fette Regenfront auf uns zu. Die kommt nicht einfach nur, die rast! Kann grad noch den Wassereimer wegwerfen, zum Cockpit hechten und unter die Sprayhood kriechen, da prasselt es auch schon auf uns ein. Dazu fette Windböen. Geht die Mira natürlich mit ihren, im Wasser verbliebenen paar Meterchen Ankerkette auf Wanderschaft. So richtig weit würde sie ja nicht kommen, ist schliesslich fast überall Land drumrum, aber vermutlich bleiben wir schon vorher irgendwo im flachen Schlamm stecken. Müssen wir jetzt nicht unbedingt ausprobieren, deshalb lass ich zähneknirschend, die schon mühevoll geputzten 20m Kette wieder runter rasseln. Hat sich schon öfter bewährt, einen Schalter für die Ankerwinch an der Steuersäule zu haben. Und weil ich keine Lust habe, das selbe Kettenende hBastelwettereute noch mal zu putzen und es immer noch regnet wie aus Eimern und wir die kleinen Begrenzungszeichen der Ausfahrt sowieso kaum sehen können und ausserdem Sonntag ist und ... auf jeden Fall bleiben wir einfach hier. Jeder hat irgendwelche Gründe, was er sowieso und unbedingt erledigen müsste. Marion klappt zum Beispiel ihren Rechner auf, versteckt sich dahinter und sitzt sich da den halben Tag den Hintern breit. Da macht meine Nichtweiterfahrausrede schon wesentlich mehr her. Ich schraub den gerade ausgetauschten Autopilot-Computer auf und löte dort neue Mosfets ein. Da waren immer noch die leistungsschwächeren, originalen drin. Keine Ahnung ob das jetzt besonders sinnvoll war, aber auf jeden Fall macht es sich immer unheimlich toll auf den Fotos, wenn MANN so mit dem Lötkolben über der Leiterplatte rumfuchtelt. Und dann kriegen wir am Nachmittag doch noch richtiges Sonntagswetter, also mit Sonne und nicht mehr frieren müssen. Zack, hocken wir beide im Cockpit. Marion spielt mit einer orangen Schildkröte, die meinte unbedingt zu uns schwimmen zu müssen und ich wühl den Grill aus der Backskiste. Jetzt bloss noch `ne Bierdose aus dem Kühlschrank angeln und schon verschwinde ich zum Bratwurscht ankokeln auf die Badeplattform. Ist ja immer der schwierigste Part beim Grillen. Das bisschen Geschirr rauskramen, Grünzeug klein schnippeln, Dressing zusammenrühren, drauf klatschen, Kartoffelsalat anschleppen, ab und zu eine neue Dose nach hinten reichen ... macht sich ja wie von selber. Auf jeden Fall ist alles erledigt und vorbereitet, als ich das lecker duftende Ergebnis meiner Grillkunst stolz auf dem Cockpittisch absetze.

Dienstag, 31. Mai 2016
Mittlerweile hat sich eine gewisse Routine bei uns eingestellt. Morgens, die (falls vorhanden) Nachbarlieger sind schon längst los, klatschen wir uns erstmal nackt auf der Badeplattform die Wassereimer über`n Kopf. Reisst man schonmal die Augen ordentlich auf. Um ein Wiedereinschlafen zu verhindern, gibt´s dann Kaffee! Anschliessend die übliche Zeremonie des Ankerkettenspülens. Vertauschte Rollen derzeit. Marion an der Steuersäule, ich am Eimer. Dafür muss sie anschliessend Frühstück machen während ich versuche, im Cockpit ein Fitzelchen Sonne zum Aufwärmen zu erhaschen und wir die ersten Tagesmeilen auf dem ICW weiter Richtung Norden tuckern. In dicken Socken und Vliesjacke! Marion natürlich am Rumlästern, dass ich mir noch ein paar Socken für Kanada aufheben soll. Die hat gut reden, steht da unten ja am Herd! Pamlico River, Pungo River, Alligator River. Alles klangvolle Namen, sieht aber überall aus wie Vorpommersche Boddenlandschaft. Die Flüsse sind mit Kanälen verbunden, die dann so einfallsreiche Namen wie Alligator River-Pungo River-Canal haben. Da ist auch Boddenlandschaft. Ist das Ufer bloss dichter. Vorzugsweise in den Kanälen schleichen sich dann auch die dicken Motoryachten von hinten an. Gut, schleichen ist jetzt der falsche Ausdruck dafür. Aber sie sind immer ausgesprochen höflich. “Sailingvessel in front of me, I would like to overtake you”. (Segelboot vor mir, ich würde euch gerne überholen) tönt es jedesmal aus der Funke. Diejenigen, die ein bisschen mit ihrem Allgemeinwissen protzen wollen, setzen noch “Sailingvessel under german flag” dazu. Nicht einer sagt einfach MIRA. Steht bei uns doch gross am Heck dran. Aber vielleicht gehört die edle Kunst des Lesens ja auch nicht unbedingt zu den Bedingungen, die hierzulande an das Führen einer Motoryacht gestellt werden. Jedenfalls antworten wir dann immer genauso höflich, dass wir ihn gerne vorbeilassen, uns steuerbord halten und den Kurs nicht ändern. Darauf bedankt er sich dann artig, fährt betont rücksichtsvoll an uns vorbei, um dann den Gashebel wieder nach vorn zu drücken. Den Part mit dem “starboard” halten lass ich jetzt aber weg, seit wir in einem Kanal deswegen kurz im Schlamm steckten. Ich bleib jetzt schön in der Mitte. Ausser das uns alle anderen überholen (also vielleicht fünf, sechs Yachten pro Tag) passiert unterwegs aber nicht viel aufregendes. Dass die paar Brücken alle eine Durchfahrthöhe von 65 Fuss haben und wir da durch passen haben wir inzwischen begriffen und dass es Blödsinn ist,  wie die amerikanischen Yachten wegen der kaum spürbaren Tidenströmung morgens um halb sechs loszufahren, auch. Wir haben nie mehr als einen halben Knoten Gegenstrom gehabt. Und nach ein paar Stunden dreht der sowieso. Aber heute kam endlich mal was neues dazu. Eine Drehbrücke! Eine knapp zweieinhalb Meilen lange Brücke verbindet hier die beiden Ufer des Alligator River und in der Mitte ist besagtes Drehteil. Schon Meilen vorher haben wir andere Yachten (die uns natürlich vorher überholt hatten) über Funk auf den Brückenwärter einreden hören. Dass sie noch soundso weit weg sind und durch die Brücke wollen, dass sie jetzt viel dichter sind, dass sie jetzt vor der Brücke sind ... will der das wirklich alles wissen??? Wir nähern uns schweigsam. Grad überleg ich, dass ich dem Brückenwärter wohl jetzt auch erzählen sollte, dass wir an der Brücke sind und da auch durchwollen, obwohl der uns ja, falls er nicht blind ist sowieso sieht und warum sonst sollten wir genau darauf zufahren, wenn nicht um auf die andere Seite zu kommen??!! - da dreht sich die Brücke plötzlich zur Seite. Ganz ohne Gelaber! Passt perfekt, können wir ohne Stop durchrauschen ... äh, wenn der auch endlich die roten Lichter auf unserer Seite ausschalten würde. Macht der einfach nicht. Wir drehen eine Runde, sind meilenweit das einzige Schiff, die Lichter sind immer noch ROT. Greift Marion dann doch zum Mikro und fragt höflich, wann denn die Lampen auf grün geschaltet werden, wir würden da gerne durchfahren. Da gibt´s keine grünen Lichter, kommt prompt als Antwort. Die roten sind immer da. Auf der anderen Seite auch, wir sollen durchfahren. Der Nachmittagsverkehr staut sich schon recht beachtlich auf der Brücke als wir zurückblicken. Bedanken wir uns also artig beim Brückenwärter für die Öffnung und wünschen ihm ´n schönen Dienst. Und uns eine gute Fahrt kommt genauso höflich zurück. Man, sind die hier alle nett, da verlern ich ja meine ganzen Schimpfwörter.

Mittwoch, 01. Juni 2016
Richtig schönes Plätzchen, wo wir gestern Abend unseren Anker runtergeworfen haben und vermutlich hätten wir die Abfahrt noch so lange weiter hinausgezögert bis es “sich heute nicht mehr lohnt noch weiterzufahren”, wenn nicht plötzlich alles rabenschwarz hinter uns wäre. ´Ne dicke schwarze, bedrohlich aussehende Wolkenwand wälzt sich langsam in unsere Richtung. Also kein dritter Kaffee mehr, den Anker hoch, der heut erstaunlicherweise blitzblank ist, den Gashebel nach vorne drücken und nichts wie weg hier. Hinter uns sehen wir die KIRA, die schon den dritten Tag in unserer Nähe ankert und die genauso verzweifelt versucht, mit Vollgas der Wolkenfront zu entkommen. Scheint bei beiden zu klappen. Wir überqueren den Albemarle Sound, wo wir uns nun entscheiden müssen. Entweder auf der Hauptstrecke des ICW bleiben, oder die alternat Route, den Dismal Swamp Canal zu nehmen. Haben wir gestern Abend noch ewig über den Karten gesessen und beide Routen ausgiebigst studiert. Die alternate Route scheint die interessantere und schönere zu sein, die Hauptroute aber die Schnellere und letztendlich gab das den Ausschlag. Immerhin können wir jetzt segeln. Es geht den halben Tag weiter den Sound hoch, dann in den North River. Das Spannenste sind die grossen Adlernester auf den Seezeichen links und rechts, die meist auch bewohnt sind. Einige davon sind nachts beleuchtet, und Marion meint, sie würde als Adler ja kein Auge zukriegen wenn ihr da permanent so`n roter oder grüner Flash ins Nest scheint. Wegen kalt und nieselig und weil die nächste Ankermöglichkeit noch ewig weg wäre, schmeissen wir ihn diesmal schon gegen vier beim Cow Creek runter. Marion verkriecht sich wieder hinter ihrem Rechner und ich in den warmen Motorraum. An der Heizung basteln. In Saint Martin hatte ich aus den nicht wegkorrodierten Resten unserer alten und einer baugleichen fast neuen 24V-Webasto, eine Heizung gebastelt. Sieht gut aus, hat aber den Nachteil, dass sie einfach nicht zuckt obwohl ich am Stecker 13V messen kann. Vermutlich also die Steuereinheit platt. Nach unzähligen Versuchsaufbauten, mit der Steuereinheit der 24V-Heizung und vorgeschaltetem DC-DC Wandler an unserem Stecker, rumexperimentieren mit dem Kabelbaum der 24V-Heizung, Tausch des identischen Bedienteiles, Tausch einzelner Kabel, mehreren versehentlichen Kurzschlüssen und und und ... weiss ich, als Marion wegen Abendbrot nach mir ruft, dass die Steuereinheit nicht platt ist, die Heizung eigentlich funktioniert und NUR der Kabelbaum zum Bedienteil im Salon irgendwo auf seinem Weg dahin unterbrochen ist. Das lass ich mir aber für einen anderen Tag. Soll ja morgen wieder wärmer werden.

 

Donnerstag, 02. Juni 2016
So`n bisschen nervös waren wir auf den letzten Metern schon. Nicht weil wir heimlich über die Grenze zwischen North Carolina und Virginia sind, heute kommen wir zur Schleuse. Davor noch `ne Klappbrücke, die nur jede Stunde öffnet, Strömung die uns vorwärts schiebt ... und eigentlich wollten wir da heute gar nicht durch. Müssen wir auch nicht. Die haben hier wohl mit solch weiterfahrunwilligem Volk wie uns gerechnet und kurz vor der Brücke einen langen Anleger gebaut. Gut, Anleger gibt´s auf der ganzen Strecke, immerzu und andauernd, aber hier steht gross dran “Festmachen für 2Anleger am Battlefield4 Stunden gratis”. Binden wir uns natürlich sofort dran. Unheimlich historischer Boden, den wir grad betreten. Steht überall dran. Battlefield Park! Ehrfürchtig lesen wir uns die ganzen Tafeln und Schilder durch und erfahren, dass die Virginier - oder heisst das Virginesen oder Veganer ??? - jedenfalls die Leute, die hier gewohnt haben keinen Bock mehr auf England hatten und sich für unabhängig erklärt haben. Waren sie die Ersten, steht da noch. Die Engländer fanden das wohl nicht gut, jedenfalls kam es hier zur ersten Landschlacht des Unabhängigkeitskrieges. Die nächste Tafel weiss noch genaueres. Einige Virginesen haben von der einen Seite der grossen Brücke auf die englische Garnison geschossen, die grade versucht hat über besagte Brücke zu wandern. Wandertag? Gruppenausflug? So konkret wird das Schild nicht. Jedenfalls haben die Engländer wohl zurückgeschossen. Ein Schild weiter erfahren wir endlich wie oft die tapferen Veganer geschossen und nachgeladen haben bevor sie weggelaufen ... sich zurückgezogen haben. Wir hätten jetzt auch noch alle weiteren Schautafeln auswendig lernen können, aber so`n bisschen was wollen wir uns ja auch noch für unseren nächsten “Battlefield Park” lassen. Sind wir also lieber shoppen gegangen. Muss man schon ein Stückchen wandern bis zum hiesigen Shopping-Center, aber da findet MANN dann auch alles, was das Herz begehrt. Bratwürste und Kartoffelsalat! Marion findet noch anderen Salat und ähnliches Grünzeug, jedenfalls haben wir reichlich Plastiktüten in den Händen als wir loslempeln. Wir sind noch nichtmal ganz vom Parkplatz runter, bremst ein leicht verbeulter typischer Ami-Truck neben uns. Ob wir einen “ride” brauchen? Aber gerne! Steve fragt nicht mal wo wir hinwollen, als er Richtung Great Bridge losfährt. Sieht man uns den ausländischen Segler schon von hinten an? Nee, lacht er, aber kein Einheimischer würde versuchen mit soviel Tüten zu Fuss loszulaufen. Ich mit Steve also nett am Labern, während sein riesiger Hund auf der Rücksitzbank nicht im Traum daran denkt, wegen Marion auch nur ein winziges Stückchen weniger Platz zu beanspruchen. Erhaben ignoriert er die Würste in ihren Einkaufstüten, als er seinen dicken Schädel über sie hinweg wieder durchs offene Fenster schiebt. Na wenigstens sabbert er nicht ... Jetzt sind wir zwar schnell und ohne wundgelatschte Füsse zurück auf dem Dampfer, aber keiner hat Lust zu kochen. Ziehn wir also noch mal los. Gar nicht weit weg kommen wir an Kentucky Fried Chicken vorbei. Genauer gesagt nicht dran vorbei, sondern wir sind da dämlicherweise rein gelatscht. Erster Fehler! Jetzt haben die da tausend verschiedene Sachen und statt mir einfach irgend ein blödes gebratenes Huhn auf den Pappteller werfen zu lassen, kann ich mich trotz der bunten Bilder mit denen jedes Gericht auch für uneingeweihte wie mich beschrieben ist, für nichts entscheiden. Ich nehm einfach dasselbe was du nimmst, sag ich zu Marion, die langsam dremmelt, weil sie schon vor zehn Minuten irgendwas bestellt hatte. Zweiter Fehler! Beim Reingehen hatte ich aus dem Augenwinkel unter den zweitausend bunten Werbeschildern an den Fenstern auch irgendwas mit mexikanischer Woche gelesen, aber nicht damit gerechnet, dass Marion sich echt so`n vegetarischen Fladen bestellt hat. Kalter geschmacksneutraler Pamps in pappigem Fladen mit klangvollem Namen, den ich aber vergessen habe. Ich bin jetzt schon überzeugt, dass man mexikanischen Fladen mit klangvollem Namen durchaus schmackhaft zubereiten kann, aber das hier schreit ja förmlich nach einem Schnaps danach, um die garantierten Magenkrämpfe wenigstens etwas abzumildern. Besser zwei Schnaps! Ich weiss jetzt natürlich nicht, ob vielleicht der schlechteste Koch aller KFC Filialien hierher strafversetzt wurde oder ein echter Mexikaner am Herd steht, der aus seiner Heimat zwangsausgewiesen wurde, weil er mit seinen Kochkünsten das nationale kulinarische Erbe beleidigt hatte, oder ob das auch ganz einfach so schmecken soll??? Jedenfalls kriegt micGreat Bridge Lock (Schleuse) - Wasser marsch!! h keiner mehr zu Kentucky Fried Chicken! Sicherheitshalber haben wir dann doch jeder zwei Rum getrunken!

Freitag, 3. Juni 2016
Noch vorm Morgengrauen werden wir vom Gegaake der Gänse wach, die zu sechst langsam an der Mira vorbei paddeln und lautstark rumkrakehlen. Fetter Nebel draussen. Alles dick weiss. Och nö. Decke wieder über den Kopf, weiterschlafen. Spätes Frühstück und danach machen wir uns noch mal auf in die Stadt zwecks US-Telefonkarte. Trotz Rumfragerei finden wir nix und haben irgendwann auch keine Lust mehr. Ein Baumarkt ist da viel interessanter. Zurück zum Boot, geduckt an KfC vorbei und alles abfahrtbereit machen.  Schaffen wir immerhin die 13 Uhr-Öffnung der grossen Bascule-Bridge und tuckern gleich hinter der Klappbrücke als letztes von sechs Booten in die Schleuse. Die anderen machen sich nicht mal die Mühe, an Land zu springen, um die Leinen um die Poller zu legen. Kommt schliesslich ´n Schleusenmann vorbei, der sich kümmert. Wasser wird 2 Füsse abgelassen, geht alles ganz fix und unspektakulär. Weiter kanalaufwärts immer mehr Brücken, neuer Kategorie: Liftbrücke! Eine ist gehässigerweise unten als wir ankommen. Wir tuckern durch Industriezonen, vorbei an monströsen, in modischem grau gestrichenen Kriegsblechen, Werften links, Trockendocks rechts, ein Flugzeugträger im Bau - gigantisch! Portsmouth und Norfolk kommen in Sicht, wir gucken nach dem Umsonst-Liegeplatz Highstreet Landing Bassin. Die klitzekleine Einfahrt ist leicht zu übersehen, machen wir dann auch prompt. Muss wohl da sein, wo der Hintern von einem Raddampfer rausguckt und als der sich nebst Hintern entfernt, trauen wir uns dann auchBeginnendes Hochwasser am Highstreet Landing Bassin - Kletterpartie rein. Nur ein weiteres Boot drin. Perfekt! Anlegen klappt bilderbuchmässig. Ich hab heut dicken Kopf und bleib an Bord, Käpt´n macht sich auf zwecks Anmeldung und kurzer Stadterkundung. Eigentlich müssten wir auch den Zoll anrufen. Hat er auch versucht, sagt er, als er zurück kommt. Und dass abends Livemusik in der Stadt ist. Wackeln wir da nach dem Essen also mal hin. Ist dann doch nicht so unser Ding, auf dem Kirchenvorplatz zwischen dem hiesigen Klub der Hundertjährigen zu sitzen und einem Sangesbarden zu lauschen, der die Hits aus deren Jugend vorträgt. Lempeln wir lieber weiter und drehen noch mal die Runde durch die Stadt, die mein Dicker heute Nachmittag schon mal vorerkundet hat. Ist das tot hier! Auf dem Rückweg, kurz vorm Boot treffen wir dann Peggy. Die ist erst Mitte Achtzig und sitzt deswegen auch nicht auf dem Kirchenvorplatz. Wir erfahren im Schnelldurchlauf alles Wichtige und Unwichtige über Portsmouth, ihr Leben, das ihrer Kinder und als nach einer Stunde dann die Enkel dran sind, schaffen wir endlich den Absprung... Inzwischen ist der Steg überflutet, der Kahn schwimmt hoch oben, wird das Anbordkommen echt zur Kletterpartie. Hält unsere nächsten Gäste, Geoff und Catlyn, die vorm Schiff stehen als wir grad überlegen so langsam in die Koje zu kriechen, dann aber nicht davon ab, die Hosen hochzukrempeln und zu uns raufzuklettern. Sie sind schliesslich auch Seeleute! Von dem uralten Segler, den wir ein Stück weiter in der Werft gesehen haben und der nicht aus “Fluch der Karibik” ist, sondern aus Schweden. Holt Käpt´n natürlich reichlich Wein aus der Bilge und es wird auch ein richtig lustiger Abend ... (bisschen anstrengend nur für den Kopf ;(

 

Sonnabend, 4. Juni 2016Gibt auch schöneres als das ganze Kriegsblech in Norfolk - viele Meerjungfrauen zum Beispiel
Reichlich Programm heute! Ging schonmal los mit Farmers Markt am frühen Morgen. Waren wir schnell mit durch. Marion hatte noch genug Gemüse und eigentlich gab´s das da eh nicht. Dafür tolle Kräuter, Eier von glücklichen Hühnern, Mehl von glücklichen Müllern, selbstgehäkelte Pullover, fürchterlich gesunde Sandalen ... Da war der Flohmarkt wesentlich spannender. Die ganze unterste Etage eines Parkhauses vollgestellt mit altem Trödel. Natürlich ist das alles Kitsch, macht aber trotzdem Spass an Ständen mit altem Geschirr, Porzellanpuppen, Unmengen von uraltem Kinderspielzeug, Eisenbahnen, Omas gutem Essservice, Grammophonen, den Bergen von dazugehörigen Schallplatten, Abzeichen, Uniformen und, und, und zu schlendern. Marion hat jetzt eine neue gelbe Regenjacke! Der eine Dollar ist gut investiert. Sie meint, die fünf für die neuen Ohrring auch :) Jetzt könnten wir noch mal durch die zwar hübsche aber tote Altstadt laufen, machen wir aber nicht. Wir lempeln lieber zurück zum Boot, da gegenüber ist nämlich auch die Anlegestelle für die Fähre nach Norfolk. Das sind diese Raddampfer, die immerzu hin und her pendeln und die Räder nur zur Touribeglückung hinten dran baumeln haben. Gibt es eigentlich noch eine Steigerungsform von tot??? Norfolk ist sowas von ERZOBPeggy kann erzählen ohne Punkt und Komma.  Vor ein paar Jahren ist sie mit ihrem Mann von New York hierher, nach Portsmouth gezogenERTOT!!! Wir sind einmal die ganze Runde durch das historische Viertel, alle Häuser hübsch saniert, teilweise sogar noch Kopfsteinpflaster auf den Strassen, aber wenn nicht ab und zu ein Bewohner mit seinem Hund zum Kacken rausgemusst hätte, wären wir echt die Einzigen da unterwegs. Alle anderen Touris treffen sich beim Marinemuseum. Hochmodern und riesig. Riesig ist auch die USS Wisconsin, die genau daneben liegt. Kann man dran vorbeilaufen und staunen oder eben als Museumsbesucher auch drauf rumtrampeln. Uns reicht´s, von unten hoch zu glotzen. Wir nehmen noch die Gedenktafeln der Ahnenreihe heroisch untergegangener Kriegsbleche mit, schlendern noch `ne Weile leicht deprimiert durch die ausgestorbene Stadt, geben irgendwann auf und springen auf den nächsten Raddampfer. Norfolk sollte man sich ganz sicher nur als eingefleischter Kriegsblechfanatiker antun. Um etwas gegen das leichte Hungergefühl zu tun, schraube ich den Grill hinten dran. Im selben Augenblick steht die gesprächige Peggy vorm Schiff. Marion, du hast Besuch! Ich muss schliesslich noch Kohle in den Grill schütten und mit `ner Dose in der Hand aufpassen, dass die schön heiss wird. Und dann noch die Würschte drehen, neue Dose holen ... Die beiden hocken echt `ne Stunde auf den grossen Stufen vorm Schiff und schladdern, ich muss sogar die Teller selber rausholen und den Tisch decken! Für drei. Ich hab gerade in Gedanken ausgerechnet, um wieviel sich meine Portion dadurch verkleinert, da gibt`s Entwarnung. Peggy kommt mit Die Olde Towne ist schon sehenswert, nur eben  so tot. Leider.ihrer Hüfte gar nicht hoch auf`s Schiff und muss jetzt eh zurück nach Hause. Das dauert dann aber doch noch solange bis auch alle Würste verbrannt sind. Dafür haben wir jetzt zwei neue Bücher und historische Postkarten von Portsmouth. :)

Sonntag, 5. Juni 2016
Eigentlich darf man nur für 36 Stunden in dem kleinen Hafenbecken festmachen, aber ich hab nicht das Gefühl, dass hier irgendjemand hinter den Büschen lauert und die Zeit stoppt. Hängen wir also noch einen Tag dran. Mittlerweile ist das hier zu einer kleinen Community angewachsen. Vor uns an dem Bötchen weht eine norwegische Flagge. Lars kennen wir aus Saint Martin, da hatte er sich von uns mit Tipps und Karten für Kuba versorgen lassen. Neben uns drei, ständig eine Bierdose in der Hand haltende Kanadier auf ihrer Beneteau und dahinter zwei amerikanische Segelyachten. Von Geoff haben wir den Tipp mit dem Telefonladen gaaaaanz am Ende der Stadt bekommen. Haben wir uns also auf die Socken gemacht. Sooo weit ist das nun auch wiedeGeoff und Catlyn versuchen immer noch, uns zum Bleiben zu überreden. Kommendes Wochenende ist doch Hafenfest in Norfolk!!r nicht. Zumindest nicht beim ersten Mal. Klar haben sie Prepaid-SIM-Karten, aber die funktionieren nicht bei allen europäischen Handys. Am besten wir probieren das gleich im Laden aus. Hat natürlich keiner das Telefon eingesteckt. Muss wohl einer zurück, das Teil holen. Ich bin EINER! Latsch ich dann das ganze Ende zurück, komme kurz vorm Dampfer in einen fetten Regenschauer, stelle fest, dass wir (also ich) auch vergessen hatten die Salonluke zu schliessen, renne klatschnass den ganzen Weg wieder zurück nur um dann festzustellen, dass die SIM-Card in unserem Handy nicht funktioniert. Haben wir eben für 20 Dollar auch gleich noch ein Wischhandy dazu gekauft. Jetzt können wir, wenn wir denn wollen, die US-Customs anrufen, können angerufen werden, mit dem Teil ins Internet oder damit einen Hotspot aufmachen und sich mit unseren Laptops da einwählen. Theoretisch jedenfalls. Wenn ich denn rausgefummelt habe, wie das alles funktioniert. Schaff ich heute leider nicht, Geoff und Catlyn stehen mit zwei Flaschen Wein in der Hand vorm Dampfer. Die Kurzversion: wegen fettem Regen hocken wir alle im Salon, Luken dicht, WARM!!! Die zwei Flaschen reichen nicht, wir kommen nicht, wie wegen der morgigen Abfahrt eigentlich geplant, früh in die Koje, es wird lustig und SPÄT!

Montag, 6. Juni 2016
Grosse Aufbruchstimmung am Highstreet Landing Basin. Obwohl wir 8.35 Uhr die Leinen los schmeissen, sind wir die Vorletzten. Das Wetterfenster sieht gar nicht so schlecht aus für die Weiterfahrt nach New York. Unter Motor geht´s vorbei an Portsmouth auf der einen, und Norfolk auf der anderen Seite, eine Flussbiegung weiter rauschen wir schon unter Segeln auf den letzten Meilen der Chesapeake Bay entgegen. Statt Wohnviertel, nur noch Industrie, der Fluss wird immer breiter, links Hafenanlagen, rechts, auf unserer Seite reiht sich ein Kriegsblech an das andere. Soweit das Auge reicht. Mit ordentlich Lage, immer schön in der Fahrrinne, heizen wir an den imposanten Teilen vorbei, nebenbei unauffällig ein paar Fotos machend. Mann weiss ja nie ob die Militärpolizei, die in kleinen BHier ist -vermutlich nur ein Bruchteil - die amerikanischen Kriegsflotte aufgereiht. Da rauschen wir mal eben fast rein mit unserem grossen roten Mira-Stern ...arkassen vor der Reihe patroulliert, das toll findet. Plötzlich schiesst unser Dampfer in den Wind! Die Segel flattern wild, ein Schlepper ist grad dabei uns zu überholen, keine 200m neben uns die Wassersperre vor den Kriegsblechen! In Sekundenbruchteilen bin ich zum Steuer gehechtet, da kann ich dran drehn soviel ich will, nichts passiert! Überhaupt kein Widerstand! Aus purer Faulheit hab ich den Kompass noch nicht wieder festgeschraubt (es lebe die Faulheit!), dadurch kann ich innerhalb von Sekunden feststellen, dass genug Öl im Hydrauliksystem ist. Der Schlepper ist mit einem kleinen Schlenker doch an uns vorbei, wir treiben langsam auf die Wassersperren zu. Marion, mit leichten Anzeichen von Nervosität wird ans (nutzlose) Steuer befohlen, ich sprinte runter zur Achterkabine. Fluchend versuche ich, die sperrige Matratze nebst Lattenrost irgendwohin zu schieben und hab dann auch gleich das Problem entdeckt: der Hydraulikzylinder baumelt so halbwegs runter, Ruder (was ich logischerweise nicht sehe) und daran befestigter Quadrant schlagen in den Wellen hin und her - da hat sich echt die Mutter vom Befestigungsbolzen des Zylinders am Ruderstock gelöst und der Bolzen ist rausgerutscht. Zum Glück also nur ein KLEINES Problem. Bloss der Zeitpunkt passt jetzt nicht. Ich sag Marion schnell, dass ich das Problem gefunden habe und lösen kann, nur noch 150m bis zur Sperre, ein Patroullienboot kommt auf uns zu - Marion zeigt grössere Anzeichen von Nervosität. Ich such die passenden Schlüssel, renne nach hinten und versuche, das Auge am Stössel des Hydraulikzylinders wieder auf den Bolzen vom hin- und herschlagenden Ruderstock zu bekommen. Klappt irgendwann. Marion brüllt irgendwas von oben. Schnell die Mutter ein paar Umdrehungen raufdrehen, dann haste ich nach oben. Erste Anzeichen einer leichten Hysterie! Ich soll irgendwas machen. Gut, ich könnte den Anker runterschmeissen, damit wir nicht in die Absperrung treiben, aber in zwei Minuten hab ich alles festgeschraubt. Mit Viertelumdrehungen krieg ich die Mutter langsam fester, Marion schreit wieder irgendwas, ich stürz genervt nach oben - noch mindestens 40m bis zur Sperre, Militärpolizei bestimmt auch noch 100 - ich schnarch sie an, dass sie endlich mit ihrem Gebrüll aufhören und mich die Schraube anziehen lassen soll. Die ist kurz danach fest, Motor starten, rausstürzen und am Ruder drehen ist eins, das Schiff dreht sich langsam wieder in Richtung Fahrrinne, die flappenden Segel füllen sich mit Wind, wir nehmen Fahrt auf, die Sperre bleibt langsam zurück und die Militärpolizei ... dreht zögerlich ab. Na bitte, hat doch gepasst, bin ich wieder obenauf. Marion redet nicht mit mir. Ich kontrollier noch mal ob die Mutter auch wirklich bombenfest sitzt, räum Lattenrost und Matratze auf die Koje, bisschen später redet meine Crew auch wieder mit mir ... Na, dann ma raus auf`s Meer :)

Dienstag, 7. Juni 2016
Das ist mal wieder so ein Tag! Dreiviertel fünf aus der Koje, war eh schon lange wach. Dieses Gerolle! ... Bevor Käpt´n ins Bett kriecht, nimmt er die Genua rüber auf die Steuerbordseite. Das Dickschiff liegt jetzt VIEL ruhiger und so kann er wenigstens gut schlafen nach seiner langen Brrr, wo kommt denn die Wolkenwurst mitmal her?!selbstgewählten Nachtwache. Draussen weissbekronte Wellen, die teilweise 2m haben, rollen von achtern auf den Mira-Hintern zu, heben uns hoch und schieben uns kräftig vorwärts, der Himmel düster, dick fett bewölkt. Passt ja super! Mach mir ´nen Tee. Alle Eingeweide scheinen sich noch nicht “eingeschwungen” zu haben. Mit Frühstück wart ich auf den Dicken. Als ich aus der Pantry zurück an den Navi-Rechner komme, flackert der wild vor sich hin. Das auch noch! Neustart. Mein nächster Wegpunkt ist mal eben von der Karte verschwunden, bastel ich mal einen neuen ... ja, hübsch, passt ungefähr. Fahren dichter an´s Land, Richtung Cape May.  Das Wetter ist so´n bisschen durchwachsen zur Zeit, man weiss noch nicht genau, was kommt und wie dick es kommt. Ein paar Möglichkeiten gibt es hier, sich im E-Fall zu verkrümeln. Hat mein Capitano alles schon gecheckt. Versuche zu lesen. Peggy hatte mir von “Into the wild” vorgeschwärmt. Dabei hat sie so heulen müssen, erzählt sie lachend. Am nächsten Tag hat sie es gleich mitgebracht. Die ersten Seiten, dann leg ich es lieber zur Seite. So ein Heul-Buch brauch ich im Augenblick nicht. Um 10 steht der Dicke “putzmunter” auf der Matte. Frühstück, Kaffee, er am Navi-Rechner, ich schlaf auf meinem Platz auf der Stelle ein ... Später holen wir frisches Wetter rein (na, geht so), Käpt´n knüppert 2 zusätzliche “Schotleinen” an die Fock, die steht dann besser wenn´s knackig kommen sollte. Ich klare unter Deck auf, dann geht er wieder ins Bett. Der Baro macht mir Sorgen. Der Luftdruck fällt schnell. 17 UAtlantic City. Ist eher berühmt wegen den Casinos und Nightclubshr steht er bei 997,5 hPa. Finde ich gar nicht gut. Hoffe aber, dass die hiesigen Wetterfrösche genug Kennung haben und dass ihre Vorhersage stimmt. Oder es gibt eben ordentlich was auf die Nuss ...

Mittwoch, 8. Juni 2016
Klar gab es was auf die Nuss. Aber nur so`n bisschen. Sah mit Druckabfall und grusliger, rabenschwarzer Wolkenfront übler aus als es war. Natürlich knallten die Böen am Abend rein, kurz vor Rene`s Funklaberrunde mit Marlin-Micha. Wir hatten aber rechtzeitig die Segel runter, haben kurzerhand den Motor angeschmissen und wenig später war das Schlimmste auch schon durch. Übel wurde mir dann nur, als Micha meinte, dass Tropical Storm Colin direkt auf dem Weg zu uns wäre. Whoups! Wir hatten zwar nur 25kn Wind, aber hinter uns sah das nach wie vor ziemlich finster aus, so dass wir den Kurs auf Cape Henelopen geändert haben. Dahinter gibt´s laut Karte einen “Harbor of Refuge” genannten, fast 1,5sm langen Wellenbrecher. Da wollten wir uns dann ggf. hinter verkrümeln. Mein Capitano hat gleich noch mal nach frischem Wetter geguckt. Sieht eher so aus, als ob Colin hinter Micha her ist, der ja grad auf dem Weg zu den Bermudas ist ... Letztendlich hat sich die Gruselfront Richtung Osten verzogen, der Wind blies wieder brav mit 15kn aus der alten Richtung und wir haben uns, den “Fluchthafen” schon in Sichtweite, entschieden weiterzufahren ...
Heute stehen 25-30kn Wind gegenan auf unserm Zettel. Muss man nicht unbedingt mitnehmen, wenn man sich auf dem Lagebesprechung: Männer!  Was nun? Der Tank ist leer!  ...Weg mal schnell verkrümeln kann. Atlantic City bietet sich da an. Einfahrt rein, bis kurz vor die Brücke. Da ankern schon zwei andere Boote. Lars aus Oslo z.B., der irgendwie schneller war als wir. 7.20 Uhr - Motor, Instrumente aus, Käpt´n fällt ins Bett und ich wusel räumenderweise durch´s Boot, bemüht, keinen Lärm zu machen. Brauch dann nicht mehr leise sein, weil ein Coast-Guard-Helicopter uns und Lars unter die Lupe nimmt. Bestimmt ´ne Viertelstunde donnern sie um die Boote, niedrig und dicht (bestimmt haben alle ihre Lesebrillen vergessen und können Bootsnamen, Heimathafen und Landesflaggen nicht erkennen ?!! Oder der grosse rote Mira-Stern macht sie nervös). Eigentlich müsste der Dicke senkrecht im Bett stehen, aber der rührt sich nicht. Geh nachher mal leise gucken, ob bei ihm alles i.O. ist ... Als gegen Mittag die Tide kippt, hängen wir Lars und seiner LUNA ganz schön dicht vorm Bug. Noch dazu bläst es jetzt kräftig. Die dritte, ankernde Yacht geht auf “Wanderschaft”. Statt der angesagten 30kn-Böen haben wir 45kn auf dem Instrument stehen. Toll! Der Gedanke an unsere löchrige Kette macht die Sache nicht angenehmer. Nach vier Monaten haben wir immer noch keine Nachricht vom Hersteller bekommen, bezüglich des Austausches. Dabei schreiben sie gross in ihre “Bedienungsanleitung”, dass eine schadhafte Kette UNBEDINGT und SOFORT ausser Betrieb genommen werden soll. Vielleicht sollten wir uns bei jeder Sturmwarnung in eine teure Marina verholen und ihnen die Rechnung dafür zuschicken. Das würde das Ganze vielleicht beschleunigen. Um Lars und uns nicht in Schwierigkeiten zu bringen, gehen wir in einem weniger windigen Moment ankerauf und fahren ihn ein Stück weiter flussaufwärts ein. Für den E-Fall liegt der Zweitanker mit dicker Leine und Kettenvorlauf zum Runterschmeissen auf dem Vordeck bereit. Wie es immer so ist, nimmt der Wind, nachdem wir alles so schön vorbereitet haben, langsam ab. Na, lieber so als anders. Und mit beständigen 25-30kn bläst es ja immer noch ganz ordentlich. Gekocht wird heute gemeinsam, weil jeder mal am Herd stehen will. Ist doch ganz schön kühl geworden ;) Abends gibt´s einen coolen Western im Heimkino und danach kriechen wir hundemüde unter die dünnen Decken, kuscheln ganz dicht zusammen ...

 

Donnerstag, 9. Juni 2016
Das hätte sich jetzt hier im Tagebuch echt toll gemacht, wie ich schon vor sieben aus dem Bett bin, um den neuen Tag zu begrüssen - aber dann steht da 16°C auf dem Thermometer!!! Bin ich natürlich sofort wieder zurück in die warme Koje! So Viertel nach acht, als Marion mit dem Kaffee lockt, sah das schon etwas freundlicher aus. Es bläst nach wie vor mit 25kn. Hol ich uns erstmal das aktuelle Wetter. Die Warnung für Small Craft Vessels ist bis heute abend verlängert. Termine haben wir nicht - bleiben wir einfach noch `n Tag. Ich hab eh noch das Heizungsprojekt offen. Wir genehmigen uns ein ausgiebiges Frühstück und statt der verlangten dicken Winterarbeitsklamotten krieg ich mehrere Schichten übereinander angezogen. Angeblich ist nichts langes mehr da. Als ob man in drei T-Shirts übereinander an den Armen nicht friert! Ich soll einfach schneller arbeiten... Im Ergebnis meines mehrstündigen Basteleinsatzes läuft die Heizung!!! Zwar erstmal nur in einem Versuchsaufbau und wenn ich den Temperaturfühler mit `ner drunter geschobenen kalten Flasche Weisswein austrickse, aber es wird überall schön warm. Marion findet allerdings, dass es stinkt. Waren nicht bloss die Kabel zum Bedienteil, der Heizungsstecker hat auch irgendeine Macke. Haben wir ja zum Glück einen zweiten am Kabelbaum der 24V-Heizung. Das muss ich dann mal richtig umbauen. Heute abend darf die Heizung noch mal in dem provisorischen Versuchsaufbau laufen. Das gibt beim Kino ordentlich Gedränge unterm Tisch. Jeder versucht seine Füsse vor das Heizungsloch zu schieben.

Freitag, 10. Juni 2016
Man, das ist so kalt morgens, da springt die Heizung auch an, ohne dass wir den Temperaturfühler überlisten müssen. Marion hatte sich schon irgendwann mitten in der Nacht aus der Koje geschlichen und hockt vorm Rechner. Sie hat ein unverschlüsseltes Wifi-Netz entdeckt, zwar ganz schwach, aber immerhin konnte sie sich mal das Elend auf unserem Konto angucken, die E-Mails lesen, einige sogar beantworten ... Deswegen muss ich mir jetzt meinen Kaffee alleine kochen. Wir hätten uns echt nicht vorstellen können, wie schwierig das hier mit Internet ist. Ausser in Afrika haben wir eigentlich überall unverschlüsselte Wifi-Netze gefunden, meist von Hotels oder Bars, aber hier ist wirklich alles verschlüsselt und gesichert. Deswegen ja auch die unverschämt teure Prepaid-Card fürs Telefon. Damit wir auch mal ins Internet können ohne uns dafür extra in ´ne Bar mit Wifi hocken zu müssen und 5-Dollar-Bier zu schlürfen. Oder Kaffee. Das soll ja auch ungesund sein. Soviel Kaffee. Ich komm mit diesem blöden WischHandy bloss nicht ins Internet. Es ist mir auch peinlich, irgendeinen Sechsjährigen auf der Strasse anzusprechen, damit er mir das mal zeigt. Ausserdem hatten wir die letzten Tage auch keine Strassen. Da Marion ihr Wifi-Netz natürlich nicht mehr funktioniert, als ich endlich aufstehe, gibt es das aktuelle Wetter auf die altertümliche Art, mit Pactormodem und SSB-Radio. Wind heute abend runter auf 20kn, nachts auf 15, morgen 10, dann wieder mehr, dann viel, viel mehr ... Gut, das interessiert uns jetzt noch nicht. Sind ja bloss noch 80sm bis New York. Andererseits haben wir auch keine Ahnung wie geschützt wir dort ankern können. Vielleicht sollten wir das viel, viel mehr doch im Auge behalten. Nach anschliessendem ausgiebigen Studium der hiesigen Gezeiten, fäll ich in Gedanken die Entscheidung, morgen gegen Mittag weiterzufahren. Bei aktuell 25kn hab ich noch keine Lust. Wir wollen aber auch im Hellen in New York ankommen und nicht gegen die Tide hier aus dem Fluss ... Soll ich uns zwecks Landgang das Schlauchboot runterlassen? Schaun wir beide auf die Stadt vor uns. Atlantic-City sieht so`n bisschen aus, wie Las Vegas für Arme. Das Ufer zugepflastert mit protzigen Casinos und Hotelungetümen, dazwischen Taj Mahal nebst irgendwelchen anderen architektonischen Entgleisungen, ´ne Achterbahn, alles mit kunterbunten Lichtern, es glitzert und blinkt überall ... Wir sind uns einig, ne, kein Landgang! Bastelt Marion so`n bisschen am Tagebuch, in der Hoffnung, dass ihr Wifi-Netz wieder funktioniert, wenn wir uns mit der nächsten Tide drehen. Ich überleg beim Sudoku, was ich denn so machen könnte und eh mir dazu was einfällt, hab ich den aktuellsten Wetterbericht auf dem Monitor - jetzt nur noch 10kn heute Nacht, morgen 5 ... und schon ist wieder alles ganz anders. Wir fahren jetzt, verkünde ich meine neuste Entscheidung. Dauert aber noch `ne Stunde bis wir wirklich abfahrbereit sind, 17.35 Uhr leiern wir den Anker hoch und lassen uns von dem letzten ablaufendem Wasser, noch kurz vor Tidenwechsel raus, aufs Meer spülen. Segel ausrollen, Autopilot anknipsen, Füsse hoch ... das Funkeln und Geflimmer hinter uns wird langsam immer kleiner und irgendwann, viele, viele Meilen später, muss Marion schon das Fernglas zu Hilfe nehmen um zu lesen, was wir grad im Harrah`s verpassen: “pool in the dark” heute Abend. Morgen “wild & wet ...

 

Sonnabend, 11. Juni 2016
Die lügen dich rotzfrech an! Ohne mit der Wimper zu zucken. Werden nicht mal rot dabei. Die Wetterfrösche!!! Von wegen nachts 15knTreffen der Manövrierbehinderten Wind. Um zehn war der Wind weg. Hab ich mir `ne Weile angeguckt wie wir mit flappenden Segeln weitertreiben und dann zähneknirschend den Motor angeschmissen. Bin überhaupt die ganze Zeit am Kurs ändern. Aus allen Richtungen donnern Bagger und Schlepper an uns vorbei, angeblich alle manövrierbehindert und immer unseren Kurs kreuzend. Einer überholt uns sogar mit 10,7kn, laut AIS “vor Anker liegend”. Alles Wetterfrösche ... Gegen zwei hab ich die Backen dick. Immer noch kein Wind, unter Motor können wir auch im Hellen fahren. Tucker ich einfach dichter ans Ufer, lass um halb drei den Anker auf 7m Tiefe runter und kriech zu Marion in die Koje. Drei Stunden später rasselt der Wecker. Um uns rum wimmelt es nur so von Angelbooten. Wir starten den Motor, leiern den Anker hoch, ich ermahn Marion noch, gegen keins der Angelboote zu fahren und kriech wieder ins Bett. Stunde später steht Marion wieder vor mir. Da ist ein Fisch an der Angel. Doch wohl nur, weil irgend jemand die Angel vorher ins Wasser geschmissen hat, knurr ich sie an. Noch völlig zertreten stolper ich ins Cockpit. Was ist denn hier los??? Man kann ja kaum noch treten vor lauter Booten, die halbe Ostküste scheint grad am Angeln zu sein. Im Eimer am Heck zappelt ein Fisch, den Haken noch im Maul. Ist schon der zweite, berichtet Marion nicht ohne Stolz. Der andere hat sich aber wieder losgerissen. Ich also auf der Badeplattform am Fischausnehmen. Fängt Marion ihren dritten Fisch! Wir mittlerweile schön am Segeln, Wind nimmt zu, Luftdruck ab. Treibt Marion schon wieder Schweissperlen auf die Stirn. Die Anzahl der Angelboote hat sich inzwischen deutlich verringert, dafür immer wieder Delfine und jede Menge kleiner Flugzeuge, die lange Spruchbänder hinter sich her ziehen. Scheinbar verkündet hier jeder Apotheker, Supermarkt oder Autowerkstatt seine aktuelle Wochenendrabattaktion auf diese Weise. Vielleicht haben die hier noch kein Radio?! Luftdruck noch weiter runter - heute früh 1016,4 jetzt 1007,9 hPa, schnell abfallend - weiss Marion zu berichten. Wind legt weiter zu, Wellen auch, der Autopilot hat keine Lust mehr. Die neuste WetterClams? Was sind clams? Klar mögen wir clams! Und frischer geht´s ja wohl nicht.aktualisierung verkündet Sturmwarnung für heute abend, ich dreh bei den achterlichen Wellen wie blöd am Ruder, vor uns ein fetter Tanker vor Anker, der laut AIS gar nicht da ist. Wir beschliessen nicht bis New York zu fahren, sondern etwa 5sm vorher bei Sandy Hook abzubiegen und uns hinter dem Wellenbrecher der dortigen Marina zu verkrümeln. Mit ordentlicher Schräglage schiessen wir um Sandy Hook rum, links die Sandbänke, in der Fahrrinne wird ein riesiger Kran von zwei Schleppern geschoben, jede Menge Ferries und Ausflugsdampfer jagen umher, eine Barkasse mit Blaulicht kreist um den Kran damit ihm niemand zu nahe kommt, wir kommen wegen der Windrichtung zu nahe und zotteln in dem Wirrwarr die Segel rein, dann noch ein Kran mit Schleppern, welches ist jetzt eigentlich unsere Fahrwassertonne??? - Schlepper ohne Kran und dazwischen dann immer noch Angelboote, die in aller Seelenruhe mitten in der Fahrrinne ihrem Hobby frönen. Wäre vielleicht klüger gewesen, die Segel vorher schon reinzunehmen. Im Schutz von Sandy Hook dann zum Südende der Bucht und hinter den ewig langen Wellenbrecher. Ganz am Ende befindet sich die Marina, davor hunderte Mooringbojen und gleich hier in der Einfahrt ist ein klitzekleines Stückchen Platz zum Ankern. Reicht uns und bei NW liegen wir da super geschützt. Neben uns rühren drei Männer auf einem kleinen Fischerboot mit einem langen Stock im Wasser. “Hallo Deutschland, wie geht es?”, rufen sie rüber. So richtig auf deutsch. Und weil sie unbedingt wissen wollen ob wir mit dem Boot tatsächlich von Deutschland bis hierher gesegelt sind, kommen sie extra noch längsseits, als sie mit der Rührerei fertig sind. Reich ich ihnen drei Dosen “Königsbacher” rüber. Echt deutsches Bier??? Yes! Ob wir clams mögen? Sagen wir natürlich rein auf Verdacht JA. Schütten sie uns 4kg Muscheln in den hingehaltenen Eimer. Kühlschrank rammelvoll, Wind auf Süd gedreht, Sonne knallt, Luft total warm -  jetzt müssen wir nur noch ausknobeln, was wir heut zum Essen machen :)

Montag, 13. Juni 2016Muschelpflücker
Jetzt zottelt unser Kahn schon den dritten Tag vor Atlantic Highlands an der Kette. Die nennen das hier echt Highlands! Die Hügel am Ufer sind knapp 20m hoch! Gut, wenn man positiv denkt vielleicht 30. Aber Highlands! Dagegen ist Mecklenburg/Vorpommern ein Hochgebirge! Auf den Hügeln thronen einige Villen und davor, wie gesagt wir. Und bestimmt hundert andere Boote an den Moorings. Und vermutlich noch mehr in der riesigen Marina. Die Warnung für Small Craft Vessels ist immer wieder verlängert worden, wir haben 36kn auf unserer Anzeige, dann hat die sich verabschiedet. Aber ich hatte ja Zeit, das Teil wieder zur Mitarbeit zu motivieren. Und das Schlauchboot hat einen neuen Flicken, nachdem Marion das gehässsige kleine Loch gefunden hat. Das Provisorium Heizung ist auch einer dauerhaften Installation gewichen. Wurde auch Zeit, es ist a...kalt geworden. Dafür super Sicht auf die riesige Brücke an der Zufahrt nach New York und die Wolkenkratzer von Manhatten. Marion hatte mein Gejammer von wegen der Kälte satt und den Hauch von nichts, den ich bisher als Bettdecke hatte, gegen eine etwas dickere Version getauscht. Wenn ich dann immer noch frier, soll ich mir `ne Decke darüber legen. Hab ich dann auch gemacht. Da unsere französischen Baguettes zum Aufbacken alle sind, hat sie sich auch wieder ans Brotbacken gemacht. Schmeckt ausgezeichnet zu Muschel in Weisswein-Knoblauch-Sauce gedünstet. Zum Fisch auf dem Gemüsebett gab`s aber Kartoffeln. Zu Essen haben wir eigentlich reichlich. Aber Marion fehlt zum heutigen Muschel-Stew irgendein Kraut. Sind wir also ans Ufer getuckert, haben das Schlauchboot an einen Baum gekettet und sind Richtung Stadt, also Atlantic Highland gewandert. Erst noch so`n bisschen durch die Marina schleichen, die Müllsäcke fachgerecht entsorgen und wegen dem kleinen Hunger am ersten und einzigen Imbisswagen einen pappigen Hotdog runterschlingen. Wir lempeln die Haupt- und Geschäftsstrasse hoch, hübsche, restaurierte alte Häuser, Souvenirläden, Restaurants. Und das Ganze seeehr verkehrsberuhigt. Oder auch einfach leer. Am Ende dErzoberangeberankerplatzfotoas übliche Einkaufs-Center mit integriertem Supermarkt. Marion findet ihr Kraut und Gemüse, ich meine Würschte und Kartoffelsalat - Rückmarsch!

Dienstag,  14. Juni 2016
Es gibt ja schon richtig geile Ankerplätze. So mit menschenleeren Traumstrand voller Palmen, möglichst noch beeindruckenden Felsen davor, oder in einem wunderschönem Fjord zu schaukeln oder einem Vulkankrater, vom ankernden Boot die Wale beobachten, von neugierigen Robben oder Seelöwen umringt zu werden, noch perfekter wär`s mit Eisbergen, wenn eine Affenfamilie im dicken Baoab über`m Boot hockend das Frühstück im Cockpit kommentiert, man Flusspferde bei ihren Brunftkämpfen mit Haltungsnoten bewerten kann, Papageien laut krakeelend die Fähigkeiten der Bleichgesichter am Heckgrill zum Thema ihrer abendlichen Gesprächsrunde machen, oder Pinguine am Strand sich über den vor ihnen schaukelnden Alukahn wundern - alles unvergessliche Plätze, an denen man seinen Anker am liebsten gar nicht wieder hoch zotteln würde. Aber dann gibt`s Ankerplätze, die sind mindestens genauso geil. Ein MUSS gradezu! In Rio de Janeiro unterm Zuckerhut zum Beispiel. Wo, bitte soll man in Rio ankern wenn nicht unterm ZGrillen an den schönsten Plätzen der Weltuckerhut?!! Und für New York fiel mir da sofort die alte Dame mit ihrer Fackel ein. Taucht in jedem anständigen Krimi, der in New York spielt mindestens einmal auf. Die Freiheitsstatue! Kurzes Kartenstudium, da gibt´s eine 150 Yard Sperrzone um Liberty Island und das war`s. Haben wir es also getan und unseren Anker 200m neben der Freiheitsstatue ins trübe Wasser plumpsen lassen. Hocken wir mit breitem Grinsen im Cockpit und prosten uns mit `ner Bierdose zu. Ich hätte Champagner kaufen sollen. Und dann kann ich es einfach nicht lassen, ich schraub den Grill an den Heckkorb! Das werden hoffentlich unsere Enkel noch voller Stolz ihren Enkeln erzählen, wie Opa damals unter der Freiheitsstatue gegrillt hat ... Muss ein Mann im Leben mal gemacht haben. Und `nen Baum pflanzen. Irgendwas war`s noch ... Und abends, als die Touris mit den Dampfern und Ferries alle von der Insel runtergekarrt wurden, hocken wir ganz alleine bei der alten Dame auf dem Sitz im Bugkorb und kriegen uns fast nicht wieder ein vor Begeisterung beim Blick auf das Lichtermeer von Manhatten. Ist das krass!!!! --Wer jetzt also eh vorhat, die Tage mal nach New York zu segeln, UNBEDINGT einmal dort ankern. Gleich rechts neben der grossen Dame. Am besten so einrichten, dass man erst gegen 18 Uhr da eintrudelt. Dann geben die unzähligen Ausflugsdampfer und vorbei heizenden Ferries langsam auf und es schaukelt nicht mehr so am Grill :-)

Mittwoch, 15. Juni 2016Boah!!
Natürlich hatte ich unsere heutige Weiterfahrt minutiös geplant. Wenn bei “The Battery” (das ist der Südzipfel von Manhatten) Ebbe ist, fahren wir los! Da lassen wir uns dann schön von der einlaufenden Tide den Hudson River hoch schubsen. Ich glaub, so`n bisschen froh waren schon alle, als wir den Anker hochgeleiert haben. Da kam doch öfter mal ein Polizeiboot angebraust, um ein ganz langsames Ründchen um uns zu drehen. Aber vielleicht haben ja auch jedesmal besorgte Touris, die von der Freiheitsstatue zu uns rüber gucken, bei denen angerufen, von wegen hier liegt so`n merkwürdiges graues Boot. Sieht aus wie `n Kriegsschiff, bloss mit Mast drauf. Und `nem roten Stern vorn und hinten dran!!! :) - Der Einzige, dem meine Gezeitenberechnungen schnurz egal sind, ist der Hudson River. Wir haben 2kn Gegenstrom! Passt aber auch super, fahren wir wenigstens nicht so schnell an Manhatten vorbei. Gibt schliesslich jede Menge zu sehn. Grosse Häuser zum Beispiel. Ganz begeistert schaben wir so lange am rechten Flussufer längs, bis wir nach knapp zwei Stunden unsCentral Park - stehst du echt mitten im Wald, mitten in der City!er heutiges Ziel erreichen: das West 79th Street Marina Bassin (der beste, noch bezahlbare Liegeplatz für New York- wurde uns jedenfalls so empfohlen). Die wollen aber keine Mooring abgeben. Wir sind zu fett!!! Natürlich formulieren sie das netter. Wir sollen einfach hinter dem Mooringfeld ankern ... das ist dann noch über eine Meile weiter. Kostet stolze 26 Dollar pro Tag! Nicht das Ankern, das ist der Dingytarif! Dafür dürfen wir aber nicht nur unser Schlauchboot hier anbinden, sondern auch die Waschmaschine und Dusche benutzen. Als wenn wir zum Duschen nach New York gekommen wären! Wir wollen durch die Stadt trampeln! Fangen wir auch gleich mit an. Für den ersten Tag wünscht Marion sich `n bisschen Natur. Perfekt, der Central Park ist nur fünf Blocks entfernt. Dafür dann aber riesig. Gut, mit Bäumen hatte ich gerechnet, schliesslich heisst das Ding ja Park, aber dann gibt´s da noch zwei kleine und einen grösseren See, Schildkröten, Waschbären, Eichhörnchen, Ruderboote, Hügel und Felsen, Dinger die aussehen wie Biber, und jede Menge Eingeborene und Touristen, die einfach nur auf dem Rasen rumlungern oder rumlatschen und alles fotografieren. So wie Marion. Anschliessend dann so`n paar Blocks den Broadway in die eine Richtung, danach in die andere ... “Da kommt eine Buchhandlung!!!!” Muss Marion natürlich unbedingt rein, um die nächsten zwei Stunden alle Bücher dort anzufassen und ich bin eigentlich auch ganz froh, nicht weiter laufen zu müssen. Jetzt haben wir auch einen Kanada-Reiseführer! Und, abends zurück auf dem Boot auch die letzten Muscheln geschafft ...

Am Time Square
Hoooooch

 

Freitag, 17. Juni 2016
Wenn ich das jetzt alles aufschreibe, gibt´s `n Roman! Also die Kurzversion: Schuhe müssen wir in Zukunft zwei Nummern grösser kaufen. Wegen der grossen Füsse. Vom vielen Latschen. Kreuz und quer durch Manhatten. Zwei Tage lang von der 79sten bis zur Battery am Südzipfel, den Broadway rauf und runter, an den Edelboutiquen der 5th Avenue längs, sind zum Rockefeller Center gelatscht, zum Chrysler Building, haben uns tagsüber durch das Gewühl auf dem Time Square geschoben, was geradezu langweilig ist im Vergleich zu dem, was da abends abgeht, haben vor den Gedenkbrunnen des Ground Zero gestanden, an den neuen World Trade Centern hochgestarrt, waren gucken was die an der Wallstreet so treiben, haben den Bären nicht gefunden aber dafür dem Bullen an die Ei.. äh, schon recht abgegriffenen Fortpflanzungsorgane gefasst, sind durch die schön restaurierten Hafenviertel der Lower East Side geschlendert, durch Chinatown und Little Italy sowieso, waren beinahe auf der Brooklyn Bridge, dafür im 21.Century Kaufhaus, von dem wir vorher nicht mal wussten, dass es das gibt, haben natürlich vom Empire State Building nach unten geglotzt, sind mit der Sub gefahren, waren Guinness trinken im Irish Pup, pinkeln ... äh, und Eis essen bei McDonalds, haben vor der City Hall gestanden, den Kartenverkäufern der Theatern und Musicals auf dem Broadway nichts abgekauft, uns dafür gratis Strassentheater am Union Square angeschaut, auf Parkbänken ausgeruht, Eichhörnchen beobachtet, an Imbissständen den Wanst vollgehaun, einen netten Chinesen gefunden, der unser Handy so einstellt, dass es jetzt auch Internet kann ... sind gelatscht, gelatscht und gelatscht und waren irgendwann nach Mitternacht zurück auf unserem schaukelnden Kahn. Echt geile Stadt! Dabei haben wir soooo viel noch gar nicht gesehen. Ist aber nicht schlimm, fahren wir einfach noch mal her!

59 St. Fusslahm in NY

SonBestens vorbereitet nabend, 18. Juni 2016
Normalerweise hätten wir es so gemacht wie immer, den Anker irgendwann hochziehen und einfach losfahren. Aber dann haben wir gestern Vormittag noch Lars in der Marina getroffen. Ihr wollt morgen los? Den Eastriver hoch? Da müsst ihr ja durch das gefürchtete Hell Gate!!! Lass ich mir natürlich nicht anmerken, dass ich keine Ahnung habe, was an dem Höllentor denn so schrecklich sein soll. Aber Lars klärt uns eh gleich auf. Da gibt´s eine gigantische Strömung, alles voller Strudel und Felsen - wenn man da nicht zur richtigen Zeit durchfährt ... !!! Bedeutungsvolles Augenrollen! Ein Freund von ihm hat kurz davor, bei Rosevelt Island seinen Mast verloren ... nur weil er wegen der fetten Strömung vor einer Brücke nicht mehr stoppen konnte! Das hat mich dann doch ein bisschen nervös gemacht. Hab ich mich dann gestern, als wir irgendwann nach Mitternacht völlig platt zurück waren, noch vor den Rechner gehockt,  um hinter das grosse Geheimnis des richtigen Zeitpunktes für die Passage des Hell Gate zu kommen. Bis halb drei habe ich dann Tidentabellen studiert, in Seglerforen gestöbert, viel reisserischen Schwachsinn gelesen, hilfreiches gefunden, versucht, aus den verschiedenen Tidenzeiten von The Battery am Anfang, Hell Gate und dann Great Neck an der Ausfahrt des East River, irgendeinen perfekten AbBrooklyn- und Manhattan-Bridge voraus MUSS MAN JA AUCH MAL DRUNTER DURCH GEFAHREN SEIN!fahrtpunkt zu berechnen, hab Tabellen für Hightide, Lowtide und Slackwater runtergeladen, miteinander verglichen, noch mal gerechnet, nichts begriffen und irgendwann todmüde aufgegeben. Heute früh dann wieder vorm Rechner, ausgeschlafen und mit Kaffee war mit einemmal alles ganz logisch. Ich hab gestern einfach nicht gerafft, dass der beste Zeitpunkt, um das Hell Gate zu passieren, so ziemlich zwischen dortigem Hoch- und Niedrigwasser ist. Für mich wäre bei Ebbe oder Flut logisch, wenn das Wasser ziemlich zum Stillstand kommt. Ist da eben nicht so. Weil die Gezeiten sich da von beiden Seiten rein drängeln. Deswegen gibt´s da noch `ne Angabe für Slackwater in der Gezeitentafel. Da steht das Wasser dann. Schnell noch ausrechnen wann wir hier los müssen, wenn wir 40 Minuten vor Hightide bei The Battery sein müssen, was haben wir dann hier für Tide ... “Um 12.15 Uhr gehen wir ankerauf”, verkünde ich das Ergebnis. Ist dann am Ende alles halb so wild. Wir nehmen den Anker schon zehn Minuten früher hoch (man weiss ja nie ...), sind schneller als geplant an The Battery, haben Gegenstrom im East River, aber ja ein kleines Zeitpolster, Brooklyn Bridge, Manhatten Bridge, Roosvelt Island auf der richtigen Seite, Marion knipst, ich dreh am Ruder, dann das Hell Gate ... Alles ruhig hier und ein Stückchen weiter beginnt die Strömung uns dann leicht in Richtung Great Neck zu schieben. Vorbei an Riker Island mit dem riesigen Knast drauf, unter den letzten Brücken durch und schon sind wir im Long Island Sound. War doch ganz easy! :) Richtig weit fahren wir dann nicht mehr, einmal rechts blinken, in die Manhassat Bay und Anker plumpsen lassen. Am Ufer reichlich Villen, neben uns fette Megayachten, hier sind wir richtig! Erstmal `ne Bierdose greifen und dann schmeiss ich den Grill an ...

 

Sonntag, 19. Juni 2016
Wenn ich was richtig gut kann, dann ist das Wecker ignorieren. Mittlerweile habe ich eine recht ausgefeilte Technik entwickelt, im Schlaf mit einer Hand nach dem lärmenden Ding zu angeln - das Marion ja gehässigerweise nur Zentimeter neben meinem Kopf platziert - den klitzekleinen Knopf daran zur richtigen Seite zu schieben (sonst fängt das blöde Teil ja nach `n paar Minuten wieder an zu nerven), mir die Decke über die Ohren zu ziehen und den Traum mit den knackigen Chicas am Palmenstrand, fortzusetzen ... Das mit der Decke über die Ohren ist wichtig, weil Marion dann immer aufsteht und anfängt, in der Küche mit Wasserkessel und Kaffeetassen rumzuklappern. Das passt meist nicht so in meinen Traum ... Steht sie doch heute einfach nicht auf! Als ich mich dann so gegen neun aus dem Bett rolle - im Traum, am Strand war grad nichts los - macht sie immer noch keine Anstalten aufzustehen. Muss ich den Kaffee doch tatsächlich selber kochen! “Frühstücksei wär`schön.” Oh, sie spricht schon! Jetzt könnt`ich ihr natürlich so`n rohes Ei in den Eierbecher packen und mich darauf freuen, wenn sie das Ding aufschlägt ... mach ich aber nicht. Ist ja Sonntag. Da ärgert man die Bordfrau nicht. Da verwöhnt man sie. Deshalb klapper ich auch besonders laut mit Töpfen und Geschirr als ich im Cockpit den Frühstückstisch decke. Können die ruhig alle hören auf den neben uns ankernden Yachten. Hier kocht der Käpt`n noch selber! Hier wird die Bordfrau verwöhnt! Natürlich macht man sich bei den Männern auf den Schiffen rundum nicht besonders beliebt, wenn man die Messlatte so hoch hängt ... aber bei den Frauen :-) Anker fällt heute in Northport Bay vor Little Neck. Grosse Bucht, lauter protzige Hütten rundum, alles voller Yachten und mittendrin wir.

Montag, 20. Juni 2016
Wir kreuzen heute. Das ist das, wo man immer hin und her segelt und alle nicht eingeweihten Zuschauer denken “... Oh Gott ist das `n blöder Skipper, der weiss echt nicht, wo er hin will”. Wissen wir eigentlich auch nicht. Auf jeden Fall weiter den Long Island Sound lang, bis der irgendwann mal zu Ende ist. GenLeuchtturminsel im Long Island Sound -  nicht der schlechteste Platz zum Wohnenug Ankerbuchten gibt es auf Long Island ja. Da ankern wir heut aber nicht. Wir sind nämlich irgendwann einfach zu faul, die Genua noch mal auf die andere Seite zu zotteln, um wieder auf die Inselseite vom Sound zu kommen und schmeissen den Anker deswegen auf der Festlandseite vor West Haven runter. Da ist zwar keine Bucht, aber drei ewig lange Wellenbrecher. Suchen wir uns einfach den schönsten aus und verkrümeln uns dahinter. Ein Ankerplatz mal ganz für uns alleine!

Dienstag, 21. Juni 2016
So ganz geklappt hat es wieder nicht. Spätestens um neun ist Abfahrt, hatte ich gestern abend noch verkündet. Ist Marion natürlich halb acht, beim ersten Piepen des Weckers aus dem Bett geschnellt. Ich bin lieber noch liegen geblieben, um ihr beim Kaffeekochen, Frühstücksvorbeitungen und sonstigen morgendlichen Aktivitäten nicht im Weg zu stehen. Aber immerhin bin ich zehn nach neun doch schon mit dem Eimer in der Hand aufs Vordeck geschlurft, innerlich darauf vorbereitet, das Ding wie üblich fünfhundertmal ins Wasser zu werfen, voll hochzuziehen, um es dann über der verschlammten Ankerkette zu entleeren. Entweder installiere ich demnächst eine Pumpe mit Wasserschlauch hier vorne, um die Kette beim Hochholen abzuspritzen oder Marion kann mich in nicht allzu ferner Zukunft mit chronischem Bandscheibenschaden im Rollstuhl über den Dampfer schieben. Hab mir hier schon so`n Model ausgeguckt, mit Getränkehalter und allen Schikanen ... Ist die Ankerkette doch heute blitzsauber!? Wir sollten nur noch hier ankern! Obwohl, wenn sich das mit dem tollen Ankergrund rumspricht, kommen alle hierher und dann ist es mit der Romantik hinterm Wellenbrecher auch vorbei. Fahren wir also weiter. Nach zwei Meilen seh ich den ersten Delfin. “Da vorne, da guckt der mit dem Kopf aus dem Wasser”, zeig ich Marion ganz aufgeregt meine Entdeckung. “Sieht aber komisch aus”, versucht sie meinen Delfin mies zu machen. Taucht der natürlich beleidigt ab. Augenblick später guckt der Kopf wieder aus dem Wasser. Mein Delfin, ob ich ihm einen Namen gebe?! Delfine gucken nicht bloss mit dem Kopf raus, nörgelt Marion schon wieder. Natürlich ist sie neidisch, weil ich den zuerst gesehen habe. Der nordatlantische Glotztümmler schon, versuch ich sie mit Fachwissen einzuschüchtern. Hätt ich mir denken können, dass ich sie damit nicht beeindrucke, schliesslich hat sie das Fachbuch für den Hobbydelfinologen. Und das Teil vermutlich auch schon auswendig gelernt. “Der sieht aus wie `ne Robbe!” Ich hab´s gewusst, gönnt sie mir doch echt meinen Delfin nicht! “Das ist eine Robbe”, setzt sie leicht triumphierend nach. Gut, wo wir jetzt dran vorbei tuckern und der putzige Kerl so zu uns hoch guckt, find ich ja auch, dass er für`n Delfin `n bisschen komisch aussieht. Na und, dafür hab ich ihn zuerst gesehen! Als Käpt`n steht mir schliesslich das letzte Wort zu! Heute mal wieder Long Island. So am letzten Zipfel, kurz vor Plum Island durch die Passage vom Oyster Pond Reef, gleich wieder rechts abbiegen und `ne Meile weiter noch mal rechts blinken und in die Orient Bay. Klingt cool. Aber das eigentliche Highlight kommt ja noch. Den Anker lassen wir nämlich vor East MARION runterplumpsen! Macht zwar jetzt nicht soooo viel her, die Handvoll “Hütten”, aber das musste einfach sein :-)

Mittwoch, 22.Juni 2016
Es ist zwar jetzt nicht direkt so, dass wir grade im Schneetreiben unterwegs sind, aber es ist KALT. Der Wind jedenfalls. Richtig eisig! Deswegen hocken wir ja auch hinter der Sprayhood. Kommt zwar kein Wind hin, ich frier aber trotzdem. Ich sitz nämlich im Schatten. Marion auch, aber die tut so als ob sie nicht friert. Männer sind eben feinfühliger, die spüren Kälte einfach mehr. Ich soll nicht so weich sein! Ich könnte ja auch einfach das Bimini wegklappen, dann scheint die liebe Sonne ins Cockpit und schon ist uns warm. Marion will das Bimini nicht weggeklappt haben, sie möchte Schatten. Das mit der Demokratie bei uns an Bord funktioniert so: jedes Crewmitglied hat eine Stimme und der Käpt`n zwei. Und schon geht das Sonnenverdeck runter. Marion auch. In den Salon, unter Deck. Da hat sie Schatten. Aha, wir segeln heute getrennt. Mir ist dann so alleine im Cockpit auch nicht langweilig. Wir haben eine Fliegeninvasion. Wäre ja egal, wenn die Viecher nicht andauernd pieken oder beissen würden. Widme ich meine Zeit also der Ausrottung der nordamerikanischen Beissfliege. Heutiges Tagesziel mal nicht Long Island. Die ist nämlich zu Ende, die lange Insel. Auch nicht schlimm, danach kommen ja noch `ne Handvoll kürzerer. Wir nehmen Block Island. Kleine Insel mit `nem grossen Teich mittendrin. Da führt ein schmaler Kanal hin und man kann drauf ankern. Auf dem Teich. Der hat auch `n Namen. Salt Pond. Passen bestimmt tausend Yachten rauf, aber zum Glück sind die grad nicht alle da. Ich klapp jetzt erstmal das Bimini wieder auf ... :-)

 

Donnerstag, 23. Juni 2016Block Island´s Killer Donuts sind ein absolutes MUSS!
Schwerer Tag heut für Marion. Kein Schatten! Den ganzen Tag sind wir über die Insel getrampelt und ich hatte das Bimini nicht mitgenommen ... Hat sie aber gar nicht mitgekriegt, sie war abgelenkt. Von Seerosen zum Beispiel. Und Bäumen und Blumen, Büschen, Sträuchern, Grashalmen ... Echt nettes Inselchen! Kaum Autos, durchweg liebevoll renovierte alte Häuser oder neue Häuser, die aussehen wie alte - bloss renoviert - bimmelnde Radfahrer oder Radfahrer, die laut Hallo rufen, weil sie die Klingel grad nicht finden oder gar keine haben, Leuchtturm wo man für Geld raufklettern kann oder für das eingesparte Geld im Inselstädtchen KILLERDONUTS essen, Wanderwege, wo ausser uns kaum einer wandert, langer StrandGute Versorgung mit eiskalter Limo für dehydrierte Wandersleut, inklusive Tanzdarbietung mit jeder Menge Sand, Steilküste mit Treppe und kaltem Wasser unten, sich auf den warmen Steinen räkelnden Schönheiten, wo ich echt nicht geglaubt hätte, dass in der Grösse noch Bikinis hergestellt werden, jede Menge Teiche mit den schon erwähnten Seerosen drauf, mindestens ein Eichhörnchen, XXL-Möwen, Schmetterlinge, keine öffentlichen Mülleimer in die man unauffällig seine Mülltüten stopfen kann und einen Mini-Market am Fähranleger, der den vermutlich weltweit teuersten Salat vertickert. Ich glaub, ich hab jetzt nichts vergessen. Und morgen trampeln wir über die Nordhälfte der Insel. Aber das Beste hab ich noch gar nicht erwähnt. Die Bratwürschte! Liebevoll am Heckgrill zubereitet. Einhändig!!! In der anderen hab ich ja immer die Dose ...

Freitag, 24. Juni 2016
Ist das krass hier!!!! Wir haben den Anker in dem klitzekleinen Bereich ruHafenkino non stop in Newportnter geschmissen, wo das, in der eigentlich riesigen Hafenbucht von Newport, noch erlaubt ist. Halbe Stunde später dann wieder hoch gezottelt und 20m daneben noch mal runter damit. Jetzt hängen wir dem hochglanzpolierten 70-Füsser neben uns nicht mehr ganz so dicht auf der Pelle. Und mit dem Hintern sind wir auch noch ganz kurz vor dem mit kleinen Bojen markierten Bereich, wo angeblich Kabel liegen. Glaub ich natürlich nicht. Die haben die Bojen da bestimmt nur hingehängt, damit noch genug Platz bleibt, um mit ihren ganzen alten Segelkähnen hin und her zu kurven. Vollgepackt mit Touris oder nur so zum Spass, hier segelt scheinbar jeder und alles durch die Bucht. Immerzu und andauernd! Klassische Megayachten, die aussehen wie ladenneu, obwohl damit bestimmt schon 1890 irgendein Stahlmagnat mit `nem Bankbesitzer oder König um die Wette gesegelt ist, elegante Rennyachten mit vermutlichem Baujahr 1912 unter Laminatsegeln, völlig übertakelte Gaffelschoner, weiter rechts, Richtung Brücke hetzen grad irgendwelche Klassen-Boote in einem Race von Boje zu Boje, ab und zu mal ein modernes Model mit Fünf-Salings-Mast oder, wenn noch Platz auf dem Kahn ist, auch zwei davon und dazwischen dann noch die etwas mickrigen 20-Meter- Teile von den Leuten, die es im Leben zu nichts gebracht haben. So wie unser Nachbar zum Beispiel. Auf jeden Fall haben wir den perfekten Platz mit traumhaften Blick auf das ganze Gewusel und genug kaltes Bier im Kühlschrank. Bleib ich die nächsten Wochen hier im Cockpit sitzen! Keine Ahnung, wozu manche Leute Fernseher brauchen ...?

 

Sonnabend , 25. Juni 2016
Fettes Programm heute. Gleich nach dem Frühstück springen wir ins Dingy und tuckern langsam, den mit Touris voll beladenen alten Schonern ausweichend, durch die grosse Bucht - immer schön an den diversen Marinas und privaten Anlegern langschabend ... irgendwo wird´s ja einen “Public Dingy-Dock” haben. Hat´s. Und was für einen feinen! Gehört auch gleich ein Häuschen dazu mit allem Pipapo für den bedürftigen Segler. Waschmaschinen, Trockner, Duschen, Müllcontainer, Internet, Info´s aller Art, live vom (vermutlich permanent) strahlenden Hafenmeister. Steht heute aber alles nicht auf unserem Programm, wir machen uns erstmal auf zu West Marine, das in der Mittagshitze gefühlte 20km weit ausserhalb der Stadt liegt. Teilweise gibt´s noch Strassenbäume, heisst Schatten, aber dann wird´s wüstenähnlich. Häuser stehen schon noch da, aber weit und breit keine Menschenseele. Hier fährt man Auto! ... Bei West Marine kühlt uns die Klimaanlage in Nullkommanichts runter. Kurzer Rundumguck, unsere Wege vereinzeln sich. Hab irgendwann alles gesehen (inzwischen zähneklappernd) und horche mal in den ziemlich leeren Laden, wo denn mein Ehegesponst ist. Man hört ihn ja immer ... Mehrere Verkäufer aus der Anker- und Kettenabteilung haben sich um ihn gescharrt, alle sind beschäftigt. Genauer gesagt, er beschäftigt sie. Aha! ... Angebote für einen neuen Anker, eine neue Kette - ich hoffe, er will das nicht gleich alles mitschleppen! Zum Glück haben die das Zeug aber nicht da, wenn wir uns entscheiden, dauert`s drei Tage. Ich konnte mich immerhin für was entscheiden: zwei neue Sonnenbrillen nämlich. Im Ausverkauf und noch mal runtergesetzt. Meine alte hat schon dreizehn Jahre auf dem Buckel. Macht ja nichts, aber letztens ist mein Dicker drauf getreten ... So ganz ohne was was kommt er dann aber auch nicht aus dem Laden, das Hydrauliköl für unsere Steuerung und ein Cockpitsitz! Den gab´s zum halben Preis, aber letztendlich muss ich als Grund für seinen Kaufrausch herhalten. Mein Sitz ist schon völlig zerledert (womit er zwar recht hat), ich will mich aber trotzdem nicht davon trennen. Sträube ich mich also so zum Schein noch ein bisschen. Immerhin trägt er das Teil auch ... Macht er tatsächlich und sogar ziemlich weit. Walmart steht nämlich noch auf dem Programm. Dank GoogleMap auf dem Handy und bei 70°C in der Sonne langsam wieder auftauend, stehen wir `ne halbe Stunde später in dem riesigen Laden. Neue Schuhe für den Capitano - wird ja bald kälter, kann MANN keine Flip-Flops mehr tragen - noch `n zweites Paar Schuhe. Socken hat er auch keine mehr, T-Shirts im Achterpack, Boxershorts im Fünfer- ... der EinkauKanadagänse? Sind wir schon da?fswagen füllt sich zusehends, bis wir irgendwann realisieren, dass es hier keine Lebensmittel gibt. Deswegen sind wir ja eigentlich hier! Keine Gemüse, kein Obst und Bratwurscht schon gar nicht! Der lange Weg ganz umsonst! Immerhin finden wir ein Gewerbegebiet weiter dann doch noch einen Supermarkt, schleppen die Einkaufstüten über Umwege zurück in die Stadt, dort vollgepackt im Slalom durch die überall im Weg stehenden Touris, bringen alles mit dem Schlauchboot sogar trocken bis zum Boot, Käpt`n schmeisst den Grill an, ich bastel den Salat, nebenbei ein ZISCH aus der Dose und dann kann ich mich endlich in meinen neuen Cockpitsitz fallen lassen, die breitgelatschten Füsse hochlegen, den vorbeisegelnden Sonnenuntergangsfahrt-Booten hinterher schauen und in die leicht angebrannten Würste beissen, die mein Grillmaster mir da strahlend rüberreicht ...

Sonntag, 26. Juni 2016
Der eigentliche Plan für heute war ja Stadtbesichtigung. Einfach so die Sonntagsgala aus dem Schrank zotteln, sich unter die Touris mischen und die ganze Zeit in Newport hin und her latschen. Konnten wir gestern ja nur so im Vorbeihetzen einen kurzen Blick drauf werfen. Sah aber schonmal richtig einladend aus. Marion muss aber erst eine wichtige Geburtstagsmail schreiben. Kann sie nicht auf morgen verschieben, da ist es zu spät. Sie ist da immer `n bisschen unflexibel. Ich hätte das einfach noch 363 weitere Tage vor mir hergeschoben und schon passt es wieder :) Sag ich aber nicht, ich such mir einfach eine kleine Arbeit, die ich in der Zwischenzeit erledigen kann. Kurzer Blick auf die “to-do-Liste” und schon hab ich was gefunden. Der Salontisch! Ein klitzekleines Projekt, wo ich nur ein bisschen was bohren muss, ein paar Gewinde schneiden, Schrauben rein drehen ... Das kollidiert jetzt zwar so ganz leicht mit Marions Mailschreibvorhaben, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Der Tisch kann nicht länger warten! Gegen Mittag ist das Werk vollbracht und da ich eh grad Bohrmaschine und Gewindeschneider rausgemölt habe, könnte ich auch gleich noch vier neue Schrauben für die feste Scheibe vom Cockpit ... dann wollte ich da immer noch eine Befestigung im Motorraum ... es ist später Nachmittag, als ich das Werkzeug endlich wieder wegräume. “Ich glaub, in die Stadt zu gehen lohnt sich wohl nicht mehr”, versuch ich ein Gespräch anzufangen. “Zur Sonnenuntergangstour wären wir ja noch pünktlich”, knurrt Marion zurück. Ich glaub, sie is so`n bisschen sauer. Starte ich sofort das Frauenverwöhnprogramm. “Ich könnte ja den Grill anwerfen ... !” Mach ich dann auch gleich, bevor Marion sich wieder an die verbrannten Würste von gestern erinnert und doch lieber selber kocht. Jetzt kann ich auf der Badeplattform stehen, den Frauen in den vorbeisegelnden Booten hinterher winken und ab und zu nach `ner neuen Bierdose krähen. Zum Ablöschen, damit die Würste nicht wieder anbrennen :)

Montag, 27. Juni 2016
Immer noch keine Stadtbesichtigung. Wir hocken den ganzen Tag vor den Rechnern und machen auf Bürotag. Da sind einige Sachen, wo nachgetreten, andere die angeleiert werden müssen. Das zieht sich. Den ganzen Tag. In Kanada Angebote für einen neuen Anker einholen, in Deutschland wegen der Ankerkette drängeln und eine angeregte Mail-Konversation mit einer netten Holländerin zwecks unserem, meist unwilligem neuen Victron-Inverter führen. Schon cool so`n Internetzugang per Wischhandy.

 

Donnerstag, 30. Juni 2016
Wir liegen ja ziemlich direkt vorm Schloss, äh, Clubhaus des New Yorker Yachtclubs. Morgens um acht Kanonenschuss, FNYYC in Newport - unser fröhlicher Weckerahne hoch - abends zum Sonnenuntergang, im Augenblick so gegen halb neun - Kanonenschuss - Fahne runter. Spart nicht nur den Wecker, ist auch immer ein schönes Schauspiel. Vorm ebenfalls mondänen Yachtclub nebenan fällt sie immer so`n bisschen plump einfach runter. Beim NYYC wippt sie dagegen ganz elegant Stückchen für Stückchen gen  Boden. Hier arbeitet man noch traditionell, Hand über Hand! Auf einer amerikanischen Yacht bleibt die Fahne nachts nicht draussen, werden wir von unserem Nachbarn Reinhard aufgeklärt. Wahrscheinlich fürchtet die sich da so allein im Dunkeln. Ich komm leider nicht dazu, das genauer zu hinterfragen, ich muss aufpassen. Reinhard und seine Mindy sind nämlich bei uns zu Besuch, um ein paar Tips über Kanada und Maine loszuwerden. Hocken wir also vorm Rechner und gucken, wohin Reinhard mit seinem Finger tippt. Da haben sie schon geankert, da liegt man super geschützt und da fährt der Inselbus gratis. Aha. Nix über Kanada. Da waren sie nämlich auch noch nicht. Dafür aber schon in der Antarktis. Da wollen wir zwar demnächst nicht hin, hören aber trotzdem brav zu. Jetzt wissen wir, dass ihr Boot nach einem cool aussehenden Pinguin benannt ist und dass unsere Seekarten für die Antarktis nichts taugen. Ist die Bucht echt nicht eingezeichnet, wo die amerikanischen Forscher immer ausgesetzt werden. Müssen wir uns wohl detailliertere Charts besorgen. Falls wir mal da hin segeln ... Ist aber trotz unserer mangelhaften kartographischen Ausstattung ein lustiger Abend und das Beste, wir mussten nichts von unseren Weinvorräten rausrücken. Haben die beiden alles mit her geschleppt. Reichlich Wein, Schokolade, Nüsse ... Beim nächsten Mal packCeltica-Pub mit Husband-Daycare-Angeboten sie bestimmt auch noch `ne Antarktiskarte ein.

Freitag, 01. Juli 2016
Jetzt sind wir schon mehrfach an der schönen Waterfront von Newport vorbei gehetzt, um irgendwo weit ausserhalb in den Gewerbe- oder Einkaufsgebieten nach irgendwelchen Ersatzteilen zu suchen. Vorzugsweise nach Kohlebürsten für den elektrohydraulischen Autopilotantrieb. Gestern erst wieder. Der Tipp war ein grosser Heimwerkermarkt, gaaaaaaanz, gaaaaaaaanz weit ausserhalb. Fährt man am besten mit dem Auto hin. Oder mit dem Bus. Wir sind natürlich gelatscht. In dem Laden dann alle fürchterlich nett und hilfsbereit, schleppen uns durch sämtliche Regalreihen, wo eventuell noch Kohlebürsten rumliegen könnten und der Oberfachverkäufer kramt sogar die Ersatzteilkits für Bohrmaschinen und ähnliches Elektrowerkzeug aus dem Lager - könnte ja `ne Kohlebürste drin versteckt sein. Es gab auch reichlich davon, aber letztendlich alle zu klein. Die Belegschaft hat dann noch geschlossen darüber gerätselt, wer im Umkreis von 1000 Meilen wohl noch Kohlebürsten haben könnte, uns mit reichlich Tipps und dazugehörigen Wegbeschreibungen versorgt und wir waren mal wieder kurz davor, noch die Adressen auszutauschen und `ne Brieffreundschaft anzuzetteln. Gut, macht man heute natürlich mit Facebook. Kaum sind wir aus dem Laden raus, fängt das in Strömen an zu schütten. Retten wir uns unter ein Schleppdach. Hört natürlich nicht wieder auf zu regnen und vermutlich haben wir ein echt mitleiderregendes Bild geboten, wie wir so, vor den Wassermassen Schutz suchend, auf den Blumenerde-Säcken unter dem Dach immer höher klettern - jedenfalls hat uns eine junge Mutti da runter gewunken, zum schreienden Baby auf die Rücksitzbank ihres Autos Von einem Moment zum anderen zieht Nebel auf - zack, ist die grosse Brücke über die Narraganset Bay verschwunden, bald darauf auch der Restgestopft und nach Newport kutschiert. Direkt bis zum Hafen. Wieder nichts mit Altstadt. Habe ich also Marion heute ganz generös zu einem Bummel durch die City eingeladen. Erstmal `n Stückchen nach rechts, da ist die Stadt eh gleich zu Ende und dann die andere Seite. Wir schaffen nicht mal das Stückchen nach rechts. Beim Blick auf die Bucht sehen wir eine dicke graue Wand heranziehen. Sieht zwar nicht unbedingt aus wie eine Gewitterfront, aber irgendwie trotzdem bedrohlich. Hab ich kein gutes Gefühl bei und will zurück. Wie wir dann so Richtung Ankerplatz tuckern, sieht das eigentlich gar nicht mehr so schlimm aus. Die alten Schoner fahren wie üblich mit ihren Touris raus, vor der grossen Brücke lassen sich irgendwelche Klassenboote nicht davon abhalten, unter Spinnaker weiter ihr Race auszukämpfen, die Kids in ihren Jollen wie gewohnt im Zickzack durchs Ankerfeld ... und mit einem Mal sind alle weg ... Dicker fetter Nebel! Was für `ne Suppe!!! Die Nachbarboote links und rechts sind noch im Dunst zu erahnen, mehr nicht. Keine Ahnung, woran die ganzen Segelboote da draussen sich jetzt orientieren - theoretisch müssen sie grade alle ineinander krachen. Die Glockentonne wird übertönt vom Nebelhorn, irgendwo dröhnt noch ein zweites, wir glauben Blaulicht in der “Fahrrinne” direkt neben uns zu erkennen ... war schon `ne echt gute Idee, zurückzufahren! Zwei, drei Stunden später lichtet es sich ein kleines bisschen, vor uns weisen tatsächlich zwei Harbormaster-Boote mit Blaulicht den Weg, wie Geisterschiffe tauchen immer wieder Masten aus der Wattewand auf und so`n bisschen wie mit eingezogenem Schwanz schleichen die Boote zurück zum Hafen. Die einen protzig

Sonnabend, 02. Juli 2016
Die absolute Nummer Eins der unzähligen Attraktionen von Newport ist, laut Touristenranking, der Cliff-Walk. Müsst ihr unbedingt mal gemacht haben, kriegen wir immer wieder zu hören. Da wandert ihr an einer traumhaften Steilküste, vor unzähligen Villen lang ... in einer macht der Bush Senior sogar immer Urlaub - um dann sofort zu beteuern, dass man aber keineswegs ein Fan von ihm sei. Sind wir also heute los zum Cliff-Walk. Einmal quer durch die Stadt, schon steht man vorm Schild “Begin Cliff Walk”. Schön asphaltierter Wanderweg, links hüfthohes Mäuerchen, rechts 3m hohe Hecke. Soviel zum tollen Blick auf die Villen. Wenigstens kann man rechts über die Mauer gucken. Wasser! Alle 50m ein Warnschild, wo als Pictogramm ein Mann kopfüber eine Klippe runterfällt. Nicht auf die Mauer klettern und mit dem Kopf zuerst runterspringen??? Vielleicht wären ja hier sonst manche so blöd??? Ab und zu ein Loch in der Hecke rechts. Da wollte wohl jemand heimlich gucken was dahinter ist! Wir haben garantiert schon den halben Weg hinter uns, als endlich mal was passiert: der Weg wird breiter!  Boah!!! Und als ob das nicht schon aufregend genug wäre, führen auch noch links Steinstufen nach unten. Bis zum Wasser!!! Wie das Schild “forty Steps” vermuten lässt, sind es vierzig an der Zahl. Ich hab keine Lust, da jetzt runter zu trampeln um nachzuzählen. Ich hab auch keine Lust mehr auf diesen blöden “Walk”. Marion überredet mich trotzdem weiterzulaufen. Und das war gut so. Ein Stückchen weiter ist denen nämlich der Asphalt ausgegangen - aus dem “pampered walk” wird ein klettern über Steine, kein Mäuerchen mehr für Kopfsprünge, die Hecke rechts ist auch verschwunden Die anderen verstecktund statt dessen schmiegen sich (natürlich in gebührendem Abstand voneinander) die unbescheidenen Anwesen derjenigen, die sich einen Wohnsitz hier leisten können, in die wild zerklüftete Landschaft. Die müssen sich ja die Pest an den Hals ärgern, wenn sie jetzt mit `nem Whiskeyglas in der Hand in ihrem Kaminzimmer oder Bibliothek hocken, durch die Panoramafenster aufs Meer glotzen wollen und mich da vorbei hüpfen sehen. Aus Gnatz haben sie deshalb auch überall und immerzu Schilder hingestellt. “Privat Property”. Für die völlig begriffsstutzigen Wanderer ist das dann ab und zu auch noch mal präzisiert. Baden verboten! Sonnen verboten! Picknick verboten! Feuer machen verboten! Hinsetzen verboten! Luftholen verboten! ... Ne, ich glaub das mit dem Luftholen stand da wohl nicht. Richtig cool war dann aber der Rückweg. Sind wir natürlich nicht noch mal den “Cliff-Walk” langgetrottet, sondern auf der parallel verlaufenden Belleveue Avenue. Ein herrlicher Blick in die Vergangenheit. Beidseitig reiht sich eine Villa an die andere - wer hier nicht einfach bloss mit dem Auto und offenem Mund längs schleicht um die “Sommer-Ferienhäuser” des Geldadels der amerikanischen Ostküste des späten neunzehnten, Anfang zwanzigsten Jahrhunderts zu begaffen, sondern so wie wir die Avenue zu Fuss erkundet, hat auch Zeit, die vielen Hinweistafeln über Entstehung, Geschichte, ursprüngliche und heutige Besitzer der Villen und Paläste durchzulesen. Kann man natürlich auch sein lassen oder die Tafeln auswendig lernen, um sich später gegenseitig abzufragen, in welchem Häuschen denn nun die Familie Astor gewohnt hat, in welchem die Vanderbilds und wo nur deren Gärtner. Und für den absoluten Liebhaber sind einige der herrschaftlichen Anwesen auch für ein Entgeld zum Durchtrampeln freigegeben. Aber soweit geht unser Interesse dann doch nicht.

 

Sonntag, 03. Juli 2016
Praktisch ist ja, dass sich dDa werden die Lütten wieder eingesammelt, Nase geputzt, weiter geht´sie umliegenden Communen darauf geeinigt haben, ihr Independence-Day-Feuerwerk an verschiedenen Tagen in den Nachthimmel zu schiessen. Jamestown heute, Norfolk morgen und Middletown noch `n Tag später. Haben die Ankerlieger in der Mitte jeden Abend ihr Feuerwerk. Heute wie gesagt Jamestown. Denen ging es scheinbar mehr darum die Zeit auszufüllen, als den Nachthimmel zu beleuchten. Fünfundzwanzig Minuten lang stieg einsam eine Rakete nach der anderen empor. Zisch, Bumm, Zisch, Bumm ... Dann hat wohl irgendwer beschlossen, die Sache jetzt abzukürzen und den Rest auf einmal wegzuballern. Gab es fünf Minuten lang doch noch richtig Feuerwerk! Aber vielleicht war das auch geplant. Ansonsten ist heute nicht viel passiert. Ich hab mich unserer neusten Baustelle angenommen, dem permanent durchlaufenden Kühlschrank, und Marion hätte beinah ein Kind gekriegt. Nicht direkt so, wie man sich das jetzt vielleicht vorstellt. Beim Yachtclub vor uns werden die kleinen Kinder ja immer ausgesetzt. Genauer gesagt setzt man sie in kleine Boote, sogenannte Optimisten und lässt sie durchs Ankerfeld treiben. Zwei Trainer?, Aufpasser?, Lehrerinnen? - jedenfalls zwei Frauen in Schlauchbooten rasen dann immer hin und her und versuchen, die gröbsten Aufschläge zu verhindern. Oder die bei den teuersten Yachten. Natürlich können sie nicht überall gleichzeitig seien. Vorgestern hatten sich erst zwei der kleinen Segelwannen um unsere Ankerkette gewickelt und sind mit dem Ruder hängen geblieben. Marion natürlich ganz aufgelöst, ich soll alles fallen lassen und die armen kleinen Mädels befreien! Weil ich natürlich mit dem Schlauchbootrunterlassen soviel Zeit vertrödelt habe, statt gleich kopfüber ins Wasser zu springen, hat sie sich vorne in den Bugkorb gehockt, um den Mädels Trost zu spenden. Sie war kurz davor, sich an der Ankerkette abzuseilen ... Und heute treibt schon wieder so ein Wurm auf uns zu. Der heult schon, bevor er bei uns aufklatscht. Ist Marion natürlich in Höchstform. Wie können die die armen Kinder ... bei DEM Wind ... schon hockt sie an der Bordwand. Das Kerlchen unter ihr heult Rotz und Wasser, während Marion die aufgestaute Mutterliebe in tröstende Worte gekleidet über ihm ausschüttet. Scheint zu helfen. Jetzt schluchzt er nur noch, während er die grosse, weisse Frau über sich anstarrt. Ich bin gespannt ob sie jetzt runterklettert und ihm die Nase putzt. Vom “Rettungsschlauchboot” weit und breit nichts zu sehen, Marion gehen vermutlich gerade die englischen Trostvokabeln aus, jedenfalls heult ihr Kleiner wieder los. Und das ist der Punkt, wo ich genau weiss, was jetzt passiert. Sie wird mich zwingen, ihn hoch zu reichen, ihn in die Arme nehmen, bemuttern, adoptieren, kleine Schlafanzüge mit bunten Tieren drauf kaufen, jeden Tag sein Lieblingsessen kochen ... ich seh mich schon die nächsten zehn Jahre Griesbrei und Schokoladenpudding löffeln. Kommt dann aber doch alles ganz anders. Gerade, als Marion vermutlich schon überlegt ob der Kleine in der anderen Kabine schläft oder besser bei ihr und ich ausziehen muss, kommt doch noch das rettende Schlauchboot, murmelt ein paar “Sorrys”, bindet sich den Optimisten nebst heulendem Insassen ans Boot und verschwindet. Hähä, muss Marion weiter mein Lieblingsessen kochen ...

Montag, 04. Juli 2016
Ich geb zu, es war mein Wunsch. Independece Day ist ja DER Feiertag hier, da wollte ich nicht in irgendeiner langweiligen BucKrach, Schepper! Happy Independenceday!ht rumlungern, sondern mittendrin, im prallen Leben die Big Party mitfeiern. Deswegen sind wir noch hier. In Newport muss an diesem Tag einfach der Bär steppen. Die Segelhauptstadt der Welt, wie sie sich nicht ganz unbescheiden selbst nennt. Wo hat man den America´s Cups denn ausgesegelt, als es dabei noch ums Segeln ging? In Newport! Kein Volvo Ocean Race das, wenn es gerade nicht hier beginnt oder endet, nicht wenigstens ein Etappenziel hier macht. Und was machen Segler, wenn sie gerade mal nicht versuchen auf dem Wasser Erster zu sein? Rum trinken und feiern! Hab ich mir jedenfalls so gedacht. Waren die meisten Yachten dann heute auch mehr oder weniger herausgeputzt. Wimpelketten flattern im Wind, riesige Fahnen hochgezogen - Marion hängt zur Feier des Tages auch unseren XXL-Stralsund-Wimpel unter die Saling. Dann schmeissen wir uns in Schale und tuckern in die Stadt. Die ist leer!!! Kann man sonst kaum treten vor lauter Touris. Und wo sind die Crews der ganzen Yachten, die sonst immer in sämtlichen Bars, Pups und Hafenkneipen ihren Lohn verzechen??? In einsamen Ankerbuchten? Statt auf der Strasse zu tanzen, schlendern wir mit den paar Touris, die auch nicht wissen, wo heute die eigentlichen Partys abgehen, durch die Altstadt. Zum Glück haben die Läden auf. Marion bekommt ein Newport Sweatshirt und ich beinah die begehrte Newport Segeljacke, mit der ich genauso cool, wie die Crews der Megayachten rumstolzieren könnte. Leider hängt das Teil eher wie ein Poncho an mir runter. Ist doch mehr für den amerikanischen Markt zugeschnitten - schmale Schultern, breite Hüften :-) Gut, jetzt haben wir uns eben keinen Wolf getanzt und sind erst im Morgengrauen betrunken ins Schlauchboot gefallen, aber dafür gab`s wenigstens echt fettes Feuerwerk. Auch wenn es erst mit halbstündiger Verspätung angefangen hat. Die Yachten schon alle ganz nervös am Rumtröten. War aber eigentlich nicht schlimm, denn scheinbar macht hier jeder Yachtclub, Kegelverein, Hotel oder Pub sein eigenes Feuerwerk. Rundherum zischt und knallt es, irgendwo steigt immer gerade eine Rakete in den Nachthimmel. Newport toppt dann aber alle. Vierzig Minuten lang ballern die alles in die Luft, was Jamestown gestern in den letzten fünf Minuten geboten hat. Auf den Boote ringsum stehen die Leute auf den Decks, prosten sich zu, klatschen, Nebelhörner dröhnen - ganz klarer Sieg für Newport!

 

Dienstag, 05. Juli 2Wie cool ist das denn!! Leberwurst? Pumpernickel? Ungarische Salami? Grappa? ...016
Ich hab den Weg ja schon mal alleine gemacht. War einer der vielen Tipps der Belegschaft vom Heimwerkermarkt wegen unserer Kohlebürsten. Genauer gesagt, der Bürsten vom Autopilotantrieb. Den Broadway bis ganz zum Ende, kommt man nach Middletown, dann die Westmainroad weiter bis sie die Eastmainroad kreuzt ... danach über die sieben Berge, bis zu den sieben ... jedenfalls kommt da dann ein Laden ... der geschlossen hatte. Will ich heute noch mal hin. Und Marion will mit. Laut GoogleMap gibt`s da nämlich auch einen McDonalds und die haben lecker Eis :-) Latschen wir tatsächlich durch die Hitze den Highway längs. Bis über die sieben Berge ... Der Laden hat heute auf, Oberverkäufer und Gehilfe geben ihr bestes - nach einer halben Stunde wissen wir, dass sie die passende Grösse nicht haben. Dafür haben wir eine neue Adresse, bei der wir es noch versuchen könnten. Das wäre dann allerdings in Massachusetts. Ich war mir jetzt schon nicht ganz sicher, ob wir überhaupt noch in Rhode Island sind. Gehen wir erstmal `n Eis essen bei McDonalds. Und dann gleich noch eins. Wie ich so mit dem Finger auf dem Display von unserem Handy rumrühre (McDonalds hat ausser leckerem Eis und goldnen Toiletten auch noch freies Wifi), um bei GoogleMap eine Alternativroute zu unserer Highwaywanderung zu suchen, lese ich da plötzlich ALDI. In einem Einkaufs-Center grad mal anderthalb Meilen entfernt! Für einen US-Aldi ist uns natürlich kein Umweg zu weit! Sieht dann auch tatsächlich aus wie Aldi, ist auch Aldi drin - trotzdem grosse Enttäuschung. Keine deutsche Leberwurst, kein lecker Schinken oder Salami - nicht mal ein Schnapsregal mit Grappa drin! Wir schieben trotzdem eine Stunde lang unseren Korb durch die Regalreihen, schmeissen leckere oder billige, na ja, besser preiswerte Sachen hinein, sortieren beim Gedanken an den laaaangen Rückweg wieder aus und schleppen am Ende trotzdem reichlich Tüten bis nach Newport. Vor Ort gönnen wir uns dann doch mal  ´nen Pub-Besuch. Bei SIEBEN Dollar für`n Bier, muss man schon einen guten Grund haben, um sich hier in `ne Kneipe zu hocken. Haben wir heute: DURST!

Mittwoch, 06. Juli 2016
Schnell noch Einkaufen und dann könnten wir eigentlich weiter fahren. Kommt sofort Panik auf. Jedem fallen sofort Sachen ein, die vorher noch erledigt werden müssen. Marion muss zum Beispiel unbedingt noch ihren Stapel Ansichtskarten vollkritzeln und HIER einstecken. Gibt ja bekanntermassen im gesamten Nordosten der USA keine Briefkästen mehr... Ausserdem muss sie auch noch durch ihre Vorratsbilgen kriechen und gucken, was wir überhaupt alles brauchen. Das passt mir super, ich ärgere mich nämlich schon seit Tagen, dass ich mir im Walmart nicht auch die Trekking-Halbschuhe gekauft habe. Murmel ich also was von einer Werkstatt in der Gegend, bei der ich noch nicht nach Kohlebürsten gefragt habe und mach mich vom Acker. Ist Marion ganz froh drüber, da sie mich generell eher als ein Kartenschreibhemmnis betrachtet. Das Schlauchboot am Public Dingy Dock festzotteln und schon trab ich los. 45 Minuten für die 4,6 Meilen, ich glaub das ist in Flip-Flops neuer Streckenrekord! Weil man in diesen Märkten ja immer vom eigentlich Kaufziel abgelenkt wird dauert es dann im Walmart genauso lange und der Rucksack drückt etwas auf dem Rückweg. Marion hat tatsächlich Ansichtskarten und Einkaufsliste fertig, können wir und uns dem eigentlichen Tagesprojekt widmen. Synchronshoppen! Der Einkaufswagen wird irgendwo in der Mitte geparkt, dann schleicht jeder für sich durch die Regalreihen und wirft alles, was er findet und meint, zu brauchen, in`s Wägelchen. Ich finde zum Beispiel richtig hübsche Weinkartons, ganz tolle Bratwürste, schmuggele 4,2kg Kartoffelsalat in den Wagen und werfe noch Grillkohle oben drauf. Bin ich fertig. Marion braucht ewig, eh sie alle Regalreihen abgeschritten hat, sich für eine Packung Teebeutelchen entscheiden kann, endlich den richtigen Salat findet, auch wirklich alle Möhren von jeder Seite beguckt hat, an jeder Kartoffel mal gerochen, sämtliche Tomaten abgetastet ... und dann entdeckt sie auch noch meinen Kartoffelsalat und zwingt mich,  eine Packung zurückzustellen. Nur noch 2,8 Kilo, wir werden Hunger leiden!

Donnerstag, 07. Juli 2016
Jetzt sind uns doch echt die Ausreden ausgegangen, weshalb wir noch nicht weitersegeln können. Aber als wir früh´s so die Äuglein aufmachen, stellen wir fest, dass wir für heute gar keine brauchen. Dicker fetter Nebel! Können wir natürlich nicht los. Fällt Marion auch prompt ein, dass sie noch eine Waschmaschine im Maritim Center rödeln lassen könnte. Tasten wir uns mit dem Schlauchboot durchs Mooringfeld zum Anleger, Marion füttert Waschmaschine und Trockner mit Münzen und ich klapp mein Netbook auf. Hier gibt´s ja Wifi. Der leicht nervige Windows10 Upgrade Hinweis springt mich als erstes an. Ja ja, irgendwann mal. Aber der lässt nicht locker. ´Nur noch bis zum 29. Juli gratis´, setzt er noch einen drauf. Wirklich??? Bisschen später weiss ich, dass der 7.30 Uhr - Nebel. Und es kommt noch dicker ...Button recht hat und tippe mit dem Finger auf ´upgrade now´. Startet erstmal der Download. Über 3 Gigabyte - kann `ne Weile dauern, wird mir als nächstes mitgeteilt. Das soll der lieber Marion sagen, wenn die gleich mit der trockenen Wäsche unterm Arm angetrabt kommt. Geht dann aber richtig fix mit dem Download. `Sie können Windows10 jetzt installieren oder auch später`. Wieso nicht jetzt? Marion ist ja noch nicht da. Hab kaum auf `jetzt installieren` gedrückt, steht sie vor mir. ”Äh, das ist grad ungünstig mit `zum Boot fahren`”. Theoretisch kann die Installation ja auch auf`m Boot laufen, aber der Rechner will dabei bestimmt noch paarmal ins Internet, um irgendwas zu aktualisieren oder anzumelden. Weil ich ja gut darin bin, ihr Dinge, die ich machen will, als besonders wichtig zu verkaufen, nickt sie verständnisvoll, greift sich eins der vielen rumliegenden Journale und hockt sich neben mich. Ausserdem ist es eh noch neblig. Stunde später ist das Upgrade erledigt, Nebel verschwunden und alle Zeitschriften sind durchgeblättert. Zurück zum Boot, Schlauchboot hoch zotteln, Wäsche irgendwo reinstopfen und dann tun wir´s wirklich. Wir fahren weiter! Das Bimmeln unserer Lieblingsglockentonne wird leiser (werden sie vermissen), wir fahren aus der grossen Ankerbucht, vorbei an Fort Adams, durch die East Passage, raus auf den Atlantik ... und der Wind ist weg!! Dabei waren 10 Knötchen versprochen. Tuckern wir erstmal zähneknirschend weiter, aber es kommt noch besser. Es wird irgendwie diesig, noch diesiger und mit einmal ... dicker fetter Nebel!!!! Sieht man keine 50m weit! Wie beim Seewolf damals. Gleich in der ersten Folge. Zack, wie aus dem Nichts taucht dann noch ein anderes Schiff in der dicken Suppe auf und Klatsch, knallt man dagegen! Ist uns dann auch paarmal passiert. Bloss ohne Klatsch! Angler sind eben andere Menschen. Die hocken echt bei der Brühe in ihren Booten und starren auf`s Wasser. Kein Licht, kein Nebelhorn, Hauptsache den Köder im Wasser! Bei uns trötet das Nebelhorn fleissig. Das erste mal wieder seit Cap Finisterre. Wir hören auch ab und zu das tiefe Dröhnen der Hörner anderer Schiffe. Irgendwie gespenstisch. Permanent nach vorne starrend, mit rödelndem Radar schleichen wir unserem Ziel entgegen. Wann auch immer ein Schiff oder Tonne plötzlich vor uns auftauchen, dem Radarbildschirm ist das schnuppe! Dank GPS und einem über den Monitor des Navi-Rechners wandernden Schiffchens (das sind wir) finden wir Cuttyhunk Island dann trotzdem, tasten uns, abwechselnd nach vorne und auf den Bildschirm starrend am Whale Rock vorbei in die Cuttyhunk Harbor Bucht, machen noch dreimal einen Schlenker weil plötzlich ein ankernder Grosssegler im Nebel vor uns auftaucht und schmeissen unseren Anker dann an einer Stelle, wo wir niemanden weiter entdecken können ebenfalls runter. Zum üblichen Ankerball und Ankerlicht, hängt Marion heute noch je eine Solarlampe an Bug und Heck. Vermutlich würde sie am liebsten auch noch sämtliche Kerzen rauskramen und auf`s Deck stellen. Aber das Nebelhorn soll ich ausschalten. Das Gekrächze ist ihr jetzt wohl irgendwie peinlich ...

Freitag, 8. Juli 2016
Ich werde wach weil es schaukelt. Gut, so`n bisschen schaukelt es auf einem Schiff ja immer, aber jetzt grad ziemlich doll. Die gute Nachricht: der Nebel ist weg. Kann man die Insel sehen. Mit unserem Ankerplatz haben wir es scheinbar auch ganz gut getroffen, wir liegen bloss verkehrt rum. Jetzt nicht mit dem Mast nach unten, wir liegen mit dem Hintern zum Ufer. Der Wind hat gedreht! Und es bläst ziemlich kräftig aus Nordost, genau in die Bucht rein. Das ist blöd. Wir wollten hier eigentlich einen Tag bleiben und über die Insel trampeln. Es gibt auch einen Kanal zu einem “Teich” in der Inselmitte, aber der ist auf der Karte so klein, dass da garantiert kein Platz zum Ankern ist. Und für eine Mooringtonne sind wir zu geizig. Fahren wir eben weiter. Schnelles Frühstück, Marion schafft es gerade noch ihre “Nebelleuchten” abzutüddern, während ich schon Anker hoch zottel. Zum Glück kein Schlamm heute. Mühsam kämpfen wir uns gegen Wind und Welle vorwärts, das Wasser spritzt nur so übers Schiff (das bringt mir bestimmt Minuspunkte bei Marion ein, wenn ich ihr den Kahn so einsalze :-) Ein wirkliches Ziel haben wir noch nicht, bloss eine Richtung. Nach Ost-Nordost können wir auch auf der anderen Seite der Inselkette fahren. Kürze ich das Elend einfach ab und nehme die Durchfahrt zwischen Nashawena und Pasque Island. Die Tidenströmung spuckt uns auf der Leeseite wieder aus, die Wellen sind gleich viel, viel kleiner, wir viel, viel schneller, kein Wasser spritzt mehr, die Sonne scheint und eine glückliche Bordfrau strahlt ihren klugen Capitano an. Nur die Windrichtung passt immer noch nicht. Bei Naushon Island entdecken wir eine schöne Bucht, tuckern da rein, schmeissen den Anker runter. Hier bleiben wir! Sieht richtig gemütlich aus, ein Leuchtturm in der Einfahrt, ein Gehöft, das nicht nach `nem Millionärssommerwohnsitz aussieht und am Strand ein Schild, wo statt des üblichen “Privat. No Trespassing!” “Visitors welcome” drauf steht. Ich will schon das Schlauchboot runterwerfen, als Marion mich, vor Karte und letztem Wetterbericht hockend, bremst. “Du hast gesagt, der Wind dreht morgen wieder?!” Das war nur scheinbar als Frage formuliert. “Ja, auf Südost”. “Dann bläst das aber genau in die Bucht!” Neee, nicht so direkt, eher nur so`n bisschen, versuche ich mich rauszuwinden. Ich hatte deswegen wirklich auf unseren K4kn Strömung - das braust, rauscht und gurgelt ums Bootompass geguckt. Aber die eigene Abweichung der Glaskugel auf der Steuersäule gepaart mit der örtlichen Missweisung von 15 Grad summiert sich doch ganz beeindruckend. Beim Blick auf die Karte weiss ich, dass wir hier morgen wieder mit dem Hintern zum Ufer liegen. Anker also wieder hoch. Wir tuckern weiter bis zur Woods Hole genannten Durchfahrt, vor Cape Code. Sieht auf der Karte schon recht spannend aus, mit den verschiedenen, zum Glück betonnten Verzweigungen, Felsen, Untiefen und Strudeln. Ist in Wirklichkeit noch viel spannender! Zum Glück haben wir grade die richtige Strömungsrichtung erwischt. Mit knapp 4kn werden wir da durch geschoben. Das Wasser braust und gurgelt um uns herum, überall Tonnen und Markierungen für die verschiedenen Passagen, die mir plötzlich viel zu schmal vorkommen, dafür die Abstände der “Wegmarkierungen” viel zu weit, während wir an den Flachs, oder gierig lauernd aus dem Wasser ragenden Felsen, vorbei schiessen. Mit weichen Knien dreh ich wie wild am Steuerrad, bemüht, dabei möglichst lässig auszusehen, damit die schon leicht nervöse Crew das Gefühl hat, der Käpt`n weiss schon, wohin er den Kahn steuert! Mit der Strömung sind wir dann aber fix durch, das Wasser beruhigt sich, wir tuckern geradezu gemütlich bis zur engen Einfahrt in die Inner Harbor genannte Bucht hinter Bull Island. Auch hier beidseitig Steine und Felsen, aber da kann man sich LANGSAM zwischen durchschieben. Die Ankerbucht ist durch mehrere Inseln rundum geschützt, relativ klein und ziemlich voll. Wir finden trotzdem noch ein Plätzchen. Genau zwischen den Hörnern von Goats Neck, dem Ziegenkopf wie Marion beim Blick auf die Karte feststellt :-) Da schmeiss ich doch gleich mal den Grill an.

Sonnabend, 09. Juli 2016
Fast alle anderen Boote sind ankerauf und verschwunden. Haben wir die Bucht beinah für uns alleine! Beschliessen wir einfach, noch einen Tag zu bleiben. Und was noch besser ist: hier gibt es ein unverschlüsseltes Wifi-Netz! Knapp `ne Handvoll Häuser kuscheln sich zwischen die Bäume auf den Inselchen rundum, da hätte ich nicht mal mit einem verschlüsselten gerechnet. Ich überzeuge Marion erstmal davon, dass sie ohne ein Windows10 Upgrade ihren Rechner eigentlich auch gleich wegschmeissen kann, sichere dann ewig ihre digitalen Fotoalben und sonstigen Dateien auf separater Festplatte, lass stundenlang den Windows Download rödeln, finde, dass sich das neue Betriebssystem auch super auf dem Navi-Rechner macheVor Goats Neckn würde, starte da ebenfalls den Download, lese nebenbei auf meinem Rechner die neusten Nachrichten, ... beginne mit der Installation, downloade das Sprachpaket ...

Sonntag, 10. Juli 2016
Dicke Regenwolken, kalt. Ein Wetter, wo man eigentlich gleich wieder zurück ins Bett kriecht. Machen wir aber nicht. Und nach dem Frühstück guckt sogar die Sonne so ein ganz klitzekleines Stückchen raus. Erstmal Landgang, dann können wir immer noch weiterfahren, umreisse ich das heutige Tagesprogramm. Ich darf bestimmen weil ich heut der Tagesheld bin. Ich war im Wasser!!! Das erste Mal seit Saint Martin! Das hatte auch einen Grund: vorbei treibende Eisberge zum Beispiel. Oder der Blick auf die Wassertemperaturanzeige. Aber die war heut nicht an. Und als ich dann, etwas leichtsinnig, so mit eingezogenem Bauch (wegen der Frauen auf dem Nachbarboot) auf der Badeplattform stehe, gibt es kein Zurück mehr. Wegen der Frauen. Die gucken ja. Ich überleg noch kurz, ob ich mich von Marion verabschiede und einen Kopfsprung mache, verwerf den Gedanken aber sofort wieder. Lieber die Seniorenversion! Tapfer, die Schmerzensschreie unterdrückend, tauche ich an der Badeleiter Zentimeter für Zentimeter tiefer ins eisige Nass, um dann mit absterbenden Gliedmassen ein paar hastige Runden ums Boot zu schwimmen. Keine Jubelschreie von den Nachbarinnen, keine winkende Marion, die schnell noch ein paar Fotos vom Tageshelden schiesst, um ihn dann in eine Decke zu wickeln und mit `nem Grog wieder aufzupäppeln - neee, sie zeigt grinsend auf die jetzt eingeschaltete Temperaturanzeige. “Oh, bei 20°” - vermerkt sie mit leicht spöttischem Unterton. “Ja, aber hier ist das alles in Fahrenheit!!!”

Montag, 11. Juli 2016Liftbridge am Cape Cod Canal
Wir fahren erstmal in Richtung Cape Cod Canal und gucken, wie`s da so aussieht, geb ich beim Frühstück die grobe Tagesroute vor. Wenn`s grade blöd ist, suchen wir uns davor einfach einen Ankerplatz und wenn`s passt, fahren wir eben durch und suchen uns einen dahinter. Das blöd bezieht sich auf die dicken schwarzen Wolken, die  da über`m Festland rumlungern. Genau da liegt irgendwo die Abkürzung durch den Kanal, die uns bestimmt 50sm um die langgezogene Halbinsel Cape Cod erspart. Zwei Stunden später, Regen prasselt auf uns ein, alles grau und diesig, schieben wir, auf der Suche nach `ner geschützten Ankermöglichkeit, mit`m Finger auf dem Bildschirm vom Navi-Rechner rum. Links hinterm Wellenbrecher der Kanaleinfahrt sieht das ganz gut aus. Auf der Karte jedenfalls. Stunde später sind wir da, grinst uns die Sonne an. Die grinst nicht nur, die lacht! Theoretisch, also wenn der Tidenstrom sich an meine vorabendlichen Berechnungen hält, haben wir sogar noch fast drei Stunden lang die passende Strömungsrichtung. Bei VIER Knoten Strom bietet es sich schon an, darauf zu achten. Dementsprechend schiessen wir dann auch mit Halbgas und knapp neun Knoten durch den Kanal. Stunde später schaukeln wir in der Cape Cod Bay und müssen uns schon wieder mit der Ankerplatzproblematik rumschlagen. 20sm bis Plymouth und etwa 35 bis Boston. Die Crew ist unschlüssig, aber da beides in der selben Richtung liegt, können wir die Entscheidung auch noch vor uns herschieben. Irgendwann geb ich bekannt, dass der Abzweig nach Plymouth schon `ne Weile hinter uns liegt und starte eine neue Rundfrage: wer will nach Boston? Keiner meldet sich. Gut, da würden wir eh irgendwann im Dunkel eintrudeln, dann können wir auch gleich weiterfahren. Nach Cape Ann zum Beispiel. Grosse Bucht, Wellenbrecher davor, kann man auch super nachts reinfahren und seinen Anker dahinter runterwerfen. Stimmt soweit auch alles, bloss mit dem Anker runterwerfen hinterm Wellenbrecher klappt`s in der Praxis nicht so recht, weil da die Hälfte aller Einwohner Gloucesters eine Mooringboje hingepackt und ein Bötchen drangebunden hat. Passen wir einfach nicht dazwischen. Ist schon spannend genug, nachts um eins da zwischendurch zu fahren. Marion am Bug als Späher und ein leicht genervter Capitano am Steuer. “Was heisst, da ist noch Eine??!! Ist die jetzt links, rechts oder genau vor uns????” “Du fährst grad drüber!” ... War aber zum Glück kein Boot dran - an der Mooringboje ...

Dienstag, 12. Juli 2016
Es stinkt! Stückchen vor uns hängt ein Ponton an ´ner Mooring, auf dem lauter Kormorane hocken, um das Teil vollzukacken. Ansonsten haben wir es mit der Ankerplatzwahl im Dunkeln ganz gut getroffen. Bloss die Stimmung auf dem Dampfer ist eher mies. Dicke Luft. Wir hatten beim Frühstück noch überlegt, ob wir vielleicht einen Tag bleiben, um die touristischen Highlights von Gloucester zu ergründen oder gleich weiterfahren und wenn ja, wohin? - aber aus irgendeinem Grund, also wegen Marion natürlich, schweigen wir uns jetzt an. Ich schweige besonders demonstrativ! Im Cockpit sitzen und in der Gegend rumgucken, Kartenstudium zwecks möglichen Zielen, Sudoku lösen, neues Wetter per Pactormodem, wieder Kartenstudium, noch `n Sudoku und dann, gegen halb fünf der grosse Moment. Ich breche mein Schweigen! “Ich will jetzt weiterfahren!” Weil Marion mich etwas verständnislos anguckt, mach ich, da ich mein Schweigegelübde eh schon gebrochen habe einen auf Erklärbär. “Jetzt haben wir noch Westwind. Der wird im Laufe der Nacht zwar schwächer, aber morgen Nacht gibt`s reichlich Südwest, da liegen wir hier ziemlich blöd. Müssten wir uns hinter den Wellenbrecher verkriechen und da ist kein Platz. Können wir also auch gleich lossegeln.” Je nachdem wo wir hinwollen, sind es zwischen 80 und 120sm bis Maine und da gibt es dann reichlich Fjorde, Buchten und Inseln, hinter die wir uns verkrümeln können. Zotteln wir den Anker also hoch, versuchen, im Slalom fahrend, wenigstens einem Teil der einfach überall befindlichen kleinen Bojen der Lobsterkörbe auszuweichen, rollen hinter Eastern Point die Segel aus und rauschen weiter Richtung Norden. Und Marion darf aussuchen wohin. Sie entscheidet sich für Southport Island, Ebenecook Harbor. Und wenn`s da blöd ist, eben auf der gegenüberliegenden Seite im Sheepscoot River, da ist dann gleich die Knubble Bay oder die Hockomock Bay ..Angekommen im Ebenecook Harbor

Mittwoch, 13. Juli 2016
10 Uhr, 50sm stehen auf´m Tacho. So richtig schnell waren wir nicht. Käpt´n hatte eine ruhige Nachtwache. Da gab´s, glaube ich, zwei Filme. Fischer war nur einer da und der hat, wie sich das gehört, immer hübsch Abstand gehalten :) Jetzt schläft er und der Wind schläft ebenfalls ein. Motor an. Hilft ja nix. Dazu gibt´s wolkenlosen Himmel. Hochsommer in Maine eben. Schon vorm Sheepscoot River ist das Wasser voll bestreut mit bunten Riesenbonbons. Lobstertraps - Hummerfallen. Die “verfolgen” uns ja schon ne ganze Zeit. ... Gegen 19 Uhr rasselt unsere perforierte Kette über die Ankerwinsch. Es braucht zwei Versuche, aber dann sind wir fest im Ebenecook Harbor. Ist schön hier. Ruhig. Hier und da ein Häuschen auf den riesigen rundgeschliffenen Steinen, und sonst nur Wald. Dick und satt grün. Toll!! Hab ich ja gut ausgesucht.

Donnerstag, 14. Juli 2016
Wegen der Wetterfront, die heute Nacht durchzieht und weil es so richtig schön gemütlich hier aussieht, bleiben wir erstmal. Passt MVollkommen zerlegtarion super. Sie will endlich die eingeschweisste Riesenwurst mit Gehacktem, die ich vor sechs Wochen im Walmart in Moorhead in den Einkaufswagen geschmuggelt habe und deren `best before´-Datum nun schon `ne Weile zurück liegt, dem Verzehr zuführen. Startet sie ´ne Bratklops-Massenproduktion. Da ist sie mit den 1,8kg schon einen Moment beschäftigt :-) Ich hab auch was vor. Die Radarschüssel zerlegen. Ich hatte in Saint Martin ja aus zwei von den Dingern eine Schüssel gebastelt, die auf dem Ankerplatz dann auch Echos ”produziert” hat, aber das tut sie jetzt eben nicht mehr. Genauer gesagt nur manchmal. Bau ich den ganzen Tag dran, zerlege die Schüssel wirklich komplett, sprühe jede Platine mit Kontaktspray ein, überprüfe wirklich jede Steckverbindung, bastel aufwendig neue Anschlüsse, um die unsichere Verbindung mit dem demolierten Stecker vom Antennenkabel zu ersetzen, schraube, löte, klemme ... lass das Teil zwischendurch immer mal wieder auf dem Bimini kreisen ... kurzzeitige Echos, die allmählich verschwinden ... das Ding will einfach nicht mehr. Ich auch nicht. Marion war da doch erfolgreicher. Bratklops für `ne Woche! Und ein offenes Wifi-Netz hat sie auch entdeckt :-)

Freitag, 15. Juli 2016
Haben wir heute beim Frühstück ausgiebigst das leidige Radarthema diskutiert. Immer schön mit vollem Mund gesprochDingydock in der Hodgdon Marina am Ebenecook Harboren (unsere Kinder sehen das ja nicht). Jedenfalls steht jetzt fest: wir brauchen ein neues! Ohne geht hier einfach nicht. Wir haben auch schon eins ausgesucht. Also ich hab eins ausgesucht und Marion davon überzeugt, dass wir genau das kaufen. Als Paket incl. Touchscreen-Monitor im Supersonderangebot bei West Marine. Brauchen wir nur noch eine Adresse, wo die das hinschicken können. Wie wir so hin und her überlegen, kommt ein kanuartiges Motorboot langsam zur Mira. Drin sitzt Dan, der uns herzlich willkommen heisst in der Bucht und im Laufe des Gesprächs kommen wir auch auf das Radar zu sprechen. Spontan empfiehlt er uns die Boatyard am Ende der Bucht. Die machen das bestimmt. Die Füsse vertreten wollen wir uns sowieso, springen wir also in unser Schlauchboot und tuckern mal hin. “Hodgdon Yacht Services since 1816” steht in goldenen Lettern auf dem Schild. Zuckt man ja schonmal ehrfürchtig zusammen. Als erstes laufen wir Amy in die Arme. Amy ist Dockmaster. Steht jedenfalls auf ihrem Schildchen. Ob wir zu dem Aluboot da draussen gehören? Yes! Sehr schöne Yacht, findet sie. Das sagt uns hier jeder. Entweder wollen immer alle besonders höflich sein oder die Leute haben hier so`n komischen Geschmack. Es wimmelt hier nur so von eleganten klassischen Holzyachten, die aussehen wie frisch aus`m Laden - DIE sind schön! Wir bedanken uns brav und schildern ihr kurz unser Problem. Selbstverständlich können wir das Radar hierher schickSchönes, ruhiges Fleckchen Erde  - richtig Dorfen lassen. Und die Waschmaschine benutzen, Trockner auch, uns unter die Dusche stellen, die Müllbeutel loswerden ... und zum Grillen sollen wir einfach den grossen Grill auf der Terrasse nehmen. Und das Dingy anbinden wenn wir mal über die Insel schlendern wollen? Ja, Schlauchboot anbinden auch :-) Machen wir uns gleichmal zur auf zur Spazier- und Erkundungsrunde. Kleine Häuschen, manchmal ein bisschen windschief, keine Protzbauten. Gefällt uns. Die Leute alle supernett, winken, grüssen, überall wird man angesprochen - manche hören gar nicht wieder auf zu erzählen. Das Inselchen ist recht überschaubar, Feuerwehrhaus, Post, Dorfteich, alter Friedhof, noch `n älterer Friedhof jede Menge Bäume und, als von Amy besonders empfohlene Attraktion, einen Strand. Ich bin begeistert. Da ist alles voller Felsen , Steine und Blasentang, dazwischen ein klitzekleines Fleckchen Sand (bei Flachwasser ist der Fleck `n Stückchen grösser :-) Die halbe Inselbevölkerung scheint sich grad eingefunden zu haben. Kinder toben rum und ein paar ganz Verwegene sind sogar im Wasser. Ich kann mir richtig vorstellen, wie die Mütter hier die Gezeitentabelle am Kühlschrank kleben haben und rufen: “Kinder, holt schnell die Badesachen, ist grad Ebbe - der Strand ist da!” Marions persönlicher Favorit ist aber der Supermarkt. So`n richtiger Tante Emma Laden. Schönes altes Haus gegenüber vom Dorfteich und die unterste Etage ist der Dorf-Konsum. Seit 1927 schon. Alles schön zugestellt und verschachtelt, und in den verschiedenen Zimmern steht alles, was Urlauber oder Fischer so braucht. Old fashion hat aber auch seinen Preis! Nehmen uns trotzdem ein Brot mit.

Sonnabend, 16. Juli 2016
Mann hat heute keine Lust zum Schreiben. Ich auch nicht. Mir brummt der Schädel. Darum nur Schnelldurchdlauf: frühs klappt endlich die Bestellung bei West Marine. Kommen aber deswegen erst um zehn los. Wir wollen nach Boothbay. Das liegt defacto gleich um die Ecke, sollen wir uns unbedingt angucken. Haben ja bis Mittwoch Zeit, eh das Radar hier ist. Auf dem Weg dorthin gibt´s eine Swingbridge, die alle halbe Stunde öffnet. Einige Boote sind unterwegs, alle am Winken, Rufen, Freuen. Alu-Boot sowieso, noch dazu mit Deutschland-Flagge, fällt hier immer auf. Rufen und freuen wir uns zurück. Müssen dann doch noch vor der Brücke warten, und der Käpt´n erinnert sich urplötzlich an unser seit langem geplantes Vorhaben: Ankertausch. Rostiger Bügelanker gegen Kobra-Anker. Letzterer ist einfach besser bei bewachsenem Grund. Hat oft Kelp und Kraut hier in der Gegend. Bereiten alles voIn Boothbayr, legen Anker bereit, Inbus und Zange, fahren fix durch die Brücke, die grade aufschwingt, dann in die Bucht hoch, in Richtung Boothbay City. Käpt´n wuchtet vorn mit den Ankern rum, ich dreh am Steuerrad rum. Vor der Stadt ist kein Platz zum Ankern, bleibt nur, eine Mooringboje zu fangen. Brauchen auch nicht lang zu warten,, da kommt schon der Besitzer derselben und zeigt uns, wo wir bezahlen dürfen. 32 Dollar,  verrät er uns schon mal. Ganz schön happig, aber einen Tag wollen wir bleiben, uns alles ansehen. Stehen schon mit einem Fuss im Schlauchboot, kommt der Mooring-Nachbar im Kanu angepaddelt. Bert nämlich. Trotz Ami-Fahne am Heck kommt er eigentlich auch aus Vorpommern. Die Männer kommen schnell in Schnatterextase - ich bremse die zwei leicht aus, wir sind ja nur den einen Tag hier und wollen doch ein bisschen was sehen. Am Tug-Boat-Inn geben wir unsere 32 Dollar brav ab und lassen uns in die Stadt fallen. Hübsch. Ein Geschäft am anderen, Souvenirs, Klamotten, Süssigkeiten, Toffee, Eis, Restaurants en masse, alles voller Touris, mehrere Schoner bieten Fahrten zu diversen Zielen an (Whalewatching, Puffins, Seals, Lighthouses, ...) Wir schlängeln uns durch das Gewühl und flüchten fast auf die alte Fussgängerbrücke, rüber auf die andere Uferseite, auf der es wohltuend ruhiger zugeht. Am Lobster Dock vorbei, Cods Head Restaurant, wo´s lecker schnuppert (ich will gern mal Chowder probieren), wir laufen Bert und seiner Frau Louise wieder über den Weg, wackeln weiter, an der katholischen Kirche vorbei, sehen das Fisherman´s Memorial an, ein grosses kupfernes Ruderboot, darunter eine Tafel, auf der, jahresweise die auf See Gebliebenen verewigt sind. Ein Ende weiter stolpern wir fast über sechs herrlich chromglänzende Oldtimer (geile Kisten in 1a-Zustand!), finden den Laden, wo die Lobster hier vor Ort vermutlich am billigsten sind (unsere Kühle ist aber rappelvoll und Lobster hatten wir schon reichlich ... obwohl, das ist nun auch schon 3 Jahre her). Machen kehrt, werden beinah schwach in Sachen Chowder, befragen unseren Telefon-Scout, wo denn der hiesige Supermarkt ist ... rödel, rödel ... nur ein Stück aus der Stadt hinaus. Das würde kein Einheimischer laufen. Aber so weit ist es gar nicht. Käpt´n strahlt, er kann Bratwurscht und Kartoffelsalat nachkaufen ;) Alles keine Schnäppchen, aber das kennen wir ja schon. Zurück auf´m Dampfer gibt´s Resteessen. Danach leg ich den dickem Kopf auf die Couch und lass mich vom Käpt`n in den Schlaf killern, während er mit der anderen am Rechner rumtippt (schnelles Internet haben die hier)

Sonntag, 17. Juli 2016
Es schüttet wie aus Eimern. El Capitano will heut ganz früh aufstehen und noch mal hoch zum Supermarkt laufen. Haben gestern Eier vergessen. Mein dicker Kopf und ich klaren kurz auf ... und legen uns wieder hin. Und weil Männer ja eigentlich die wahren Waschweiber sind, guckt er auf dem Rückweg mitsamt der Eierpackung natürlich noch beim Bert-Nachbarn vorbei. Das dauert. Bin ja ganz froh, dass ich noch ein bisschen schlafen kann und hier keiner rumlärmt. Kurz nach zwei binden wir uns von der Mooringboje, schleichen langsam aus der Boothbay, schaffen gerade noch so die Brücke, tuckern noch ein Stückchen weiter, und weil wir nicht so richtig wissen wohin, lassen wir den Anker einfach vor der Isle of Springs fallen. Sieht nämlich ganz nett aus. Und wir haben ja doch bis Mittwoch Zeit. - Abends wirft mein Capitano den Grill an. Er will unbedingt, obwohl der Nebel immer dichter wird. Am Ende kann ich ihn kaum noch sehen auf der Badeplattform. Ein funktionierendes Radar wär schon nicht schlecht. Da hätte ich ihn da hinten besser im Auge :-)

 

Mittwoch, 20. Juli 2016
Wollen heut nach Ebenecook Harbor zurück, nach dem Radar gucken. Ist ja vielleicht angekommen. Vorher noch die Möl der letzten zwei Tage verstauen ... Dabei koDie ersten B(ä)eerenmmt Mann am Grill vorbei, der kaum noch als solcher zu erkennen ist. Erzoberfällig! Sandstrand macht sich da prima. Gibt´s hier aber nicht so sehr oft. Und wenn doch, dann ist der auch meist bevölkert. Klar. Da stellt man sich nicht zwischen die Badenden und schrubbt fröhlich den fettverkrusteten Grill sauber. Und ausserdem ist die ganze Gegend `Discharge Zone` (darf man nichts einleiten, Abwässer etc.). Nun hatte der Capitano gestern ein Dingy-Riemenründchen um die nächstliegenden Inseln gedreht. Kommt ihm plötzlich die Idee: “Powderhorn Island! Super Strand, unbewohnt!” Und schon hocken wir drei im Dingy, tuckern an Spectacle Island lang, das wir vor zwei Tagen schon gänzlich umwandert haben, am Südzipfel der Isle of Springs vorbei und halten auf die Powderhorn Insel zu. Da gibt´s sogar zwei Strände. Und vor beiden liegen Kanus. Das ´s ja wieder doof. Wir landen trotzdem an und wandern eben erstmal aussen auf den Steinen lang. Vielleicht sehen wir ja hier mal einen Seehund in der Sonne dösen. Nix da. Aber B(ä)eeren gibt es. Massig. Rote. Der Käpt´n wirft sich todesmutig mit seinen nackten Waden ins dornige Gebüsch und bringt Hände voller Himbeeren mit. Lecker! Hab noch nie so viele am Stück gegessen. Und ohne Wurm :) Da es schon langsam auf 16 Uhr geht, werden die anderen sicher bald zurück müssen ... Wie immer sind wir nicht die Schnellsten und es sind wirklich alle weg, als wir am auserkorenen Strand ankommen. Darf Mann gleich drauflos schrubben und Frau geht derweil noch ein bisschen an Blümchen schnuppern, hier und da Beeren essen, macht Fotos, untersucht Blasentang, beobachtet Seehunde, die nahe der Insel neugierig ihre Köpfe aus dem Wasser recken, ... 17 Uhr gehen wir ankerauf. Der Plan, zu segeln wird fallen gelassen, Hebel nach vorn, sind ja nur 1,7sm ... Die Zivilisation hat uns wieder - Internet. Haben Post von West Marine, von wegen da hat irgendwas nicht geklappt mit der Zahlung. NA TOLL!

Donnerstag, 21. Juli 2016
Frühs geht noch kurz Internet, Capitano kann gerade noch alles abklären mit unserer Bank und West Marine, dann ist alles tot. Nochmal Der auf dem Tank tanzt ...eine Woche lang warten ...

Freitag, 22. Juli 2016
Der Wecker klingelt früh und wird auch erhört. Null Internet, ergo sind wir, besonders der männliche Bordbewohner, schnell arbeitsklar nach `m Frühstück. Stürzt er sich gleich auf eins seiner Projekte: Tagestank für den Generator. Der Tank ist da, Schläuche, Fittinge, Hölzer für die Befestigung, ... Als erstes klebt er aufwendig die Öffnung zu, die er eigentlich zum Montieren seiner neu geplanten Anschlüsse braucht. Hübscher Schuss ins Knie! Fällt ihm erst auf, als alles superfein eingeklebt ist. Er steht im Cockpit, schlägt sich vor die Stirn und wundert rum. Verziehe ich mich lieber unauffällig aus dem Gefahrenbereich in die Pantry. Halbe Stunde später ist der Tank wieder im ursprünglichen Zustand ... Mann ist ziemlich brubbelig über der ganzen Geschichte und ich ziehe alle Register, ihn wieder aufzuheitern. Ansonsten hocke ich vorm Rechner und friemel an der Website und Monats-Fotoseite rum. - Abends gibt´s gebackenen Camembert. Den letzten seiner Art (noch ORIGINAL von Saint Martin). Ob seines Alters läuft er uns fast davon. Schmeckt aber trotzdem ;) Danach ist Hanibal-Kino, auf dem linken Sitzplatz wird sich ordentlich gefürchtet, und als es gerade so richtig spannend ist, kracht draussen ein Gewitter los. Ähm, irgendwie hat keiner nach Wetter geguckt heute. Schauen schnell nach dem Rechten und dann kann Hanibal weiter rummetzeln. Diesmal lauter, damit er den Donner übertönt ... In der Nacht beruhigt sich das Wetter wieder.

Sonnabend, 23. Juli 2016
Zum Frühstück frische Nachrichten aus dem World Wide Web für den Käpt´n. Freut er sich! Beginnt der zweite Tagestank-Bautag viel entspannter. Und, er hat heut einen Plan. Draussen feines Wetter, Sonnenschein satt, Badewetter. Ich will Brot im neuen Aldi-Öfchen backen. Knete eine Stunde lang an dem Teig rum während ich mit meinen Eltern skype. Ist alles i.O. da, bei den Kinder auch. :)!! Bekämpfe ´nen Riesenberg Abwasch, werfe den Wassermacher an, versuche, ausserhalb der Baustelle aufzuklaren. Käpt´n weiter am Bauen. Er sitzt auf dem Boden im achterlichen Bad und hängt mit dem Kopf fast im Klo. Daneben hinter der Wand wohnt nämlich ab sofort der Tagestank. Ab späten Nachmittag wieder Gewitter. Diverse Segelboote flüchten sich vor dem Wetter in die Bucht. Regen, Donner, Blitze zucken. Unsere mickrigen drei Basilikumpflänzchen stehen `jubelnd` im Regen, alle Luken dicht. Sieht nach Kinoabend aus. Meine AbendessenLecker Maple-Walnusseis! Und so vieeeeellll :)ideen werden abgewählt, hocke ich mich eben vor den Rechner und schreibe, während mein meisterlicher Koch seine berühmten einzigartigen Bratkartoffeln zubereitet. Ich liebe es!! :)

Sonntag, 24. Juli 2016
So`n bisschen ist der weibliche Besatzungsteil schon am Nörgeln. Sie hängt schon den dritten Tag auf dem Dampfer fest. Weil ich im Bastelwahn bin. Da kommt jetzt schon die eine oder andere spitze Bemerkung. Klingt aber noch nicht so richtig “spitz”, kann ich noch überhören und einfach weiter basteln. Dabei hock ich ja nicht da hinten weil es auf dem Boot keinen romantischeren Platz als neben der Kloschüssel gibt. Der Generator hatte ja Zeit seines Lebens Startschwierigkeiten. Und wenn es auf See mal ein bisschen schaukliger wurde, hatte er sich immer ganz feige vom Dienst verabschiedet. Als ich ihn bei meinen wochenlangen Reparaturversuchen auf Saint Martin dann provisorisch aus einem daneben stehenden Kanister hab “saugen” lassen, brauchte ich mit dem Finger bloss noch in die Nähe des Starterknöpfchens zu kommen und er ist losgerasselt. War eindeutig die meterlange Saugleitung aus dem Haupttank das Startproblem. Jetzt wollte ich halt endlich das Provisorium “daneben-stehender-Kanister” beseitigen. Macht sich ausserdem ganz gut, auf der “to do Liste” mal wieder was durchzustreichen. Hinter der Wand im Gästeklo hatte bis zu seinem Rauswurf ja der Kack... äh, Holdingtank gewohnt. Da kann natürlich auch ein Dieseltank wohnen. Hab ich also ewig hin und her gemessen, einem alten Aussenbordertank passende neue Anschlüsse verpasst (jetzt grinst Marion gleich wieder), eine entsprechende Halterung mit Befestigungen, etc. gebaut, entsprechende Löcher für die Schlauchdurchführungen zum Motorraum gebohrt (Akku-Bohrmaschinen sind immer leer wenn man sie braucht) und jetzt muss ich eigentlich alles nur nocPratt Islandh zusammenbauen und ausprobieren. Bin ich gegen Mittag mit fertig, verbreite ich Optimismus. Zieht sich dann doch ein wenig länger hin, aber zum Glück ist “gegen Mittag” ja auch eine recht schwammige Zeitangabe. Jedenfalls springt das Generatörchen jetzt ganz freudig an und rasselt munter vor sich hin. Vermutlich aber nicht sehr lange. Meine Tagestankbefüllung aus dem Haupttank ist scheinbar noch nicht ganz ausgereift. In der Versuchsanordnung mit “Kanister daneben” hat das mit der Niederdruck-Dieselpumpe gut geklappt, aber bis zum neuen Tank neben dem Klo bringt die nur noch einen pieseligen Strahl zustande. Genau genommen, ein besseres Tröpfeln. Aber darum kümmer ich mich morgen. Jetzt spring ich in die Ausgehshorts und führ die Bordfee aus. So richtig zum Eisessen. Hatten wir im Tante-Emma-Laden entdeckt und uns wohlweisslich Löffel mitgenommen. Den halb-Gallonen-Familienbecher mit Maple-Walnut-Geschmack! Wandern wir schnell bis zu der kleinen Brücke nach Pratts Island, hocken uns da in die Sonne und machen uns über die knapp 2kg her. Hier sind wir nämlich ganz allein und brauchen nichts abgeben ...

Montag, 25. Juli 2016
Immerhin sind wir schon Inselgeschichten hören und durch die Gegend düsen  macht Launemit dem Frühstück fertig, als es draussen ruft. Dan ist da. Dan rast ungefähr zehn Mal am Tag winkend mit seinem umgebauten Riesen-Kanu-Motorboot bei uns vorbei und kommt auch gerne auf einen kurzen Schwatz längsseits. Ist jetzt nicht so, dass Dan jemals die Gesprächsthemen ausgehen würden, aber heute hat er eine andere Idee. Er lädt uns zu einer Besichtigungstour ein. Holt er extra sein anderes Boot, was uns immerhin ermöglicht, noch schnell die Zähne zu putzen bevor wir los jagen. Soviele Häuser stehen hier nicht am Ufer, Dan ist hier aufgewachsen und kennt sie alle. In einer kleinen Bucht kuscheln sich eine Handvoll hübscher kleiner Häuser an den bewaldeten Hang, das direkt am Wasser, das ist sein Elternhaus. Das Land hatte sein Grossvater 1903 für 100 Dollar gekauft. Ich biete spontan 200 dafür! Dan will sich die Sache überlegen. Wir tuckern weiter nach Indiantown Island und erfahren in einer laaaangen Geschichte, warum die Insel so heisst. Wär ich ja nie drauf gekommen. Da haben mal Indianer gewohnt :-) Den Sheepscoot River hoch, an unzähligen weiteren Inseln vorbei - zu fast jeder gibt`s eine Geschichte, die sind aber alle kürzer. Wir tuckern an Powderhorn Island längs, dass wir schon kennen, rasen zum Middle Mark Island, wo eigentlich die Robben rumliegen müssten, es aber grad nicht machen, nach Boston, Green und Little Green Island, dann noch ein paar, deren Namen ich vergessen hab und nähern uns irgendwann wieder unserem Schiffchen. Er könnte uns auch noch Southport Island zeigen. Das ist die grosse Insel mit dem Tante Emma Laden, wo wir vermutlich überall schon mal langgelaufen sind. Klar, wir haben ja Zeit. Anlegen tun wir diesmal nicht bei der Werft, sondern an Dan`s Privatsteg. Mehr Privat-Anleger. Das kleine kuschlige Häuschen daneben gehört ihm. Das grosse, frisch renovierte dahinter auch. Auch der Porsche Cabrio davor. Unter der Terrasse parkt ein zweiter. Mit Dach, klar, könnte ja auch mal regnen. Als alter Landroverfahrer kann ich mir, mit Blick auf den Privatweg, die Bemerkung über den praktischen Nutzen eines Porsches auf einer Schotterpiste nicht verkneifen. Lacht er und gibt zu, dass er deswegen ja auch meistens den Saab nimmt. Neben dem HausDan´s  Bat-Cab (so cool! :) steht tatsächlich noch ein Auto. Ob ich schon Porsche gefahren bin??? Neee. Könnte ich doch mit Marion eine kleine Tour machen. Würde sich ja super als Frontbild auf der Homepage machen, wie ich mich lässig in `nem Porsche flegel, so mit Arm raus und Sonnenbrille ... Hab ich doch glatt die Sonnenbrille vergessen! Kein Problem, meint Dan, wir können auch jederzeit später mit dem Teil fahren. Falls er nicht da ist, sollen wir einfach einsteigen und los fahren - der Schlüssel steckt! Im Haus aber nicht, da steht die Tür offen. Ich überlege gerade, wo in Deutschland es noch unverschlossene Häuser geben könnte, als Dan uns auch schon durch seine Hütte schiebt. Gemütliche Holzterrasse, grosse Fensterfronten mit Blick auf die Bucht, Wohnzimmer mit Kamin, Weinregal, integrierter Küche und RIESIGEM Herd in der Mitte - er kocht halt gern. Keine Couch, hier und da hängen noch Kabel von den Wänden, dafür ein Verstärker, Boxen und Gitarre. Dan setzt ganz klar Prioritäten. Genauso sympathisch wie er selbst, ist auch sein Haus. Keine Protzhütte, vollgemölt mit irgendwelchem antikem Krempel, wo sich kein normaler Mensch wirklich drin wohl fühlen kann. Das grosse Schlafzimmer mit Fensterfront zum Wasser und eigener Terrasse, beherbergt genau ein Möbelstück. Eine Matratze. Dafür liegen fast überall verteilt Klamotten rum (ich hätte es auch nicht besser gekonnt). Klar, sind wir auch eingeladen, jederzeit in seinem Bad zu duschen oder uns mit einem Glas Wein (steht in der Küche) in der Badewanne zu fläzen, gar kein Problem! Wenn er nicht da sein sollte, Tür ist offen ... Aber das Beste kommt noch: Dan hat zwei Werkstätten im Keller. Eine für Holzarbeiten und eine für Metall! Da kommt schon so`n bisschen Neid auf ... Und weil er uns eh zum Boot zurück bringen muss, der Tag sowieso fast rum ist, ich eigentlich auch keine Lust mehr zum Arbeiten hab und er es unbedingt sehen möchte, rächen wir uns und schleppen ihn anschliessend noch durch unseren Dampfer ...

 

Dienstag, 26. Juli 2016
Das passt mal wieder perfekt. Ich hatte unter Marions kritischem Blick und einem deutlich vernehmbaren Knurren im Rücken schon mal angefangen, den Radareinbau vorzubereiten. So mit Deckenplatten abnehmen zwecks Kabel ziehen, überall Werkzeug verteilen, Dreck machen ... hatte ich am frühen Nachmittag zumindest die Stromversorgung für das Multifunktionsdisplay (die Dinger heissen jetzt nicht mehr einfach bloss Plotter) im Cockpit und die Radarschüssel am Heck schon mal fertig, als das müde Wifi-Netz mit der UPS-Info rausrückt, dass unser Paket beim Empfänger abgegeben wurde. Also in der Hodgdon Werft. Und da taucht Dan auf. Er will uns irgendwohin zum Blaubeerenpflücken und Baden mitschleppen. Ist jetzt grad ungünstig, unser Radar ist angekommen - aber (hab ich einen Geistesblitz), Marion liebt Beerenpflücken und Baden!!! Ob er sie sich denn mal ausleihen dürfe? Dan ist natürlich Gentleman und fragt höflich. Unbedingt! Und schon hab ich sturmfrei :-) Bei Amy in der Yard die Riesenkiste einsammeln, die kaum ins Schlauchboot passt, aufs Boot wuchten und auf fetzen. Wenigstens die Radarschüssel will ich heute noch installieren. Laut Raymarine passt die ja genau auf die Bohrlöcher, vorhandener älterer RayKäpt´ns neuestes Spielzeug - noch mitten in der Nacht vorgeführt :)marine Antennen ... was den Austausch auf ihre neue “Quantum super mega Solid State CHIRP Pulskompressions Schüssel” geradezu zum Kinderspiel macht. Sie haben bloss vergessen auf ihrem Werbeflyer zu erwähnen, dass die Befestigungslöcher sich bei den alten Antennen am vorderen und jetzt am hinteren Ende befinden. Steht die Schüssel auf unserer Halterung jetzt soweit nach vorne über, dass da kein Segel mehr dran vorbei kommt. Könnte man natürlich die Befestigungsplatte von unserer kardanischen Halterung abflexen, sich hier `ne Bude suchen, die das Teil etwa 20cm weiter hinten wieder anschweisst, alles wieder zusammenbauen ... oder die Radarschüssel einfach verkehrt herum drauf montieren. So mit dem Hintern nach vorne. Müssen wir in Zukunft halt immer rückwärts fahren, damit die Ziele auf dem Bildschirm richtig angezeigt werden :-) Passt dann ganz genau auf die Halterung und bloss mein Ehrgeiz, das Stromkabel von der Antenne unbedingt durch die gebogenen Edelstahlrohre zu verlegen zieht die Montage dann doch reichlich in die Länge. Das “Multifunktionsdisplay” lass ich mir für morgen. Aber so zur Probe klemm ich das Ding natürlich schon mal an`s Netzkabel. Weil Männer ja grundsätzlich keine Bedienungsanleitungen lesen sondern sich ihnen selbst komplizierteste Technik durch ausgiebiges Rumfummeln, probieren oder mal auf alle Knöpfe drücken intuitiv erschliesst, hab ich irgendwann auch die drahtlose Verbindung zur Antenne hergestellt, die “Abweichung” von 180 Grad eingestellt (wir brauchen also doch nicht rückwärts fahren) und pünktlich zum Feierabendbier den ganzen Bildschirm voller Echos. Gut, sind ja von Inseln nur so umzingelt und reichlich Mooringtonnen und Yachten liegen hier auch rum ... Bloss keiner da, der mich jetzt überschwänglich lobt! Gönn`ich mir noch `n Feierabendbier. Marion immer noch nicht da. Vielleicht hab ich ja auch mal wieder nicht so genau zugehört und soll sie abholen? Fahr ich also zu Dan. Hocken die beiden da, jeder mit `nem Riesenglas GinTonic auf der Terrasse und glotzen auf den Sonnenuntergang!!! Das ist der Feierabenddrink! Marion hatte auch einen anstrengenden Tag. Sie musste mit Dan im Porsche Cabrio durch die Landschaft düsen, sich so ziemlich bei jedem Verwandten von Dan mal vorzeigen lassen, in einem 27°C warmen See baden, Blaubeeren pflücken, fast mit ´ner Harley-Enduro fahren ... ich wusste nicht mal, dass es sowas gibt! Sogar mit Gewehrhalterung, setzt sie noch einen drauf. Dafür funktioniert unser Radar schon, versuch ich zu rechtfertigen, dass ich mir gerade den dritten GinTonic mixen lasse ...

Mittwoch, 27. Juli 2016
Dan will uns schon wieder irgendwohin verschleppen. Ich kann nicht, muss ja das Multifunktionsdisplay heute anbauen. Marion könnte, sie will aber nicht. Sie hat nämlich, schon leicht knurrend beobachtet, wie ich die Flex rausgekramt habe. Das will sie unter Kontrolle behalten. Die Fläche unter der Sprayhood, wo der Bildschirm hin soll, ist ja leicht gebogen. Steht der natürlich schief, wenn ich den da einfach so mit seiner Halterung drauf schraub. Muss ich ständig den Kopf schräg halten, wenn ich rauf gucke. Ausserdem sieht das blöd aus. Findet Marion natürlich nicht! Klar, sie will ja auch nicht, dass ich mit der Flex rumsaue. Mach ich aber trotzdem. Und auch ordentlich Krach mit dem Generator! Die Halterung wird auf einer Seite gekürzt, ein neues Befestigungsloch gebohrt, selbiges solange mit dem Dremel “bearbeitet” bis die Befestigungsschraube durch passt (in ´ne Bohrmaschine mit 10er Bohrfutter passt einfach kein 13er Bohrer), Befestigungslöcher für die Halterung gebohrt, Gewinde geschnitten ... wegen meiner hohen ästhetischen Ansprüchen zieht sich das alles. Marion ist trotz dröhnendem Generator auf der Saloncouch entschlummert. Blaubeerenpflücken macht müde :-) Ich bin irgendwann fertig, die Spuren meines Maschineneinsatzes weitestgehend beseitigt, präsentiere ich Marion stolz das Endergebnis zweitägiger Bastelei. Aber so`n bisschen schChowder essen ist ja einfach, aber beim Lobsterzerteilen sollte das Gegenüber auch möglichst kein weisses Hemd tragen ...ief ist der immer noch, lobt sie mich halbherzig. Ich hab jetzt keine Zeit ihr mit `ner Wasserwaage zu beweisen, wie perfekt der Monitor ausgerichtet ist - wir sind zum Essen eingeladen. Schnell duschen und zum Tante Emma Laden müssen wir auch noch. Zwecks Wein. Dan hat seine grosse Küche ja nicht umsonst eingebaut, er kann wirklich kochen. Wir haben kaum den ersten Gang hinter uns, GinTonic als Aperitif - nebst Käse, Baguette und Cashewkernen zum Warmessen, steht der erste Topf auf dem Tisch. CHOWDER! Ist hier sowas wie ein Nationalgericht und Marion ist schon einige Male um Restaurants geschlichen, wo draussen “Chowder” an der Tafel stand. Einzig, der Preis hat sie bisher davon abgehalten sich so`ne Schüssel zu bestellen. Wie bei Nationalgerichten üblich, hat vermutlich jede Familie ihr eigenes Rezept von der Oma geerbt. Dan meint, das allerbeste kannte nur seine Grossmutter! Ich denke, er hat recht. MEGALECKER! So mit Muscheln, Porree, Sahne und irgendwelchem anderen Zeug drin - fast hätte ich meine Schüssel ausgeleckt. Lucinda, Dan`s Ex- und Doch-wieder-Frau, schiebt uns Teller mit dekorativ angeordnetem Grünzeug zu - Marion ist ganz hin und weg, ich überlege, ob ich mir noch eine Schüssel Chowder hole. Steht Dan mit dem nächsten Kessel da. Der Lobster. In den Restaurants kriegt man ja meist nur die mit den Weichschalen, kriegen wir einen Schnelllehrgang in Lobsterkunde. Der beinhaltet dann auch das fachgerechte Verspeisen! Von den Scheren, über die Beine arbeiten wir uns mittels entsprechendem Werkzeug bis zum Schwanz vor. Dazu reichlich Wein. Es spritzt nach alle Seiten wenn Beine ausgerissen oder Schalen geknackt werden - der Tisch sieht echt aus wie ein Schlachtfeld, als die Viecher irgendwann zerlegt und vertilgt sind. Obwohl, restlos vertilgt ist eigentlich nur meins. Vermutlich hatte ich das kleinste :-) Und obwohl wir bis Mitternacht auf der Terrasse hocken und Lucinda es immer wieder versucht, auf ihrer Blaubeereiskreation als Nachspeise bleibt sie heute sitzen.

Donnerstag, 28. Juli 2016
Müsst ihr unbedingt noch machen. Am besten zweimal. Jetzt, und dann noch mal im Herbst. Ein unvergessliches Erlebnis, hat Dan uns mehrfach vorgeschwärmt. Die Wanderung über Indiantown Island. Sind wir da also heute da hin. Schlauchboot am kleinen Anleger festzotteln und schon steht man im Wald. Kann man auf einem Weg durchlaufen. Viele Bäume. Hatte ich aber schon mit gerechnet. Ist halt Wald. Dann gibt´s da auch Steine. Ganz schön grosse manchmal. Die selben, die hier auch sonst überall rumliegen. Das kann`s also auch nicht sein. Ein paar Eichhörnchen meckern über die Störung, Marion freut sich über Pilze, mich nerven Mücken - was, um alles in der Welt, ist jetzt hier sooooo toll??? Nicht mal `n Indianer! Vielleicht haben die sich auch bloss links und rechts zwischen den Bäumen und Steinen versteckt?! Kann ich aber nicht nachgucken. Ich darf ja den Weg nicht verlassen. Steh`n überall Schilder. Picknick machen darf man auch nicht und Feuer und Zelten. Einfach bloss den Waldweg lang laufen und sich von Mücken stechen lassen. Hoffentlich laufen wir nachher nicht noch Dan in die Arme. Der will bestimmt hören wie unvergesslich wir es fanden, einmal auf einem Weg durch einen Wald zu laufen. Andererseits, wenn man es nur gewohnt ist, dass alles “Privat”, eingezäunt und “Betreten verboten” -beschildert ist, dann hat so eine Wanderung durch einen öffentlich zugänglichen Wald natürlich schon seinen Reiz.

Freitag, 29. Juli 2016
Da wir wegen dem Radar eh hier warten mussten, haben wir uns auch gleich eines weiteren Problemfalls angenommen. Der in Saint Martin noch kurz vor der Abreise gekaufte und je nach Tageslaune funktionierende (oder auch nicht) Sinus-Inverter. Mit der Firma Victron Energy in Holland hatte ich ja schon in Newport regen Mail-Verkehr, aber genau dann zeigte sich unser Inverter von seiner besten Seite. Seitdem will er allerdings gar nicht mehr. Hatte ich die letzten Tage dann noch mal ausführlichst alle Gebrechen und Wehwehchen der grossen Kiste beschrieben, die Holländer habDie MOONRISE, ein Traum von einem Boot!en einiges nachgefragt und letztendlich die Hauptplatine als vermutliche Ursache ausgemacht. Könnten wir den Inverter zu einem ihrer Händler in den USA oder Kanada schicken zwecks Platinenwechsel ... oder, falls ich mir den Austausch zutraue, schicken sie sie einfach zu uns. Natürlich trau ich mich! Platinenaustausch ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Und heute ist das Teil eingetrudelt. Kommt Amy diesmal sogar mit dem Boot zu uns raus getuckert, um unser Paket auszuliefern. War die Dankeschön-Weinflasche für die Adressen-Nutzung doch gut angelegt :-) Platinentausch bringt dann aber nichts, der Inverter will trotzdem nicht. Ich hab jetzt aber immerhin eine Hauptplatine Reserve, falls der Inverter doch irgendwann mal funktioniert und dann vielleicht mal die Platine kaputt geht ... Marion hat sich inzwischen mit der Waschmaschine in der Hodgdon-Werft amüsiert. Übrigens der älteste Bootsbaubetrieb Nordamerikas. Eine der hier gebauten hölzernen Schönheiten liegt gerade am Ponton. Ein 75 Fuss langer hochglanzpolierter Traum aus Holz. Können wir gar nicht oft genug dran vorbei schleichen. Ansonsten eifriges Werkeln am eigenen Dampfer. Wir wollen weiter. Jeder hat noch was zu erledigen und auch dem Grill wollen wir noch eine Reinigung verpassen. Powderhorn Island, der einzige einsame Strand, wo man das Teil unauffällig im Sand schrubben kann. Ausser heute. Da muss ausgerechnet Dan mit Lucinda dort rumlungern. War auch klar, dass er wegen Indian Island nachbohrt. Schöner Wald, bloss keine Indianer da, versuchen wir etwas Begeisterung durchklingen zu lassen. Aber man spürt dort noch immer ihren Geist, schwärmt Dan sofort wieder. Äh, wir versuchen es am Besten noch mal im Herbst ...

Sonnabend, 30. Juli 2016
Schon wieder Blaubeerpfannkuchen! Marion versucht seit Tagen, mich mittels dieser kleinen blauen Beeren zu einer gesunden Ernährungsweise zu zwingen. Das waren aber heute die letzten ihrer Art. Diesmal sind ihr die Pfannkuchen noch viiiieel besser gelungen, freut sie sich. Sie hat Eischnee geschlagen, unter den Teig gehoben. Alter Trick von Dan. Oder von seiner Oma. Überhaupt ernähre ich mich wegen Dan im Augenblick nur noch gesund. Von Lobster und Chowder. Er hatte wohl einen Monatsvorrat gekocht und uns den dann übergeholfen. Weil wir ja morgen abhauen und er uns nicht mehr bekochen kann. Marion hat sich sicherheitshalber gleich das Oma-Rezept für den Chowder geben lasen. Dafür hat Dan das Rezept ihrer Mutter für Rumtopf bekommen. Damit die ganzen Beeren auf den diversen Grundstücken seiner Familie endlich einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden. Die machen da sonst noch Konfitüre draus :-) Wir wollen noch nach Boothbay zwecks einkaufen, hat Dan uns gleich ein Auto für angeboten. Da wir in `nen Porsche nicht so richtig was reinpacken können, werden wir in den Saab gesetzt. Irgendeine “Special limited Edition”, gibt es nur ein paar Dutzend weltweit. Soll`n wir möglichst nicht kaputt fahren, ist echt schwierig, Ersatzteile dafür zu kriegen. Aber wenn wir ihn kaputt fahren, ist auch nicht schlimm, schliesslich er hat ja noch die anderen Autos!? Wir entscheiden uns dann doch dafür, ihn nicht kaputt zu fahren :-) Wir schütteln und drücken Dan und Lucinda zum Abschied, tuckern mit unserem Einkauf zurück auf`s Boot, treten alles in Kühlschrank, Bilgen oder wo sonst noch was reinpasst und essen heute keine Meeresfrüchte. Käpt`n am Herd. Es gibt Fleisch!

Sonntag, 31. Juli 2016
10.30 Uhr. Wir gehen ankerauf. Das dauert! Modder ohne Ende! Die neu installierte Fusswasserpumpe läuft auf Hochtouren, Käpt´n am Schlauch. Irgendwann habeErstmal tankenn wir die Kette oben und sauber und tuckern zur Hodgdon-Marina-Tankstelle. Null Wind, viel Platz, geht schöner nicht. Während der Käpt`n versucht den Tank vollzuplätschern, mache ich mich mit Mülltüte auf dem Weg zum Container ... und laufe Peter in die Arme. Peter läuft man eigentlich jedes Mal in die Arme wenn man durch die Werft schlendert, aber jetzt, wo wir gleich losfahren wollen, versucht er noch mal alles an Informationen loszuwerden, was er sonst portionsweise innerhalb eines Monats anbringen würde. Er zückt sogar sein Telefon, ruft Amy an und drückt sie mir ans Ohr damit ich ihr bye, bye sagen kann. Das mit dem Winterliegeplatz hätte ich vielleicht lieber nicht erwähnen sollen. Sofort überschlägt er sich. Boothbay wäre perfekt für uns, da friert es nicht zu, im vorigen Winter hat da auch eine Yacht gelegen, er hat sogar deren Telefonnummer, am besten ich nehm gleich seinen PickUp und fahre mal dorthin ... als ich endlich wieder zum Boot zurück komme, wird mein Käpt`n schon argwöhnisch vom Tankwart beobachtet. Den Tank schon ewig voll und kommt einfach nicht bezahlen. Kann er ja nicht, die Karte hab nämlich ich ... Leinen los, noch mal winken, und langsam tuckern wir aus der Southport Bay. Wir müssen noch zwei wichtige E-Mails loswerden und da das WiFi hier seit zwei Tagen nicht funktioniert haben wir beschlossen, einen Kurzstopp in Boothbay einzulegen. Liegt ja fast auf dem Weg und die Restaurants da versorgen ihre Umgebung reichlich mit Internetzugängen. Schnappen wir kurzerhand eine Mooringtonne vom TugBoat-Inn, klinken uns in ein freies Netz, erledigen unsere Post und sind auch schon wieder verschwunden. Kein Wind, vor der Bucht treiben etliche Boote mit ihren HighTec-Segeln langsam in der Tidenströmung zwischen den Wendetonnen. Sonntagsregatta. Wir nehmen den Motor. Unser erstes geplantes Ziel “Christmas Cove” wird abgewählt wegen nicht schön, wir tuckern weiter bis Pemaquid Harbor. Super versteckt hinter Inseln, ein paar Riffe davor, noch mal um die Ecke, mit kleinem Wellenbrecher und genauso kleinem Leuchttürmchen, hier gefällt´s uns! Wie üblich hängt alles an Mooringtonnen, wir suchen uns ein freies Plätzchen und lassen unseren Anker dazwischen runter. Ringsum alles sehr beschaulich, wir liegen wie in ´nem Ententeich, das Bier in der Bilge ist wohltemperiert - hocken wir doch glatt bis Mitternacht im Cockpit.

 

Montag, 01. August 2016
Der Weg ist das Ziel!!! Wir haben heut zwar kein Ziel, aber auf dem Weg dahin müssen wir UNBEDINGT bei Eastern Egg Rock vorbei. Wegen der Puffins. Die lungern da grade rum. Das sind so`ne Dinger die aussehen wie eine Kreuzung aus kleinem Pinguin und Papagei. Muss Marion unbedingt sehen! Fahren wir da natürlich hin. Was den Namensgeber des Inselchens dazu verleitet hat es nach Ostereiern zu benennen, erschliesst sich mir nicht. ZugekackterWir haben Puffins gefunden!!! Felsen hätte es besser getroffen. Gut, klingt natürlich nicht so romantisch. Auf jeden Fall lungern da Unmengen von Kormoranen rum, schreien Möwen wüst durcheinander, guckt ab und zu eine Robbe aus dem Wasser und dazwischen hocken diese kleinen putzigen Kerlchen. Oder sie schwimmen grad rum oder fliegen spazieren ... Marion versucht, einige mit der Kamera zu erwischen, ich, das Boot von den Unterwasserfelsen wegzuhalten. Wir sind beide erfolgreich :-) Das mit den Puffins findet Marion ja schon mal gut, aber ein paar Wale würden den Tag so richtig abrunden. Versuch ich, ihr natürlich noch springende Wale zu organisieren, krieg aber bloss Delfine hin. Und die springen nicht mal. Dafür ist das Wasser wie üblich gesprenkelt mit den kunterbunten Markierungsbojen der Lobsterkörbe. Da Marion genügsam ist, kann sie sich auch dafür begeistern. Und ein Ziel haben wir am Ende dann doch. Tenants Harbor. Da thront nämlich ein sehr fotogener Leuchtturm auf einer kleinen Insel vor der Einfahrt. Ansonsten macht die lange schmale Bucht nicht sooo viel her, sparen wir uns den Landgang und unser Geld, schmeissen den Grill an und trinken lieber Bier aus dem Bordkühlschrank.

Dienstag, 02. August 2016
In Newport hatte ich mal einen amerikanischen Nachbarsegler, der uns stolz mitteilte, dass er morgen weiterfahren wird, erstaunt gefragt: wieso morgen, da ist doch gar kein Wind? Ja, genau!, war seine Antwort. Die lieben das hier!!! Bei möglichst spiegelglattem Wasser, das Schlauchboot an einer Leine hinterher zottelnd, untImmer noch schneller als wir: Ami mit fünf Kanus im Schlepper Motor hin und her zu tuckern. Und mittlerweile sind wir genauso. Wir haben uns perfekt integriert. Sind vom gemeinen nordamerikanischen Fahrtensegler kaum noch zu unterscheiden. Bloss, dass wir das Schlauchboot immer noch hoch ziehen, bevor wir den Motor anschmeissen. Wir müssen wohl schon im Logbuch nachschlagen, wann wir die Segel das letzte Mal draussen hatten. Aber davon nutzen die auch bloss ab. Leider hält sich der Spass an der Dampfschiffahrt inzwischen sehr in Grenzen. Nicht wegen der vielen bunten Lobster-Trap-Schwimmdinger, wie Marion sie jetzt liebevoll nennt und ganz verzückt nach immer neuen Farbvarianten dieser schwimmenden Verkehrshindernissse Ausschau hält. Nee, da bretter ich einfach drüber. Das heisst, ich würde brettern, wenn ich es denn noch könnte. Null Wind, spiegelglatte See und wir schleichen mit 3 Knötchen dahin. Wenn ich den Gashebel noch weiter vor schiebe, werden es immerhin schlappe 4. Da vibriert dann aber schon die ganze Steuersäule. Ist mir schon jedesmal peinlich wenn die anderen Yachten (mit Schlauchboot im Schlepp) so mit 7, 8 Knoten an uns vorbei rauschen und mitleidig rüberwinken. Tu ich immer so, als ob wir so langsam fahrn, damit wir die Natur angucken können. Und Wasser mit bunten Kullern! Unser Dampfer braucht DRINGENDST eine Untenrumreinigung! Aber bei Wassertemperaturen zwischen 15 und 17°C schieb ich das natürlich gerne vor mir her. Aber als wir heute so hinter den eeeewig laaaangen Wellenbrecher in die Bucht vor Rockland schleichen zucken wir beim Blick auf die Wassertemperaturanzeige zusammen. Schlappe 21°C!!! Ganz klar, Landgang ist gestrichen - der Käpt`n geht baden! So im Ganzkörperstrampler, mit Flasche, Flossen und extra grossem Spachtel. Eine Stunde brauch ich, um Unterwasserpelz und Pocken abzuschaben, dann ist der MIRA-Bauch wieder blank. Dafür sind jetzt ca. eine Million kleiner Krabbelviecher obdachlos. Ein Grossteil der Population hat sich auch gleich bei mir eingenistet und widersetzt sich äusserst hartnäckig Marions Versuchen, mich, Neoprenanzug und Tauchausrüstung von ihnen zu befreien. Und weil ich mich ja aufwärmen muss, brauch ich heute nichts mehr machen, werd mit dem Feierabendbier ins Cockpit in die Sonne gesetzt und darf zugucken, wie die attraktive Mitarbeiterin vom (fast) Nacktputzservice mit der Bürste unten am grünen MIRA-Hintern schrubbt :-) Das warme Wasser muss schliesslich ausgenutzt werden. Landgang gibt´s morgen!

 

Mittwoch, 03. August 2016
Lobsterfestival in RoIn Maine gibt´s sogar bei McDoof Lobsterckport! Ganze fünf Tage lang! Kommen die Leute aus allen Himmelsrichtungen angereist. An Touristen mangelt esGuckst du - schmeckt lecker! in Maine im Sommer ohnehin nicht. Und die wollen unterhalten werden. Zum Beispiel mit einer pummligen Meeerjungfrau, die mit angeklebtem Fischschwanz versucht, sich im Hafenbecken über Wasser zu halten. Oder mit dem Rummelplatz gleich am Hafen. Karussells, Riesenrad, Fressbuden mit DJ sowie hunderten, meist übergewichtigen Menschen, die mit Kamera, Luftballon oder einfach nur Bierbecher in der Hand dazwischen rumwuseln. Es gibt Lobsterwettessen, Lobsterkistenwettlauf, Lobsterwettkochen und damit die Omas sich nicht so ausgeschlossen fühlen, gibt es auch Wettstricken. Ohne Lobster. Die Einzigen, die eher weniger Spass an der Party haben, sind die Lobster. Zwanzigtausend Pfund werden im Durchschnitt jedes Jahr bei dem Fest vertilgt! Karussellfahren ist jetzt grad nicht so unser Ding, wir lempeln lieber durch die Stadt. Richtig gross ist sie nicht, die historischen Häuser sind liebevoll restauriert, darin Souvenirläden oder Restaurants, und der, der keine Ahnung vom Kochen hat, macht einfach auf Gallerie. Die Kneipen locken mit Happy Hours und Sonderrabatten für die Navy-Jungs (und Mädels) von der U.S.S Oak Hill, dem Kriegsblech, das in der Bucht ankert und durch deren Kontrollposten nebst Sicherheitsschleuse wir auch müssen weil wir unser Schlauchboot am selben Anleger festgetüddert haben, wo auch die Navy-Barkasse die Truppen ablädt. Ganz ohne Lobster geht es bei uns dann aber auch nicht. So`n bisschen abseits vom Gewühl, hinter den Fischerwharfs, im “Claws”. Da gibt`s nämlich den besten Lobster des ganzen Knox Countys! Und das Bier ist mindestens genauso gut.

 

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Donnerstag, 04. AuguCamden Harbor st 2016
Das macht ja richtig Spass, den Gashebel nach vorne zu drücken. Wir brettern nur so über die Lobster-Bojen! Die sind derzeit Marions neues Hobby. Sie fotografiert die Dinger! Und ist jedesmal ganz aus dem Häuschen, wenn sie eine neue Farbkombination entdeckt. Da! Da ist eine lila, gelb gestreifte mit blauen Punkten! Fahre ich natürlich gerne einen Schlenker, damit sie auch die lila gelb gestreifte mit den Punkten vor die Linse bekommt. So richtig hat sich mir nur noch nicht erschlossen, wozu sie das macht. Aber sie fotografiert ja auch Blumen ... Heutiges Ziel ist Camden. Sollen wir unbedingt hinfahren, hat Lucinda geschwärmt. Das hat sie wohl noch einigen anderen erzählt, es ist richtig voll hier. Wie üblich ist eh die ganze Bucht mit Mooringbojen vollgepackt. Dreimal versuchen wir, uns mit unserem Anker da noch irgendwo zwischen zu mogeln, eh wir ihn resigniert so ziemlich am Ende der Bucht einfahren. Dafür sind wir hier wenig später umringt von edlen, hölzernen Segelschönheiten. Die sind einfach zu gross, um in den Hafen zu passen. Der ist auch so rammelvoll. Wir passen kaum noch mit dem Schlauchboot dazwischen. Wer hier keinen Holzmast hat, fällt eh unangenehm auf. Allein ein Dutzend restaurierter alter Schoner haben hier ihren Liegeplatz. Als das mit der Frachtschifffahrt an der Küste nicht mehr so richtig was einbrachte hatte irgend jemand die Idee, mit einem der nutzlose gewordenen Kähne Touristen durch die Gegend zu schippern. Das Geschäftsmodel floriert bis heute. Mit der Ausrede, dass wir seekrank werden erwehren wir uns der überall offerierten “Segelabenteuer” und schlendern lieber durchs Städtchen. Richtig hübsch und lebhaft. Ein typisches Touri-Städtchen. Macht trotzdem Spass, durch die zwei, drei Strassen zu schlendern, mal hier in einen Souvenirladen zu schauen, mal da ... und dann entdecke ich es: das Supersonderangebot! Die Literflasche Bacardi Gold für unglaubliche 19,99$! In der Pharmacy. Ist Marion eigentlich wegen `ner Nivea-Creme rein. Landet das TeilGucken alle neidisch auf unser Rieseneis  natürlich sofort im Korb. Der Rum. Marions Creme auch. Fragt die Mutti an der Kasse mich doch glatt nach dem Ausweis!!! Gut, in den Staaten wird der Alkohol ja erst ab 21 rausgerückt und mit meiner US-ALDI Sonnenbrille seh ich natürlich jünger aus :-) Finde ich die reizende Verkäuferin natürlich ausgesprochen charmant, aber sie holt mich brutal auf den Boden der Tatsachen zurück. Neee, ich könnte auch aussehen wie Hundert, ohne Ausweis kriegt hier keiner was! Garstiges Weib!! Übellaunig schleich ich mit der Cremeschachtel aus dem Laden. Dauert auch nicht lange, dann hat Marion die Nase voll von meinem Genörgel. Hol bloss deinen Ausweis!!! Grinsend flitze ich zum Schlauchboot, tucker bis gaaaanz ans Ende der Bucht, mit dem Pass wieder zurück, haste zur Pharmacy und halte dem gehässigen Weib nebst der Bacardiflasche auch triumphierend meinen Pass unter die Nase. Ich bin schon 21! Könnte mir jetzt natürlich als klassisches Suchtverhalten ausgelegt werden, aber wir wollen schliesslich nach Kanada. Da gibt´s wahrscheinlich nichts ausser Eisbergen, Eisbären und Eskimos! Da möchte man schonmal einen Grog trinken! Gut gelaunt spendiere ich Marion ein Eis. Mir auch. Das muss ich scheinbar auch noch üben. Ich weiss jetzt nicht, wer beim Gefeilsche um die Anzahl der Kugeln und die jeweiligen Sorten den Überblick verloreöh, die nehmen uns den Wind weg!n hat. Ich, die Kassiererin oder die Eiswaffelvolllöfflerin, jedenfalls halten wir am Ende für 4,50 Dollar jeder ´ne grosse Waffel mit NEUN Kugeln in der Hand. Die Leute starren uns an, als ob sie noch nie jemanden Eis essen gesehen haben :-)

Freitag, 05. August 2016
Was für ein geiler Segeltag. Richtig gelesen! SEGELN. Perfekter Wind, da haben wir nach ... ich weiss jetzt gar nicht genau nach wieviel Jahren, echt mal wieder die Segel ausgerollt. Ist der Motor bestimmt eingeschnappt, dass er heut nicht durfte. Sind wir also auf dem Weg nach Dessert Island ganz entspannt durch die unzähligen Inseln gerauscht, 5kn, 6kn ... 2,7kn???! Da haben wir uns einen von Marions geliebten Lobster-Trap-Schwimmdingern “eingetreten” und den dazugehörigen Lobsterkorb hinterher geschleift. War gar nicht so leicht, das Teil wieder abzuschütteln. Ich bin beim Blick auf die Temperaturanzeige schon leicht zusammengesackt, aber durch gekonnten Einsatz des Bootsmannshakens dann doch ums Bad herumgekommen. Schaukeln wir also wieder gemütlich dahin, als wir plötzlich geradezu umzingelt sind von hölzernen Schonern, Yawls und was weiss ich was für Teilen. Werden wir doch glatt von einer Classic Boat Regatta eingeholt! Besser gesagt, überholt. Dabei sind wir mit teilweise über 8kn zügig unterwegs. Obwohl, die ISOBEL, die mit ihren HighTech Segeln und Spinakker zuerst an uns vorbei rauscht, zählt nicht. Das is`n Racer. Aber gegen die AMERICA, haben wir dann gar nicht so schlecht ausgesehen. Die hat immerhin schon den “America`s Cup” 1851 gewonnen. Die hatten natürlich viel Noch mehr von der Sorte hinter uns ...mehr Zeit zum Üben! Gut, ist jetzt nicht die originale gewesen, sondern ein Nachbau. Trotzdem, ein fantastischer Anblick so unter voller Beseglung! Danach die WHITE HAWK, TICONDEROGA of GREEWICH, THE BLUE PETER, die MARILEE, SONNY ... und bestimmt noch dreissig weitere. Und mittendrin die MIRA in zeitlos, dezenter “Blechoptik”. Begleitet wurde das Rennen von mehreren (klassischen) Barkassen, nebst Kamerateams und Fotografen, die die Boote, wie Geier umkreisend, permanent auf ihre Auslöser drücken. Wurden wir natürlich auch ausgiebigst geknippst. Das hässliche Entlein unter einer Traube von Schwänen, seufzt Marion. Ich denk ja eher, dass wir jetzt das Titelblatt der nächsten Ausgabe des hiesigen Yachtjournals schmücken. Hoffentlich lag die Frisur auch ...

Sonnabend, 06. August 2016
Mount Desert Island. Wollten wir auch auf keinen Fall auslassen. Hier ist der älteste National-Park der USA, ACADIA. Gibt´s ein paar grössere Hügel, jede Menge Wald, ein paar Seen, Campingplätze und gaaaaanz viiiiieele Wanderwege. Gut für`s Wadentraining. Deshalb sind wir hier. Bloss heut noch nicht. Ich bin gestern extra noch nicht zum eigentlich geplanten Ankerplätzchen gefahren, sondern gleich hinter der Einfahrt des langen Fjords links abgebogen, nach Southwest Harbor. Da gibt`s einen West Marine-Laden. Ich brauch noch ein spezielles Kabel für mein neues Lieblingsspielzeug, das Multifunktionsdisplay. Nette Mutti in dem Lädchen, die hat zwar kein Kabel, schladdert uns aber ohne Ende zu. Anschliessend wandern wir durch das seeeeehr überschaubare Örtchen, drehn `ne Runde durch den Heimwerkermarkt, finden es im Fischereiausrüster noch viel spannender und haben damit auch schon alles gesehen. Zurück zum Boot und den Fjord hoch tuckern, bis nach Somes Harbor, ganz am Ende. Unterwegs frischt es auf, wir haben richtig weisse Schaumkämme auf dem Wasser, während Somes Harbor fast auf Ententeich macht. Super Schutz nach allen Richtungen. Allzu viele Boote passen da zwar nicht rein, aber wir können uns den Platz noch aussuchen. Und weil alle so schön rüberwinken und an ihren Heckgrills stehen, hol ich mir ein Bier aus dem Kühlschrank, stell mich auch an unseren Grill und winke mal eben zurück :-)

Sonntag, 07. August Wanderpause am Eagel Lake - hätten wir im Bus gar nicht gesehen2016
Wenn die Farmer mit uns Geschäfte machen wollen, müssen sie sich einfach mal angewöhnen, länger zu schlafen. Heute ist Farmers Market in Bar Harbor,  hatten wir gestern als Info von der Schladdermutti bei West Marine mit auf den Weg gekriegt. Sollten wir vielleicht `n bisschen früher los, hatten wir uns so gedacht. Früher los! Wir, und dann noch auf`n Sonntag - war schonmal klar, dass das nicht funktioniert. Ist fast Mittag, als wir losziehen. Die Inselbusse fahren gratis, wurden wir gestern eingewiesen und halten auch in Somesville, dem kleinen Dörfchen, vor dem wir ankern. Aber wann und von wo???!! Die Dorfstrasse ist wie ausgestorben, keine Menschenseele, die wir fragen könnten. Latschen wir einfach los Richtung Bar Harbor. Jede Menge Autos unterwegs, natürlich kein Wanderweg vorgesehen - das nervt! Sooo spannend ist es jetzt auch nicht, links Bäume, rechts Bäume und in der Mitte Strasse mit vielen Autos. Irgendwann überholt uns auch ein Bus. MIST! Vielleicht gibt es ja noch einen. Wir schleichen weiter. Nach einer Stunde ein Abzweig, zum Glück beschildert. Sonst wüssten die ganzen Autos ja nicht, dass sie auch da lang müssen wo wir uns in der prallen Sonne lang schleppen. Keine Ahnung, wie die das macht, einem mitten im Wald immer noch auf den Schädel zu knallen. Irgendwann wieder ein Bus. Jetzt wollen wir auch nicht mehr! Sind schliesslich zum Wandern hier! Ein Ruck geht durch die schlaffen Körper und erhobenen Hauptes schreiten wir die letzten Kilometer bis Bar Harbor, wo wir nach fast drei Stunden am örtlichen Supermarkt anschlagen. Kleiner Schlenker durch den gekühlten Markt und anschliessendes Picknick am Strand. Fühlen wir uns genug gestärkt, um auch noch kreuz und quer durch das Touristenstädtchen zu lempeln. Hübsch, bunt, voll! Auf der Suche nach einem Kalender für 2017 (also jetzt nicht irgendeinen, sondern DEN Kalender) sowie Babyschlafanzügen (keine Ahnung, warum WIR danach gucken) waren wir auch in so ziemlich jedem der 5000 Tourigeschäfte. Scheinbar gab es DEN Kalender und den dazu passenden Schlafanzug aber nicht. Damit ich den Rucksack jetzt aber nicht völlig umsonst spazieren trage, schleichen wir noch mal in den Supermarkt, kaufen Würschte, Kartoffelsalat ... und nehmen für den Rückweg den Käpt´ns Aufstieg leicht verzögert durch Blaubeeren - weisser Punkt rechts ist ein Kreuzfahrtschiff vor Bar HarborBus!

Montag, 08. August 2016
Langsam hab ich den Verdacht, dass sich mit zunehmenden Alter die Attraktivität des Mannes mehr nach unten verlagert. Jedenfalls wurde ich heute mehrfach von Frauen wegen meiner Füsse angesprochen. Meist ging es dabei auch um`s Schuhwerk. Die Flip-Flops, in denen ich üblicherweise rumlaufe. Heute auch. Wir sind unterwegs auf den Mount Cadillac. Der höchste Berg an der amerikanischen Ostküste! Kann man mit dem Auto hochfahren oder eben auf verschiedenen Hikingtrails hoch wandern. Wir natürlich auf dem Trail nach oben. Sind wir dann erstaunlicherweise doch nicht allein unterwegs. Einige naturverbundene, draufgängerische Wanderenthusiasten tun es uns gleich. Bestens ausgerüstet mit Trekkingschuhen, Trekkinghosen, dazu passendem Hut aus dem Outdoorladen, Teleskopwanderstock, der notfalls auch als Picke genutzt werden kann, Kompass, GPS und riesigem Rucksack, aus denen meist ein infusionsähnlicher Schlauch ragt, den sie im Mund haben. Im Rucksack sicher die drei-Wochen-Notration und so, wie einige keuchen, vermutlich auch noch ein Sauerstoffzelt. Da werden wir, mit Blick auf unser armseliges Schuhwerk schon gern mal belehrt, dass der Weg ja noch vieeeel rougher wird! Ist natürlich alles eine Frage der Perspektive. Wessen grösstes Abenteuer üAm South Ridge Trailblicherweise der Weg von der Haustür zum Auto ist, findet die Kletterei auf dem Naturtrail sicher schon rough. Auf jeden Fall ist es eine richtig schöne Strecke, die sich über 7km durch Wald und Felsen bis zum Gipfel hochwindet. Dort angekommen wird man dann belohnt mit einem fantastischen Ausblick auf ... einen grossen Parkplatz voller Autos. Damit erklimmt der hiesige Touri üblicherweise den Mount Cadillac. Kann er aus dem Auto aussteigen und sich erstmal auf eine der vielen Bänke hocken, um die Aussicht zu geniessen. Für die ganz Verwegenen gibt es noch einen asphaltierten Weg um die Bergspitze herum. Fast 500m lang! Wer sich die Strecke nicht zutraut, kann in der Zwischenzeit ja sein Geld in geschmackvolle Mitbringsel aus dem Souvenirshop anlegen. Wir machen uns an den Abstieg. Auf der Südroute diesmal. Die ist schon mit dem Schwierigkeitsgrad “anstrengend” ausgeschildert. Wieder eine Frage der Perspektive - wir gucken nach unten - bergab strengt es nicht sonderlich an :-) Knapp 12km lang, geht es wieder über “Stock und Stein” durch tolle Landschaft mit reichlich Postkartenmotiven bis zum Blackwoods Campground. So düster wie das klingt, ist der Wald da auch, dafür fährt von da aber ein Bus. Nach Bar Harbor. Und von dort dann gleich noch einer nach Somesville. Echt nicht schlecht so`n gratis Shuttle-Service. Und falls das jetzt nicht so rübergekommen ist: das war eine echt geile Wanderung! Wer also demnächst zufällig auf Desert Island zu tun hat - unbedingt auf den Mount Cadillac kraxeln. Flip-Flops reichen! Kommt man gleich viel leichter mit den wandernden Frauen ins Gespräch :-)

Dienstag, 09. August 2016
Wadenschonender Büro- und Waschtag.

Mittwoch, 10. August 2016
Wir wechseln den Wetterbericht! Unser jetziger Anbieter ist ja echt das Letzte! 23°C, leicht bewölkt - hat der uns heut früh rotzfrech vorgelogen. Haben wir natürlich geglaubt. Sind wir los, so`n bisschen die Beine vertreten. Ich heute mit meinen, noch kurz vor der Abfahrt in Newport erworbenen Walmart-Trekkingschuhen und Marion mit `ner grossen leeren Flasche. Da sollen Blaubeeren rein. Mit dem Bus geht`s bis zum Echo LakAuf der Westseite, der Quietsite von Mount Desert Islande, da starten reichlich Hiking -Trails in alle Richtungen, hin und her und hoch und runter. Wir erwischen einen mit nur hoch. Ist aber trotzdem schön. Sogar richtig schön. Bäume, Felsen, schimpfende Eichhörnchen, Plateaus mit fantastischen Aussichten - bloss Marion immer leicht gebückt, mit Blick nach unten. Sind bestimmt schon `ne Stunde am Wandern, als sie plötzlich in ein Gebüsch springt. Ich schon am Überlegen, ob ich ihr Papier hinterher werfen soll, als sie triumphierend eine klitzekleine blaue Beere hochhält und in ihre Sammelflasche kullern lässt. Ich glaub, für`n Rumtopf braucht man aber zwei, läster ich. Kein Blick für mich, sie hat grade die nächste Beere entdeckt und dann noch eine... Wir hangeln uns jetzt von Strauch zu Strauch. So kommen wir natürlich nicht vorwärts. Will Marion auch gar nicht, sie will ihre Flasche voll kriegen! Kriech ich also auch durch die Sträucher. Ich komm sogar regelrecht in Blaubeersammelekstase! Flasche füllt sich langsam, wir abgelenkt, Blicke nur nach unten ... und das nutzt dieser hinterhältige Wetterbericht natürlich knallhart aus. Zack, wird das Wetter ausgetauscht! Alles rabenschwarz, Regen prasselt runter - KALT! Wir natürlich klatschnass, keine Regenjacke, kurzärmlig. Leicht bewölkt war ja versprochen. Unter den Bäumen rumstehen bringt auch nicht wirklich was, können wir auch zurücklaufen. Stolpern wir also eine Stunde lang durch Wald, Nebel, über Steine, Felsen und Pfützen im Nieselregen zurück zum Busstop. Und die Flasche erst halbvoll! Weiss ich doch jetzt schon, dass ich noch mal auf Beerenjagd muAuf Bar Island - mal gut abgepasst, der Überweg ist grad dass ... Aber nur mit anderem Wetterbericht!

Donnerstag, 11. August 2016
Wir haben das AIS vergessen! Jetzt sind wir extra schön weit weg gefahren, haben uns hier immer möglichst unauffällig bewegt, hinken sogar mit dem Tagebucheintrag ordentlich hinterher - nur damit uns keiner findet! Haben wir natürlich nicht mit Birte gerechnet. Birte hatte ja in Saint Martin schon an unsere Bordwand geklopft. Aber hier haben wir uns völlig sicher gefühlt. Bis heute. Birte und Wolfgang liegen mit ihrer “Tanamera” in Bar Harbor! Grad mal 10km Luftlinie. Wir hatten vergessen unser AIS auszuschalten! Kann man natürlich bei marinetraffic.com genau sehen, wo wir gerade rumlungern. Sind wir also mit dem Bus nach Bar Harbor. Ungefähr 3 Millionen Touris, da könnte man statistisch gesehen vermutlich jahrelang unerkannt aneinander vorbeilaufen - Birte sieht uns trotzdem. Dabei waren wir nicht mal direkt in Bar Harbor, sondern auf dem, nur bei Ebbe “auftauchenden” Weg nach Bar Island. Gut, Birte ist auch `n Stück höher. Kann sie wahrscheinlich gut über die amerikanischen Touris rüber gucken. Die sind ja mehr breit. Und weil wir jetzt einsehen, dass wir uns eh nicht verstecken können, haben wir die beiden überredet, auf unseren Ententeichankerplatz umzuziehen. Machen sie gleich morgen. Muss ich jetzt unbedingt noch schnell zu “Hannaford”, `n Doppelzentner Bratwurscht kaufen, reichlich Kartoffelsalat, die letzten Bier in den Kühlschrank werfen  ...

 

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Freitag, 12. August 2016
Das mit der Gleichberechtigung ist ja auch eher `ne eingleisige Geschichte. Überall gibt es “Miss Wet Shirt”-Wahlen, aber wo,Nass bis auf die Knochen - aber ansonsten nicht schlecht,die Wanderung ;) bitte schön, wird denn der “Mister Wet Shirt” gekürt??? Hätte ich heute garantiert gewonnen. Keiner hatte so ´n nasses T-Shirt wie ich! Sogar die Hose war nass. Eigentlich war nichts mehr trocken an mir. Wir waren wandern. Hierzulande sagt man hiken. Den Trail, den wir vorgestern zwecks Sintflut abgebrochen hatten. Diesmal ohne Sammelflasche. Kommt man eindeutig besser voran. Die ersten Kilometer kennen wir ja schon. Zumindest ich. Marion hatte den Kopf ja immer unten. Keine Ahnung, auf was für einem Berg wir letztendlich stehen, auf jeden Fall haben wir eine fantastische Aussicht. Die Strecke wird anspruchsvoller, es gibt Abzweige! Die sind zwar ausgeschildert, aber mangels Karte erschliesst sich uns der Sinn nicht immer. Wir wandern munter weiter. Erstmal im Kreis. Dann woanders lang, wo wir wieder auf einem Berg landen. Also jetzt weniger “landen” im eigentlichen Wortsinn, wir klettern schon mühsam hoch. Einmal runter gucken, die Kekspackung leer mampfen, dann weiter. Tolle Aussicht auch auf der anderen Bergseite. Diesmal auf eine interessante schwarze Wolkenformation genau unter uns ... und vor uns, neben uns ... und dann sind wir auch schon mitten drin. Fetter Regen prasselt auf uns runter, in Sekunden sind wir durch bis auf die Knochen. Vonwegen, der Berg ruft! DeBirte und Wolfgang, schon ganz ausgehungert. Na, dann lass ma richtig Dampf machen!r kann uns nicht leiden! Der macht uns jedesmal nass! Tapfer wandern wir weiter, durch Pfützen unter tropfenden Bäumen. Auf dem kürzesten Weg nach Hause! Ohne Karte wissen wir aber nicht, welcher Abzweig der kürzeste ist. Nehmen wir also den langen, auf dem wir gekommen sind. Und dann finden wir doch noch ´ne Abkürzung. Vom ersten Berggipfel geht es auch steil bergab, teilweise an Leitern, senkrecht die Felswände runter ... landen wir am Ende am Echo Lake, einem kleinen See mit noch kleinerem Strand. Und weil ich eh klatschnass bin ... spring ich da rein. Boah, bestimmt 25°C! :) Die Bushaltestelle ist dann gleich nebenan und als wir in Somesville in unser Schlauchboot klettern, schaukeln auch die neuen Nachbarn nebst ihrer Tanamera schon neben uns. Vom Hunger getrieben. Wir haben die beiden nämlich zum Bratwurstwettessen auf unseren Dampfer gelockt. Schmeiss ich schon mal siegessicher den Grill an :-)

Sonntag, 14. August 2016
Jetzt schaukeln wir schon zwei Tage neben der Tanamera. Sind die Leute hier ganz aus dem Häuschen. Zwei ausländische Yachten auf einmal! Natürlich geben wir uns ordentlich Mühe, das Klischee vom fleissigen Deutschen zu bedienen. Dabei würd ich mit Wolfgang viel lieber faul rumsitzen, mittags das erste Bier trinken und Männergespräche führen. Obwohl, das wäre sowieso nicht gegangen, weil Marion ja dauernd daneben stand und versucht hat, zuzuhören. Statt dessen sind wir emsig hin und her gefahren, haben vor Computern gehockt, über Navi-Programmen gefachsimpelt, Seekarten begutachtet, Antennenkabel gemessen ... und uns erst gaaaanz spät, zum Feierabend und unter viel Protest ein Bier aufdrängen lassen. Birte war auch fleissig. Sogar besonders fleissig. Sie hat für uns alle ´ne megaleckere Lassagne gebacken!!!

Montag, 15. August 2016
Wir fahren echt los. Noch nicht so richtig weit. Erstmal bis Bar Harbor. Einkaufen. Ist einfach praktischer wenn man das ganze Zeug nicht noch mit in den Bus schleppen muss und sich dabei wichtige Körperteile unterkühlt, weil man die Tasche mit dem Gefrorenen auf dem Schoss hat. Aber bevor wir dann zu “Hannaford” wandern, schlendern wir noch mal ausgiebigst die Geschäftsstrasse hoch und runter. Marion braucht einen Kalender. Für 2017. Hatte sie irgendwo gesehen. Passt mir ganz gut, ich will noch mal in den Laden, wo ich vor ein paar Tagen schon um eine Jacke geschlichen bin. Schleich ich heute wieder rum. Am Ende hat Marion den Kalender und wir beide ein Jacke (“Hannaford” haben wir aber trotzdem noch geschafft).

Dienstag, 16. August 2016
Diesmal wirklich. Vorher noch eine zweite “Hannaford”-Runde. Wasser, Wein, Würschte, dann lossegeln. Richtig Segeln, so mit Segel raus. Wenig später schläft der Wind natürlich ein, schleichen wir mit 3kn dahin. :-( Um drei beenden wir das Elend und schmeissen den Motor an. Haben halt noch 20sm vor uns. Der übliche Slalom um die Lobstertraps. Seit wir uns so`n Teil “eingefangen” haben bin ich vorsichtiger. Und dann wieder Vibrationen wenn ich mehr Gas gebe - da hängt schon wieder irgendwas im Propeller. Beim Blick auf die Wassertemperatur vertage ich die Problematik. Der Himmel hinter uns sieht immer gruseliger aus, vor uns liegt alles im Nebel. Wieso sind wir aus unserem schönen Ententeich losgefahren??? Ich hole mal rein auf Verdacht ein aktuelles Wetter. Starkwindwarnung! Da finde ich Marions Wunschankerplatz, Mistake Island, eingeklemmt zwischen ein paar Felseninseln, gar nicht mehr toll. Vor allem wenn die Karte sich über den Ankergrund ausschweigt. Tritt also Plan B in Kraft. Ein paar Meilen weiter liegt Roque Island. Hat eine grosse, fast rundum geschützte Bucht auf der Südseite und eine im Norden. Das Schönste dabei ist aber, dass beide Buchten jeweils lange Sandstrände haben. Sollte der Ankergrund davor also auch Sand sein. Ich schiebe den Gashebel noch ein Stückchen nach vorn, alles vibriert noch ein bisschen mehr, aber immerhin schaffen wir jetzt schlappe 6kn. Mit ein bisschen Glück kommen wir noch bei halbwegs Licht an. Die dicken Wolken hinter uns schieben sich immer näher, wir rauschen an der Einfahrt zum Mistake Island vorbei, ringsum tummeln sich Seehunde, wie, um uns noch mehr zu zeigen, was wir verpassen, kreuzt auch eine Gruppe Delfine unseren Kurs. Jetzt muss bloss noch ein Wal vor uns aus dem Wasser springen. Macht zum Glück keiner. Mit dem letzten Fitzelchen Licht und den ersten Regentropfen, schieben wir uns eine Stunde später in die nördliche Bucht von Roque Island, rasen auf den Strand zu, tasten uns mit Plotter und Tiefenmesser so weit es geht ans Ufer und schmeissen den Anker runter. So, von mir aus kann`s jetzt blasen!

Mittwoch, 17. August 2016
Hat ganz nett geschaukelt heute Nacht. Hat uns aber nicht weiter gestört, wir liegen schön geschützt. Nun hätte ich aber ganz gerne noch geschrieben, dass das ein richtig hübscher, knuffiger, romantischer ... Ankerplatz ist, Kann ich aber nicht. War dunkel gestern, hab ich nichts mehr gesehen. Heute früh auch nicht. Dicker fetter Nebel! Haben wir uns einfach wieder ins Bett gelegt und gewartet bis der Nebel weg ist :-) Frühstück schmeckt ja auch Roque Islandnoch um halb zwölf :-) Da sehen wir dann auch endlich unsere Bucht. Das muss ich jetzt aber mal loswerden: eine richtig hübsche, romantische Ankerbucht! Bisschen Sandstrand, bisschen Felsbrocken, jede Menge Bäume und rechts ein Bauernhof. Sogar mit Pferden. Einziger Nachteil, wir liegen jetzt etwas ungemütlich. Der Wind hat gedreht. Ist aber nicht schlimm, auf der Südseite der Insel gibt es ja noch ´ne grosse Bucht. Muss man bloss hinfahren. Wir segeln hin. Haben reichlich Wind! Und Lobsterbojen soweit das Auge reicht! Mit den Fotos könnte Marion hunderte Bildbände füllen, aber sie will nicht fotografieren. Ist ihr zu kalt! Klar, deswegen hab ich ja auch die Mütze auf. Die Südbucht ist fast komplett durch vorgelagerte Inseln umschlossen, durch eine Lücke schlüpfen wir rein. Fast perfektes Postkartenmotiv - eine Meile lang halbkreisförmig feinster Sandstrand, fehlen bloss die Palmen. Wegen dem Nordost schmeissen wir in der rechten Ecke den Anker runter, anschliessend das Schlauchboot und tuckern zum Strand. Marion liebt ja Strandwandern. Latschen wir einmal links bis ganz zum Ende, dann einmal nach rechts bis es nicht mehr weitergeht, schladdern ein bisschen mit der, im Campingstuhl am Strand hockenden Crew der zweiten hier ankernden Yacht und dann ist der Tag auch schon fast um. Zeit den Grill aufzubauen, ordentlich Würste drauf zu packen, anschliessend alle mit Kartoffelsalat zu verschlingen, beim Sonnenuntergangsbetrachtungsbier über die einsetzende Schaukelei nörgeln, den Anker hoch leiern, auf die andere Seite der Bucht tuckern, Anker wieder runter schmeissen, neues Bier holen und den aufgehenden Vollmond bewundern ...

Donnerstag, 18. August 2016
Heute soll´s weitergehen, auf die andere Seite der Bay of Fundy, nach Nova Scotia, Kanada. Vermutlich erstmal nach Yarmouth, ungefähr 100sm, reicht also wenn wir nachmittags aufbrechen. Marion weiss auch schon, was wir bis dahin machen. Mit ihrer grossen Sammelflasche tuckern wir zum Strand. Da hat sie gestern Wir zu Gast auf Roque Island - Joe und Audrey zu Gast auf der MiraBlaubeersträucher entdeckt. Wir entdecken ja meist verschiedene Sachen wenn wir unterwegs sind. Während Marion an irgendwelchen Sträuchern rumfummelt, ausgetrocknete Krabben zurück ins Wasser schubst und jede Muschel mal umdreht, hatte ich gestern fasziniert den Tidenhub von knapp 4m betrachtend, die Möglichkeiten einer kontrollierten Strandung in der Bucht untersucht. Könnte man ja im Herbst noch mal den Mira-Bauch schrubben ... Heute entdecken wir erstmal beide dasselbe: ein bockiges kleines Mädchen im Sand. Und wenig später auch den dazugehörigen Vater. Nicht bockig. Joe Higgins, stellt er sich vor. Seiner Familie gehört die Insel. Oups, das ist jetzt aber blöd, wir wollten gerade seine Blaubeeren klauen. Lacht er, kein Problem, wir sollen sammeln soviel wir wollen. Machen wir dann auch. Und weil es Joe interessiert und Marion dann ein kleines Mädchen zum Beknuddeln hat, lädt sie die beiden anschliessend aufs Schiff ein. Saft und Kekse sind gut investiert, wir erfahren nicht nur die Familiengeschichte, sondern werden noch mal so richtig in Versuchung geführt. Wenn ihr noch einen Tag hier bleibt ... Auf der Farm lungern ja nicht nur Pferde, sondern auch Kühe, Ziegen, Schafe, Hühner und sonstiges Fleisch rum, da haben sie ihre eigene Milch, machen Käse, Wurst, Schinken ... Würde er uns gerne für morgen einladen und einiges mitgeben. Und Beeren pflücken können wir ausserdem. KÄSE, SCHINKEN!!! Boah, läuft uns das Wasser im Mund zusammen. Marion, nur noch Ziegenkäse vor ihrem geistigen Auge, nickt schon ganz aufgeregt. Und jetzt kommt ein schöner Beweis dafür, wer in unserer Familie der Verfressenste ist. Ich kann bei Essen auch mal NEIN sagen. Bin ich jetzt selbst ein bisschen überrascht. Aber für heute Nacht ist noch perfekter Wind angesagt, danach erstmal wieder eine Woche Flaute. Kommen wir ja nie weg. Andererseits, wenn hier genug Ziegen rumlaufen ... Ich bleibe beim Nein! Vielleicht kommen wir im Herbst noch mal vorbei. Jetzt lockt ja nicht nur der Strand zum Trockenfallen :-) Wir bringen die beiden zurück zum Strand, ziehen schnell das Schlauchboot, dann den Anker hoch und gegen 17 Uhr schleichen wir langsam durch die Einfahrt zwischen den vorgelagerten Inseln, auf denen sich Seehunde in der Sonne räkeln, raus aufs Meer, rollen die Segel aus, stellen den Kurs ein und lehnen uns entspannt zurück. Morgen sind wir in Kanada! Und weil ich durch irgendeinen Zufall wohl den perfekten Segeltrimm erwischt habe, wir mit satten 8kn durchs Wasser pflügen und vieeeel zu früh in Yarmouth ankommen werden, hab ich das Ziel einfach auf Halifax geändert. Klarieren wir da ein und tingeln eben von dort mit kleinen Hopsern durch Nova Scotia.

 

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Freitag, 19. August 2016
Wieder zu früh gefreut. Pünktlich zum Sonnenaufgang war der Wind weg. Sind wir noch ein paar Stunden so mit zwei, drei Knötchen dahin geschlichen, aber mit kippender Tide standen wir dann fast auf der Stelle. Haben wir also den Motor angeschmissen, Kurs auf Yarmouth geändert und sind ein paar Stunden später mit unserem flatternden gelben Einklarierungsfähnchen und neuer Gastlandsflagge, neugierig umkreist von einer Barkasse der Coast Guard, in den gleichnamigen Sund eingelaufen. Stolz reckt sich ein Leuchtturm über das steinige Kap Fourchu neben der Einfahrt, weiter links ein kleiner Fischerhafen, glattgeschliffene kahle Felsen, Nadelwald und riesige Findlinge am Ufer, nur die kanadischen Fahnen vor den vereinzelten HoYarmouth - Partyzelte und Fischkutterlzhäusern beweisen, dass wir nicht versehentlich in Schweden gelandet sind. Rechts dann ein paar mehr bunte Häuser, reichlich Fischerboote mit darüber kreischenden Möwen und eine kleine Marina mit drei, vier Mooringbojen davor. Da hängen schon zwei Yachten dran. Passen wir mit unserem Anker noch genau zwischen. Aus Erfahrung klug, verstecken wir noch schnell unsere Lebensmittel und Weinkartons, bevor wir das Schlauchboot runterlassen und zur Killam Bros. Marina rüber tuckern. Da steht ein grosses offenes Partyzelt in dem einige Countrymusiker sich mittels lautstarkem Gesang die Zeit vertreiben. Sie sind nicht allein. Wer in Yarmouth sonst grad nichts zu tun hat, hockt scheinbar auch im Zelt, wippt mit den Knien im Takt, singt munter mit, summt die Melodie wenn er textunsicher ist oder klatscht einfach. “Yarmouth Music Fesival” steht gross überm Eingang. Eine ganze Woche lang. Haben wir also noch genügend Zeit, uns hier unters Volk zu mischen und können uns erstmal auf`s Einklarieren konzentrieren. Genau wie in den USA wollen die Kanadier auch angerufen werden, wenn man mit dem Schiff aufschlägt. Braucht man natürlich ein Telefon. Mangels eigenem, drückt uns der hilfsbereite Marina-Boy seinen Telefonhörer ans Ohr. Viertelstunde später hab ich dem neugierigen Beamten alle Fragen richtig beantwortet und zur Belohnung schickt er uns jetzt noch zwei Kollegen. Die rollen ein paar Minuten später wirklich vor und wollen das Boot sehen. Na da hinten, das mit den roten Segeln. Reicht ihnen nicht, sie wollen da mal rauf. Tuckern wir also echt rüber, zotteln den Anker wieder hoch, fahren mit dem Dampfer zum Marina-Steg, tüddern uns da fest und bitten die Herren leicht zähneknirschend und gequältem Lächeln an Bord. Hocken die sich in den Salon, klappen ihre Mappen auf und stellen die üblichen Fangfragen nach Fleisch, Alkohol, Drogen und Handgranaten. Wir geben ein paar halbleer getrunkene Weinflaschen zu. Davon dürfen wir aber keinem Kanadier was abgeben! Das reicht ja kaum für uns, davon geben wir doch nichts ab! Die beiden nicken zufrieden - wieder richtige Antwort - wir bekommen unseren Einreisestempel. Keine Ahnung - als Antwort auf die Frage, wie lange wir denn bleiben wollen - bringt zwar keinen Zusatzpunkt, aber dafür bekommen wir ´ne Menge Tipps, was wir uns unbedingt ansehen müssen. Da werden wir wohl `ne Weile brauchen :-) Die beiden verabschieden sich überschwenglich, es stört uns nicht mehr, dass sie uns den Stempel genausogut im Partyzelt in den Ausweis hätten drücken können, binden uns los, fahren den Anker noch mal ein, klappern so`n bisschen mit den Augen ... und legen uns erstmal auf die Couch. Unters Partyvolk mischen können wir uns auch heute Abend.

Montag, 22. August 2016
Echt nett hier! IAn der aufwendig gestalteten Yarmouth-Wasserfront. Fehlen nur noch die Touris.ch weiss, das haben wir über Maine auch geschrieben. Mit seiner Inselwelt, den unzähligen Fjorden, reichlich Natur, super restaurierten Dörfern (die sie immer gleich Stadt nennen), aufgeschlossenen Leuten und jeder Menge traumhaft schöner klassischer Yachten. Als ausländischer Segler ist man da ohnehin immer `ne zusätzliche Attraktion. Mal abgesehen von der Handvoll kanadischer Yachten haben wir dort ganze zwei Boote ohne amerikanische Flagge gesehen. Und soooo teuer wie uns vorab eingeredet wurde, fanden wir es dann auch nicht. Wenn man sich das, für die Amis typische Grabschen einer Mooring verkneift und nicht jeden Abend beim Bier in `ner Kneipe hockt (Pint für SIEBEN Dollar!), sondern wie üblich brav seinen Anker runter wirft, sich das Bier aus dem häuslichen Kühlschrank angelt und statt Lobsteressen im Restaurant den eigenen Heckgrill anschmeisst, kommt man ganz gut zurecht. Und zum Seehund- oder Walglotzen müssen wir ja nicht extra auf einen der vielen Touri-Schooner klettern und ein kleines Vermögen für so`nen Vierstundentrip hinblättern. Seehundglotzen können wir beim Frühstück. Natürlich gibt´s aber auch ein ABER (fällt uns eigentlich erst jetzt, von der anderen Seite der Fundy Bay auf): es ist irgendwie immer zu perfekt. Wie Disneyland eben. Wir sind jetzt grad mal drei Tage in Nova Scotia, sind kreuz und quer durch Yarmouth und Umgebung geschlichen und so auf den ersten Eindruck werden wir es mögen, das neue Schottland. Hier brökelt schon mal die Farbe von den alten Häusern, die Fischer fahren mit ihren Kähnen noch wirklich mit Netzen und nicht mit Touris raus, die Jugend hält Basecap und Jogginghose noch für den letzten Modeschrei und ein Partyzelt mit Countrysängern lockt abends die ganze Einwohnerschar an. Gerne auch im schulterlosen, weissen Ballkleid. Vermutlich gibt es hier nicht soooo viele Möglichkeiten es sonst zu tragen. Man kann überall rum latschen soviel man will, ohne permanent gegen ein “PRIVAT! NO TRESSPASSING”-Schild zu laufen und als I-Tüpfelchen haben die hier sogar einen Walmart. Mehr braucht man einfach nicht ...

Dienstag, 23. August 2016
Ich hab ein neues Bastelprojekt. Hab zwar noch jede Menge unerledigter alter, aber ich bin eben auch sehr bewandert in der Kunst des ´Vor-mir-her-schiebens`. Und angesichts der heutigen Temperatur hat mein neues Projekt absolut Vorrang: einen Wärmetauscher nebst Gebläse in den Kühlkreislauf des Motors installieren! Die Idee dazu hatte ich eigentlich schon seit wir Patagonien mit ausgefallener Heizung fluchtartig verlassen haben. Hat Micha mich wieder dran erinnert, als ich vor ein paar Wochen bei unserer Funklaberrunde über die Temperatur gejammert habe. Er ist mit so`nem Teil durch halb Chile getuckert. Und vor `ner Woche, auf der Tanamera, hat mir Wolfgang den Wärmetauscher endlich mal live vorgeführt. Sind wir gestern also durch alle drei Fischereiausrüster und haben die wegen so einem Teil genervt. Jetzt habe ich Preise und Masse und muss mir nur noch überlegen, wo ich das Ding hin baue. Den halben Tag messe ich wegen dem Einbau, genauer gesagt, wegen der Verlegung der beiden Schläuche. Ich komm mit den Dingern einfach nicht dahin, wo ich hin will. Weil irgendein Blödmann das alles so gebaut hat, dass man auch ja kein Kabel mehr durchs Schiff bekommt! Geschweige denn, zwei Schläuche! `Und wenn du die Heizung einfach in den Stauraum unterm Salontisch einbaust?`, mischt Marion sich dann noch ein. Jetzt ist sie auch noch Heizungsfachfrau!!! `Neee!! Da passt die nicht hin! Links is `n Tank, rechts Tank und dazwischen DEIN Staufach für DEINE Apotheke`, knurr ich zurück. `Da ist auch DEIN Öl drin`, muss sie natürlich nachtreten. `MEINE Apotheke könnte ich auch woanders unterbringen und den Wärmetauscher kannst du einfach in die Tür bauen`, bohrt sie weiter. Klar, und immer wenn ich die Tür aufmache kommen mir die Heizungsschläuche entgegen ... !!! Obwohl, wenn ich von der Tür ein Stück absäge, das Stück rechts fest einsetze, darin den Wärmetauscher, dann kann ich mit den Schläuchen direkt überm Tank in den Motorraum ... Stunde später hab ich einen Plan und will mich zwecks Bestellung des auserkorenen Heizkörpers aus dem Staub machen. `Wenn du schon in der Stadt bist, könntest du ja kurz noch beim Walmart vorbei`. HÄÄÄÄÄ??? Der ist SECHS Kilometer weg! `Ja, aber das macht dir doch nichts aus`. Und von reichlich Augenaufschlägen begleitet, folgt eine detaillierte Beschreibung eines bestimmten Buches, an einer ganz bestimmten Stelle im Walmart, verbunden mit dem Hinweis, dass sie ja bald Geburtstag hat. Noch mal Augengeklimper, klimper, klimper. Hatte ich schon erwähnt, das es regnet???!!!

Mittwoch, 24. August 2016
Der Tag fing ja richtig gut an. So gegen zehn kann ich die Heizung abholen, hatte mir Bob aus meinem Lieblingsfischereiausrüsterladen gestern zugesichert. Schmeiss ich mich nach dem Frühstück in eine neue Garderobe (die gestrige hatte ein wenig unter meinem, für Marion völlig überraschenden, mehrstündigem Spaziergang im Regen gelitten) und haste aufs Vordeck zum Schlauchboot. Das ziehen wir nachts immer am Spifall (das is `ne lange Strippe, die bis hoch zur Mastspitze und von da wieder nach unten und ins Cockpit geht :-) an der Seite hoch. Baumelt es friedlich so in 2m Höhe und ist vorn und seitlich mit je einer Leine an der Reling festgebunden. Sieht heute bisschen schlaff aus, das Teil. Die ersten Touris lungern schon am Anleger rum, kann ich ja unmöglich mit solch wabbligen Gummiwürsten da anrauschen. Ich also noch mal zurück, die Luftpumpe holen. Könnte man sich jetzt über die Reling beugen, den Schlauch der Luftpumpe jeweils in das Ventil der einzelnen Schlauchkammern stecken und sie dann, mit der Pumpe auf dem Deck stehend, aufpumpen. Sieht natürlich viel cooler aus, wenn man lässig mit der Pumpe in der Hand über die Reling ins Schlauchboot springt. Schlauch in die Gummiwurst auf der rechten, also der, an der Schiffsreling festgetüdderten Seite stecken und zehnmal pumpen. Sieht schonmal viel besser aus. Jetzt sachte zur anderen Seite drehen und dasselbe mit der aussenliegende Schlauchkammer wiederholen, bis die auch prall ist. Bleibt bloss noch die vordere Kammer. Ventil auch auf der Aussenseite, ich beug mich mit meiner Pumpe noch ein Stück weiter vor ... und da kommt die Sache mit der Schwerkraft ins Spiel. Rutscht das blöde Gummiboot doch an der Relingseite nach oben, womit es nicht mehr horizontal, sondern vertikal in seinen Seilen hängt und sämtliche Insassen - also ich + Pumpe - der Schwerkraft folgend, ihren Weg nach unten antreten. Hoffentlich hatte ich auf den 2m wenigstens gute Haltungsnoten! Wasser eiskalt, überall schwimmen Fischreste und -schuppen, die die Fischkutter gerade von ihren Decks gespült haben, am Ufer begeisterte Touris und ich paddel mit `ner Luftpumpe in der Hand ums Schiff rum. Marion kriegt sich kaum ein vor Lachen, als sie mir am Heck die Leiter runterklappt. `Wieso badest du denn mit der Luftpumpe?` `Damit ich Luft hab, falls ich mal tauchen will`, knurr ich zurück. 14,5°C steht auf der Wassertemperaturanzeige!!! `Willst du auch noch rein, oder soll ich die Badeleiter wieder hoch klappen?`, lass ich es nach DusBootshaus am Kilometer 10 ... ist ja gar nicht mehr weit ...che und in frische Klamotten gesteckt ordentlich raushängen, dass sich ein wahrer Käpt`n auch bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt sein morgendliches Bad nicht nehmen lässt :-)

Donnerstag, 25. August 2016
Wir haben ja grad Internet. Hab ich mal geguckt wie weit das bis zum Leuchtturm von Cape Forchu ist. 12,7km! Ja gut, das ist die Entfernung für den Hinweg, aber wie weit ist es zurück??? Steht da nicht. Bleibt uns nur eins, hin latschen und nachgucken. Steht am Leuchtturm ja vielleicht dran. Steht nicht dran, wie wir dreieinhalb Stunden später feststellen. Wir haben solange gebraucht, weil es unterwegs Bäume gab. Und Sträucher, bunte Blumen, zwei Hunde, kleine Häuser, mehreNa, da hat sich der Weg doch gelohnt ;)re Katzen die faul in der Sonne lagen und noch alle möglichen anderen Sachen, an denen Marion stehen bleiben musste, um zu fotografieren. Ein kleiner Fischerhafen war auch noch da. Da bin ich stehengeblieben. Konnte aber keine Fotos machen, weil Marion ja die Kamera hatte. Am Leuchtturm dann wie gesagt kein Schild mit der Entfernungsangabe zum Killam-Bros.-Dock in Yarmouth. Haben wir den ganzen Weg umsonst gemacht. Dabei hat der Souvenirshop sogar gratis WiFi. Könnte man jetzt natürlich ganz einfach bei GoogleMaps unseren Schlauchbootanleger als Ziel angeben und wüsste dann sofort wie lang der Rückweg ist. Blöderweise haben wir keinen Laptop mitgenommen. Aus Verzweiflung machen wir uns deswegen auf den Leif Ericson Gedächtnispfad. Da wissen wir wenigstens, wie lang der ist. Genau 350m, steht auf dem Schild. Jetzt fragt sich natürlich jeder, warum der kleine Rundweg am Cape Forchu so heisst??? Wir nicht!!! Wir haben ja aufmerksam alle Tafeln unterwegs auswendig gelernt. In der Nähe von Yarmouth hat irgendwer mal, so aus Langeweile einen Stein umgedreht und ... da waren lauter Krakel drauf. Haben die Stadtväter lange hin- und hergerätselt, was das jetzt wohl für Hyroglyphen sein könnten. Ausserirdische? Oder ist das vielleicht Japanisch??? Bis Einer dann meinte, dass das ja auch Norwegisch sein könnte. Boah, haben sich da alle Stadtväter an den Kopf geschlagen, logisch! Da haben die Wikinger drauf rumgekrakelt, als sie vor tausend Jahren Amerika entdeckten und kurz zum Pinkeln in Yarmouth an Land kamen. So`n paar ausgewachsene Wikinger machen natürlich mehr her als ein kleiner Japaner, der da vielleicht bloss sein Samuraischwert dran scharf gemacht hat ... Jedenfalls steht der Stein jetzt deswegen im kleinen Heimatmuseum und die Touris müssen den Leif Ericson Trail lang stolpern. Die Glücklichen. Danach lassen die sich wieder in ihren Autositz fallen. Wir müssen auch noch den ganzen Weg zurück, bis Yarmouth laufen. Sind übrigens auch 12,7km.

 

Freitag, 26. August 2016
BLOSS noch die Schläuche und Strom für das Gebläse anschliessen! Eingebaut hatte ich das Heizungsteil ja schon vor zwei Tagen. Hatte sogar schon die zwei Löcher gebohrt, durch diMal wieder MIRA-Chaos-Tage. Diesmal wird´s ne neue Heizung.e ich die Schläuche in den Motorraum schieben will. Ich krieg die da bloss nicht durch. Kann ich mich verrenken soviel ich will, im Motorraum anfangen oder vom Salon, mit Marion oder ohne, laut fluchend oder leise vor mich hinschimpfend - Schläuche in solchen Windungen verlegen können nur asiatische Autobauer. Neuer Plan: Salontisch abbauen, Fussboden darunter auch, komme ich mit der Bohrmaschine an die schmale Stelle zwischen Wassertank und Fussboden. Zehnmal messen, wo genau ich dann im Motorraum “rauskomme”, Lochkreisbohrer ansetzen ... und anschliessend auf der anderen Seite das Loch nicht finden. Ist genau hinter einer grossen Tafel mit unzähligen Filtern, Pumpen, Ventilen ... Lochkreisbohrer erneut ansetzen ... am Ende hab ich fünf Löcher für die zwei Schläuche, krieg irgendwann auch raus, welcher Abgang am Motor Vor- und welcher Rücklauf ist, lass Kühlwasser ab, schliesse Schläuche an, fülle Wasser auf, schraube den Fussboden nebst Tisch wieder an, bekomme tatsächlich Kabel von der Schalttafel bis zum Gebläse verlegt, klemm die auch noch alle an, lass den Motor nebst neuer Heizung probelaufen, freu mich über die heisse Luft, die durch den Salon gewirbelt wird und hab keine Lust mehr, den Stufenschalter für`s Gebläse auch noch irgendwo einzubauen. Lass ich mir für später. Wir wollen nämlich noch einkaufen. Eilmarsch bis zum Walmart, Einkaufswagen mit Grünzeug vollpacken, noch mal durch die restlichen Gänge schleichen und dann alles zurück schleppen. Vorher zwingt Marion mich aber noch in den Liqueur Shop. Vielleicht haben die hier Grappa, versucht sie mir den kleinen Umweg schmackhaft zu machen. Haben die tatsächlich. Für DREIUNDDREISSIG Dollar das zarte Fläschchen! Kauf ich im Leben nicht. `Aber die hast du dir verdient, warst soooo fleissig die letzten Tage, hast die Heizung eingebaut ...`, flüstert irgendwer mir ins Ohr. Ja genau! Und deshalb trag ich ganz vorsichtig die vermutlich weltweit teuerste Grappaflasche im Rucksack nach Haus. Bei dem Preis kann ich die natürlich nie anrühren. Die bekommt einen Ehrenplatz im Salon, schön angestrahlt von zwei LED-Spots. Mach ich mir auf dem Rückweg schonmal Gedanken, wie ich am besten die Kabel dafür verlege ...

Sonnabend, 27. August 2016
Eine Woche Yarmouth reicht dann aber auch. Keine Nebenstrasse, durch die wir nicht mindestens zweimal geschlendert sind, kein Das strömt hier wie verrückt - da vorn ist dann mitmal EntenteichWanderweg, den wir noch nicht kennen, an jeden Leuchtturm im Umkreis von 100 Meilen mal angeschlagen, die Nase in fast jeden Souvenirshop und garantiert jeden Fischereiausrüster gesteckt, tagelang mit den Knien zum Takt der einheimischen Musikanten gewippt, Fish & Chips am Hafen runtergeschlungen, das local beer hintergekippt ... bloss die Museen haben wir ausgelassen. Sind zu viele. Fischereimuseum, Feuerwehrmuseum, Turnschuhmuseum, Heimatmuseum, ... wahrscheinlich haben wir noch zwei weitere übersehen. Bräuchten wir noch `ne Woche für. Deswegen machen wir uns heute lieber mit ablaufender Tide aus dem Staub. Raus aus dem Yarmouth Sound, paar sm nach Süden, natürlich um ein paar Kap´s rum und dann mitten rein in das Inselgewirr um Big Tusket Island. Hab ich mir als Abkürzung ausgesucht. Fette Strömung, jede Menge Tide-Rips, recht beeindruckende Wasserverwirbelungen durch die Gezeitenströmung - es wirbelt uns einige Male. Sind wir aber irgendwann durch, Marion darf das Tagesziel aussuchen und entscheidet sich für PUBnico. Sie liebt Orte mit klangvollen Namen. Ich weiss jetzt nicht, ob sie bei ihrer Wahl eher an einen verräucherten Irish Pub oder mehr an stinkende warme Luft gedacht hat, auf jeden Fall ist es ein Fjord. Ziemlich lang und ziemlich tief. Irgendwann kommt rechts ein kleiner Fischerhafen, `ne Weile später auch links einer, und weil ich nicht unbedingt wissen will ob da noch mehr in den Fjord gepasst haben, schmeiss ich einfach an einer flachen Stelle mittendrin den Anker runter, mach den Motor aus und hock mich nebst Navigator und Feierabendbier ins Cockpit. Und wo ich eh schon eine Bierdose in der Hand habe, kann ich eigentlich gleich den Grill anschmeissen ...

Montag, 29. August 2016
Jetzt hab ich mal einen Tag ausgelassen. Ist auch nichts spannendes passiert gestern. Wieder ein paar Kap´s, jede Menge Inseln und am Ende ein Fjord. Sind wir dann reingetuckert, bis zum Ende gefahren und haben hinter ein paar Inselchen den Anker runterrasseln lassen. Genau vor einer kleinen Fischfabrik. Rundum alles voller Natur, aber wir ankern vor einer Fabrik! Hat Marion ausgesucht. Wegen dem Namen. Die nennen das hier Saxon. Kann ich natürlich immer nur mutmassen, welches Kopfkino das bei ihr gerade auslöst, aber vermutlich kamen da lauter kleine Sachsen drin vor, die fröhlich und laut vor sich hinsächselnd am Ufer rumhüpfen. Waren aber keine da. Sicherheitshalber hab ich dann mal das heutige Ziel ausgesucht. Shelburne. Klingt nicht nur gut, konnten wir sogar hinsegeln. Logisch, das Shelburne in einem Fjord liegt und natürlich auch genau am Ende. Keine spektakulären Riffe oder Untiefen in der Einfahrt, dafür eine Fischfarm. Ein paar sm weiter dann ein Knick nach rechts mit kleiner Sandbank, super Platz für einen Leuchtturm. Die Leute brauchen ja schliesslich was, wo sie hinwandern können. Segeltechnisch stört die Sandbank. Ich muss sogar unauffällig den Motor anschmeissen um uns, falls wir heimlich vom Ufer aus beobachtet werden, lässig mit stramm angeknallten Segeln an dem Flach vorbeizuschieben. Dann noch eine Fischfarm - die Geschäftsidee scheint sich bewährt zu haben - und ein Stückchen weiter ist der Fjord auch schon zu Ende. Passt ganz gut, der Tag nämlich auch fast und deswegen rollen wir da unsere Segel ein, schmMorgens, halb acht in Shelburneeissen den Anker runter, greifen in den Kühlschrank und verschieben den Landgang auf morgen :-)

Dienstag 30. August 2016
Shelburnes Wasserfront ist ein beliebtes Postkartenmotiv. Zu recht! Auch wenn die wenigsten es überhaupt vom Wasser aus zu sehen bekommen. Ein einziges Freilichtmuseum. Knapp ein Dutzend alter Holzhäuser, ehemals Lagerschuppen, Miniwerft oder Warenhaus, säumen die Uferbefestigung. Heute befindet sich in jedem zweiten eine Ausstellung, Schaumanufaktur, Museum oder Restaurant. Wegen der ganzen Touris, die hier vorzugsweise als komplette Busladung ausgesetzt werden. Überall flattert der Union Jack - Shelburne ist stolz auf seine Vergangenheit. Die Loyalisten haben es gegründet. Das waren die, die während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges auf Seiten des englischen Königs gekämpft haben. Bekanntermassen hat der dann nicht nur den Krieg, sondern damit auch seine amerikanischen Kolonien verloren und die Loyalisten waren dort dann wohl nicht mehr so beliebt. Jedenfalls haben sich die meisten nach England verdrückt und wer dazu keine Lust hatte, oder vielleicht auch keinen Platz mehr auf den Schiffen abbekommen hat, ist rüber nach Neu Schottland. So um die zehntausend Königstreue. Und ein paar von denen sind dann wohl an dem Fjord hier vorbeigekommen, haben sich gedacht, `Boah, das sieht ja cool aus hier`, haben die Äxte rausgekramt, angefangenAbends, viertel sieben im Cockpit ein paar Bäume umzuhauen und daraus Häuser zu bauen. Als sie genug Häuser zusammen hatten, haben sie da ihre englischen Fahnen drangehängt, das Ganze Shelburne genannt, sich die nächsten Jahrzehnte die Zeit mit Schiffbau, Handel, Schnapsschmuggel oder Fischfang vertrieben und geduldig gewartet, bis die Zeit dafür reif ist, dass sie ihren Lebensunterhalt auch damit verdienen können, Touristen durch Holzhäuser zu schleppen. Scheint ganz gut zu funktionieren. Weil wir jetzt aber nicht einfach nach einer Stunde wieder in unseren Bus klettern können, sondern uns auch irgendwie den Rest des Tages beschäftigen müssen, sind wir auch noch die paar Strassen hinter der Wasserfront langgewandert. Immer schön von einem Ende zum anderen, dann die nächste Strasse ... kriegt man noch mal `ne Stunde mit rum. Sieht auch nett aus. Am Ende kommt dann das übliche Shopping-Center. Pharmacy, Schnapsladen, PennyShop und Supermarkt. Letzterer hat Kartoffelsalat. Und Bratwurst! “SCHON WIEDER???”, verdreht Marion die Augen. “Ich schmeiss das Zeug doch nur auf den Grill, weil ich deinen Salat mit den Blaubeeren soDie Begeisterung steht ihm direkt im Gesicht geschrieben liebe!” Strahlt sie, legt Rucola und Spinat in den Einkaufskorb. Ich weiss eben wie man Frauen rumkriegt.

Mittwoch, 31. August 2016
Nicht auszudenken, wenn wir den Trail ausgelassen hätten. Es wimmelt hier ja nur so von Wanderwegen - haben wir uns heute also mal wieder auf die Socken gemacht. Wegen der Natur, der Gesundheit und weil uns für heute auch nichts besseres eingefallen ist. Der Weg führt von Shelburne durch den Wald in weitem Bogen zu irgendeinem Strand. Die meisten Wanderwege führen hier zu irgendeinem Strand. Oder Leuchtturm. Auf halbem Weg kann man noch zu einer kleinen Insel abbiegen und auf der rumlaufen. Kann man aber auch sein lassen. Wir haben den Strand sein lassen. Wir waren schon mal an einem Strand. Deswegen nur zur Insel. Immer schön durch den Wald, auf breitem, befestigtem Weg, reichlich beschildert. Reiten verboten, Fahrradfahren verboten und jedesmal wenn eine Strasse gekreuzt wird, ein STOP-Schild. Nicht für die Autos, auf dem Wanderweg für die Wanderer. Ich weiss ja nicht, wie beschränkt die Leute sind, die sonst hier lang wandern, aber die ganzen STOP-Schilder lassen ja vermuten, dass die sonst einfach so auf die Strasse latschen würden. Ohne nach links und rechts zu gucken. Wir haben das zwar schon im Kindergarten gelernt, aber irgendwie fühlt man sich trotzdem viel sicherer, wenn man weiss, wo genau man anhalten sollte, um nach Autos zu gucken. Ansonsten ist der Wanderweg ungefähr so aufregend wie ein Sonntagsnachmittagsspaziergang durch den Stralsunder Stadtwald. Bloss, dass da noch ab und zu Wölfe heulen. Die aus dem Tierpark. Hier wachsen dafür wilde Äpfel. Stopft Marion sich gleich den Rucksack voll. Auf der Insel dann auch Bäume. Und Steine. Grosse. Dann noch ein Reh mit langem weissen Schwanz und ein freches Streifenhörnchen ... Marion überlegt, ob sich Streifenhörnchen als Bordtier eignen und ich, wie Rehe mit langem weissen Schwanz in Rotweinsosse wohl schmecken :-)

Donnerstag, 01. September 2016
Gestern Abend hatten wir (faul auf der Couch liegend) beschlossen, noch einen Tag länger zu bleiben und einige Sachen zu erledigen. WaNicht schlecht, so n Radar!ren aber alles Sachen, auf die ich heute früh schon keine Lust mehr hatte. Deswegen hab ich Marion eingeredet, dass es wegen dem Wetter besser ist wenn wir heute weiterfahren. Ich hatte sogar schon eine Zielankerbucht ausgesucht. Lockeport Harbour. Was ich nicht in der Planung hatte war der Nebel. Kaum zwei Stunden unterwegs, da zieht so richtig dicke Suppe auf. Ist aber nicht schlimm, ringsum ist eh nur Wasser, kann man nirgends gegen fahren. Ausserdem sind wir sowieso nur noch allein unterwegs. Brauchen uns wegen Gegenverkehr gar keine Sorgen zu machen. Ist trotzdem eine schöne Gelegenheit, das Radar einzuschalten und auf den Bildschirm zu starren. Da passiert natürlich bis zur Einfahrt in unseren Tagesfjord nichts Spannendes. Die Einfahrt ist dann dafür, wie fast immer, mit reichlich Felsen und Untiefen gespickt. Schön, wenn aus dem Nebel schemenhaft eine Fahrwassertonne direkt neben einem genau da auftaucht, wo sie laut Radar und Plotter auch sein sollte. Hat was Beruhigendes. Und als ob mir der Wettergott heimlich die Zunge aussteckt, lichtet sich die Brühe natürlich genau dann, als ich den Zickzackkurs `blind` hinter mir habe. Erst ist eine Uferseite im Dunst zu erkennen, dann auch die andere und letztendlich  tuckern wir im schönsten Sonnenschein bis es nicht mehr weitergeht. Da liegen wir schön geschützt hinter einem kleinen Inselchen, nix schaukelt, Enten schwimmen gelangweilt rum, ein Seehund taucht mal kurz zur Kontrolle auf und unsere Anwesenheit bringt auch die drei Rehe am Ufer nicht aus der Ruhe.

Freitag, 02. September 2016
So`n bisschen sieht das heut aus wie `n Griff ins Klo. Während ich grübel, ob das hässliche Ding rechts in der Landschaft nun Düngemittelwerk oder eine Zementfabrik ist, hat Marion schon wieder den vollen Durchblick. Eine Papierfabrik, vermeldet sie gerade. Ist schon seit vier Jahren geschlossen. Sie hockt mir gegenüber und lernt gerade unseren Kanada-Reiseführer auswendig. Da steht sowas drin. Hätt sie vorher mal reingucken sollen. Und wieso haben die den hässlichen Klotz nicht gleich abgerissen wenn das Ding eh geschlossen ist? Das Allerblödeste ist, den heutigen Ankerplatz hab ich ausgesucht. Muss ich auch noch so tun, als ob ich schon immer mal neben `ner Papierfabrik ankern wollte. Dabei hab ich den Platz wegen Liverpool ausgesucht, dem Städtchen auf der linken Seite. Ich wollte nämlich schon immer mal vor Liverpool ankern. Gleich morgen früh werf ich das Schlauchboot runter und guck mir Liverpool an. Heute hab ich keFrüher Schiffbau, heut bemalte Hydrantenine Lust mehr. Hab schliesslich den ganzen Tag navigiert. Da steht mir jetzt ein Feierabendbier zu. Und das kommt deutlich preiswerter aus der heimischen Bilge ...

Sonnabend, 03. September 2016
Eigentlich ganz knuffig das Städtchen. Am Nachmittag haben wir uns zum Landgang aufgerafft. Vorher ging nicht, ich musste noch ein paar Punkte auf der “to do-Liste” abarbeiten. Zum Beispiel unsere Dieselheizung aus- und wieder einbauen. Heute früh haben wir nämlich die Heizsaison eröffnet. Und auch gleich wieder beendet, weil es gestunken hat. Zumindest für das empfindliche Riechorgan der weiblichen Besatzungshälfte. Ich fand es schön warm. Na ja. Auf jeden Fall hab ich den halben Tag leise vor mich hinfluchend im a....kalten Motorraum verbracht. Dämlicherweise hab ich kurz vorm Zusammenbau den internen Lüfter noch reichlich mit Sprühöl eingedieselt. Damit er auch schön leise läuft. Weiss ich jetzt schon was passiert, wenn ich die Heizung das nächste Mal anschmeisse und sich der WD40-Nebel durch die Heizungsöffnungen dezent im Schiff verteilt. Das gibt richtig Mecker. Am besten, ich lass Marion die Heizung einschalten ... Na jedenfalls sind wir heute durch Liverpool gelempelt. Ist vermutlich etwas kleiner als das Original auf der anderen Atlantikseite. Ganz sicher bin ich mir natürlich nicht, schliesslich war ich da noch nicht. FrMEGALECKER!üher gab es hier Schiffbau, machen die heute nicht mehr. Die hatten hier auch mal (nach Halifax) die zweitgrösste Schiffsflotte Nova Scotias. Heute schaukelt unser Schlauchboot ganz allein am Steg. Fischfang war auch mal richtig angesagt - die zwei vor sich hinrostenden Kutter auf der anderen Uferseite machen nicht mehr den Eindruck eines florierenden Unternehmens. Und die Papierfabrik hatten wir ja schon ... Vermutlich hatte Liverpool also schon mal bessere Zeiten. Heute gibt es eine Uferstrasse, eine Hauptstrasse und ein paar andere. Ausserdem ein leicht verstaubtes ehemaliges Hotel, `ne Pizzeria, ein deutsches Café, mindestens fünf Kirchen mit ebenso vielen alten Friedhöfen, bemalte Hydranten und einen Leuchtturm. Leuchtturm hat hier natürlich jedes Städtchen und falls nicht, zumindest einen Wanderweg zum nächsten. Haben wir uns alles angeguckt. Der Pastor von der Trinity Kirche hat sogar ganz fürchterlich angefangen, mit seinen Glocken zu spielen als wir davor standen, weil Marion die Inschriften der windschiefen Grabsteine zu entziffern versucht hat. Aber der eigentliche Liverpool-Geheimtip sind die beiden, ganz versteckt in einem Nebenweg, unten in einer Kellerküche vor sich hinbrutzelnden Muttis. `Best Fish & Chips in Town`!!! Klugerweise hab ich die ganze Zeit zwei Dosen Bier mit rumgeschleppt. Die passen jetzt perfekt dazu!Sonntagnachmittagsausflug

Sonntag, 04.September 2016
“Fahren wir heute nach Berlin?”, umgarnt mich Marion beim Frühstück. Warum nicht? Womit kann man sich am Sonntagnachmittag schöner die Zeit vertreiben, als die Kinder heimzusuchen. Einfach so unangemeldet vor der Tür stehen und gucken, ob sie ihr Zimmer aufgeräumt haben und am frühen Nachmittag überhaupt schon aufgestanden sind. Unsere beiden wohnen ja in Berlin. Fahren wir da also mal hin. Erst nach Westberlin. Eine Handvoll Seehunde glotzt uns leicht verwundert an, Möwen drehen kreischend ihre Runden, Kormorane hocken mit zum Trocknen ausgebreiteten Flügeln auf den Steinen, bloss keine Kinder. Versuchen wir es in Ostberlin. Ist gleich nebenan. Hier sind sie auch nicht. Überhaupt haben wir Berlin ganz anders in Erinnerung. Irgendwie grösser... Dabei bin ich mir sicher, die Karte diesmal richtig gelesen zu haben :) Marion würde ja am liebsten in Berlin übernachten (vielleicht stehen sie ja doch irgendwann winkend am Ufer ... ), aber ich bin ja Käpt`n und sag “NÖ!” Wegen angesagtem Südost. Da tuckern wir ma schön noch ein paar sm weiter und verkrümeln uns in die Medway Bay. Rundum geschützt, kaum Klippen in der Einfahrt und nicht mal Nebel. Könnte man sich sogar nachts und rückwärts reintreiben lassen.

Montag, 05. September 2016
Natürlich sind wir heute mal rüber nach Port Medway. Weiträumig und verschlafen, an drei Seiten von Wasser umgeben, verstecken sich die Häuser hinter Dünen und reichlich Bäumen. Wie scheinbar überall in Nova Scotia hat das Städtchen in seinen Anfangsjahren emsig Schiffbau betriDer Friedhof ist fast so gross wie der ganze Orteben. Und fleissig Fische gefangen. Eine Handvoll Fischkutter kuschelt sich auch heute noch hinter der hohen Mauer des ohnehin rundum geschützten kleinen Hafens. Es gibt `ne Kirche, einen kreativen Dorfkünstler, jede Menge wilder Apfelbäume und ein paar Fischerhäuschen. Einer der Bewohner hatte uns schon, im Hafen muschelputzend, auf die Frage, ob wir mit dem Schlauchboot hier anlegen können mit einem geknurrten “... wird euch schon keiner losbinden!” willkommen geheissen. Herzlicher bekommt ein norddeutscher Fischer die Begrüssung auch nicht hin :-) Einen Leuchtturm gibt es natürlich auch. Eher so ein Leuchttürmchen. Dazu einen uralten Friedhof, wo Marion natürlich unbedingt rauf muss und jede Menge Mücken. Würde mich normalerweise nicht stören, aber aus unerfindlichen Gründen stürzen sich diese blutgeilen Viecher hier auf mich. Machen die sonst nie. Üblicherweise stechen die Marion. Auf jeden Fall verhindern sie, dass wir die diesjährige Ortsapfelernte komplett klauen und statt dessen mit gerade mal 20kg im Rucksack, uns permanent auf Waden, Arme, Schenkel, Nacken klatschend, zurück zum Schlauchboot flüchten ... Sind bestimmt dressiert, die Viecher!

Dienstag, 06. September 2016
Heute soll`s weitergehen nach Lunenburg. Geht aber nicht weiter. Wir schaukeln in einem dicken, weissen Wattebausch - Nebel! Mittags immer noch, nachmittags auch ... Macht nichts, verbringen wir den Tag auf der Couch. Ich jedenfalls. Mit einem Buch. Mann kommt ja sonst einfach nicht dazu. Marion klappert in der Küche rum. Sie backt Apfelkuchen. Nicht weil es kalt ist. Sie hat eben viele Äpfel. - So, mehr gibt´s nicht für heute. Muss jetzt weiterlesen. Ist grad so SPANNEND!

Mittwoch, 07. September 2016
Kaffeeduft lockt mich aus Lunenburgder Koje. Tapper ich also Richtung Salon und kann eigentlich auf der Stelle wieder umdrehen. Wir schweben immer noch in einer dicken, weissen Wolke. Machen wir es uns nach dem Frühstück einfach wieder auf der Couch bequem, klappen jeder sein Buch aus und in Gedanken kopier ich schon den gestrigen Text für den heutigen Tagebucheintrag. Kommt dann aber alles ganz anders. Kurz vor elf ist der Nebel von einem Moment zum anderen wie weggeblasen. Kurzer Blick auf die Uhr - dat lohnt noch! - springen wir auf und zehn Minuten später ist der Dampfer abfahrbereit. Wir tuckern auf´s Meer, rollen die Segel aus und lassen uns mit gemächlichen vier Knötchen unserem nächsten Ziel entgegen treiben. Schaff ich wenigstens noch mein Buch zu Ende zu lesen :) Der Wind nimmt irgendwann zu, wir werden dementsprechend schneller, rauschen an den Black Rocks vorbei, wo fast zum Greifen nah eine Kolonie Seehunde faul in der Sonne döst, ein Whalewatching-Boat voller Touris fotografiert mangels Walen eben uns, zwei entgegenkommende Segelboote winken zwar, wollen aber einfach keine Fotos von uns machen, ich hab Stress, weil ich den Kurs ändern und dafür die Genua auf die andere Seite nehmen muss, die Whalewatcher kommen wieder zurück, noch ein Segelboot ... und dann sind wir auch schon da, in der schön geschützten Ankerbucht vor Lunenburg. Der Anker hält erst beim zweiten Versuch und weil wir uns von dem ganzen Stress und der Aufregung erstmal erholen müssen, finger ich zwei kalte Dosen aus dem Kühlschrank, wir hocken uns ins Cockpit und geniessen, gemütlich Bier schlürfend, den fantastischen Blick auf die historische Wasserfront, die in der Flaute dahintreibenden kleinen Gaffelsegler, den Sonnenuntergang ... ! Landgang gibt´s morgen.

 

Donnerstag, 08. September 2016
Jeden Donnerstag ist in Lunenburg Farmersmarket. Heute ist Donnerstag. Will ich da unbedingt hin. Nicht ganz so leicht zu finden, weil die das Ding einfach in `ner Halle versteckt haben. Für uns aber nicht gut genug versteckt. Nicht auszudenken wenn wir das verpasst hätten! Naturbelassene Muttis, die in Biosandalen und gehäkeltem Pullover glückliches Gemüse, selbstgebastelten Schmuck oder einfach nur bunte Steine mit ganz viel Energie drin vertickern. Manche haben auch was gebacken. Oder Kaffee gekocht. Das, ebenfalls voll ökologische, männliche Pendant dazu hockt meist hinter geflochtenen Körben, Tonkrügen oder diesen praktischen Reisigbesen. Gern auch hinter biologisch abbaubarem Käse. Zwei Aussenseiter versuchen glücklichen Fisch und Wurst von mindestens genauso glücklichen Schweinen an den Mann zu bringen. Oder die Frau. Überhaupt sind hier alle ganz glücklich. Die einen weil sie gerade fairen Kaffee schlürfen, andere weil sie heute abend in einen Kohl beissen können, der garantiert ohne Dünger auf reiner Kuhkacke gewachsen ist, und die Verkäufer sowieso, weil sie den Leuten auf der anderen Tischseite so richtig viel Geld dafür abgeknöpft haben. Mit `nem Bierstand hätten sie sogar mich glücklich machen können :)

Freitag, 09. September 2016
Als wir gestern so die Wasserfront lang gewackelt sind, haben wir Ben kennengelernt, der mit seinem Segelboot an einem alten Werftanleger schaukelt. Genauer gesagt hat Marion sich auf ihn gestürzt. Überhaupt quatscht sie auffallend oft ältere Männer an. Jedenfalls hat sie Ben so ganz Mit Ben, Dorothy und ihren Freunden im Knot (im besten Pub der Stadt)nebenbei auch von ihren Problemen als Hausfrau mit fast leerer Gasflasche erzählt, woraufhin der spontan angeboten hat, uns nebst Gasflaschen in seinem Auto nach Bridgewater zu kutschieren. Das ist `ne Stadt gleich um die Ecke, da füllen sie auch Gasflaschen. Bin ich also heute Mittag mit zwei leeren Flaschen zu ihm rüber. Dann noch mal zurück zum Boot weil ich die Adapter vergessen hatte. Gasflaschen im Kofferraum festzotteln und ab geht`s. Halbe Stunde später sind wir in Bridgewater. Zumindest in einem riesigen Gewerbegebiet irgendwo ausserhalb davon. Stell ich an der Füllstation der netten Füllerin die leeren Flaschen vor die Füsse, will die Adapter dazulegen ... und fang an zu suchen. Im Kofferraum, vorn im Auto, im Rucksack, in den Hosentaschen, ... sind die Dinger nirgends zu finden! Deswegen bin ich ja doch extra noch mal zurück gefahren?!! Nicht schlimm, grinst Ben, fahren wir einfach noch mal her. Aber nicht heute. Heute ist Freitag. Da müssen wir mit in´s “Knot”. Noch besser wär, wenn wir vorher zu ihm aufs Boot kommen, ein Gläschen Wein trinken und dann ins “Knots”. Geht natürlich gar nicht, sich in einem UNESCO-Weltkulturerbe-Städtchen am hellerlichten Tag ins Cockpit zu hocken und unter den Blicken der vorbei flanierenden Touris zu versuchen, einen Weinkarton platt zu machen. Was soll ich sagen - ES GEHT DOCH! Wir haben´s ausprobiert. Mit Ben und seiner Freundin Dorothy. Haben den Karton aber nicht geschafft. Die Zeit war einfach zu knapp, weil wir ja zur Happy Hour im rammelvollen “Knot” aufschlagen mussten. Da ging es dann auch eher weniger um das kulturelle Erbe Lunenburgs, als um die “Best Fish & Chips in Town” und die Biervorräte des Pub´s. Die haben wir dann leider auch nicht geschafft. Wir haben aber hart dran gearbeitet :-)

Sonnabend, 10. September 2016
Uns ist heute nicht nach Weltkulturerbe. Mehr nach Natur. Da passt MANN mit grossem Kopf besser durch. Ausserdem ist der Wanderweg auch nicht so anspruchsvoll. Muss man nicht immerzu irgendwas neues bestaunen. Hier gibt es Bäume, am Ende des Wegs `ne Fischfabrik, dann wieder Bäume und danach Lunenburg. Genau das richtige Mass an Informationen heute...

 

Sonntag, 11. September 2016
25 bis 30 Knötchen Wind sind für heute angesagt, da wackelt das ja so`n bisschen, hab ich mir überlegt, ich könnte mich mal mit dem Wackelkontakt an der Funke beschäftigen. Die verabschiedet sich immer öfter mitten beim Empfang des Wetterberichts und wenn ich dann an den Anschlüssen zottel, klappt`s meist wieder - oder auch nicht. Die letzten Tage eher nicht. Räum ich erstmal den Flurschrank leer, der ja wegen seiner Schiebetür in letzter Zeit zum “alles-erstmal-da-reinstopfen-und-schnell-Tür-zuschieben”-Objekt verkommen ist. Bin ich schonmal zwei Stunden nur damit beschäftigt, alles da reingestopfte zu sichten, zu sortieren, wegzuschmeissen oder sinnvoll wegzuräumen. Jetzt passen da auch wieder viel mehr neue Dinge rein  :-) Der eigentliche Plan war aber die Funke. Also alle Anschlüsse abtrennen, das Teil abbauen und aufschrauben. Sieht echt spannend aus da drin. Beeindruckend, was so alles in das kleine Gehäuse passt. Mangels wirklicher Idee fang ich an, die einzelnen Leiterplatten auszubauen, alles so`n bisschen sauber zu wischen, auszublasen, mit Kontaktöl zu besprühen und an der hoffentlich richtigen Stelle wieder reinzuschrauben. Anschliessend am Gerät die Anschlüsse, sowie die Stecker an den Kabelenden im Schrank blank wienern, bisschen zurechtbiegen, einsprühen und alles wieder einbauen. Sind wir gespannt auf den heutigen Wetterbericht. Funke rödelt los, die Beleuchtung vom Bedienteil in der Navi-Ecke flackert `ne Weile lustig vor sich hin bis das Gerät sich erbarmt und abschaltet. Hab ich den Schrank ganz umsonst ausgeräumt. Knöpf ich mir das Bedienteil vor. Kann man auch zerlegen, was noch spannender ist, weil da rumhüpfende Federn mit verbaut wurden. Klitzekleine. Scheinbar ist dem Vorbesitzer des Funkgerätes mal so eine Hüpffeder entwischt, woraufhin der statt dessen eine MICROBRÜCKE eingelötet hatte, die sich im Laufe der Zeit gelöst hat und die heutigen Besitzer (also uns) ärgert indem sie mal Kontakt hat, dann nicht, dann doch wieder ... Mit Lesebrille auf der Nase, Stecknadel und Pinzette pul ich die Lötreste raus, “tröpfele” das in einem chirurgischen Präzisionseingriff wieder zu und bau anschliessend alles zusammen. Funke einschalten, Wetterbericht anfordern - das Pactormodem knarzt munter vor sich hin, nichts flackert mehr am Bedienteil - zehn Minuten später haben wir den aktuellen Wetterbericht. Wind lässt zum Nachmittag nach. Stimmt! Noch mal eine Vorhersage für den halben Nordatlantik anfordern, rödelt das Dorys an der Waterfront - jeden Abend  wird für die Rennen trainiert, einmal kreuz und quer durch die BuchtModem fast `ne halbe Stunde für - das Funkgerät hält tapfer durch. Na bitte, geht doch - lehn ich mich entspannt zurück und lass mich ausgiebig von der Bordfrau loben.

Mittwoch, 14. September 2016
Tagelang sind wir jetzt hin und her, hoch, runter und überhaupt in alle Richtungen durch Lunenburg geschlichen. Macht einfach Spass, durch die Strassen mit den kunterbunten Holzhäusern und reichlich Kirchen zu schlendern. Und die Wasserfront längs, mit den alten Speichern, Werften, Schiffsanlegern und Frachtseglern sowieso. Dass das historische Stadtzentrum UNESCO Weltkulturerbe ist, hatte ich ja schon erwähnt. Und weil ich nicht nur über unsere Kneipenbesuche schreiben kann, mach ich jetzt mal auf Lunenburg-Erklärbär. Die Stadt ist das besterhaltene Beispiel britischer Kolonialarchitektur in Nordamerika, wie man auf diversen, überall in der Stadt aufgestellten Schautafeln lesen kann. Gegründet 1753 von, aus Europa eingewanderten, Protestanten. Der grösste Teil (66 Prozent) kam aus Deutschland, gefolgt von Schweizern, protestantischen Franzosen und Holländern. Keine Engländer. Ob das jetzt deswegen so ein tolles Beispiel britischer Architektur ist oder der Mangel an Engländern nur zum guten Erhalt beigetragen hat, steht auf den Tafeln leider nicht. Dafür gibt´s die Namen aller Stadtgründer in Stein gemeisselt. Die konnte ich mir aber nicht alle merken. Aus meiner Sippe schien jedenfalls keiner dabei gewesen zu sein. Höchstens unter falschen Namen. Kirchen gibt es auch reichlich. Die meisten TouriSt. John´s, die Zweites machen ihre Selfies allerdings vor der St. John`s Anglican Church. Die würde auch eine super Kulisse für einen Disney-Film abgeben. Dabei sieht sie viel älter aus, als sie ist. Das Vorgängermodel ist 2001 abgebrannt. Immer mit den Kerzen in `ner Holzkirche rumfuchteln hat eben auch seine Tücken. Jedenfalls haben danach alle fleissig gespendet und solange Balken und Bretter zusammengenagelt, das 2005 die neue Kirche eingeweiht werden konnte, was vermutlich auch mit der baulichen Fertigstellung zusammenfiel. Wenn man lange genug in der Stadt rumläuft, stösst man irgendwann auch auf ein kleine Destillery. Kenner brauchen auch einfach nur dem typischen Geruch folgen. In dem (logisch) Holzhaus werden mittels diverser Gerätschaften, wie Kessel und Kupferschlangen, verschiedenste Obstsorten, einer sinnvollen Verwendung zugeführt, über einen gewissen Zeitraum in Eichenfässern gelagert und das Ergebnis, in kleine Fläschchen gefüllt, an Touristen oder sonstige Interessenten verkauft. Nun ist der Schnapspreis in Kanada ja eh schon exorbitant, hier scheint er an den Preis für die Unze Feingold gekoppelt zu sein. Die eigentliche Touristenattraktion von Lunenburg ist allerdings die Wasserfront mit ihren Speichern, Werften und alten Seglern. Es gibt vermutlich kaum einen Lunenburgbesucher, der nicht einmal über die Bluenose II gestolpert ist und eine Fahrt mit dem Schoner ist mit weitem Abstand die Nummer 1 im Touristenranking. Das berühmte Schiff ziert nicht nur die Nummernschilder an den Autos von Nova Scotia, sondern auch die kanadische 10 Cent Münze. Ist aber genau wie die Kirche, ein Nachbau. Das Original wurde hier 1921 als Schoner für die Fischerei auf den Grand Banks zu Wasser gelassDie BLUENOSE II im Lunenburger Hafenen und galt als der schnellste Segler seinerzeit. Schon in ihrem ersten Jahr gewann sie das International Fisherman`s Race und 17 Jahre lang konnte ihr kein anderes Schiff die Trophy abnehmen. Sie galt als die “Queen of the North Atlantic”. Ihre eigentliche Aufgabe war allerdings die Fischerei. Zur Fischfangsaison sind die Schoner damals von ihren Heimathäfen aus zu den reichen Fischgründen der Grand Banks vor Neufundland gesegelt. Da wurden dann dutzende kleinere Ruderboote (Dorys genannt) zu Wasser gelassen, jeweils mit zwei Mann besetzt und sternförmig um das Schiff verteilt, zum Angeln losgeschickt. Wenn die ihr Bötchen mit Kabeljau voll hatten, sind sie zurück zum Schoner, haben den Fisch abgeladen und sind wieder raus gerudert. Die Methode war allerdings recht arbeitskräfteintensiv, da bei plötzlich aufkommenden Nebel oder Sturm nicht immer alle Boote den Weg “nach Hause” zum Mutterschiff geschafft bzw. gefunden haben. Deren Namen sind in langen Reihen in die grossen Gedenksteine geritzt, wie sie heute in jedem Fischerdorf stehen. Im Januar 1946 hatte dann der Stolz der kanadischen Fischerei- und Schiffbauindustrie einen schlechten Tag und ist vor Haiti auf ein Riff gelaufen. Hat die Leute hier natürlich unheimlich gewurmt und deshalb haben sie 1963 die Bluenose II zu Wasser gelassen. Gebaut nach den alten Konstruktionsplänen, auf der selben Werft in Lunenburg, teilweise sogar noch von den selben Arbeitern wie beim Original und gesponsert von einer Brauerei, was beweist, dass Biertrinken gut ist für den Segelschiffbau. Von der selben Werft wurde übrigens zwei Jahre zuvor auch die Bounty gebaut. Das war die, auf der dann hinterher so schön gemeutert wurde. Und warum jetzt der Name Bluenose??? Ist doch klar, wegen der blauen Nasen, mit denen die Fischer immer von der Reise nach Hause kamen. Deren Frauen hatten ihnen wegen dem eisigen Wetter auf See Handschuhe aus billiger, blau gefärbter Wolle gestrickt. In dem kalten Wind lief den Fischern natürlich schnell die Nase und durch`s ständige Abwischen mit der behandschuhten Hand war die dann irgendwann blau. BLUENOSE eben.

 

Donnerstag, 15. September 2016
Unser langsam zur Neige gehender Gasvorrat scheint sich doch zu einem kleinen Problem zu entwickeln. Dreimal war ich jetzt deswegen mit Ben in Bridgewater. Nachdem klar war, dass uns hier niemand was in unsere deutschen Flaschen plöddert, war heute Plan B dran: wir kaufen einfach eine kanadische Flasche (passt genau in unseren “Gaskasten”) und ich bastel eben unseren Anschluss entsprechend um. Sind wir heute also kreuz und quer durch die Bridgewater umgebenden Gewerbegebiete, durch diverse Heimwerkermärkte und sonstige Stores, die eventuell entsprechendes Zubehör in ihren Regalen rumliegen haben. Waren auch immer alle ganz hilfsbereit, haben verschiedenste Druckminderer rausgekramt, Schachteln, Tüten oder Kartons aufgerissen, damit ich diverse Anschlüsse ausprobieren konnte, aber letztendlich kamen wir nie bis AN unseren Gasschlauch oder die Kupferleitung. Mein letzter Trumpf im Ärmel war dann der Tipp mit dem Wohnmobil-Händler. Ein Megamonsterladen mit riesigem Werkstattbereich, hunderte von den fahrbaren Eigenheimen (meist in Reisebusgrösse) auf dem Hof, alle kochen mit Gas, haben gasbetriebene Durchlauferhitzer für Warmwasser oder Gasheizung - also wenn mir jemand bei meinem kleinen “Anschlussproblem” helfen kann, dann die hier! Haben sie auch versucht. Wieder wurden Tüten aufgerissen und verschiedenste Adapter aus den Werkstattregalen gekramt - nichts passt. Aber ich brauch doch bloss mit dem Schlauch vom Druckminderer auf die Kupferleitung! Einfach eine passende Überwurfmutter, Schneidring drauf ... Maulschlüssel zur Montage hab ich dann selber. NEEEEE, die Verbindung zur Kupferleitung machen sie hier nicht, erklärt mir der hilfsbereite Monteur. Sind sie nicht lizensiert dafür. Da kommt dann immer eine Firma aus Dartmouth bei Halifax. Jetzt weiss ich auch, warum die Arbeitsstunde hier mit 140 Dollar berechnet wird, wie das Schild über der Service-Annahme kundtut. Ben sieht dabei zwar nicht begeistert aus, aber weil er ja nett ist und auch nicht will, dass Marion demnächst über einer Kerze kochen muss, bietet er gleich an, noch mit miAllfreitäglicher Treffpunkt KNOT PUBr nach Halifax zu fahren. Morgen. Gleich frühs, damit wir pünktlich zur Happy Hour im “Knot” zurück sind :-)

Freitag, 16. September 2016
Manche Probleme lösen sich zum Glück von ganz alleine. Sitzen wir grad so gemütlich beim Frühstückskaffee im Cockpit, als es im schönstem Norddeutsch “... dat gieeebs ja nich! Aus STRAAAALSUND!!!” zu uns rüber schallt. Minuten später hocken Jürgen und Rüdiger mit `ner Kaffeetasse neben uns und es dauert auch nicht lange, da haben wir ein neues Ziel für unsere, ohnehin für morgen geplante Weiterfahrt. Heckman´s Island. Da hat Jürgen sein Häuschen, mit kleiner Werkstatt, bestimmt auch noch einen alten Druckminderer nebst Schlauch rumliegen und irgendwie kriegen wir da schon was passendes draus gebastelt :-) Und falls wir doch noch irgendein Teil brauchen, fahren wir da einfach mit dem Auto hin. Wandern wir anschliessend doch gleich viel entspannter mit dem Netbook im Rucksack zu Burger King zwecNoch nie Gin Tonic mit grüner Gurke probiert?!  Peters Special Mixks gratis Wi-Fi für Wetter und Post. Wetter gut und Post auch. Unser Kettenhersteller hat beschlossen, jetzt doch die reklamierte Ankerkette auszutauschen. Wie heisst es so schön, wenn`s läuft, dann läuft`s! Auf dem Weg zum “Knot” kommen wir bei Peter vorbei. Der hockt (wie meist) vor seinem Häuschen, das eigentlich immer so aussieht, als ob er gerade am Umziehen ist, tauschen wie üblich ein paar lockere Sprüche aus und ziehen dann winkend weiter. Heute nicht. Er zwingt uns ins Haus, um mit ihm Wein zu trinken ... Peter wurde irgendwann mal in Irland geboren, hat ungefähr hundert Jahre in Südafrika gelebt und die nächsten vierzig in Kanada. Und weil er noch soviel Krempel aus Afrika hat und nicht weiss wohin damit, hat er jetzt seine Garage zu einer afrikanischen Kunstgalerie umfunktioniert. Vonwegen Umzug. Wir sind mittlerweile bei Gin mit Tonic und Gurkenscheiben - Peter will uns unbedingt zum Essen einladen, bedauert, dass wir morgen wegfahren und wenn wir wieder zurückkommen, sollen wir uns unbedingt sein Auto schnappen, um die Liste der Sehenswürdigkeiten abzuklappern, die er gerade aufzählt. Irgendwann schaffen wir doch den Absprung ins “Knot”. Und das war gut so. Nicht nur wegen Fish & Chips, lecker einheimischem Bier und den vielen lustigen Bekannten von Ben, wir bekommen auch DEN TIPP, wo wir unbedingt noch hinsegeln müssen: Cape Breton Island! Das ist die grosse Insel ganz am Ende von Nova Scotia. Und mittendrin liegt der grösste Salzwassersee der Welt. Kann man durch einen Kanal reinfahren, überall Natur, Elche, Fische, keine Atlantikdünung, reichlich geschützte Ankerplätze und genau jetzt ist dafür die allerbeste Zeit: der Indian Summer!

 

Sonnabend, 17. September 2016
Ist der Mensch nicht ganz gesund, fällt das Essen aus dem Mund :-) Ich glaub dreimal ist Marion heute Nacht auf`s Klo geschlichen. Die Fish & Chips waren so fett!!! Natürlich! Ich schluck aber auch unauffällig erstmal zwei Aspirin bevor wir frühs den verschlammten Anker hoch zotteln. Unser Tagesziel liegt eigentlich “gleich um die Ecke”, wir können bloss nicht direkt “um die Ecke” fahren. Wir müssen dafür einen riesigen Umweg um die grosse Halbinsel, an dessen schmaler Festlandverbindung Lunenburg liegt, machen, um ein paar Dutzend weiterer Inseln, Felsen und Untiefen rum, nördlich von Heckman´s Island die Einfahrt nicht verpassen und uns anschliessend den gewundenen Kanal mit reichlich Flachs, Inseln und Unterwasserfelsen “hoch schlängeln”. Trotz Hochwasser treten mir beim Blick auf den Tiefenmesser zeitweise die Schweisstropfen auf der Stirn. Bin richtig froh, als Jürgen mit seiner “Onkel Ernst” auftaucht und uns mit der kleinen Barkasse, immer schön tuff-tuff-tuff vor uns her fahrend, bis fast vor sein Haus lotst. Das gibt da sogar `ne Mooring für uns und für Jürgen gleich mal einen Kaffee. Hat er sich verdient. Er hat nämlich schon mal was für unseren Gasanschluss gebastelt. Präsentiert er stolz einen kanadischer Druckminderer mit Schlauchanschluss. “Den Schlauch schiebst du dann einfach im Gaskasten auf eure Kupferleitung, zwei Schlauchschellen drum und fertig!” Für den Fall, dass ich ihm geistig nicht ganz folgen kann, hat er den Schlauch am Ende schon abgeschnitten und ein kleines Stückchen Kupferrohr reingesteckt. “So etwa”, und drückt mir den Regler in die Hand. Will er natürlich nichts für haben. “Kann ich dir denn vielleicht auch bei irgenHeckman´s Island - bald gibts hier nen neuen Fähranlegerdwas helfen?” Na ja, morgen wollte er anfangen einen neuen Steg zu bauen ...

Sonntag, 18. September 2016
So gegen drei, hatte Jürgen gesagt, dann steht das Wasser schon ziemlich tief, da können wir anfangen. So richtig nach Anfangen sieht das noch nicht aus. Mit ein paar Nachbarn steht Jürgen an seinem Räucherofen, jeder kaut auf einem Fisch rum - clever, er füttert uns erstmal an. Fisch gibt Muckis! Die brauchen wir auch für Jürgens Bootsstegprojekt. Ihm schwebt da so was wie`n Fähranleger vor... Da er das Ding jetzt zum dritten Mal baut (die ersten beiden Versuche sind dem Zahn der Zeit und Treibeis zum Opfer gefallen) soll es diesmal was für`s Leben sein. Zumindest für die nächsten dreissig Jahre. Dementsprechend auch die Balken, die wir zum Ufer schleppen müssen. Zuunterst kommen zwei, der knapp 3m langen Balken waagerecht und parallel zueinander, an den Enden dann zwei quer darüber. Dann wieder zwei in der Anfangsrichtung, dann wieder quer ... Untereinander mit langen Gewindestangen verbunden, soll das mal ein richtiger Turm werden. Am Anfang noch bis zu den Knien im Wasser, schrauben wir auf die unterste Lage ausserdem jede Menge Querbalken als Boden und dann, irgendwann nur noch im Schlamm stehend, rollen, wuchten, schmeissen wir da kleinere, mittlere, grosse und ganz schön grosse Steine rein. Nur die ganz, ganz grossen, die wir auch mit drei Mann nicht gerollt kriegen, dürfen liegen bleiben. Wenn bis zum Rand aufgefüllt, dann kommen zwei weitere Balken drauf und wir dürfen weiter Steine schleppen. Bei etwa 1m Höhe befiehlt er dann Feierabend. Das Wasser steigt zwar noch nicht und die Sonne scheint auch noch `ne ganze Weile, aber wahrscheinlich sollen wir uns nicht völlig verausgaben. Damit noch jemand wiederkommt. Deswegen füttert er uns auch wieder mit reichlich Räucherfisch. Und Bier. Als Motivation!

Montag, 19. September 2016
Damit wir auch weiterhin morgens unseren Kaffee trinken können, ist Jürgen gleich heute früh mit mir nach Lunenburg gefahren. Das scheint nicht nur mit dem Schiff eine kleine Weltreise zu sein. Aber vielleicht ist er auch extra Umwege gefahren, um mich mit der Grösse des Landes zu beeindrucken. Auf jeden Fall haben wir jetzt eine kanadische Gasflasche, die wir immerzu und überall umtauschen oder füllen lassen können. Zumindest in Kanada. Das Teil ist jetzt mit umgerechnet knapp 60 Euronen auch nicht wirklich ein Schnäppchen, aber kalter Kaffe schmeckt ja auch nicht. Und meinen Plan C, mit `nem Campingkocher im Cockpit hatte Marion sofort abgewählt. Jürgens Anschlusskonzept habe ich dann noch etwas modifiziert, da ich die Überwurfmutter nebst Schneidring als Verbindung vom GassGaskasten-Käpt´nchlauch zur Kupferleitung im Gaskasten eh nicht mehr runter kriege. Da wir noch einen Reserveschlauch haben, hatte ich den tollen Plan diesen durchzuschneiden, die Seite mit der Schraubverbindung an die Kupferleitung zu schrauben und die abgeschnittene auf den “neuen” Druckregler schieben. Dessen, auf einer Schlauchtülle verpressten Schlauch muss ich dafür bloss “runterwürgen”. Marion hat meinen Plan dann noch mal verfeinert. Der nagelneue Ersatzschlauch, kommt an den Herd, dessen (identischen) Schlauch darf ich dann nach Belieben zerschnippeln, den dann auf den neuen Regler fummeln ... Hat sie natürlich recht, aber so`n bisschen rumblubbern muss ich trotzdem, als ich den Gasschlauch vom Herd abschraube und das Monstrum aus seiner Befestigung hebe. “Allzu oft scheinst du da ja nicht zu putzen”, deute ich auf die Herdseitenwände, die normalerweise hinter einem knapp zentimeterbreitem Spalt verschwinden. Fühl ich mich gleich viel besser. Marion schrubbt Herd und Seitenwände, ich würge den Schlauchrest vom neuen Regler, bau unseren Herdschlauch dran und verschwinde mit dem Teil, nebst Werkzeug im Gaskasten. Das ist die Schlangenmensch-Nummer, wo ich mich mit den Händen zuerst, dann Kopf, Schulter usw. folgend da reinzwänge und am Schluss nur noch die Füsse rausgucken. Muss ich vorher genau überlegen, welches Werkzeug ich da mitnehme. Den Schlauch von unserem “deutschen” Regler an der Kupferleitung abschrauben, den neuen ran, geht ziemlich einfach, schwierig ist immer nur das Rausklettern aus dem Gaskasten. In ihrer Hausfrauenehre gekränkte Bordfrauen neigen eher nicht dazu, Gasmonteure an den Füssen da rauszuziehen, die stehen lieber grinsend daneben und erfreuen sich daran, wie der sich abstrampelt. Sicherheitshalber lob ich erstmal die blitzenden Herdseiten, falls ich noch mal da rein muss :-) Muss ich aber nicht. Kanadische Gasflasche anschliessen, niegelnagelneuer Schlauch an den Herd, den wieder in die Küche wuchten und einhängen, siegessicher Feuerzeug an den Brenner halten ... äh, vergessen den Hahn an der Gasflasche aufzudrehen, erneuter Versuch mit dem Feuerzeug - Herdflamme brennt! Wäre das Problem mit dem Morgenkaffee also gelöst :-)

 

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